Innsbruck informiert

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S tadtgeschichte

innsbruck informiert nr. 2/2013

A us d e m S t ad t a r c h i v / S t ad t m us e u m

Das Innsbrucker Stadtspital im Mittelalter Das Stadtspital zum Heiligen Geist zählte als die älteste Einrichtung für die Alten- und Krankenfürsorge in Innsbruck. Die Hospitäler im Mittelalter können nicht in ihrer Funktion und Aufgabe mit dem modernen Verständnis des Begriffs gleichgesetzt werden. vo n M ag . a N atalie Lo renz

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prachgeschichtlich betrachtet leitet sich der Begriff Hospital von dem lateinischen Adjektiv „hospitale“, gastfreundlich, ab, welches wiederum auf das lateinische Substantiv „hospes“, Gastfreund, zurückgeht. In der Alpenregion wurden Hospitäler oft als Hospize bezeichnet. Sowohl in der Antike als auch im Mittelalter haben Klostergemeinschaften Hospitäler eingerichtet und führten diese im Sinne des christlichen Auftrags von Gastfreundschaft und Solidarität. Somit handelte es sich dabei nicht um Anstalten, in denen erkrankte Menschen untersucht, behandelt und geheilt wurden, sondern um Einrichtungen, die vornehmlich als Herbergen für Obdachlose, Reisende, Arme, Alte, Kranke und Gebrechliche dienten. Ganz im Sinne der mittelalterlichen Bedeutung der Bezeichnung „Hospiz“ war das Innsbrucker Heilig-Geist-Spital demnach keine Anstalt für die Heilung und Betreuung von Kranken, sondern eine Herberge für Reisende und Pilger sowie ein Heim für alte, gebrechliche Menschen. Der Großteil der Bewohner waren betagte Personen, die ihre umfassenden Güter dem Spital übergeben hatten, um dort ihren Lebensabend verbringen zu können. Dort waren sie bis zu ihrem Tode versorgt. Im frühen Mittelalter dominierten noch Kirche und Klöster das Fürsorgewesen, jedoch ab dem 13. Jahrhundert begannen die Stadtbürger Spitäler zu gründen und im beginnenden 14. Jahrhundert war in den europäischen Städten eine Gründungswelle von Spitälern zu beobachten, da die stetig wachsende Bevölkerung innerhalb der Städte, welche vor allem aus der Landflucht resultierte, zunehmend Probleme bei der Versorgung von Alten, Kranken und Gebrechlichen mit sich brachte. Zu berücksichtigen sind die geringen Kapazitäten dieser Spitäler, um Personen

© Stadtarchiv (alle)

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Ansicht des Innsbrucker Stadtspitals am Marktgraben ca. um 1850

aufzunehmen, weshalb der kontinuierlich steigende Bedarf nur selten gedeckt werden konnte.

Das Heilig-Geist-Spital zu Innsbruck – ein historischer Umriss Die Spitalsgeschichte in Innsbruck nahm ihren Anfang Mitte des 13. Jahrhunderts. Das Stift Wilten soll ein klösterliches Spital unterhalten haben, welches in einer Urkunde von Bischof Egon von Brixen 1246 erwähnt wurde. Herzog Heinrich von Kärnten und Graf von Tirol aus dem Hause Görz galt als Gründer und Förderer des mittelalterlichen Bürgerspitals in Innsbruck. Am 1. November 1315 widmete er eigene Güter dem Spital und wurde damit zum Hauptgründer des Innsbrucker Heilig-Geist-Spitals. In dieser ersten Urkunde an das Stadtspital schenkte er dem Rat, den Bürgern von Innsbruck, ein Grundstück zur Unterbringung der Siechen. Obwohl es sich beim Innsbrucker Spital um eine bürgerliche Einrichtung handelte, war es dem Heiligen Geist geweiht, der in jener Zeit die gött-

liche Liebe und Barmherzigkeit „pater pauperum“ verkörperte. Das Innsbrucker Stadtspital wies die typischen Merkmale eines mittelalterlichen Spitals auf, es lag außerhalb der Stadtmauer, unmittelbar am Stadtgraben, am Beginn der südlichen Neustadt. Heute erinnert noch die Spitalskirche in der Maria-Theresien-Straße neben der ursprünglichen Niederlassung an das Heilig-Geist-Spital. Neben dem mittelalterlichen Spital gab es noch das Sondersiechenhaus, das Leprosenhaus, welches sich am nordöstlichen Stadtrand, dem heutigen Stadtteil St. Nikolaus, befand. Heute erinnert noch die Leprosenhauskapelle daran.

Das Urbar von 1410 – Einblick in die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen Aus der frühen Zeit des Innsbrucker Heilig-Geist-Spitals ist ein Urbar, eine Art Rechnungsbuch, erhalten. Hierbei handelt es sich um ein Schriftstück, in welchem Besitzungen sowie sämtliche Einkünfte, Rechte und Pflichten auf-


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