3 minute read

MMG goes In/Transition

W.E.I.B.E.R. SOMMER*

Tanz Theater zu Generationen – Biographien – Übergang - Emanzipation – Kulturen Was geht? Was bleibt?

Advertisement

FRAU SEIN

Josefine Kalies

In W.E.I.B.E.R.- Sommer beschäftigten wir uns mit einer Gruppe Frauen unterschiedlichen Alters und ihren persönlichen Erfahrungen sowie Haltungen zum Frau-Sein. Als Choreografin mit einer Gruppe zu arbeiten, die sich aus Menschen unterschiedlichen Alters, Herkunft und Trainingslevel zusammensetzt, ist zugleich Herausforderung und Bereicherung. Während des Prozesses gab es für mich kleine, aber sehr besondere Momente, an die ich mich gerne zurückerinnere. Zum Beispiel als eine Frau, die sich lange zurückgehalten hatte, plötzlich aus sich herauskam oder als eine der älteren Frauen ein Gefühl aus ihrer Jugend durch eine Improvisation wieder aufleben ließ und mich dabei zu Tränen rührte. Das Wichtigste ist für mich, dass die Frauen sowohl sich selber als auch den anderen Teilnehmerinnen näherkommen – und das am besten durch Tanz und gemeinsame Bewegung im Raum. Ich war immer wieder sehr berührt von den individuellen Prozessen, die die Frauen durchlebten, indem sie ihre Geschichten teilten, persönliche Erinnerungen wieder aufleben ließen oder Bewegungen schafften, von denen sie dachten, sie könnten es nicht (mehr). Mit Nicht-professionellen Tänzer:innen zu arbeiten, beinhaltet meistens, mit der kompletten Authentizität einer Person konfrontiert zu sein. Sie haben nicht gelernt zu performen und sind demnach immer in Verbundenheit mit sich und ihrer Bewegung. Diese Ausdrucksstärke spiegelt sich auch im abschließenden Tanzstück wider, das es den Frauen erlaubt sich in ihrer Komplexität zu zeigen – egal welchen Alters.

*Weibersommer: Vor 1800 wurde das Jahr in Sommer und Winter aufgeteilt. Frühling und Herbst, die Jahreszeiten des Übergangs, wurden Weibersommer genannt

MIT 30 WERDE ICH EINE ELEGANTE FRAU. ICH WERDE MIR EINEN GROSSEN HUT KAUFEN. ICH MÖCHTE EINDRUCK MACHEN.*

Petra Kron

20 Frauen verschiedenen Alters und verschiedener Herkunftsländer aus Düsseldorf setzten sich mit Fragen des Übergangs in eine andere Generation auseinander. Wie sieht sich W.E.I.B. U50 und Ü50, was wünschen sich die Frauen von ihrem Leben, was wollen sie hinter sich lassen und was sich erhalten? Was geht? Was bleibt? Es wurde zusammen reflektiert und sich ausgetauscht. Was können wir W.E.I.B.E.R. (der verschiedenen Generationen und verschiedenen Kulturen) voneinander lernen und einander geben?

Gemeinsam mit Künstlerinnen und Expertinnen näherten sich die Teilnehmerinnen dem Thema in verschiedenen künstlerischen Sparten und Werkstätten. Gemeinsam entwickelten sie ihre Tanztheaterproduktion. Jede Frau definierte ihr eigenes W.E.I.B. Der Begriff wurde auf diese Weise neu besetzt, weg vom pejorativen Gebrauch hin zu einer aktiven Aneignung des Frauseins.

Werkstatt Tanz

Die Choreographinnen Sônia Mota und Josephine Kalies sensibilisierten die teilnehmenden Frauen für ihre Körper allgemein und für ihr individuelles Körpergefühl und das Bewegungsvokabular der verschiedenen Lebensphasen, als jüngere und ältere Personen. Die Frauen begegneten sich dabei liebevoll in ihrem Sein, in ihrem Leben, ihrer Kultur und ihrer Lebenszeit (Alter). Sie fragten sich:

Welche physischen Spuren hinterlässt ein Leben? Wo macht es sich im Körper bemerkbar? Welche Bewegungen macht/e Frau als junge Frau gerne? Macht Frau sie noch? Möchte Frau sie wieder machen? Kann sie sie überhaupt noch machen?

Werkstatt Schreiben

In den Schreibwerkstätten suchten die Frauen nach Attributen, Dingen und Erinnerungen, die ihr subjektives Frausein repräsentierten. Werkzeug stand für Eigenständigkeit und Unabhängigkeit, ebenso wie ein Reifenwechsel. Selbstbestimmtheit drückte sich im eigenen Bankkonto aus. Oder die alten, blauen Sportschuhe aus Leder, die stabile, zuverlässige Wegbegleiter waren, auf die Frau sich über eine lange Zeit immer verlassen konnte – standen für ultimative Sicherheit. Aus der Fülle der entstandenen Schriftstücke wählten wir gezielt Wörter, Gedichte und Texte von jeder Frau für das Bühnenstück aus.

Biographische Fotografie Werkstatt

In der Foto Werkstatt mit Susanne Diesner reinszenierten wir alle Fotos mit einfachen Mitteln vor Ort im Studio und im Hof von Kabawil mit den Frauen wie sie Heute sind. Es machte viel Freude und ermöglichte verblüffende, positive Erkenntnisse über sich selbst, über die Zeit damals (um die 20) und über Heute.