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5 oblation (Opfergabe
#5 oblation (Opfergabe)
Während sie die Eier buk und den übersüßten Schwarztee in kleinen Tassen auf dem silbernen Tablettchen anordnete, sprach Emmanuel mit ihrer Mutter über einen Metzger aus einem benachbarten Viertel, den sie beide kannten und dessen Kinder einem beibringen konnten, wie man ein Huhn einfing, schlachtete und ausnahm, bevor die Fliegen kamen. Man müsse ihm die Füße zusammenknoten, erklärte die Mutter, sonst liefe das geköpfte Huhn einem davon. Alle lachten.
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Ich schwieg. Ich betrachtete die grünlich gestrichenen Wände, das gerahmte Jesus-Porträt, die abgeschriebenen Gebete auf fleckigem, vergilbtem Papier. Ich bemerkte die oberste, geöfnete Schublade einer dunklen Kommode, in der schwere bedruckte Stofe lagen. Mehrere Kinder betraten und verließen das Haus, sie streunen umher, sagte die Mutter, die Hände im Schoß gefaltet.
Wir aßen Omeletts von verschrammten Tellern, die einmal weiß gewesen waren und vom Fett an den Rändern glänzten. Die Mutter wusste das zu schätzen. Die Großmutter und später auch ihr Mann hatten erniedrigende Praktiken gekannt, ihre Schwäche und Gebrechlichkeit vorzuführen. Sie hatten sie Milch mit Wasser verrühren lassen, stundenlang, so sah ich sie vor mir, knochig, verbogen, mit einem kleinen Löfel über einen großen Topf gebeugt, in dem die Milch im Wasser Schlieren zog. Das hatte sie trinken sollen, zu essen hatte sie nichts bekommen. Wir sollten nicht schadenfroh sein, erklärte sie und zwinkerte heimlich, aber der Tod sei eine gelegentliche barmherzige Genugtuung.
Bevor ihr geht, sagte sie noch und nickte Emmanuel leicht zu. Er beugte sich vor, mit gefalteten Händen diesmal, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Die Teller waren leer und eine leichte Übelkeit sammelte sich in meinem Mund, und er sprach, langsamer als sonst, tiefer als gewöhnlich, bis es hinter meinen Schläfen leise dröhnte.