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originale im stadtarchiv/stadtmuseum
Der langjährige Sitz der Exl-Bühne: Das in den fünfziger Jahren abgebrannte Löwenhaustheater um 1905, das knapp 1000 Personen Platz bot. An dieser Stelle wurde das ORF-Landesstudio errichtet. Auf den Stufen: die Exl-Bühne (unten)
Das gesamte Ensemble der Exl-Bühne in einer der ersten Aufnahmen (vor Mitte 1904): In der Mitte sitzt Ferdinand Exl, ganz links stehend, ohne Hut, Eduard Köck, Anna Gstöttner, spätere Exl, sitzt zwischen ihnen (oben).
pönten Ritterstücke zurück) und war ab 1933 durchsetzt mit Stücken austrofaschistischer und nationalsozialistischer Autoren.
„Mag in der Zeit der großen kulturellen wie geistigen Erneuerung auch die Exl-Bühne ihr bescheidenes Schärflein mit dazu beitragen.“ Faschismus und Nationalsozialismus förderten gerade jene Volkskunst, die im Kulturleben der Ersten Republik zunehmend an Bedeutung verloren hatte: agrarromantisch, nationalkonservativ, antimodernistisch. Dafür erhielten die Machthaber Unterstützung durch die Exl-Bühne, insbesondere die Nationalsozialisten. Exl selbst und einige der Schauspieler waren schon 1933 der Partei beigetreten, was Bundeskanzler Schuschnigg 1934 dazu veranlasste, eine Tournee ins Dritte Reich zu unterbinden. 1935 konnte die Exl-Bühne nur durch den Umweg über ein SchweizGastspiel wieder aus dem Deutschen Reich nach Österreich zurückreisen. Der Anschluss wurde denn auch gebührend begangen: Exl rief öffentlich zum „Ja für Hitler“ auf, Hans Ranzis „Ein Deutscher lügt nicht“ wurde als Festvorstellung zum Führergeburtstag gegeben, es folgten Tourneen zum Westwall, geschlossene Vorstellungen für Parteiorganisationen, Aufführungen in Arbeitslagern und für die SS-Wachmannschaften
in Auschwitz. Den Theaterbetrieb hatte nach Ferdinand Exls Tod 1942 seine Tochter Ilse Exl übernommen. Durch die guten Kontakte der ExlBühne zur NS-Politik gelang es sogar – trotz Kriegswirtschaft –, ein Wiener Theater zu renovieren, das 1941–1945 bespielt wurde. Zu dieser Zeit wurden einzelne Schauspieler, manchmal das gesamte Ensemble viel gefragte Filmdarsteller: In Volksstückadaptionen, Heimatfilmen (u. a. von Luis Trenker) und Propagandafilmen trat vor allem Eduard Köck auf. Er und andere finden sich sogar auf den ominösen „Gottbegnadetenlisten“: Diese von Hitler und Goebbels erstellten Kataloge beinhalteten deren persönliche Lieblingskünstler, nationalsozialistische „Vorzeigekünstler“ aller Sparten und jene, die für die Propagandamaschinerie als „unabkömmlich“ eingestuft wurden, womit der Betreffende praktisch vom Kriegs- und Arbeitsdienst bis zuletzt befreit war. Das Filmschaffen der Exl-Bühne geht zurück auf die Jahre 1912/13, als Pierre Paul Gilmans an Originalschauplätzen des Tiroler Freiheitskampfes „Speckbacher, oder: Die Todesbraut“ mit rund zweitausend Statisten und dem Exl-Ensemble in den tragenden Rollen drehte.
„Ueber Nacht begannen ihre Leute stark zu ‚österreicherln‘ …“ Nach 1945 übersiedelte die Exl-Bühne wieder ganz nach Innsbruck. Ilse Exl
versuchte, in zweimonatigen Spielzeiten in der Kleinen Bühne des Landestheaters durch innovative Zyklen und Aufwärmen eines Österreich-Mythos die Exl-Bühne zu revitalisieren. Produktionen wie „Im weißen Rößl“ und TirolerAbende sowie die noch immer obligaten Schönherr-Tourneen zeigen aber deutlich, dass sich die Exl-Bühne selbst überlebt hatte: Mit der Abwendung vom Volkstheater als Laientheater und Teil einer Festkultur und der Hinwendung zur Aufführungspraxis des Kunsttheaters hatte sich das Theater künstlerisch positioniert. Mit politischen Anpassungen hatte es sich ausgegrenzt. Das herrschende Textangebot führte zur Konzentration auf Dauerbrenner und oft billige Spaßmacherei. Zuletzt machte der Wille, das Ensemble um jeden Preis zusammenzuhalten, auch wenn es bei den Versuchen, neue Wege zu begehen, künstlerisch überfordert war, die ExlBühne uninteressant: Seit den frühen Jahren stieß man bei Repertoire-Erweiterungen immer wieder auf die zunehmend enger werdenden Grenzen. 1956 starb Ilse Exl erst 49-jährig, wenige Monate darauf gab die Exl-Bühne in Innsbruck ihre letzte Vorstellung. Anlässlich des 110. Jahrestages der Gründung der Exl-Bühne ist der reich bebilderte Band „Wandlungen eines Volkstheaters: Die Exl-Bühne (1902– 1956)“ in Vorbereitung und wird voraussichtlich im Dezember erscheinen.