Innsbruck informiert

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INNSBR Konzept für die „Winterschlafstelle-Neu" Anlaufstelle und Chance für Obdachlose Es wird ein Musterprojekt, beispielgebend für Österreich: Die 4.190 Quadratmeter des ehemaligen Kolpinghauses werden zu einem (vom Gemeinderat beschlossenen) „Integrativen Sozialhaus" generalsaniert, und zur gemeinsamen Adresse für Studentinnen und Studenten, für Obdachlose, für das Jugendzentrum „Z 6" und für eine Altenstube. Für die Unterbringung der Obdachlosen wurde bereits ein „Raum- und Funktionskonzept" erarbeitet. Am 7. Dezember 1992, öffnete das Kolpinghaus seine Tore für Obdachlose. Als reine „Winterschlafstelle" geplant, etablierte sich die „WIST" als ganzjährig betriebene Einrichtung. Rund 80 Personen wohnen derzeit im Haus, 20.800 Nächtigungen weist die Statistik aus (der Männeranteil dominiert mit 94 Prozent). Die „WIST" hat ihre Pionierphase hinter sich gebracht und hat sich von einer Akuteinrichtung zu einer Einrichtung mit längerer Beherbergungsdauer entwickelt. Zwei Drittel der Menschen, die sie benützen, bleiben längerfristig bis dauernd. WIST-Geschäftsführer Ing. Bruno Sporschill umreißt die Haupt-Aufgaben-

stellung: „Unterbringung von akut Obdachlosen und Nichtseßhaften, Hilfestellung bei primären Lebensbedürfnissen und ärztliche Versorgung sowie Vermittlung an Arbeitgeber." Auf die Bestandsaufnahme und die Planungsvorgaben der Bauherrin, der Stadtgemeinde Innsbruck, baut das „Raum- und Funktionskonzept" auf - eine Initiative der städtischen Obdachloseneinrichtungen, der Arbeitsgruppe Obdachlosigkeit und von Stadtrat Dr. Lothar Müller. Mit der Erstellung wurde die Arbeitsgemeinschaft Mag. Thomas Reiner (Sozialcoaching) und Dr. Marco Nicolussi („Büro mnc") betraut.

In der „WIST-Neu" wird der Frauenanteil stärker berücksichtigt werden (er beträgt derzeit nur 6 Prozent). Frauen erhalten einen eigenen Wohnbereich. Auch an Paare ist gedacht. Das Konzept ist auf eine Verringerung der Kapazität von (rund) 80 Personen auf 60 Personen ausgelegt. Der Durchgangscharakter des Hauses wird jedenfalls auch in der WISTNachfolgeeinrichtung erklärtes Ziel sein; sie „stellt keinen Finalwohnraum dar", definiert klar das Konzept Reiner/Nicolussi: „Die Befähigung zum selbständigen Wohnen bleibt die Leitvorstellung." Die Konsequenz für StR Müller: „Die Bewohner und Bewohnerinnen bleiben in der städtischen Wohnungsvormerkung." Noch im Frühjahr 1996 wird mit der Generalsanierung in der Dreiheiligenstraße 9 begonnen. Rund 100 Millionen Schilling werden in das Gesamtprojekt „Integratives Sozialhaus" investiert.

Behindertenbeauftragter Meinhard Erlacher: Den Lebensraum Innsbruck lebenswerter machen Ebenerdig, ohne Stufe „rollstuhlgerecht" zu erreichen, liegt im Rathaushof (beim Bürgerservice) das Büro von Mag. Meinhard Erlacher, seit kurzem Behindertenbeauftragter der Stadt. Der Raum ist eher klein, doch groß ist der Aufgabenbereich, den sich der Sozialpädagoge (Studium in Salzburg) gesetzt hat: „Ich will für alle Betroffenen da sein, nicht nur für bestimmte Gruppierungen." Mit dem Thema und der Problematik des Behindertseins hat Mag. Erlacher mehrfach Erfahrungen: Persönlich (hörbehindert von Geburt an), vom Studium her (im zweiten Studienabschnitt war der Schwerpunkt auf „behindert" gelegt) und auch bereits beruflich (Praktikum

bei der „Lebenshilfe"). Den Terminus „Behinderter" umgeht der Magister der Philosophie bewußt - seine Definition geht wesentlich weiter, er spricht von „Betroffenen": „Auch ein 'Gipshaxn' wird vor einer Stiege zu einem 'Behinderten', zumindest auf Zeit. Letztendlich kann Behindertsein jeden treffen, quer durch alle Altersschichten, in allen Lebenslagen." Erlacher will für eine offene Bewußtseins- und Meinungsbildung sensibilisieren: „Vor allem in Blickrichtung Älterwerden kann dieses Thema als Eigenvorsorge aktuell werden." Für Mag. Erlacher (Jahrgang 1966) war die neu geschaffene Stelle der Stadt ein Beginn bei der „Stunde Null". Dicht und arbeitsintensiv ge-

staltet sich das Arbeitspensum für das Ein-Mann"Team" zwischen Parteienverkehr und umfangreicher Konzeptarbeit. Bis weit in den November hinein ist der Terminkalender ausgebucht mit einer genauen Bestandsaufnahme und mit Gesprächen mit Ansprechpartnern, „sowohl intern als auch extern: Ich suche das Gespräch mit allen Vereinen und Institutionen. Ich will die Probleme der Betroffenen erfahren, aber auch Lösungsansätze und -Vorschläge im Konsens erarbeiten." Im „Innenverhältnis" sucht Erlacher den Kontakt und die Mitarbeit der zuständigen Stellen des Rathauses. In der Zielsetzung des Projektes der Weltgesundheitsorganisation „Gesunde Stadt

2000", die weit über das rein Medizinische hinausgeht (und bis in den Bereich der Wohnkultur, des Sozialen und der Integration reicht), sieht Erlacher seine Arbeit, „den Lebensraum Innsbruck noch lebenswerter zu machen". Bei den nicht auszuschließenden Rückschlägen setzt der gebürtige Zammer auf sein („felsafeschtes") Oberländer Rückgrat: „Ich laß mich durch nichts unterkriegen und ich will etwas weiterbringen." Büro des Behindertenbeauftragten: Rathaushof, beim „Bürgerservice". Zeiten: Mo. und Mi. von 14 bis 16 Uhr; Di. und Do. von 10 bis 12 Uhr. Telefon: 5 3 6 0 172 DW; Fax (ab Mitte November): 5360 - 1148 DW.

INNSBRUCK INFORMIERT - NOVEMBER 1995


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