Restaurierungsbericht Bilderuhr

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Restaurierung einer Bilderrahmenuhr

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Inhaltsverzeichnis Objektnummer

S. 3

Bezeichnung

S. 3

Signatur/ Hersteller

S. 3

Herstellungsort

S. 3

Objektalter

S. 3

Maße

S. 3

Materialien

S. 4

Nähere Angaben über Hersteller

S. 4

Objektbeschreibung

S. 4

Gehäuse

S. 4

Bild

S. 5

Uhrwerk

S. 5

Zustandsbeschreibung Gehäuse

S. 6

Werk

S. 6-8

Restaurierung /Konservierung

2

S. 6

S. 8 -9

Berechnungen

S. 9-13

Verwendete Reinigungsmittel

S. 13-14

Angefertigte Teile

S. 14- 17

Abschließende Betrachtung mit Hinweisen über die Funktion

S. 18

Bilderliste: Vorher – Nachher

S. 18- 20

Literaturhinweise

S. 20

Anhang

S. 20

Erstellungsdatum

S. 20


1. Objektnummer 2

2. Bezeichnung Bilderrahmenuhr mit Schlossscheibenschlagwerk, Hakengang, Pendel mit Fadenaufhängung, Zugfederantrieb mit Stellungen, Schlag auf Tonfeder

3. Signatur / Hersteller Keine Signatur vorhanden; nur Produktionsnummer „1408“ auf der Rückplatine eingeschlagen, daher Hersteller unbekannt

4. Herstellungsort Süddeutschland / Schwarzwald

5. Objektalter 1860 -1900

6. Maße Gehäuse:

Breite 45cm x Höhe 42,5 cm x Tiefe 13

cm Uhrwerk:

Platinen: 8,5 x 8,5 cm Gesamt: 8,8 x 9,4 x ca. 8 cm

Vorderansicht

3

Rückansicht

Seitenansicht


7. Materialien Gehäuse:

Rahmen: Holz goldfarben überzogen, Glas, Zifferblatt aus Emaille, Gemälde hinter Glastür

Uhrwerk:

Messing: Platinen, Räder und Hebel Stahl:

Wellen und Triebe, Schrauben, Hebel, Zugfedern

8. Nähere Angaben über den Hersteller keine Angaben, da keine Signatur

9. Objektbeschreibung Gehäuse: Das hochkant-rechteckige Holzgehäuse ist auf der Vorderseite mit einer Tür, welche verglast ist, ausgestattet. Der Gehäuserahmen ist goldfarben bemalt und der innere Rahmen ist mit goldfarbenen Blumenornamenten verziert.Wenn das Gehäuse von der Seite betrachtet wird, erkennt man, dass es in zwei Abschnitte unterteilt ist: in den vorderen Teil, welcher das Gemälde und das Zifferblatt beinhaltet, und in den hinteren abgestuften Teil, der das Werk und die Tonfeder verbirgt. An den Seiten befinden sich jeweils kleine rechteckige Holzklappen zum Öffnen.

Die Rückwand ist eine einfache Holzwand, auf

ihrer

Innenseite ist die Tonfeder aus Stahl befestigt.

Am oberen Kastendeckel ist eine Drahtöse befestigt, welche das Aufhängen des Gehäuses ermöglicht. Auf sämtlichen Gehäuseteilen ist von Innen die Nummer „452“ vermerkt. 4


Bild: Das Bild im Inneren des Rahmens zeigt eine bergige Landschaft, mit zwei Häusern und in der Mitte einen Fluss. Seitlich des Flusses läuft eine Dame auf einem Weg. In der Ferne sind auf dem linken Berg die Konturen einer Burg zusehen. Das gesamte Bild wird von einer Waldlandschaft umrahmt. In der oberen Hälfte des Gemäldes, welches mit bunten Ölfarben gemalt ist, befindet sich in einem goldfarbenen Rahmen das runde Zifferblatt aus Emaille. Das weiße Blatt ist leicht gewölbt und mit schwarzen römischen Ziffern versehen. Es ist mit zwei Stahlschrauben oberhalb der „12“ und unterhalb der „6“ am Bild befestigt. Die zwei Löcher für die Aufzugvierkante sind innerhalb der Zahlen „4 und 8“ zu finden.

Uhrwerk: Das quadratische Werk mit halbrückführender Hakenhemmung ist mit einem massiven Flachdachanker bestückt. Es besitzt ein auf der linken Werksseite (von Vorne) untergebrachtes Schlossscheibenschlagwerk, welches die Schlossscheibe auf der Rückseite trägt. Diese Scheibe ist mit einer Ansatzschraube befestigt. Ein Trieb auf dem Hebnagelrad gewährleistet den Antrieb. Des Weiteren ist die Welle des Abtasthebels, die beiden Stellungen, die Hammerwelle und der Ankerkloben mit der Fadenaufhängung zu finden. Auf der Vorderseite sind die beiden Aufzugvierkante, der Wechselradkloben mit Wechselrad, Viertelrohr, Stundenrohr und 2 Hebel für das Schlagwerk zu sehen. Das Geh-, und Schlag-werk werden beide von den umlaufenden Federrädern mit innen liegenden Gesperren angetrieben. Alle Triebe sind Hohltriebe mit Stahlstiften.

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10. Zustandsbeschreibung Gehäuse: Das Gehäuse ist leicht verschmutzt und verstaubt. Der Rahmen der Verglasung war wohl einmal mit goldfarbener Farbe lackiert, welche aber sehr stark abgegriffen ist. Die Glasscheibe ist ebenfalls verschmutzt, aber ohne Beschädigungen, es scheint als wäre es noch das ursprüngliche Glas. Der innere Rahmen mit den Blumenornamenten ist in den tieferen Abschnitten leicht verdreckt, ebenso ist er in der linken unteren und der rechten oberen Ecke eingerissen, wie

ein

Blatt

des

auf

der

Ornamentes rechten Seite.

Das Gemälde ist generell in einem guten Zustand und nur leicht verstaubt. Das Zifferblatt hat keinerlei Sprünge oder Abplatzer - es ist nur, wie der Rest, leicht schmutzig. Die Öse des Schließmechanismuses der Tür hält nicht mehr und wurde schon des öfteren versetzt. Uhrwerk: Das Uhrwerk ist in einem ordentlichen, restaurationswürdigen Zustand. Es ist im Allgemeinen verstaubt und das Öl ist „harzig“. Fast alle Lager sind eingelaufen und müssen ersetzt werden. Die Ankerflächen sind ebenfalls eingelaufen. Beim Stundenrad wurden zweimal

jeweils

Zähne eingesetzt.

6

2


Der Hammer, der die Tonfeder anschlägt, fehlt komplett. Die beiden Stellungen, welche dem Zweck der gleichmäßigen Krafteinteilung dienen, fehlen komplett mit Stellungsfingern, Ansatzschrauben und Federn. Außerdem fehlt der Abtasthebel der Schlossscheibe, welcher diese abtastet und die Schläge festlegt. Die Triebstifte des Hemmrades und des Anlaufrades sind stark eingelaufen. So gut wie alle Schrauben sind verdrückt, ausgebrochen oder mit Rost versehen. Drei der vier Schrauben, die die feststehenden Federhäuser halten, sind nicht mehr zu gebrauchen.

Des Weiteren sind einige Punzierungen angebracht; die Platinen sind z.B. jeweils oben auf der rechten Seite mit einer „10“ versehen, außerdem sind weitere Markierungen oder Macken zu finden.

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Eine Art Seriennummer oder Produktionsnummer kann man auf der Rückplatine eingestanzt

erkennen

(1408). Ansonsten

sind

auf

dem

ganzen Werk

kleinere

Gebrauchsspuren zu erkennen. Vor allem an den Pfeilern, die mit Stiften befestigt sind, und an den Hebeln sind Spuren vom Zerlegen des Werkes zu finden. Was noch zu erwähnen ist, ist eine feine Gravur von Hand, (Reparatur , -zeichen oder -nummer “F 9.5.35.“) die sich auf der linken unteren Seite der hinteren Platine finden lässt.

11. Restaurierung / Konservierung Zahnzahlen und berechnete Daten: Benennung Räder

Das Gehwerk

Schlagwerk Windfang Anlaufrad

Hemmungsrad

Stoprad Hebnagelrad

Kleinbodenrad Federrad Minutenrad Federrad

8


Vorderseite:

Zeigerwerk Wechselradtrieb Wechselrad Viertelrohr Stundenrad

Rückseite: SchlossscheibenRäder

Schlossscheibenrad

Übertragungstrieb

Zahnzahlen und Berechnungen des Gehwerkes: Name Federrad Minutenrad Kleinbodenrad Hemmrad

9

Rad Zf = 8 Zm = 72 Zk = 66 Zh = 36

Trieb Zm´ = 9 Zk` = 6 Zh` = 6


Berechnug der Enddrehzahl des Hemmrades bei einer Drehnung des Federrades: ne f = Zf x Zm x Zk / Zm`x Zk`x Zh` ne f = 78 x 72 x 66 / 9 x 6 x 6 ne f = 1.144 1/min

Berechnung der Drehzahl des Hemmrades in einer Stunde (eine Drehung des Minutenrades): ne = Zm x Zk / Zk`x Zh` ne = 72 x 36 / 6 x 6 ne = 72 1/min Berechnung der Schlagzahl in der Stunde: fh = Zm x Zk x Zh / Zk` x Zh` fh = 72 x 66 x 36 / 6 x 6 fh = 4.752 Gangdauer der Uhr bei einer Federradumdrehung: Gh = na x ne mit:

na = Drehzahl Federrad

ne = Drehzahl der Antriebsgruppe

ne = Zf / Zm` ne = 78 / 9 ne = 8,667 1/min Gh = 1 x 8,667 Gh = 8 ,667 h Uhren dieser Art habe Eine Gangdauer von 36 - 40 h 10


daraus folgt: na = Gh / ne na = 36 h / 8,667 na = 4,15 1 / min

Berechnung der benötigten Umdrehungen des Federrades für die Anfertigung der Stellungen: min. werden 4,15 Umdrehungen des Stellungsfingers (Federradwelle) benötigt. Umsetzbar mit der Stellung sind ca. 4,667. Gh = na x ne Gh = 4,667 x 8,667 Gh = 40,45 h Somit läuft die Uhr mit einmal aufziehen ca. 40 h und 27 min.

Berechnung der mathematischen Pendellänge: l = 994 / ns² ns = 2x fh / 3600 ns = 2x 4.752 / 3600 ns = 2,64 l = 994 / 2,64² l = 142,62 mm l = 14,25 cm 11


Zahnzahlen und Berechnung zum Schlagwerk: Namen Federrad Hebnagelrad Stoprad Anlaufrad Windfang

Rad Zf = 78 Zheb = 56 Zstop = 54 Zanl = 54

Trieb (8 Hebnägel)

Zheb` = 9 Zstop` = 7 Zanl` = 6 Zwindf` = 6

Zahnzahlen Schlossscheibenübertragung: Name Zähne Übertragungstrieb (aufgesteckt auf Hebnagelrad- Zübertrag = 8 welle) Schlosscheibe

Zschlosssch = 90

Berechnung: Umdrehungen des Federrades in 24 h 90 Schläge in 12 h = eine Umdrehung der Schlossscheibe 180 Schläge in 24 h nheb = Zf / Zheb` nheb = 78 / 9 nheb = 8,667 1/min Schläge pro nfederrad = nheb x Zhebnägel = 8,667 x 8 = 69,336 Schläge

12


Umdrehungen des Federrades bei 180 Schlägen (24h) nfederrad = 180 / Schläge pro nfederrad nfederrad = 180 / 69,336 nfederrad = 2,60 1/min

Benötigte Umdrehungen des Federrades in 40,45h Gh des Gehwerkes: 40,45 h / 24 x 180 = 303.38 Schläge Schläge in 40,45 h / Schläge pro Federradumdrehung = Umdrehungen des Federrades 303,38

/

69,336

=

4,375 1/ min

Zahnzahlen Zeigerwerk: Namen Viertelrohr Wechselradtrieb Wechselrad Stundenrad

Zähne Zviertel = 30 Zwechsel`= 6 Zwechsel = 30 Zstunden = 72

Berechnung Zeigerwerk: ne zeigerwerk = Zstunden x Zwechsel / Zwechsel` x Zviertel ne

= 72

ne

= 12 1/min

x 30

/6

x 30

Gehäuse: – Glas mit Spülmittel-Spiritus-Wasser Mischung gereinigt – Holzgehäuse mit Liberon Holzreiniger gereinigt – Die goldene Farbe auf dem Ornamentenrand mit Pinsel gereinigt – Gemälde nur leicht entstaubt – Zifferblatt mit Spiritus gereinigt 13


Werk: – alle Zapfen wurden poliert – Ankerflächen wurden poliert – Lager ersetzt (Hartbronzelager Bergeon) bis auf Anker, Windfang und Federräder – alle Werkteile in der Trowalisierung mit Keramikchips und Trowalisiercompound gereinigt (außer Zugfedern) – Zugfedern wurden ersetzt Beim Zerlegen wurde festgestellt: – Hohltriebstifte des Hemmrades und des Anlaufrades wurden aufgrund starker Einlaufspuren ersetzt

eingelaufene Triebstifte

ersetzte Treibstifte

– Die Sperrfeder des Gehwerkes war angebrochen; sie wurde nachgefertigt und eingenietet.

angebrochene Sperrfeder 14

angefertigte ersetzte Sperrfeder


Fehlende Teile ersetzt:

Hammer 2 Stellungen mit Finger, Ansatzschraube und Friktionsfeder Zeigerpaar Abtaster der Schlossscheibe

– Defekte Schrauben an den Federhäusern ersetzt – Alle anderen Schrauben abgeschliffen und neu blau angelassen – Fadenaufhängung mit neuen Faden ausgestattet

Verwendete Materialien (Reinigungsmittel, Öle, Fette): – Trowalisierung → Compound und Wasser ca. 10 Std. – Zugfeder mit Koch Zugfederöl geölt – Lager mit Dr. Tillwich Clock 859 geölt – Fette Molikote – Spiritus zur Reinigung / Entwässerung – Stahlteile mit microkristallinem Wachs geschützt – Liberon Holzreiniger – Spüli-Spiritus-Wasser-Gemisch – Elma 1:9 ; - Aceton Konstruktion der angefertigten Teile: Hammer:

15


Stellungen:

Zeigerpaar:

Die Zeigerform wurde aufgrund von vergleichbaren Uhren gew채hlt. 16


Abtaster Schlossscheibe:

Alle neu angefertigten Teile wurden mit „SK 2011“ gekennzeichnet und mit einem feinen Strichschliff versehen. Somit kann jederzeit sofort erkannt werden, welche Teile ursprünglich sind. Ausgenommen davon sind die Schrauben. Im Laufe der Restaurierung wurde festgestellt, dass die Wandungen der feststehenden Federhäuser konisch sind und die obere Öffnung einen um ca. 2 mm größeren Durchmesser besitzt. Diese Tatsache verursachte stellenweise Probleme beim Ablaufen der Uhr, da sich beim Abwinden des komprimierten Federpaketes die Zugfeder im Federhaus schrägstellte und mit den Umgängen das Federrad stark gegen die Platine drückte bzw. sich sogar mit den Umgängen in dem Gesperr verklemmte. Dies führte dann zum vorzeitigen Stehenbleiben der einzelnen Werke. Die Zugfedern waren von der Breite ein Stück zu breit und wurden durch eine 1 mm schmälere ersetzt. Um das Verhängen der Feder im Gesperr vorzubeugen, wurden dünne Messingscheiben mit passenden Abmessungen frei drehend über den Federkern gesteckt, welche nun das Gesperr abdecken, und ein Veklemmen verhindern sollen. 17


12. Abschließende Betrachtung mit Hinweisen über die Funktion Die Uhr ist funktionsfähig und kann für den täglichen Gebrauch eingesetzt werden. Die Uhr muss einmal am Tag aufgezogen werden. Die Zeiger beim Einstellen nicht rückwärts drehen! Für den Fall, dass die Uhr die falsche Uhrzeit schlägt, muss der Abtasthebel leicht nach oben ausgelöst werden, damit die Uhr schlägt. Dies muss so oft durchgeführt werden bis der Schlag wieder mit der Uhrzeit übereinstimmt.

13. Bilderliste Vorher

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Nachher


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14. Literaturhinweise Pendulerie J.C. Nicolet

15. Anhang Technische Zeichnungen Stellungen Fadenaufh채ngung Schlossscheibenschlagwerk Halbr체ckf체hrende Hakenhemmung Zeitliche Kalkulation

15. Erstellungsdatum Michael Servatius

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Bad Kissingen, den 28.10.2011


Allgemeines 端ber Stellungen

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Schlosscheibenschlagwerk am Beispiel eines Pariser Werkes

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Zeitliche Aufstellung der Arbeitsschritte

– Recherche und Dokumentation

26h

– Überholen des Werkes

8h

– Konstruktion und Anfertigen des Abtasthebles der Schlossscheibe

4h

– Konstruktion und Anfertigung des kompletten Hammers

2,5h

– Konstruktion und Anfertigung der beiden Stellungen und der Finger inkl. Schrauben und Federn

14h

– Ersetzen der Eingelaufen Triebstifte

2h

– Anfertigung von 4 schrauben zur Befestigung der feststehenden Federhäuser

2h

– Konstruktion und Anfertigung des Zeigerpaares mit Zeigerscheibe

5h

– unvorhergesehene Arbeiten: Zugfedern ersetzt u Scheibenangefertigt zur Abdeckung des Gesperr

1h

Sperrfeder des Gehwerkes angefertigt und

1h

Gesamtzeit

30

65,5h


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