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Artiste étoile

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Artiste étoile

Dmitry Smirnov

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Der Pianist, Komponist und Forscher Jean-Jacques Dünki über seinen Weggefährten und unseren Artiste étoile in dieser Saison.

So untypisch wie nur möglich für einen jungen Violinvirtuosen waren meine ersten Begegnungen mit Dmitry Smirnov vor einigen Jahren, als er noch bei Rainer Schmidt an der Musikhochschule Basel studierte. Zuerst erlebte ich Dmitry in einem Hauskonzert als Violaspieler, der sich unglaublich hellhörig in ein Kammermusikensemble mit befreundeten MusikerInnen integrierte. Kurz darauf war er zusammen mit einem ehemaligen Studenten mit Sonaten von Debussy und Beethoven zum Proben bei uns zu Gast. Da geschah etwas Überraschendes, das mich heute noch amüsiert: Wir gerieten in einer Probenpause ins Gespräch, sein Blick schweifte zum Büchergestell, wo hoch oben unzählige Taschenpartituren lagen. Es wären viele Sinfonien von Haydn darunter, sagte ich so nebenbei, worauf er blitzartig meinte: «Wie schade, dass Haydn keine Sinfonie in E-Dur geschrieben hat!» Wollte er mich etwa herausfordern? Ich hielt ihm die Partitur der Sinfonie Nr. 12 unter die Nase, worauf er blitzartig die Kopfhörer an sein Smartphone schnallte und einen Youtube-Kanal suchte. Für die folgenden zwanzig Minuten blieb die Probe unterbrochen, denn Dmitry war völlig absorbiert ins Zuhören und danach hell begeistert. Da erkannte ich, in welch hohem Grade er fähig ist, sich konzentriert auf Musik einzulassen – aber auch, welch ansteckende Neugierde in ihm steckt. Dies wurde der Beginn unserer Freundschaft.

Vor Haydns Musik in Begeisterung auszubrechen ist wahrlich nicht üblich für einen jungen Musiker – oder tue ich da seiner so unglaublich fähigen und engagierten Musikergeneration Unrecht? Umso erfreulicher ist, dass Dmitry mit dem Kammerorchester Basel die Entdeckungsreisen mit Haydns Musik weiterführt. Er war bereits in der Saison 2019/20 Akademist im Orchester und später mehrmals Zuzüger. Am 15. Oktober 2022 wird er unter der Leitung von Giovanni Antonini in Basel und später im Musikverein Wien Haydns C-DurKonzert spielen – natürlich historisch interpretiert, in der Stimmung 430 Hz und auf Darmsaiten. Am 8. Mai 2023 wird Dmitry mit Heinz Holliger das 3. Konzert für Violine und Orchester in f-Moll von Édouard Lalo darbieten, was an eine Aufnahme von Lalos Symphonie espagnole op. 21 in Don Bosco im Februar dieses Jahres, ebenfalls mit Heinz Holliger und dem Kammerorchester Basel, anknüpft. Darüber hinaus wird Dmitry in der Saison 2022/23 für ein Konzert im Rahmen der Kammermusik-Reihe «Nachtklang», dessen Datum noch nicht fixiert ist, Carte blanche erhalten.

Das sind erfreuliche Perspektiven für Dmitry Smirnov, der vergangenes Jahr im ARD-Musikwettbewerb den zweiten Preis errungen hat mit einer meisterhaft gebändigten Interpretation des Violinkonzerts von Frank Martin im Finale. Und das führt mich zu einer anderen bezeichnenden Episode in Dmitrys Werdegang: Er hat noch, kurz vor dessen Tod, bei Hansheinz Schneeberger gearbeitet, dem Uraufführungsinterpreten von Frank Martins Konzert und auch Bartóks 1. Violinkonzert, und in kürzester Zeit ganz Wesentliches gelernt, wie etwa Schneebergers phänomenale Bogentechnik und überlegene Kunst des Phrasierens. Dass sich Dmitry in seiner unbändigen Neugier auch aus Schneebergers handschriftlichem Nachlass die Solosonate für Violine des damals sechszehnjährigen Geiger-Komponisten in kürzester Zeit zu eigen gemacht und für eine CD von «First Hand Records» im Frühling 2021 in Italien eingespielt hat, mag weniger bekannt sein. Sie ist hörenswert, auch wegen der fulminanten Interpretationen der Solosonate von Bartók und der zweiten Partita von Bach.

Noch vieles gäbe es zu erzählen über Dmitry Smirnov – eine Geschichte sei mir noch gestattet: Eingeladen mit seinem Streichtrio, mit Antonio Viñuales und Matthieu Gutbub, zum Festival «Interferenze» in Soglio / Bergell im August 2021, sah man ihn unermüdlich in allen Gassen, in Proben und Aufführungen, immer im Freien. Einmal, so hörte ich von Augen- und Ohrenzeugen, stand er bei Sonnenaufgang um sechs Uhr früh auf dem Friedhof von Soglio, mit der berückenden Aussicht auf die Bergeller Dolomiten, und spielte Bachs Partita in die kalte Morgenluft hinein. Unvergesslich sei dies gewesen, hiess es später, diese Musikerseele so ungewöhnlich, so eindrücklich zu erleben.

www.dunki.ch

Erleben Sie unseren Artiste étoile:

Sa 15.10.2022, Don Bosco Abo-Konzert 1, siehe Seite 38 Mo 8.5.2023, Stadtcasino Abo-Konzert 8, siehe Seite 28 Sa 31.12.2022, Silvester-Nachtklang, siehe Seite 54 Der Nachtklang-Termin mit Dmitry Smirnov wird noch bekannt gegeben.

Don Bosco Abo-Konzert 1

Dmitry Smirnov

12 Saison 2022–2023

DIE KONZERTE

Stadtcasino Abo Don Bosco Abo Abo Total

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