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GOING AND REMAINING – Life is Dichotomy

WENIGER ICH, MEHR WIR

Jochen Molck lehrt an der Hochschule Düsseldorf Kulturarbeit, berät Kultureinrichtungen und ist ehrenamtlich u.a. im Rat der Künste engagiert

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Wie will ich leben, wie wollen wir leben? Diese Frage ist nicht neu, aber so aktuell wie schon lange nicht mehr. Klimakrise, Pandemie und jetzt auch noch die kriegerischen Auseinandersetzungen in Osteuropa machen deutlich, ein einfaches, bequemes „Weiter so“ wird es nicht geben. Soziokultur hat sich schon immer mit dieser grundsätzlichen Frage auseinander gesetzt, sie gehört zu ihrer DNA. Auf vielfältige Art und Weise wurden kreative Zugänge eröffnet. Anders als in der Politik ging es auch weniger um „die“ richtige Antwort, sondern um Möglichkeiten, um Alternativen, um die Gestaltung von kreativen Prozessen.

Kunst und Kultur können Möglichkeiten aufzeigen, verhandeln und denkbar machen, darin liegt eine große Kraft. Dazu gehört auch, Unterschiede zu erkennen, auszuhalten, sich auseinanderzusetzen, Haltungen zu entwickeln, sich und andere zu empowern. Die Kulturelle Bildung hat da Methoden erarbeitet, die sich anwenden lassen und individuelle wie kollektive Prozesse ermöglichen. Sozio-kulturelle Zentren oder Initiativen sind wichtige Lernorte Kulturelle Bildung und Experimentierfelder, können Kristallisationskerne für neue Ideen und alternative Praxis sein. Viele Einrichtungen machen es bereits vor, bieten Raum für Teilhabe, Engagement und Selbstermächtigung statt Konsum und Ablenkung. Sie sind wichtige Knotenpunkte in Netzwerken und verfügen über Know-How und Ressourcen.

Angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen vor denen wir stehen (und nach zwei Jahren Corona), ist es wichtig, aus der Isolation heraus zu kommen und nicht nur sich selber im Blick zu haben, sondern mehr das größere Bild zu betrachten. Weniger „ich“, mehr „wir“ zu wagen, um damit auch neue Räume zu besetzen. Das fängt beim selbstverwalteten Ort für kulturelle Aktivitäten an und hört bei der Auseinandersetzung über alternative Wohn- und Verkehrskonzepte im Quartier sicher nicht auf.

Bei allem Frust über Missstände und Probleme, es ist eine gute Zeit für Aufbruch und neue Ideen, gerade weil es so viel Umbruch in der Welt gibt. Es ist an der Zeit, gemeinsam mit den Nachbarn, mit Kolleg:innen, Freund:innen und Bekannten bessere Antworten zu finden auf die Frage: Wie wollen wir leben, wie wollen wir sinnvoll leben?