„Dass sich alles irgendwie ändern wird, war mir eigentlich klar.“ Guido Katol im Interview.1
Du hast die erste Jahreshälfte in Kärn ten verbracht und im ehemaligen MariaLassnig-Atelier im Rahmen von CARIN THIja 2020 an deinen „Reflexionen über Anton Koligs zerstörte Fresken“ gear beitet. Die beeindruckenden Ergebnisse stehen, die Ausstellung im Landhaus ist eröffnet, du bist zurück in Wien. Wie geht es dir nach so einem Großprojekt? Es ist eine Art Neuanfang. Ich habe hier im Atelier in Wien einmal Ordnung geschaffen und beschäftige mich mit kleineren Arbeiten. Mir ist jedoch klargeworden, vor allem auch durch die Erfahrungen in Klagenfurt, dass ich weiterhin an großen Bildern arbeiten möchte. Ich bin einen Schritt weitergekommen in meiner Arbeit, das sehe ich deutlich, und es hat mit der Größe der Arbeiten zu tun und mit der Auseinandersetzung mit dem Raum, der in den Bildern bei dem Projekt in Kärnten eine wichtige Rolle gespielt hat. Vermisst du etwas? Ich bin nun wieder allein mit meiner Arbeit. In Klagenfurt gab es mehr Besuch, mehr Austausch, es gab Interaktionen, die direkt in meine Arbeit eingeflossen sind. Also das Foto zum Beispiel, das von mir gemacht wurde und in der Kleinen Zeitung erschienen ist, habe ich dann als Vorlage für die Figur des Malers im Bild „Klostergasse“ genommen, ursprünglich hatte ich vor, Anton Kolig darzustellen ... Änderungen kennst du ja auch von früheren Arbeiten her – sind solche Verwerfungen und Neuansetzungen nicht typisch für dich? Im Grunde genommen ja, ich bin im Zweifel bis zum Schluss. Auch bei der Ausstellungseröffnung im Landhaus habe ich noch geschaut, ob wohl alles passt und stimmig ist, und – auch das eine schöne Erfahrung – ich habe gesehen, dass ich darauf vertrauen kann, dass es bis zum Termin ein Ergebnis gibt, zu dem ich stehen kann.
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DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5
Für den Betrachter, die Betrachterin ist ja immer, in allen Phasen der Bildent stehung, schon sehr viel vorhanden. Womit kämpfst du? Ich habe meistens eine bestimmte Vorstellung, von der ich dann wieder weggehe, wenn ich merke, dass es so nicht funktioniert. Dann muss ich radikal ändern, etwas Neues aufmachen, dann muss es in eine andere Richtung weitergehen. Bei den „Reflexionen“ hat sich halt die Frage gestellt, wie weit man sich wirklich vom Ausgangsbild oder den Ausgangsbildern entfernen kann. Das war eine wichtige Frage in dem Zusammenhang, du hast ja nach einer Vorlage gearbeitet ... Ja, und ursprünglich war ich auch recht nahe an den Originalen dran, und dann habe ich aber gemerkt, dass zum Teil wieder ganz andere Figuren kommen oder „auftauchen“ und das Bild anders zusammengestellt werden muss. Ich habe versucht, das zu unterdrücken, aber es ist mir immer weniger gelungen. Was war der spezielle Reiz dieses Pro jekts, warum hast du die Aufgabe angenommen? Zuerst einmal habe ich gedacht, dass es doch eine große Ehre ist, etwas Besonderes, auch weil mich Cornelius Kolig gefragt hat. Und dann ging es hier natürlich auch um Anton Kolig, und ich schätze ihn sehr. Was interessiert dich besonders an seinem Werk, was inspiriert dich? Was mich natürlich interessiert, ist, dass er Körper gemalt hat. Und es gibt Figurenkompositionen auf den Fresken bzw. Fotos, die mir schon sehr gut gefallen. Nur habe ich gemerkt: Wenn ich Ausschnitte rausnehme, funktioniert es nicht mehr wirklich so wie am ursprünglichen Bild. Dass sich alles irgendwie ändern wird, das war mir eigentlich schon klar.
Du legst einen hohen Maßstab an dich selbst an ... Um zu sehen, wo ich mit meiner Arbeit stehe, stelle ich immer wieder Vergleiche mit anderen Malern an. Hier wird das „öffentlich“; das ist etwas gefährlich, aber auch reizvoll und ein weiterer Ansporn. Die Qualität der Malerei soll für mich stimmen, ich muss mich aber auch in die Figuren hineinversetzen können, um etwas Lebendiges entstehen zu lassen. Eines der schönsten Komplimente, das ich jemals bekommen habe, war von Cornelius Kolig: Das hat so etwas Magisches wie bei Rousseau, hat er gemeint. Bei Rousseau als Bezugspunkt täte ich mir allerdings leichter. Von den Farben her gefällt er mir sehr gut, aber als Zeichner ist er nicht so, dass man sich vor ihm „fürchten“ muss. Bei Anton Kolig ist das allerdings schon der Fall. Siehst du dich eigentlich in gewisser Weise dem Nötscher Kreis zugehörig? Ich denke, ich bin irgendwie „dazugewachsen“. Am Anfang habe ich die Nötscher Maler gar nicht gekannt, und doch bin schon mit ihnen verglichen worden, da hat man Einflüsse gesehen. Und sicher gibt es Einflüsse. Es gibt immer wieder unterschiedliche Maler, an die ich denke, wenn ich arbeite, und Anton Kolig kommt da auch immer wieder vor. Bei unserem gemeinsamen „Lokalau genschein“ im Landhaus ist mir auf gefallen – auch bei den FromillerFresken – dass du diese auf eine rein künstlerische, malerische, auch tech nische Weise betrachtest. Spielt der historische Zusammenhang für dich je eine Rolle? Eigentlich weniger. Und dass das Landhaus auch ein poli tischer Ort ist und als solcher auch belastet, im Speziellen der Kolig-Saal, wie ist es dir damit ergangen?