Disruption des Journalismus

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Ein weiteres Problem wird unter dem Aspekt Overload beschrieben: Wie entwickeln die digital natives Kompetenzen, sich im ‘Meer an Informationen’ zurechtzufinden? Während ältere Kohorten noch in der Prä-Internet-Ära die Chance hatten, Techniken des Filterns zu entwickeln, wachsen die digital natives quasi in dieser Informationsflut auf. Deshalb entwickeln die digital natives auch andere Techniken, ‘twigging’ und ‘chunking’ genannt. Damit ist gemeint, dass Websites zunächst oberflächlich dahin gehend ‘gescannt’ werden, ob relevante Informationen enthalten sind. Diese werden dann in größeren Stücken (chunks) zusammengeführt, diese Stücke wiederum werden gesondert durchforstet.80 Das Problem hierbei: digital natives schauen sich eher Websites an, die viel Grafik und wenig Text enthalten. Die bei Prensky konstatierte Prädisposition der digital natives für das Multitasking, die er als etwas Positives sieht, schätzen Palfrey und Gasser negativ ein – vor allem hinsichtlich Fragen der Wissensaneignung und des Lernens. Trotz der umfangreichen Befragung, die Palfrey und Gasser vorgenommen haben, bleiben am Ende nur sehr wenige Kompetenzen stehen, die tatsächlich für die Generation der digital natives spezifisch sind. Techniken wie das Sampling, das twigging und chunking sowie die Nutzung anderer Informationsquellen und die aktive Teilhabe in Communitys könnten als generationsspezifische Merkmale betrachtet werden. Doch inwiefern bei diesen Techniken tatsächlich ein generationeller Unterschied besteht oder dieser einfach nur behauptet wird, bleibt an dieser Stelle offen. Für die Beschreibung einer ‘fünften Generation’ reichen auch die Erkenntnisse von Palfrey und Gasser nicht aus. Daher will ich im Folgenden anhand von aktuellen Studien zu Fragen der Mediennutzung einer spezifischen Kohorte versuchen, herauszuarbeiten, welche Kompetenzen tatsächlich einen Unterschied machen könnten. Bevor ich diesen Schritt unternehme, will ich jedoch noch einmal darauf eingehen, warum das Konzept der Technikgenerationen und digital natives nur mit großer Vorsicht angewendet werden sollte. Dafür werde ich noch näher auf den Kontext eingehen, in dem das Konzept der digital natives entstanden ist. Das Konzept der Generation ist widersprüchlich: Auf der einen Seite wird dadurch eine große Gruppe von Menschen, eine bestimmte Kohorte, ‘zusammengebracht’, indem ein verbindendes Element zwischen ihnen etabliert wird. Ein singuläres historisches Ereignis, das diese Gruppe im etwa gleichen Alter erlebt – besonders Erlebnisse in der Jugend gelten als prägend für Generationen. Wie bei Mannheim und seinem Konzept der Generation liegen eine Lagerung, ein Zusammenhang und eine Einheit vor. Während Lagerung und Zusammenhang sich durch Zahlen (etwa gemeinsame 80 ebd.:239. 71


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