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Franz Konrad nach dem Ausscheiden bei Meiko

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Fotonachweise

Fotonachweise

Aus Offenburg ins polnische Kalisch und kurz vor Kriegsende nach Bayern. Den weiteren Lebensweg von Franz Konrad, der am 3. August 1885 in Bubesheim im Kreis Günzburg auf die Welt gekommen, verlässlich aufzuzeigen, wäre ohne die vertrauensvolle Hilfe seiner Tochter Leny Geckeler-Konrad und seines Enkels Steffen Geckeler nicht möglich gewesen. Ihnen ist auch zu verdanken, dass in einer Meiko-Veröffentlichung jetzt erstmals ein Bild des kommissarische Verwaltung der Firma Janaszewski überlassen, einer Eisen- und Eisenwarenhandlung in Kalisch. Ein Jahr später hat Konrad das Unternehmen von der Treuhand gekauft.

Firmenmitbegründers Franz Konrad erscheint. Leni, wie Magdalena in der Familie genannt wurde, wurde später zur Leny, nachdem ein Drucker ihr Briefpapier mit diesem „y“ ausgeliefert hatte, weil ihm diese Schreibweise besser gefiel. Wie nun war die Familie aus Offenburg nach Polen gekommen?

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Ende 1939 meldeten die gleichgeschalteten Tageszeitungen, dass in Berlin eine Haupt-TreuhandstelleOst (H.T.O.) eingerichtet worden sei, bei der sich Handwerker und Kaufleute um die Übernahme von Unternehmen in den besetzten Gebieten bewerben könnten. Dabei handelte es sich in aller Regel um Firmen, deren Eigentümer, oft polnische Juden, enteignet worden waren. Nachdem Franz Konrad sich auf Vermittlung der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe bei der Berliner Zentrale beworben hatte, wurde ihm durch die Treuhandstelle Posen die zunächst Kalisch (Kalisz) liegt südwestlich von Warschau im Dreieck zwischen Breslau (Wroclaw), Posen und Lódź. Erst zwei Jahre später zog seine Frau Magdalena, eine geborene Benz aus Waltersweier bei Offenburg, nach. Die Tochter Magdalena – Leny –zog erst nach Polen, als sie in Offenburg ihren Schulabschluss gemacht hatte. Unter der Adresse „Am Markt 7“ bewohnte die Familie das erste Stockwerk eines Dreifamilienhauses, in dessen Erdgeschoss sich die Eisenwarenhandlung befand. Hier war die junge Frau, die inzwischen eine Lehre zur Eisenwarenhändlerin gemacht hatte, in den Geschäftsbetrieb eingebunden, obwohl sie die polnische Sprache nur wenig beherrschte.

Das Gebiet um Kalisch war wenige Tage nach Kriegsbeginn von deutschen Truppen besetzt worden und als Warthegau dem Dritten Reich angegliedert worden. Drei Jahre nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion startete die Rote Armee ihre bis dahin größte Offensive. Von Juni bis August stießen sowjetische Truppen bis ans Ostufer der Weichsel vor und hatten mehr als 500 Kilometer russischen Boden zurückgewonnen. Diese verlustreichen Rückzugskämpfe der Heeresgruppe Mitte werden von Militärhistorikern als schwerwiegendere Niederlagen eingeschätzt als Stalingrad oder die Schlacht um Moskau. Konrad sah weiteres sowjetisches Vordringen voraus und bereitete sich und seine Familie im Winter 1944/45 auf die Rückkehr vor.

Im Januar machte man sich mit Pferd und Wagen auf den Weg. Die Tochter Leni und die Eltern wurden auf der Flucht voneinander getrennt. Trotz aller Wirrnisse traf sich die Familie wohlbehalten Anfang Februar im kleinen Örtchen Honsolgen im Kreis Kaufbeuren. Mit den schon erwachsenen Kindern Margarete, Josef und Leni – alle in einer „Evakuiertenliste/Flüchtlingsliste“ verzeichnet – kam die Familie bei Franz Konrads Bruder Georg im Haus Nr. 38 unter.

Georg Konrad war der Ortspfarrer und hoch angesehen in der Gemeinde. Wie sein Bruder Franz stand er den Nationalsozialisten kritisch gegenüber, so sehr, dass er noch vor Kriegsbeginn von der Gestapo verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht wurde. Die Mitglieder der Pfarrei Mariä Himmelfahrt und „auch Nazis aus dem Ort“ hätten sich aber so sehr für ihn eingesetzt, dass Georg Konrad wieder freigelassen worden wäre. Das erzählt der damalige Ministrant Karl Lang, Jahrgang 1931, der sich auch noch gut an Franz Konrad erinnerte. „Der hatte ja nichts zu tun, als er hierherkam und deshalb hat er uns Schüler immer gemahnt, am Sonntag ins Hochamt zu gehen und auch kräftig mitzusingen.“ Ein gutes Jahr später ist Konrads Frau in Honsolgen gestorben, und die Kinder – Josef schon wenige Tage nach der Beerdigung – zogen nach Stuttgart beziehungsweise Waldshut weiter. Der Firmenmitbegründer Franz Konrad starb am 29. April 1976 in Schömberg im Kreis Calw. Drei Firmen hatte er alleine oder, wie im Fall Meiko, mit einem Kompagnon aufgebaut. Aus den unterschiedlichsten Gründen blieb ihm persönlich der große wirtschaftliche Erfolg versagt. Nach dem Krieg wurde Franz Konrad in einem Wiedergutmachungsprozess eine Rente zugesprochen. Rechtsgrundlage dafür war ein in allen Besatzungszonen einheitliches „Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts“. Der Sohn Josef, 1924 geboren, ist noch heute Gesellschafter des von ihm mitbegründeten Unternehmens WEKO (WEitmann und KOnrad diesmal) in Leinfelden-Echterdingen.

Die Firma mit rund 140 Mitarbeitern entwickelt Systeme, mit denen Puder und Flüssigkeiten, etwa in der Druckindustrie auf Papier und andere Stoffe, aufgetragen werden. Heute sind Carlheinz Weitmann und Marcel Konrad die Geschäftsführer des Unternehmens.

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