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Die wachsende Rolle Afrikas in der Weltpolitik

Afrikanische Staaten setzen auf innovative Ansätze wie Multilateralismus, Souveränität und Zusammenarbeit

Afrika gewinnt als globaler Akteur zunehmend an Einfluss. Beispiel dafür ist die Afrikanische Union. In einer zunehmend multipolaren Welt gewinnt der afrikanische Kontinent immer mehr an Bedeutung. Afrikanische Staaten und Organisationen wie die Afrikanische Union (AU) treten vermehrt als eigenständige Akteure auf und bringen sich aktiv in die Lösung globaler Herausforderungen ein.

Der Konflikt im Sudan

Der aktuelle Konflikt im Sudan, in dessen Verlauf sich SAF- und RSF-Truppen an Feindseligkeiten beteiligten, hat zu einer Verschärfung der humanitären Krisen, Zwangsvertreibungen und regionaler Unsicherheit geführt. Seit Beginn des Krieges im März 2023 wurden über 14.000 Menschen getötet. Über fünf Millionen Menschen wurden innerhalb des Landes und innerhalb der Nachbarländer, darunter Tschad, Ägypten und Südsudan, vertrieben. Die Klimakrise trägt mit dazu bei, dass die Ressourcen wie Nahrungsmittel, Wasser und Ackerland immer knapper werden. Mehr als 25 Millionen Menschen im Sudan leiden unter akutem Ernährungsmangel, 750.000 von ihnen sind stark von einer Hungersnot bedroht. Die Konflikte haben Gesundheitseinrichtungen zerstört und damit die humanitäre Krise verschärft.

Der Sudan ist größtenteils ein wüstenartiges Land mit großen Gebieten aus trockenem und halbtrockenem Land. Es zählt zu den Ländern mit dem höchsten Klimarisiko weltweit. Eine solche Situation provoziert einen Konflikt zwischen verschiedenen Interessengruppen, denen die notwendigen Ressourcen fehlen. All dies führt in Kombination mit dem Bevölkerungsdruck zu einer Verschlechterung der Umwelt und einem zusätzlichen Druck auf die Lebensgrundlagen.

Die regionalen Auswirkungen sind erheblich, da der Konflikt eine Bedrohung für den Frieden am Horn von Afrika und in der Sahelzone darstellt.

Tigray und Äthiopien

Das im November 2022 zwischen der äthiopischen Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) unterzeichnete Friedensabkommen beendete einen zweijährigen Konflikt, der Hunderttausende Menschenleben kostete. Es ist jedoch ein fragiler Frieden. Die Afrikanische Union war unter Führung ihres Gesandten am Horn von Afrika, Olusegun Obasanjo, maßgeblich an den Verhandlungen um das Friedensabkommen beteiligt und hat damit gezeigt, dass sie in Konfliktländern für Frieden vermitteln kann.

Allerdings schränken die fehlende Finanzierung die Chancen der AU ein, die Konsolidierung von Abkommen und einen nachhaltigen Friedensaufbau zu gewährleisten. Kritiker*innen haben erklärt, dass die AU und andere europäische Institutionen nicht genug tun, um sich für die Ausarbeitung des Pretoria-Abkommens einzusetzen. Sie argumentieren, dass es in Äthiopiens keinen Frieden geben kann, solange es keine dritte Partei gibt, die sowohl die äthiopische Regierung als auch die tigrayischen Streitkräfte an den Verhandlungstisch zwingen kann.

Instabilität in der Sahelregion

In der Region kam es seit Anfang der 2000er Jahre zu einem Anstieg dschihadistischer Aufstände, Militärputsche und einer Schwächung der Autorität nationaler Regierungen. Sie haben die westafrikanische Region instabil gemacht und Konflikte haben zur Vertreibung von über 2,5 Millionen Menschen geführt. Trotz der

Friedensmissionen in der Region hat die Gewalt durch Dschihadisten und Putsche in den letzten Jahren stetig zugenommen.

Dies wirft einen dunklen Schatten auf das Schicksal dieser einst wohlhabenden Region. Offenkundige staatliche Korruption, ineffiziente Politik und Schwächen in der staatlichen Leistungsfähigkeit schaffen ein günstiges Umfeld für den Aufstieg dschihadistischer Gruppen. Sie schlagen aus der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit ihren unfähigen Regierungen Kapital und bilden parallele lokale Regierungen. Ihnen ist es gelungen, sich als Alternative – zu unfähigen Regierungen – zu etablieren.

Durch den Rückzug der Europäer, insbesondere Frankreichs, wurde außerdem der Weg für andere ausländische Gruppen frei gemacht, darunter die russischen WagnerSöldner.

In Niger haben die westlichen Mächte ihre militärische und finanzielle Unterstützung zurückgezogen und die Militärjunta nach dem Putsch im Jahr 2023, bei dem der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum gestürzt wurde, als illegitim bezeichnet.

Kleinwaffen und leichte Waffen

Kleinwaffen haben erhebliche Auswirkungen auf Konflikte im globalen Süden, da sie die Gewalt eskalieren und zu zivilen Opfern führen. Strengere Gestze und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit sind daher unerlässlich, um die Verbreitung von Kleinwaffen zu bekämpfen. Dazu gehört die internationale Kontrolle von Waffentransfers und die Unterstützung von Abrüstungsinitiativen, die für die Förderung von Frieden und Sicherheit in den betroffenen Regionen von entscheidender Bedeutung sind.

Das globale Wettrüsten

Das globale Wettrüsten wird durch den geopolitischen Wettbewerb zwischen den Großmächten angeheizt und schadet den Entwicklungsländern durch Stellvertreterkonflikte. Sudan und Jemen sind Paradebeispiele, wo Waffenlieferungen der Staaten des globalen Nordens Konflikte verlängert haben. Die Folge sind Massenvertreibungen, Hungersnöte und eine Verschlechterung der Lebensbedingungen.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Waffenhandels auf Entwicklungsländer sind erheblich. Eine Studie des Journal of Public Health Policy zeigt, dass Militärausgaben Ressourcen von lebenswichtigen Sektoren wie Gesundheit und Bildung abziehen und so Entwicklung und öffentliches Wohlergehen untergraben. In ähnlicher Weise betont Amnesty International, dass die für Waffenimporte bereitgestellten Mittel oft auf Kosten von Infrastruktur- und Armutsbekämpfungsinitiativen gehen, wodurch Millionen Menschen keinen Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen haben. Das Wettrüsten stärkt autoritäre Regime in den Entwicklungsländern.

Neue diplomatische Initiativen des Südens

Neue diplomatische Initiativen spiegeln die wachsende Rolle des globalen Südens bei der Vermittlung von Konflikten wider und betonen Neutralität und Dialog. Der chinesisch-brasilianische Friedensplan für die Ukraine ist ein Beispiel für diesen Trend. Er verbindet Chinas globalen wirtschaftlichen Einfluss mit Brasiliens Tradition der Blockfreiheit, um gemeinsam für eine Verhandlungslösung einzutreten. Diese Initiative stellt traditionelle Machtdynamiken in Frage, indem sie Deeskalation und multilateralen Dialog gegenüber unilateralen Interventionen priorisiert.

Ebenso beweist die Afrikanische Union (AU) weiterhin ihre Fähigkeit, Konflikte innerhalb und außerhalb des Kontinents zu lösen. Ihre Vermittlungsbemühungen im Tigray-Konflikt in Äthiopien und im Sudan unterstreichen ihre Fähigkeit, regionale Stabilität zu fördern. Sie steht jedoch vor der Herausforderung, sich gegen die imperialen, geopolitischen Interessen der USA, Chinas und Russlands behaupten zu können. Afrika fordert deshalb auch zwei ständige Sitze im UN-Sicherheitsrat.

Indem der globale Süden sich für Multilateralismus, Respekt vor Souveränität und innovative Zusammenarbeit einsetzt, hat er das Potenzial, die internationale Konfliktlösung neu zu definieren und eine ausgewogenere Weltordnung zu fördern.

Atomwaffenfreie Zonen und Afrikas Führungsrolle

Afrikas Führung durch den Vertrag von Pelindaba war von entscheidender Bedeutung für die globale Abrüstung, insbesondere für die Weiterentwicklung des Vertrags zum Verbot von Atomwaffen (AVV). Der 1996 verabschiedete Vertrag Pelindaba etablierte eine atomwaffenfreie Zone und demonstrierte damit das Engagement des Kontinents zur Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen. Die afrikanischen Staaten haben den AVV seit seiner Verabschiedung im Jahr 2017 aktiv unterstützt und die Menschen über die humanitären Folgen der Entwicklung, Produktion, Lagerung und eines Einsatzes von Atomwaffen aufgeklärt. Die Afrikanische Union setzt sich dafür ein, dass die Mitgliedstaaten den Vertrag unterzeichnen und ratifizieren.

Zivilgesellschaft und Interessenvertretung

Internationale und lokale NGOs spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Friedenskonsolidierungsmaßnahmen in Nachkonfliktgesellschaften. Internationale NGOs haben die Aufgabe,

Programme zur Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung zu initiieren, die Frieden, Sicherheit und langfristige Stabilität fördern. Im Nordosten Nigerias beispielsweise wurde ein Programm ins Leben gerufen, um das Konfliktmanagement auf Gemeinde-, Staats- und Zivilgesellschaftsebene zu verbessern. Lokale Friedenskomitees haben in jüngster Zeit unter dem Begriff „Local Turn“ an Bedeutung gewonnen. Dabei werden GrassrootsInitiativen zur Friedenskonsolidierung von lokal ansässigen Agenturen unterstützt, die darauf abzielen, Konflikte auf individueller und gemeinschaftlicher Ebene anzugehen.

Wir entfernen uns von der alten Erzählung, dass von Jugendlichen hauptsächlich Gewalt ausgehe – hin zu einer neuen Wahrnehmung, dass sie eine wertvolle Ergänzung der Friedensmission sind. So erkennen beispielsweise junge ehemalige Kombattanten, die ins Zivilleben zurückkehren, ihre entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Friedensprozesses.

Die Bewältigung von Krisen erfordert regionale Zusammenarbeit, die Bereitschaft zur friedlichen Konfliktlösung, landwirtschaftliche Investitionen und Programme zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit. Gemeinsam können diese Bemühungen sofortige humanitäre Hilfe leisten und gleichzeitig die langfristige Stabilität und Nahrungsmittelsicherheit in gefährdeten Regionen fördern.

Ein Artikel von Ärzt*innen der Medizinischen Fakultät der Moi-Universität Eldoret (Kenia): Bonventure Machuka, Haron Guchu Gitau, Kelvin Samuria, Sheryl Nam, Samuel Macharia, Kelvin Samuria, Emmanuel Gudu, Faith Nelima und Ryan Osano.

Zuerst erschienen am 5.2.25 bei Telepolis.

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