31 Gastkolumne.qxp_kloen 20.06.16 16:08 Seite 31
KO M M E N TA R
GASNTE KOLUM
Stellungnahme zwischen Jazz- und Klassik-Kosmos zu führen vermag.“ Die Entscheidung darüber, was gelungen ist, fällt letztendlich immer das Publikum und die steigenden Verkaufs- und Besucherzahlen gaben uns recht. Bis heute ist dieser positive Trend ungebrochen. Klassik und Jazz miteinander zu verbinden heißt es auch im Jahr 2016, diesmal gemeinsam mit dem Jazz-Pianisten Günther Brackmann, mit dem wir „Eine pianistische Reise von Salzburg bis New Orleans“ präsentieren.
Lübeck. Die Kritik hebt stets sein außerordentliches Gespür für musikalische Zusammenhänge hervor, seine exzeptionellen Qualitäten im Vermitteln einer musikalischen Vision. Und genau darum geht es! Crossover meint den Dialog, braucht Empathie und die Fälassic Meets Jazz’, hieß unsere erste higkeit, sich in mehreren Stilen zu Hause Crossover-CD zum Thema ,Blue Mozu fühlen. Nur so gelingt es, die Jazz-Imzart’, die ich zusammen mit Gottfried provisationen für die Interpretation der Böttger einspielte. Sie bescherte uns eine Klassik zu nutzen. Fülle von Konzerteinladungen und den Jede Klassik-Interpretation muss stets aufs Neue aktualisiert werden, alle Parameter GASTKOLUMNE: Stilvolle Auseinandersetzung mit der Klassik müssen kreativ zu einem stimmigen Ganzen verknüpft werden. Crossover erfordert ein hohes Maß an Improvisation bei der musikalischen Gestaltung, als würde die Komposition im Moment des Erklingens erst neu erschaffen. Voraussetzung ist ein Noch immer gibt es Puristen, die bei jeder musikalischen Grenzüber- besonderes Gespür für das beabsichtigte Klangergebnis und ein sensibles Zusamschreitung das Dahinscheiden der Stilreinheit beklagen, unwissend, menspiel, um das Aufgreifen von Impulsen dass es diese so nie gegeben hat und auch nie geben wird. und ihre Umsetzung zu bewältigen. So entsteht etwas Neues, Kulturen verbindendes, gepaart mit Respekt für die jeweilige Andersartigkeit. überaus positiven ZuMittlerweile gibt es höchst gelungene Forspruch von Fans aus mationen des Classical Crossover, wie etwa dem Klassik- wie auch die 1999 gegründeten ,Klazz Brothers’. Mit dem Jazz-Lager. So posieiner gelungenen Kombination von Experitiv gestimmt konnten mentierfreude und Innovation feiern sie weitere Einspielungen weltweit Erfolge und erhalten namhafte zum Thema Beethoven Auszeichnungen wie den Echo Klassik und und sogar zu Wagner den Jazz Award. Es gelingt ihnen, Jazz mit folgen. Der Gefahr, in klassischen Stilelementen anzureichern einem undefinierbaren und dabei einen hohen künstlerischen AnStilmix zu versinken spruch zu realisieren. und Fans aus beiden LaGrenzüberschreitungen und Stiladaptionen gern zu verprellen, bewaren immer schon Bestandteil aller Mugegneten wir mit einem einfachen Gestaltungs- Stilistische Vielfalt, klangliche Sensibilität und herausragende Virtuosität kennzeichnen sik-Genres. Bekanntestes Beispiel aus neuerer Zeit sind vor allem Mussorgskys Bilder prinzip. Das von mir ge- das Spiel der Pianistin Jasmin Böttger einer Ausstellung à la Emerson Lake & Palspielte klassische Original blieb unangetastet, wurde bisweilen Aber wie gelingt die kunstvolle Grenzer- mer. aber kurz unterbrochen oder um einige kundung, wie vermeidet man triviale Über- Und was, bitte schön, wäre der Jazz ohne die Harmonik eines Wiederholungen gekürzt. Den Gegenpart lappungen? SchauDebussys, die Popmuübernahm der Jazzpianist, gleichermaßen en wir auf Bernd sik ohne Anleihen bei ,Note gegen Note’, als stilvolle Auseinander- Ruf. Er zählt derzeit Grenzüberschreitungen der Spätromantik? setzung mit der Klassik. Mit diesem zu den kreativsten und Stiladaptionen Die vielgepriesene Schachzug ließen sich seinerzeit im Mo- Musikerpersönlich- waren immer schon Freiheit der Kunst zart-Jahr auch hartnäckige Mozart-Puristen keiten im Bereich kennt nur dort kein überzeugen, wie es der Musikpsychologe Classical Crossover, Bestandteil aller MusikCrossover, wo das Prof. Dr. Wilfried Ribke im Begleitheft zur entwickelte die Genres. deutsche UrheberCD ankündigte: Crossover Symphorecht Musik in E- und „Die Technik, ausgewählte Mozart-Kompo- nies, spezielle Orsitionen durch Jazz-Idiome gleichsam zu chesterprogramme mit afrikanischen, U-Musik trennt. Aber daran kann ja noch kontrapunktieren, bewirkt jene Symbiose, asiatischen und lateinamerikanischen Mu- gearbeitet werden ... die den Hörer unmerklich gefangen nimmt sikern, mit Jazz- und Rockmusikern und ist und ihn immer wieder zu klanglichen und seit 2004 Professor für Popularmusik, Jazz Dr. Jasmin Böttger thematisch-linearen Grenzerkundungen und Weltmusik an der Musikhochschule
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Klönschnack 7 · 2016
Crossover – die kunstvolle Überwindung musikalischer Grenzen
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