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Wie der MEI zum KO kam

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Fotonachweise

Fotonachweise

1927 haben Oskar Meier und Franz Konrad ihr Unternehmen gegründet: Meiko.

Sie kannten sich gut aus der gemeinsamen Zeit in der Maschinenfabrik Martin, wo Meier als Konstruktionsleiter und Konrad im kaufmännischen Bereich arbeiteten. „Wir bauen Spülmaschinen, und zwar bessere als Martin“, entschieden sie, zumal ihr bisheriges Unternehmen mit Land- und Werkzeugmaschinen groß geworden war. Erst 1926 hatte Martin die Entscheidung gefällt, nun auch Spülmaschinen zu bauen – dies in den Augen von Konrad und Meier aber eher halbherzig, denn die

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Produktionsschwerpunkte lagen weiter bei den Landmaschinen: Schrot- und Obstmühlen, Futterschneidmaschinen, aber auch Gerätschaften, deren Anwendung man sich heute weniger vorstellen kann, wie etwa Lehm-Quetschmaschinen und Reiswölfle für Torfstreu. Dies alles „in anerkannt vorzüglicher Ausführung und bewährtester Construction“, wie in einer Anzeige im Offenburger Adressbuch zu lesen war. D en Bubikopf mit Stirnband, die Federboa und die unterarmlangen Zigarettenspitzen der Damen aus Berlin kannte man in Baden nur aus Zeit-

schriften. Aus „Tempo“ etwa und dem „Illustrierten Blatt“, aus dem „Magazin“ und der „Eleganten Welt“, zu deren Fotomodellen eine unbekannte junge Frau namens Marlene Dietrich gehörte.

In Offenburg wurde aus einem Drucker ein Verleger. Im Gründungsjahr von Meiko erschien die erste Zeitschrift von Franz Burda: „SÜRAG“, die Südwestdeutsche Radiozeitung, und das mit gerade mal 8 Seiten Umfang und nicht einmal dreitausend verkauften Exemplaren zu 15 Pfennigen das Stück. Trotzdem war die Zeit zwischen den Kriegen, manchmal als die „Goldenen Zwanziger“ bezeichnet, in Baden alles andere als golden, eher blechern. Den Ersten Weltkrieg hatte man gerade hinter sich, die Besetzung durch die Franzosen erfolgte im Februar 1923. Da Reparationszahlungen ausstanden, besetzten Frankreich und Belgien zusätzlich das Ruhrgebiet. Hinzu kam die Inflation: Schon im Juli 1923 kostete das Pfund Butter 50.000 Mark. Wer noch eine Dollarnote hatte, konnte die im Oktober gegen 33 Milliarden Mark eintauschen. Und die Stadt Offenburg unterschrieb der badischen Regierung im gleichen Monat einen Schuldschein über 11 Billionen Mark, um Kartoffeln für Bedürftige kaufen zu können. Inflation und die politischen Unruhen ließen alles andere als ein Gründerklima entstehen. Die Weltwirtschaftskrise und der New Yorker Börsencrash vom Oktober 1929 beendeten das Jahrzehnt.

Im Gründungsjahr von Meiko erschien die erste Zeitschrift von Franz Burda: „SÜRAG“, die Südwestdeutsche Radio Zeitung.

Stadt Offenburg kauft Kartoffeln für Bedürftige: 11-Billionen-Betrag

Trotz solcher Rahmenbedingungen kam Offenburg in diesen Jahren voran. Großen Verdienst daran hatte Oberbürgermeister Josef Holler. Der Besatzungsmacht widersetzte sich der katholische Zentrumspolitiker – die Franzosen sperrten ihn sechs Monate ein –, die Nationalsozialisten entfernten ihn aus dem Amt, allerdings nicht gleich 1933, sondern erst ein Jahr später und – um die Bevölkerung nicht gegen sich aufzubringen – in allen Ehren.

Offenburg war damals Übernahmestelle für Flüchtlinge, es herrschte eine extreme Wohnungsnot und zudem kamen die Elsässer nicht mehr zum Einkaufen in die Ortenau. Holler stieß die „Ortenauer Herbstmesse“ an, die heutige Oberrheinmesse, und holte Veranstaltungen wie den Weinbaukongress und das Landesturnfest in die Stadt. Straßen und Kläranlagen wurden gebaut und im Stegermatt in den sozialen Wohnungsbau investiert.

So die Situation, als Meier und Konrad bei der Firma Martin kündigten und in einem Schuppen im Hinterhof der Friedrichstraße loslegten. Schon ein Jahr später erwarben Sie ein allerdings noch kleines Grundstück an der Englerstraße, dem heutigen Standort. Danach und bis heute war das Verhältnis zur Stadt Offenburg von immer weiteren Grundstückswünschen und Immobilienkäufen geprägt.

Wichtigster Offenburger Wirtschaftszweig war damals die Reklameindustrie. In einer ganzen Reihe von Unternehmen – von der Glasplakatefabrik Offenburg über die Metallglas AG bis hin zu den Herstellern von Email-Plakaten wie Dold und Boos&Hahn – waren insgesamt fast zweitausend Menschen beschäftigt. Größtes Unternehmen der Stadt war die „Spinnerei und Weberei Offenburg“ mit rund 700 Beschäftigten. Genauso viele Menschen insgesamt arbeiteten in den Branchen Metallverarbeitung, Maschinenbau, Elektrotechnik, Optik und Chemie. Im Gegensatz zu heute spielte also die Investitionsgüterindustrie eine eher untergeordnete Rolle.

Der Börsencrash vom Oktober 1929 schlug auch auf Offenburg durch. Wo jahrelang immer mit rund 150 Arbeitslosen gerechnet werden musste, stieg die Zahl zu Beginn der 30er Jahre schnell auf über eintausend. Stark steigende Fürsorgeausgaben und sinkende Gewerbesteuereinnahmen führten zur Suche nach zusätzlichen Steuereinnahmen. So wurde die Biersteuer um gleich 50 Prozent erhöht, was auch nur die Winzer freute, deren Viertel jetzt weit preisweter war als ein kleines Bier.

Im Jahr 1932 lebte jeder Vierte der rund 18.000 Offenburger von Arbeitslosenunterstützung oder der Fürsorge. Über sechs Millionen Arbeitslose gab es im Deutschen Reich, und bei den Wahlen 1932 holten die Nationalsozialisten 37 Prozent der Stimmen und wurden, wie auch in Offenburg, stärkste politische Kraft. Wie andere Unternehmen in Offenburg profitierte auch die Maschinenfabrik Martin, bei der Oskar Meier und Franz Konrad zuvor beschäftigt gewesen waren, nach 1935 von der Aufrüstung und entsprechenden Wehrmachtsaufträgen. So verzehnfachte sich der Umsatz von Martin zwischen 1933 und 1939, und auch noch während des Krieges stieg die Mitarbeiterzahl von 134 auf 240.

Insgesamt war allerdings die Zuteilung von Wehrmachtsaufträgen (W-Betriebe) an Offenburger Unternehmen weit unter dem Durchschnitt. „Wenn Ihr Werk nicht zum W-Betrieb erklärt wurde, so ist hierfür die Grenzlage der Stadt Offenburg ausschlaggebend.“, hieß es in Schreiben von Wirtschaftsverbänden und Wehrmachtsstellen an Unternehmen der Region. Die Grenznähe war vor allem den Militärs zu riskant, um hier große und kriegswichtige Produktionen aufzubauen.

Im Verlauf des Krieges änderte sich dass, und die Unternehmen hatten bald einen Mangel an Arbeitskräften zu beklagen, zumal die Männer in der Regel zur Wehrmacht eingezogen wurden. Aufgefangen wurde das durch die Beschäftigung von Ausländern; zu Beginn waren dies freiwillige ausländische Zivilarbeiter, etwa aus Holland und Italien, später kamen Kriegsgefangene, zwangsrekrutierte Zivilarbeiter aus Osteuropa (Ukraine, Polen, Russland) und KZ-Häftlinge hinzu. Nach Unterlagen des Stadtarchivs Offenburg setzte auch Meiko Zwangsarbeiter Die Auswertung aus einer Übersicht der damaligen Krankenversicherung hat Regina Brischle vom Stadtarchiv Offenburg erstellt. Weitere Nachforschungen zu den Einzelschicksalen wurden nicht vorgenommen. Sie waren in einer Baracke des ehemaligen Südwestmark-Lagers der Hitlerjugend untergebracht, die Stahlbau Müller gemeinsam mit Meiko und der Maschinenfabrik Martin von der Stadt Offenburg gemietet hatte. Der Freiburger Historiker und Archivar Bernd Boll hat das in seinen Veröffentlichungen über die Zwangsarbeiter in Offenburg penibel dokumentiert.

Im März 2000 ist Meiko der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter beigetreten und hat dem Fonds 173.137 D-Mark überwiesen, ein Promille des Jahresumsatzes von 1999. Man habe sich mit der Stiftung solidarisieren wollen, ohne dass damals dem Unternehmen Informationen über eine tatsächliche Beschäftigung von Zwangsarbeitern vorgelegen hätten; man hatte aber auch keine Recherchen dazu angestellt.

aus Osteuropa ein, aber auch aus Frankreich; insgesamt 14 Personen, darunter drei Frauen.

Hier die Namen der Kriegsgefangenen, Fremd- und Zwangsarbeiter, die bei Meiko unterschiedlich lange beschäftigt waren.

Josef Barscz etwa vom 30. Juli 1940 bis zum 16. Februar 1943.

Nina Amelina Josef Barscz Lucion Chotte Wladislaw Ciesielski Pierre Finot 86 Fedo Glasirin 87 Iwan Glasirin Bothlano Golicz Louis Halotel Oksenty Hryszcuk Tatjana Merkulowa Heinrich Pastula Klaudia Pesowa Oleks Sali

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