16-18 Unfälle.qxp_kloen 25.01.16 14:31 Seite 17
STRASSENVERKEHR nr/6337. Die Berichte zählen nahezu im Tagestakt Unfälle auf, bei denen Radfahrer und Fußgänger „übergemangelt“ werden. Die Ursache ist bei fast allen Fällen dieselbe: fehlender Schulterblick beim Abbiegen. In der Vorstellung vieler Autofahrer scheinen unmotorisierte Verkehrsteilnehmer schlicht nicht zu existieren. Daraufhin deutet auch die zweite große Unfallursache
Unfallträchtig ist das Abbiegen über Radfahrstreifen und Schutzstreifen
FOTO: K.H. WALLOCH
hin: Öffnen der Autotür zur Fahrbahn hin, ohne Blick in den Spiegel. Als Zwischenbilanz lässt sich sagen: Die Zusammenlegung von Rad- und Autoverkehr ist für Radfahrer offenkundig eine gefährliche Angelegenheit. In Hamburg wird sie jedoch forciert. Unter der Zielvorgabe, den Anteil des Radverkehrs von derzeit 12 auf 25 Prozent zu steigern, lässt die Stadt Radwege erneuern (50 Kilometer jährlich sind der Plan, der derzeit jedoch noch nicht erreicht wird). Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Fünf Verletzte forderte dieser schwere Unfall auf der Elbchaussee am 19. Dezember 2015. Die historisch gewachsene setzt daneben vor allem auf sogenannte Straße ist mit dem hohen Verkehrsaufkommen immer wieder überfordert. Kollisionen sind eine Folge. Radfahrstreifen und Schutzstreifen, die auf
der Fahrbahn verlaufen. Sie werden kombi- suchungen haben gezeigt, dass das Temponiert mit eigenen Fahrradampeln oder aber limit die Überlebenswahrscheinlichkeiten der Pflicht, die Ampeln der Autofahrer mit- von Fußgängern und Radfahrern bei Unfälzubenutzen. An Kreulen in etwa verdreifacht. zungen kommt es also Tempo-30-Zonen erhö- Die Einführung von Temregelmäßig zu den Situa30 wird in nahezu alhen die Überlebensrate po tionen, die besonders unlen Hamburger Bezirken fallträchtig sind: Autos vermehrt gefordert, jebiegen über Radfahrstreifen und Schutz- doch relativ selten umgesetzt. Die Gründe streifen hinweg ab. sind meist eher politisch als sachlich. So Die Zusammenlegung von Rad- und Auto- sagte ein Stadtplaner der Wochenzeitung verkehr wäre relativ gefahrlos also nur „Die Zeit“ im Februar 2015, als Pläne zur möglich, wenn die Reaktionszeit von Auto- Verkehrsberuhigung der Bundesstraße disfahrern zwangsweise verlängert wird. Das kutiert wurden: „Wenn ich so etwas vorMittel hierzu ist einfach: Tempo 30. Unter- schlage, war’s das mit meiner Karriere.“
Der Autofahrer genießt in Hamburg offenbar noch immer die größere Lobby. Aber auch Radfahrer demonstrieren hier und da ein geradezu absurdes Selbstbewusstsein. Bei den Recherchen zu diesem Artikel musste der Redakteur nicht lange suchen, bis er Folgendes sah: Eine Frau um die 30 radelt in der Morgendämmerung über die schneebedeckte Fahrbahn in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße. Freihändig. Ihre Hände, Augen, ihre gesamte Aufmerksamkeit braucht sie für ihr Smartphone, auf dem sie genau jetzt eine SMS tippen muss. Das Risiko schwerer Verletzung und verfrühten Ablebens scheint
Klönschnack 2 · 2016
Kreisverkehr Ecke Gasstraße/Daimlerstraße in Bahrenfeld. Für Autofahrer sind Kreisel häufig eine Erleichterung. Fahradfahrer und Fußgänger werden jedoch durch die höheren Geschwindigkeiten beim Abbiegen gefährdet. Der Radweg auf dem Bild links endet zudem abrupt hinter dem Zebrastreifen. Fahrräder weichen hier häufig auf die Fahrbahn aus.
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