Kloenschnack Oktober 2016

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Eberhard Möbius an seinem Schreibtisch in der Elbschlossresidenz

Eberhard Möbius, Kabarettist

„Ein unbeschreibliches Leben … “ Vorhang auf für einen großen Theatermacher: Eberhard Möbius, Gründer des legendären Theaterschiffs, feiert seinen 90. Geburtstag – natürlich auf der Bühne.

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ie Liebe zu den Menschen“ – es sind Sie lächelte. Und sie hat 52 Jahre lang die nur wenige Worte, mit denen Eber- Tür nicht mehr zugemacht.“ So lange waren hard Möbius das Geheimnis seines Christa und Eberhard Möbius verheiratet. langen und erfüllten Lebens zusammenfasst. Partner im Leben, Partner im Theater. 1975 Er blickt zurück ohne Wehmut, ohne ein bö- eröffneten sie ihr schwimmendes Theaterses Wort. Und er blickt in die Zukunft, voller schiff und machten im Nikolaifleet fest. „Ich Optimismus und voller Tatendrang: „Es ist riss die Karten ab, Christa saß an der Kasse“, ein unbeschreibliches so Eberhard Möbius. Er erSchwere, körperliche Leben“, sagt er. zählt von Walter Scheel, der In diesem Monat feiert Arbeit als Kesselreiniger spontan auf der Bühne er„Möbi“, wie ihn ganz brachte ihn in den 50er schien. Von Helmut Schmidt, Hamburg liebevoll Jahren in die Hansestadt. der ihm noch kurz vor seinem nennt, seinen 90. GeTod einen Brief schrieb. Von burtstag. Und wo, wenn nicht auf einer Senta Berger, die sich für die lehrreiche ErTheaterbühne?! „Möbi kommt mit 90 Sa- fahrung auf dem Schiff bedankte. chen“ heißt das Stück zu seinen Ehren im Vor vier Jahren starb Christa Möbius. Noch Ernst-Deutsch-Theater, wo er viele Jahre vor ihrem Tod war das Ehepaar in die Elbselbst auf der Bühne stand. Text und Büh- schlossresidenz in Nienstedten gezogen. Im nenbild – Möbi ist noch heute federführend, obersten Stock hat Eberhard Möbius einen die Musik komponierte sein langjähriger herrschaftlichen Blick über Elbe und Airbus. Mitstreiter Thomas Hettwer. „Es ist die Ge- Steinskulpturen und Pflanzen schmücken schichte eines kleinen Jungen, der schon mit seinen Balkon. Die Wohnung ist ein Spiegel sechs Jahren davon träumt, nach Hamburg seines Lebens. Fotografien, Gemälde, Stoffzu kommen“, erzählt Eberhard Möbius. figuren, Porzellanengel – Erinnerungsstücke „Meine Mutter war Hamburgerin. Wir eines bewegten Lebens. Reihenweise Bücher wohnten in Wernigerode. Hamburg war für mit persönlichen Widmungen. Fotos an den mich die Welt.“ Die schwere, körperliche Ar- Wänden und in den Regalen erinnern an seibeit als Kesselreiniger brachte ihn in den ne Christa: „Ich bin immer noch ganz stark 50er Jahren in die Hansestadt. Nach Feier- mit ihr verbunden“, sagt Eberhard Möbius. abend widmete Möbi sich seiner großen Lei- „Als sie starb, habe ich ihr einen Brief gedenschaft, dem Theater. Als er einer Ge- schrieben. Und noch einen. Dann sagte ich sangspädagogin bei einer Inszenierung mir: ,Was schreibst du immer nur Briefe? helfen sollte, öffnete ihm eines Tages deren Schreib doch einfach ein Buch!’“ MittlerweiTochter die Tür. Eberhard Möbius: „Un- le ist das sechste Buch mit handschriftlichen glaublich – diese Mähne, diese langen Beine. Notizen und Fotos fast vollendet.

Eberhard Möbius lässt andere an seiner Zuversicht teilhaben. Er, selbst Bewohner einer Seniorenresidenz, besucht vier- bis fünfmal im Monat ehrenamtlich Altenheime. Um den Menschen ihre Schwermut, ihren Gram zu nehmen. „Dann komme ich mit meinem Rollator und sage: ‚Mein Name ist Möbius, ich bin der Admiral der norddeutschen Rollator-Flotte. Haben Sie keine Angst vor dem Sensenmann. Der kommt sowieso – ob sie warten oder nicht.’“ Auf seinem Schreibtisch stapeln sich neue Projekte. Eberhard Möbius zeigt auf einen Band von Manesse: „Dieses Jahr lese ich wieder bei ,Märchen im Michel’ – zum 25. Mal!“ Noch sitzt er über den Bühnenvorbereitungen zu seiner Geburtstagsfeier. Sein Wunsch zum 90.: „Ein ausverkauftes Haus.“ Autorin: Cristina Prinz, textprinz@gmail.com

ZUR PERSON Eberhard Möbius ist Kabarettist, Schauspieler, Regisseur, Autor, Initiator zahlreicher Veranstaltungen, darunter das „Alstervergnügen“. Er wurde 1926 in Wernigerode im Harz geboren. Seine Karriere begann am Theater seiner Heimatstadt. 1958 zog es ihn nach Hamburg. Mit seiner Frau Christa kaufte er 1975 einen alten Frachter und baute ihn zum schwimmenden „Theaterschiff“ um. Nach 25 erfolgreichen Jahren Spielzeit verkauften sie 2000 das Theater. Von Ruhestand kann keine Rede sein – so schrieb Eberhard Möbius diverse Bücher, darunter seine Biografie „Bitte umblättern!“.

FOTO: CRISTINA PRINZ

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