STILLE HELDEN
Frederick Shrady (mit Pistole) vor dem mächtigen Genter Altar
Monuments Man verliebte sich in Altaussee
... mit dem Jan-Vermeer-Bildnis „Die Malkunst“
Maria Theresia von Waldows Mutter, 1947
D
ie Geschichte hat nicht Hollywood erfunden, sondern das Leben geschrieben, wie es so schön heißt. Und die heute in Wien und Altaussee lebende Familie Waldow spielt eine der Hauptrollen darin. Denn Maria Theresia von Waldow ist die Tochter von Leutnant Frederick Shrady. Er kam mit Hauptmann Robert Posey am 8. Mai 1945 nach
Maria Theresia von Waldow (2.v.re.) mit ihren Töchtern Titina, Sophia, Donata, Verena (v.l.) kürzlich im Haus in Altaussee bei der Hochzeit ihrer Tochter Benedicta
boren. Daher kennt sie die Vorgänge bei Kriegsende in Altaussee nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Ihre Großmutter war mit ihrer Tochter aus Wien vor den Bombenangriffen am Palmsonntag im Jahr 1945 nach Altaussee geflüchtet. In dem 250 Jahre alten Bauernhaus, das die Familie 1923 angekauft hatte, wollten Mutter und Tochter das Kriegsende
abwarten. Als die Amerikaner dann am 8. Mai in Altaussee das Kommando übernahmen, benötigten sie auch Einheimische, die Englisch sprechen konnten. „Was ja damals sehr selten war“, erzählt Maria Theresia von Waldow. Ihre Mutter Maria hatte in Wien über einen Privatlehrer Englisch gelernt und so wurde sie als Dolmetscherin von den Amerikanern
Präsentation von „Die Auferstehung“ im Vatikan-Museum im Jahr 1974 mit dem Papst
Altaussee – mit den Monuments Men, jener Einheit, der als erste die von den Stillen Helden geretteten Kunstschätze gezeigt wurden. „Und die kaum glauben wollten, was sie dann in den Stollen des Salzbergwerks in Altaussee vorgefunden haben“, so Maria Theresia von Waldow aus Erzählungen ihres Vaters von dieser Zeit. Doch zurück ins Jahr 1945. Da war Maria Theresia von Waldow noch gar nicht auf der Welt. Sie wurde erst 1950 in den USA ge-
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Frederick Shrady in seinem Atelier in Connecticut mit „Johannes der Täufer“ und als Soldat (li.)
engagiert. Was folgte war das klassische Chef-Sekretärinnen-Schicksal. Leutnant Frederick Shrady verliebte sich in die attraktive junge Frau, heiratete sie 1947 in Wien und das Ehepaar übersiedelte in die USA. Die beiden hatten sechs Kinder. „Ich bin die zweitälteste“, sagt Maria Theresia von Waldow. Sie wuchs in einer Künstlerfamilie auf. „Mein Vater war Bildhauer und daher wurde zu Hause viel über seine Erlebnisse als Monuments Man im Krieg gesprochen.“ Frederick Shrady war sehr erfolgreich, widmete sich vor allem religiösen Motiven und eine Skulptur von ihm steht auch im Vatikan-Garten in Rom. Noch berühmter als Frederick Shrady selbst war in den USA dessen Vater Henry M. Shrady. Auch er war Bildhauer und schuf das Grand Memorial in Washington. Doch fahren wir fort in der Lebensgeschichte seiner Enkeltochter. „Ich arbeitete in jungen Jahren als Journalistin bei ,Newsweek‘ und heiratete später einen deutschen UNO-Diplomaten“, erzählt Maria Theresia von Waldow. Man wanderte durch die Welt und Maria Theresia von Waldows Mann war auch Deutscher Botschafter in Schweden, in Stockholm. „Er ist ja leider sehr früh an Krebs verstorben.“ Mit den sechs Kindern wollte sie nicht zurück in die USA, schon der Ausbildung wegen, die in Europa einfach besser abzuwickeln war. Heute leben die Kinder zerstreut in Europa und den USA. Doch bei den großen Familientreffen ist Altaussee das Reiseziel. „Erst vor wenigen Wochen gab es die Hochzeit meiner Tochter Benedicta in Altaussee“, so Maria Theresia von Waldow. Und damit schließt sich gleichsam der Kreis. Ihr Vater fand seine Lebensliebe in Altaussee und die Liebe seiner Enkeltochter fand dort einen Höhepunkt mit der Hochzeit.
Steiermarkmagazin 20.09.16 15:47