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GGS Flurstraße

JUGEND

DIE KINDHEIT GEHT, ABER DIE SPIELFREUDE BLEIBT

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Alex Lukas

Der „Schauspielclub“ findet regelmäßig für Kinder zwischen 10 und 15 Jahren statt. Wir treffen uns, um Improvisationstheater zu spielen.

Wir beginnen mit einem Warm-Up, das heißt wir drehen die Musik auf, machen Fitnessübungen, lernen Tanzschritte, dehnen unseren Körper. Das hilft, um wach zu werden und beugt der Verletzungsgefahr vor. Nachdem wir ins Schwitzen gekommen sind, machen wir Sprechübungen für eine gute Artikulation. Wichtig ist, dass die Kinder lernen, dass sie auf der Bühne laut sein dürfen und erleben, wie das Volumen ihrer Stimme klingen kann. Und hier setzt der Fokus der Schauspielarbeit an. Auch wenn die Kindheit geht, darf die Spielfreude bleiben. Zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr verlernen wir oft, wie es ist, zu spielen. Plötzlich steht man lieber auf dem Pausenhof rum, anstatt sich im Spiel auszupowern und zu verlieren. In andere Rollen zu schlüpfen ist peinlich, weil man meistens selbst gar nicht weiß, wer man denn überhaupt ist oder sein möchte. Im Schauspielclub lernen die Kinder, dass es ein Geschenk ist, den Spieltrieb und die Spielfreude in sich zu bewahren. Spielen steigert die Lebenslust und die Lebensfreude. Die Kinder lernen, dass auf der Bühne alles möglich ist. Je abgedrehter und fantasiereicher eine Szene ist, desto spannender für das Publikum. Obwohl der Schauspielclub nur einmal im Monat stattfindet, haben die Kinder untereinander eine freundschaftliche Bindung aufgebaut. Schließlich kann eine Szene nur funktionieren, wenn alle Spieler:innen Gehör finden und ihre Fantasie mit einbringen.

METAMORPHOSE

Offene Recherche mit jungen Tänzer:innen Miracle Lackmann

Metamorphose startete 2020 mit der Vision, bei allen Teilnehmer:innen durch spezielle Konzepte und intensive Trainingseinheiten, Veränderungen in ihren Tanzstilen und ihren Bewegungen zu erzeugen. Ein weiteres Ziel war es, die Selbstwahrnehmung zu optimieren und das eigene Bewusstsein im Körper anders zu erleben. Leider mussten wir pandemiebedingt eine Weile pausieren. Als wir 2021 das Projekt, primär über Zoom wieder aufnahmen, war die Frage, wie wir unsere Ziele erreichen können, ohne direkt in realem Kontakt zu sein. Uns gelang es in gemeinsamen Gesprächen und unter Berücksichtigung individueller Wünsche Metamorphose weiter zu entwickeln. Wir fanden trotz erschwerter Bedingungen bestmögliche Lösungen. Im Sommer konnten wir endlich wieder ins Studio. Voller Elan und extrem motiviert, trafen wir uns und arbeiteten intensiv an den ursprünglichen Zielen weiter. Wir stellten einen interessanten Bezug zum Jahresthema von Kabawil her. Wir evaluierten regelmäßig auf unterschiedlichen Ebenen die Veränderungen im Hinblick auf - was geht und was bleibt? Eine dichte, energiegeladene Abschlusspräsentation war das Geschenk für ein begeistertes Publikum und auch für uns, die tanzende Recherche Gruppe.

SCHLÜSSEL IM SCHLOSS

Workshops mit jungen Männern im Jugendarrest

1895 ursprünglich als Amtsgericht gebaut, später als Übergangsgebäude für den offenen Vollzug genutzt; der ehrwürdige Bau in der Heyestraße beeindruckt. Seit Juli 2021 findet der Kabawil Projekttag in dem sanierten Gebäude der Jugendarrestanstalt Gerresheim statt. Hohe Decken, weiße Wände, große Fenster – Vergitterung. Hier vergisst keiner der jungen Männer so schnell, wo er ist, und doch entdecken einige von ihnen an diesem Tag eine andere Art der Freiheit.

Die Arrestanten sind zwischen 14 und 21 Jahren, verbringen bis zu vier Wochen im Arrest und acht bis zehn von ihnen können sich im Rahmen ihres sozialen Trainings einen Tag lang mit dem Kabawil Team, unter Anleitung von Profis, kreativ ausprobieren. Gemeinsam erarbeiten sie eine Choreografie und (Rap)Texte, präsentieren diese zum Abschluss des Tages. Das kostet Überwindung, denn in der Regel tanzten sie im Leben eher aus als in der Reihe, einen eigenen Raptext haben die wenigsten geschrieben. Doch aus den Jungs, die morgens zum Kennenlernen noch schüchtern im Kreis sitzen, wird über den Tag eine eingeschworene Truppe, die sich gegenseitig unterstützt und darüber staunt, was sie selbst und die anderen in so kurzer Zeit geschaffen haben.

Kabawil setzt in der Arbeit mit den jungen Arrestanten künstlerische Impulse, ermutigt zum Träumen und Handeln, zur Veränderung, Verantwortung und Geduld. Das mag abstrakt klingen, doch für einige der Jungs ist es der Schlüssel im Schloss, der sie dazu bringt, ihr Leben in Richtung Zukunft zu drehen. Angela Kamara Textauszüge:

Freiheit ist süß wie Schokolade Ich geh eher arbeiten, anstatt zur ARGE Das Leben ist zu schade Ich sitz hier schon n paar Tage Ich denk nach, bevor ich schlafe Im Kopf zu viele Fragen

Wie soll ich frei sein Wenn Politiker nur babbeln Sie nehmen dich aufn Arm Aber lassen dich dann fallen Betäuben die Sinne mit ihrem manipulativen Kram Reden schlecht über Leute mit einer kriminellen Laufbahn Dabei haben sie auch versteckte Dämonen Was für ein wahnsinniger Scheiß

Ich steh auf mit einem kaputten Kopf Ein neuer Tag in der JAA Anstalt, man, abgefuckt! Ich merk es doch wie Mama abends weint Mit Hass im Gesicht gucke ich in den Spiegel Bist du jetzt glücklich?

Ich bin nicht zuhause Bin in der Zelle Denke an meinen Traum Bruder, will raus Morgen ist die Zukunft Mach was draus

Heimat ist da, wo man sich zu Hause fühlt Hühner wecken dich um sechs Durch kaputte Straßen geht Oma schon zum Bäcker Die Sonne knallt auf den Straßen Und die Luft riecht nach Benzin Oder Salzwasser

Familie, da ist Verantwortung groß und mit dem Baby aufm Schoß Da geht die Verantwortung richtig los Arbeit, Schule und beim Sport Verantwortung gibt es an jedem Ort

Ich sitze hier und stelle mir die Frage: War das wirklich Ziel und Zweck, mein Leben in der Zelle zu verbringen? Weit weg von denen, die ich am meisten liebe Weit weg, von dem Beispiel, dass ich hätte sein sollen Mein Kopf ist gefickt, wenn ich an die Sätze vom Richter denke Ein Jahr und sechs Monate weg Ein Jahr und sechs Monate, die mir im Leben fehlen werden, um das Richtige zu tun

EXTT

Das Format Expert:innen Team Talk ist als Anregung gedacht, um jungen, interessierten Menschen, jungen Kulturschaffenden und Künstler:innen, einen kreativen Raum zu eröffnen und ungewöhnliche Perspektiven und abstrakte Näherungen zu bieten.

Taki Kiometzis

Die vielfältigen Bedeutungsräume des Kabawil Jahresthemas Gehen und Bleiben waren in allen Talks der Ausgangspunkt. Was bewegt uns? Wie bewegen wir uns? Sind wir vorhersehbar? Was brauchen wir, um zu bleiben? Wie finden wir uns hier zurecht? Diese Fragen versuchten wir in den EXTT, rein existenziell zu beantworten, um zu sehen, was es für uns bedeutet, in dieser Zeit zu leben, Spuren zu folgen, sie zu erzeugen oder einfach zu verweilen.

In der Quantenwelt ging es um die Unvorhersagbarkeit im Kleinsten und die Unmöglichkeit, wieder im Kleinsten, Impuls und Ort gleichzeitig bestimmen zu können. Wir sprachen über die Potenz der Möglichkeit, hierhin oder dahin zu gehen, das oder jenes zu werden, etwas/sich so oder so zu verwirklichen, aber auch über den Vorrang der Wirklichkeit vor dem Möglichen.

Der Duft von Raum und Zeit befasste sich mit dem außergewöhnlichen Aufbau und der Verarbeitung unseres Geruchssinns, die es möglich machen, Zeit und Raum in Bruchteilen von Sekunden zu durchqueren, wo doch der Duft selbst träge ist.

Petras Donnerstag Gerüche - 7 bis 23 UHR / 20. Mai 2021

Frisch-feucht-kalte Gartenluft. Nachbars Zigarette. Knoblauchpresse. Espresso. Alte Banane. Elmex Sensitiv. Exkremente. Wehrhahn Abgase. Bäcker Bulle. Bazzar Caffè exquisit. Kornel Kirschenmus. Zement. Birkenduft. Haarlack. S-Bahnhaltestellen Urin. Rituals Green Cardamom. Frischer Fisch. DrDemes Händedesinfektionsmittel. Soja Sauce. Basilikum. Zistrosentee. Zimtseife.

In Linie - eine anthroposophische Näherung zeigte sich, wie sich unsere eigentlich geschwungene Lebenslinie vom kontinuierlichen Fluss zu einer Punktlinie aus Koordinaten wandelt. Linien als Spuren aber auch Linien als Fäden, wie sie etwa Pilze durch das Erdreich ziehen, wie Kondensstreifen in der Luft oder Kielwasserspuren im Wasser.

Pilze – verwobenes Leben beschäftigte sich mit Pilzen und deren Fähigkeit, Netze zu bilden und andere Pflanzen zu verbinden. Pilze bilden erst die Grundlage zum "Bleiben". Sie ermöglichen das "Heimisch werden" von Fauna und Flora. Ebenso bieten sie eine Struktur für Kommunikation innerhalb der Pflanzen, die mit dem Pilz verbunden sind.

Farbe - das größte Kommunikationssystem, war unser Thema im letzten EXTT. Das Farbsehen bietet uns die Möglichkeit, uns in unserer Welt zurechtzufinden. Wir betrachteten u.a. die biologischen Bedingungen, die das Farbsehen ermöglichen und uns Gefahr oder Nahrung von Weitem erkennen lassen.

Alle EXTTalks fanden coronabedingt online statt.