amatom26 – Zeitschrift von und für kritische Medizinstudierende

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Ethik in der Medizin

mit fundiertem Praxiswissen und Weitblick in der Behandlung ihrer Patienten – also uns allen. Darüber hinaus könnte eine Reduktion von zusätzlichen Krankheitskosten durch Vermeidung von Behandlungsfehlern, entstanden durch eine schlechte ärztliche Weiterbildung, erreicht werden. Die Mehrinvestition, in Form von Lern- und Lehrzeit (sowie ausreichend fachärztliches Personal zur Supervision), würden sich so langfristig in mehrfacher Hinsicht auszahlen. Von einer guten Aus- und Weiterbildung profitieren langfristig alle Akteure des Systems. Was wäre also eine bessere ImageKampagne, als eine neue Generation gut ausgebildeter, vernetzter Ärzte und gelebte Patientensicherheit?

Können wir leider nur bedingt – unserer Ausbildung mangelt es an entsprechenden Rahmenbedingungen

Irrwege im Chaos friedenspolitischer Zusammenhänge?

D

as Modul 4 der Medical Peacework e-learning Plattform bietet einen Exkurs über „Strukturelle Gewalt und zugrunde liegende Mechanismen von Bürgerkrieg“. von Svenja Langenberg

Seit 2005 kursiert der aus 7 Modulen zu medizinischer Friedensarbeit bestehende Kurs bei Summer Schools, nationalen und internationalen IPPNW-Studententreffen. Er findet Anklang bei persönlichen Begegnungen und sorgt für Diskussionsbedarf bei interkulturellen Austauschen. Den alltäglichen, oft intuitiven Denkmustern über politische Zusammenhänge wird eine differenzierte theoretische Analyse entgegengesetzt. Allerdings sind die Kurse keine bequeme Bettlektüre. Auf bereitwillig gelieferte Antworten und eindeutige Sichtweisen haben die Autoren bewusst verzichtet. Vielmehr werden Svenja Langenberg Fragen aufgeworfen, 9.Semester, Hannover Ambivalenzen aufgezeigt, Widersprüche deutlich

gemacht. Die realistische Botschaft lautet: Mehrdeutigkeit. Allein gelassen wird der Leser auf seinem Weg durch die Unübersichtlichkeit friedenspolitischer Beziehungen aber trotzdem nicht. Ausgestattet mit einer Vielzahl von statistischen Messgrößen und Konzepten bietet sich ihm eine geeignete Grundlage, um aktuelle und vergangene Konflikte an entscheidenden Punkten zu hinterfragen und gedanklich zu strukturieren. Was für Mechanismen werden unter dem Begriff „strukturelle Gewalt“ zusammengefasst? Teilen wir eigentlich alle dieselbe Vorstellung, wenn wir das Wort „Entwicklungsarbeit“ gebrauchen? Inwiefern sind die beiden Phänomene daran beteiligt, Rahmenbedingungen für den Ausbruch eines Bürgerkrieges zu schaffen? Und was für einen Einfluss üben Faktoren wie Ethnien, politisches System und Geschichte eines Landes aus?

Vor allem aber: Lassen sich gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche Stellschrauben identifizieren, mit deren Hilfe sich das Risiko für potenzielle Konflikte verringern ließe? Diese Fragen versucht Kurs 4 der Plattform zu diskutieren. Als Basis dient Galtung’s Konzept struktureller Gewalt als unnötige Verletzung von Grundbedürfnissen, die durch politische oder sozioökonomische Strukturen hervorgerufen wird. Drei gesellschaftliche Brennpunkte offenbaren sich als essentielle Bestandteile: Armut, Ungleichheit und medizinische Versorgung. Einige Fakten genügen, um ein Bild von dem zu erzeugen, was mit struktureller Gewalt gemeint ist. Der Fakt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Afrika um 30 Jahre unter derer unserer Bevölkerung liegt, ist Ungleichheit in Höchstausprägung. Auch die health-adjusted life expectancy, die Anzahl gesund erlebter Jahre, schwankt zwischen 78 Jahren in Japan und 27 Jahren in Sierra Leone. Währenddessen bleibt 800 Millionen Menschen der Zugang zu medizinischer Grundversorgung komplett verwehrt. Vielleicht noch subtiler manifestiert sich strukturelle Gewalt, wenn gesellschaftliche Randgruppen betroffen sind. Die wenigsten wissen, dass Migranten häufiger


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