
1 minute read
Ohne Titel
51 Hans liebt Emma. Hans liegt abends in seinem zerwühlten Bett, mit feuchten Augen und pochendem Herzen und seine Finger krallen sich in die Wäsche und er durchlebt schon jetzt ihre Hochzeit und die Geburt ihres übernächsten Kindes. Wenn Hans die Augen schließt, sieht er Emmas Gesicht, und wenn er die Augen öfnet, stellt er sich Emma vor, wie sie gehen würde, wie sie redet, ihre Hände, ihre Arme, ihre Nasenspitze. Hans hat seit Jahren nicht geweint; seine feuchten Augen halten dicht, und seine Gefühle stapeln sich, bis er sie in seinem Rachen spüren kann. Seine wiedergekäute Trauer legt sich auf seine Stimmbänder und umklammert fest seine Lunge. Wenn er Emma schlägt, kann er kurz aufatmen.
Emma hält Hans fest umklammert und er sucht in ihrer Halsbeuge nach Trost. Er hält sich am Takt ihres unter seinem schlagenden Herzen fest. Sie riecht nach Zuversicht. Er will weinen, wenn sie ihn in ihren Armen wiegt. Er will Danke sagen, aber es kommt nichts aus ihm heraus. Er will sich schütteln und sich fühlen und sich fallen lassen, und sie fängt ihn auf. Er will weinen, aber er hat vergessen, wie das geht. Er schluchzt und krampft sich ohne Tränen zusammen. Sein Schmerz bleibt noch ein bisschen in ihm drin.
Advertisement
Emma wurde von ihrer Mutter liebkost und behütet und von ihrem Vater verwöhnt und verzogen; ihre Mutter presste sie in ihrer Einsamkeit fest an sich und ließ sie nie mehr los; ihr Vater liebte sie und hasste seine Liebe und verwöhnte sie, anstatt sie zu liebkosen. Hans hatte eine schöne Kindheit. Er hat gerauft und gespielt und Sandburgen gebaut und Sandkuchen gegessen und gegrinst und geschmollt und gelacht und geweint.