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Bierkoch Georg Friedl: «Ingredienzen des Bieres sind wichtig.»

Bierkoch Georg Friedl

«Bierig parfümieren» Er ist der Star unter den Bierköchen: DURST sprach mit dem Österreicher Georg Friedl über die Geschichte der Bierküche, hausgemachte Vorderwürze und seine Wünsche an die Schweiz.

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Seit wann wird eigentlich mit Bier gekocht? Bei uns in Oberösterreich hat es Kochen mit Bier immer gegeben. Früher war es ja so, dass Bier schnell sauer wurde. Statt es wegzuwerfen, hat man das nicht mehr trinkbare, aber sehr nahrhafte Bier zum Kochen verwendet. Ich habe in meiner Küche auch mal mit saurem Bier experimentiert und musste feststellen: Es schmeckt grauenhaft. Wann entdeckte man denn, dass man mit Bier auch feine Speisen zubereiten kann? Im frühen Barock waren es die ­Köche in den Klöstern und Herrenhäusern, die mit Bier kochten. So richtig entdeckt wurde die gehobene Bierküche aber erst in den letzten Jahren. Viele Köche

stellen fest, dass man mit Bier und seinen Bestandteilen spannende Sachen machen kann. Zum Beispiel? Eines muss ich vorausschicken: Ich koche vor allem mit den Ingredienzen des Bieres und nicht mit Bier als Fertigprodukt. Klar kann man der Sauce vor dem Anrichten mit einem Schluck Bier noch eine spezielle Note geben. Kochen sollte man Bier allerdings nicht, denn sonst verdampfen die Aromastoffe. Ich verwende vor allem die Rohstoffe des Bieres, um die Speisen bierig zu parfümieren. Zum Beispiel das Malz mit seinen verschiedenen Röstungen. Es gibt den Speisen ein geschmackliches Volumen, das auch der Laie feststellen kann. Oder der Hop-

fen: Ich verwende Hopfentee, also ganze Dolden. Mit ihnen bringe ich sanfte Bitternis und grüne Aromen in die Speisen. Und die Vorderwürze? Vorderwürze wird wie Hühnerfonds eingesetzt. Sie ist die Basis für Suppen und Saucen, kann aber auch zum Beizen und Marinieren verwendet werden. Vorderwürze ist geschrotetes Malz und schmeckt süsslich und brotig. Ich stelle sie selbst her. Welche Zukunft sagen Sie der Bierküche voraus? Ich bin überzeugt davon, dass immer mehr gute Köche auf die vielen Geschmäcker des Bieres kommen werden. Auch in der Schweiz wurde jetzt ja das erste Lokal mit Bierküche eröffnet. Ich kenne den Küchenchef des Feldschlösschen-Restaurants und gra­tuliere ihm zur Annahme dieser Herausforderung. Michael Erler muss nun eine eigenständige schweizerische Bierküche entwickeln. Das Zeug dazu hat er, ich wünsche ihm viel Erfolg. kk www.muehlvierteln.at

dieser Lokale sein, sondern eine eigenständige und authentische schweizerische Bierküche kre­ ieren», sagt Michael Erler. Im Rahmen eines Biersommelier-­ ­ kurses hat er auch bei Georg Friedl reingeschaut, dem wohl bekanntesten Bierkoch im deutschsprachigen Raum. «Ich habe gesehen, wie er mit seiner jahrelangen Erfahrung Vorderwürze und Hefe einsetzt. Aus diesem Kurs habe ich viele Ideen mitgenommen, aus denen ich nun eigene Kreationen erschaffe.» Dessertkuchen mit Bier Selbstverständlich gehört Bier für Michael Erler nicht nur auf den Teller, sondern auch ins Glas. «Was viele nicht wissen: Sogar zu einem süssen Dessertkuchen oder kombiniert mit Glacé passt Bier wunderbar.» So hat der Küchenchef zum Beispiel den eingangs erwähnten Coupe Panaché kreiert. Erler: «Bier und Zitronengeschmack kennen wir vom klassischen Panaché her. Diese Kombination eignet sich auch für ein Sorbet. Man ersetze einfach den Wodka des Sorbet Colonel durch ein helles Bier.» Seine Gäste jedenfalls seien von diesem Dessert ebenso begeistert wie von den Apérogetränken Biersecco und vom Evesecco. Nachahmen erwünscht Wer Michael Erler in dessen Bierküche über die Schultern schaut, merkt schnell: Hier kocht einer nicht nur mit Bier, sondern auch mit Leidenschaft. «Mein Team und ich wollen in der Schweiz wirklich gute Vorreiter der Bierküche werden», sagt er. «Und besonders freuen würde ich mich, wenn viele Gastronomen und Hobbyköche auf den Biergeschmack kämen.» Eines beweist Küchenchef Erler nämlich tagtäglich: Aus Bier und seinen Ingredienzen lassen sich Gerichte herstellen, die weit über das typische Egli im Bierteig oder die bekannte Bier­ suppe hinausgehen.


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