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Gefallene Gott-Sucher

DER BERGSTEIGERFRIEDHOF IN JOHNSBACH GEFALLENE GOTT-SUCHER

Fast ängstlich, schutzsuchend, so hat man als Betrachter das Gefühl, ringeln und drängen sich die Gräber rund um die kleine Kirche, versuchen sich an ihr festzuhalten. Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach im Gesäuse ist einmalig in seiner Art.

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Die meisten Bergsteiger sind im tiefsten Grund ihres Herzens wohl auch Gott-Sucher – ob sie es wollen oder nicht. Sie glauben an ihre eigene Unverletzlichkeit, suchen den Schöpfer – ob sie es wissen oder nicht. Mit diesen Worten beschreibt der Pfarrer von Johnsbach sehr treffend, warum es Menschen immer wieder zu den Gipfeln zieht und viele dabei auch auf tragische Weise ihr Leben zurückgeben mussten.

Die Kehrseite

„Hier in Johnsbach liegen 59 Berg-Tote, deren Namen man auf 49 Grabsteinen lesen kann“, verweist bei einem Rundgang der Historiker, Bergsteiger und Bergretter Josef Hasitschka, selbst in Admont zuhause und einer, der besonders viel weiß, wenn es um das Bergsteigen und um das Gesäuse geht.* Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach ist nicht, wie zum Beispiel Soldatenfriedhöfe, planmäßig angelegt worden, sondern er ist allmählich zu dem gewachsen, was ihn heute so berühmt macht. „Er war und ist auch noch heute“, so schildert Josef Hasitschka, „ein schöner kleiner Friedhof eines 200-Seelen-Dorfes.“ Mit der Entdeckung des Gesäuses als hochalpines TouristenParadies dokumentiert der Johnsbacher Friedhof allerdings auch die traurige Kehrseite von Begeisterung, jugendlichem Wagemut und von sonnigem Gipfelglück. Bereits 1885 trug man auf Stangen die ersten Opfer der Gesäuse-Berge vom Reichenstein herunter und bettete sie zwischen den Gräbern der Johnsbacher Bauern zur ewigen Ruhe. Josef Hasitschka: „Johnsbach ist aber heute der größte

Bergsteiger-Friedhof Österreichs und sicher einer der größten der Welt.“ Ab den 50er-Jahren wurden die Tot-Geborgenen zwar weiterhin in der Johnsbacher Totenkammer aufgebahrt, aber immer häufiger in ihre Heimatorte überführt. Gipfelsiege wurden vor Jahrzehnten häufig bejubelt und Berg-Tote als Helden der Berge und der Friedhof Johnsbach sogar als HeldenFriedhof bezeichnet. „Ich teile das nicht“, macht Josef Hasitschka klar. „Es ist auch nicht ehrlich, alles menschliche Versagen – wie falsche Einschätzung von alpinem Können und Erfahrung – mit dem Schicksal und der Allmacht der Berge verdecken zu wollen.“ In seinem Büchlein „Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach“ handelt Josef Hasitschka die Schicksale der Berg-Opfer knapp und sachlich ab. Man kann nur erahnen, welche Tragödien sich da abgespielt haben müssen. Eine sei herausgegriffen:

Historiker Josef Hasitschka: „Man kann nur erahnen, welche Tragödien sich da abgespielt haben müssen.“

Gewand der Freundin gegeben - sie überlebte

Der 33-jährige Bundesbeamte Stadler aus Wien war im wahrsten Sinne ein „ausgezeichneter“ Bergsteiger, hatte im Jahre 1931 vom Alpenverein das „Grüne Kreuz“, die höchste Auszeichnung für Rettung aus Bergnot, erhalten. Er stieg zu Pfingsten 1936 mit seiner Braut Angela Roth-Tilgener in die Rosskuppenkante ein und war wegen des Unwetters zu einem Biwak an der Kante gezwungen. Weil das Wetter an Heftigkeit immer mehr zunahm, riefen sie um Hilfe. Die Rettungsstelle Admont wurde verständigt. Ein Trupp stieg bei schlechtestem Wetter über den Peternpfad zur Rosskuppe auf. Abseilversuche mussten infolge des Schneesturms und des furchtbaren Unwetters an diesem Tage aufgegeben werden. In dieser Nacht starb Stadler an Erschöpfung. Er hatte jedoch alle seine Kleidung seiner Braut übergezogen, um sie warm zu halten. Er opferte damit sein Leben, um ihres zu retten. Angela Roth-Tilgener konnte am nächsten Tag in einer waghalsigen Abseilaktion (Bergführer Loidl aus Admont) lebend geborgen werden.

* Erst jüngst erschienen: Das Buch „GesäusePioniere – Alpingeschichte aus der Universität des Bergsteigens“ von Josef Hasitschka, Ernst Kren und Adolf Mokreis (Schall Verlag GmbH, 2534 Alland) Fotos: Kren, Hasitschka aus „Bergsteigerfriedhof in Johnsbach“

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