Haidhausen verändert sich: Die 70er und 80er Jahre:
Initiativen , Vereine, Kneipen und Gaststätten Noch Ende der 60er Jahre gilt Haidhausen vielen Münchnern als typisches „Glasscherbenviertel“. Vor allem die Gegend rund um den Ostbahnhof hat einen ausgesprochen schlechten Ruf. Aber auch Gaststätten wie der berühmt-berüchtigte „Schwanenwirt“ am Gasteig, dessen Klientel eher dem kleinkriminellen Milieu und der Billig-Prostitution zuzurechnen ist, werden von den meisten Bürgern tunlichst gemieden.
gesunde Ernährung, über Hexen und Zauberer, Spiritualisten und Anarchisten, über Sonnenenergie und Mystik, aber auch über Sexualität und Atomkraftwerke und, nicht zu vergessen, die umfangreiche Sammlung von Comics.“
Mitte der 70er Jahre treffen sich einige junge, an Stadtteilpolitik und -kultur interessierte Leute mit dem Ziel, eine unabhängige Stadtteilzeitung zu gründen. Zweck des Projekts ist die Schaffung einer „Gegenöffentlichkeit“ zu den offiziellen Informationsquellen und den Münchner Tageszeitungen. Nach monatelangen Diskussionen über Zweck und Ziel, Erscheinungsbild und Vertrieb, erscheint 1976 die Nr. 1 der „Haidhauser Nachrichten“. Auch eine mehrteilige Serie zur „Geschichte Haidhausens“ wird in dieser Zeitung veröffentlicht. Sie ist der Vorläufer der ab 22. August 1977 im Haidhausen-Museum an der Kirchenstraße 24 gezeigten Geschichtsausstellungen und den dazu erscheinenden Büchern und Begleitheften.
Aber auch der erste richtige Buchladen im Viertel - bisher gibt es in ganz Haidhausen nur den winzigen Laden des Erst Mitte der 70er Jahre ändert sich das Herrn Smeikal am Max-Weber-Platz, in Bild. Neben dem inzwischen deutlich an- dem auf wenigen Quadratmetern ausgestiegenen Zuzug von ausländischen schließlich Taschenbücher angeboten Familien, die sich in den einfachen und werden - eröffnet in diesem Jahr in der billigen Altbauwohnungen einrichten, in- Elsässer Straße. teressieren sich plötzlich auch andere Im „Stadtbuch für München 1978/79“ ist dazu zu lesen: Schichten für den Stadtteil. „Der Tramplpfad ist ein Laden, in dem Insbesondere Studenten und junge man nicht nur die aktuellsten Bücher der Leute aus der „alternativen Szene“ ent- Alternativbewegung kaufen kann, sondern auch alles Lesenswerte erfährt über decken das „Arbeiterviertel“. Lebensmittelgeschäft Ecke Stein-/Kellerstraße
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Allerorts treffen sich nun Diskussionszirkel und Kulturinitiativen, Arbeitskreise und Gesprächsgruppen. Mit ihnen verändert sich auch die Gaststättenkultur. Aus ehemaligen Vorstadt-Wirtschaften werden „Szene-Lokale“. Im „Huterer“ am Wiener Platz erhalten die Mitglieder der einschlägigen Vorstadt-“Blasn“ aus der Kreppe und Umgebung zu ihrer nicht geringen Überraschung vom neuen Wirt plötzlich Lokalverbot. Die Gaststätte „Zur alten Kirche“ mutiert zum Treffpunkt von Studenten und „alternativen“ Handwerkern. Das „Johannis Cafe“ ist an den Wochenenden spätestens ab 23 Uhr
An der Kreppe
brechend voll. Im „Ansbacher Schlössl“ Ecke Milch-/Kellerstraße trifft sich die Sponti-Szene des Münchner Ostens, im „Blues Beisl“ in der Elsässer Straße und im gegenüberliegenden „Alten Keller“ in der inzwischen längst abgerissenen ehemaligen „Alten Poststation“ fließt das Bier in Strömen. Für das „Cafe Größenwahn“ in der Lothringer Straße übernimmt der Künstler „FLATZ“ die Gestaltung der Einrichtung, in der Vorstadtwirtschaft „Zur Unterfahrt“ am Haidenauplatz treffen sich plötzlich „Avantgarde-Jazzer“.