STADTGESCHICHTE
Götterversammlung im Palais Tannenberg-Enzenberg D a s w u c h t i g e P o r t a l des Palais T a n n e n b e r g - E n z e n b e r g in d e r I n n s b r u c k e r U n i v e r s i t ä t s s t r a ß e lässt s c h w e r v e r m u t e n , dass sich hinter i h m bedeutende hochbarocke Skulpturen befinden. Sie w u r d e n i m A u f t r a g v o n Josef F r e i h e r r v o n T a n n e n b e r g (1669-1721) v o m Innsbrucker Hofbildhauer Ingenuin Lechleitner ( 1 6 7 6 - 1 7 3 1 ) z w i s c h e n d e n J a h r e n 1719 u n d 1723/25 g e s c h a f f e n . Vielleicht werden Sie schon öfters am Portal des Palais Tannenberg-Enzenberg vorbei spaziert sein, ohne zu ahnen, dass sich dahinter antik-mythologische Götterfiguren verbergen. Das Portal lässt eher an eine Festung als Für das Stadtarchiv/Stadtmuseum von Dr. Helmuth Öhler an einen Versammlungsort antiker Götter denken. Türklopfer in Form von Löwenköpfen laden jedoch ein, um Einlass zu bitten. W i r d das T o r geöffnet, steht der Besucher bereits vor den ersten zwei Skulpturen. Insgesamt schmücken sieben aus Holz gearbeitete, weiß gefasste Götterfiguren das Treppenhaus. Josef Freiherr von Tannenberg erwarb in den Jahren 1714 und 1719 zwei Häuser in der Universitätsstraße und ließ sie zu einem Palais umbauen. Spätestens 1723 war die Umgestaltung vollendet. Tannenberg, durch sein Philosophiestudium humanistisch gebildet, war in der antiken Mythologie bewandert und aktuellen Kunstströmungen gegenüber aufgeschlossen. So beauftragte er um 1719 auch jenen Innsbrucker Bildhauer, der in dieser Zeit am fortschrittlichsten arbeitete: Ingenuin Lechleitner. Dieser, geboren 1676 in Grins bei Landeck, geschult im Umkreis des Wiener Hofes, arbeitete seit 1707 als Hofbildhauer des kaiserlichen Statthalters Karl Philipp von der PfalzNeuburg in Innsbruck. Für das Erdgeschoß im Palais Tannenberg-Enzenberg schuf Lechleitner zwei monumentale Gestalten, die das Gewölbe des Treppenhauses zu stützen scheinen: links Herkules, rechts
Atlas. Rücken und Kopf von Herkules sind mit dem Fell des Nemeischen Löwen bedeckt. Da Herkules nach antiker Mythologie über außergewöhnliche Kräfte verfügte, stützt er das Gewölbe mit nur einer Hand. Gegenüber steht der Titane Atlas, die Himmelskugel auf dem Kopf balancierend. Atlas beteiligte sich an einer missglückten Revolte gegen die Götter und wurde deshalb dazu verurteilt, das Himmelsgewölbe zu tragen.
lanten in Wien gesehen haben und von ihnen beeindruckt gewesen sein. Körperhaltung, weiche Modellierung der massigen Muskulatur und malerische Oberflächenbehandlung der Tannenberg'schen Figuren zeigen deutlich die Auseinandersetzung Lechleitners mit den Werken Giulianis. Weitere vier Götterfiguren sind im Treppenhaus des Palais TannenbergEnzenberg in Wandnischen aufgestellt. Diese bereits 1706/10 von Lechleitner für das Palais der Familie Tannenberg
Im ersten Stock trifft man auf eine Skulptur, die wiederum Herkules darstellt- diesmal allerdings als jugendlicher Held. Der antike Held Herkules war im 17. und 18. Jahrhundert die Identifikationsfigur für Herrscher und Adel. Seine berühmten Zwölf Taten wurden als Beispiele tugendhaften Verhaltens interpretiert. So wollte wohl Innsbruck, Universitätsstraße 22/24, Palais Tanauch die Familie Tannenberg mit nenberg-Enzenberg, Treppenhaus, Treppenaufgang beiden Herkulesstatuen dokumen- Herkules und Titan Atlas, von Ingenuin Lechleitner, tieren, dass sie für sich die dem 1719-1 723/25. (Foto: Dr. Helmuth Öhler) Helden zugeschriebenen Kräfte und Tugenden in Anspruch nahm. in Schwaz geschaffenen Bildwerke personifizieren die vier Elemente: Juno die D e r Tiroler Historiograph Anton Luft, Flora die Erde, Neptun das WasRoschmann ( 1694-1760) erwähnte bereits 1742 die überlebensgroßen Statuen ser und Jupiter das Feuer. Durch die Einbeziehung der vier Elemente sollten von Holz" am Teppenaufgang und hob wiederum die mächtigen Kräfte der ihre „herrliche grandiose Anatomi und Götter, welche die Familie des AufMusculatur" hervor, die „ohnmöglich hätte besser gerathen khönnen". Die Fi- traggebers für sich beanspruchte, dem zeitgenössischen Betrachter vor Augen guren zeigen formale Parallelen zu den geführt werden. von Giovanni Giuliani (1664—1744) um 1697 für das Wiener Stadtpalais des Ein Gang durch das mit barocken Prinzen Eugen geschaffenen Atlanten. Skulpturen geschmückte Treppenhaus Da Lechleitner für dasselbe Palais zeitdes Palais Tannenberg-Enzenberg ist gleich eine Herkulesstatue lieferte, wajedoch auch heute noch ein äußerst ren ihm die Arbeiten Giulianis bekannt. lohnendes Erlebnis - nicht nur für LiebAuch Josef Tannenberg dürfte die Athaber des Barock.
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