in münchen Ausgabe 3/2017

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Redaktion_0317_Redaktionsseiten 30.01.2017 21:12 Seite 43

PARTYZEITEN

Und immer wieder Ritournelle ... Tanznacht, Rave-Drama und Boutique-Festival in einem Die Ritournelle ist ja mittlerweile schon eine berechenbare Konstante in München. Einmal im Jahr werden im großen Schauspielhaus der Kammerspiele die Sitze rausgeschraubt, um für die nötige Beinfreiheit zu sorgen. Denn dann ist elektronische Tanzmusik angesagt, die einen weiten Bogen spannt von düsterem No-Wave Romantizismus über noisige IDMAbstraktionen bis hin zu wummerndem Analog-Techno. Die Norwegerin Jenny Hval wird diesmal mit am Start sein, deren postfeministische Menstruationsstudie „Blood Bitch“ sich als eines der schillerndsten Pop-Alben 2016 entpuppte. Verwischte Grenzen zwischen Art-Pop à la Planningtorock, Peaches-E-Punk und ausladend monumentaler Björk-Geste sind die Spezialität von Gazelle Twin. Oder man nehme das aus Manchester stammende Duo Demdike Stare, welches sich

Studierter Pianist, begnadeter DJ: RAFFAELE ATTANASIO mit seinem eben erschienenen Album erstmals voll und ganz dem Club verschrieben hat und damit auch gleich die DancePlatte des Jahres ablieferte. Vergleichsweise abstrakt hämmert der US-Boy Vatican Shadow durch ein Koordinatenfeld zwischen Noise und Techno, während das junge Berliner

Techno-Trio Fjaak dann wieder etwas Leichtig-keit mit ins Spiel bringt. Den krönenden Abschluss macht schließlich zu fortgeschritten-er Stunde Kompakt-Veteran Superpitcher, der altersweise zu einem krautig-psychedelischen DiscoGroove voll jugendlicher Euphorie zurück gefunden hat.

Mehr passt nicht in eine Nacht. wer neben den Hausherren Maxâge, Sebastian Galvani (4.2. Kammerspiele) und Fabian Kranz als HeadViele Szene-Größen, wie die liner auf dem Line Up-Zettel DJs From Mars, The Fabulous stehen soll. Umso stolzer sind Beatmashers oder Mashup Gerdie Impressarios nun, einen many geben in aller Regelmäganz persönlichen Favoriten ßigkeit Gas ohne Ende. Diesmal präsentieren zu können, der injedoch haben die eben getern von den dreien selbst rauf nannten Ruh’, denn es kommt: und runter gespielt wird und Jimmy Klok. Jawohl, jener es daher längst überfällig war, Mann aus Würzburg, der hinter diesen zu engagieren, sein Naeiner quietschgelben Smileyme: Martyn. Ja, wow! Der maske gewissermaßen unerMann aus Washington D.C. hat kannt die Mashup-Szene unsisich höchst wahrscheinlich gecher macht. Sein Credo „Es lebe rade noch den Arsch auf der der Spaß!“ steht für ausgelasAnti-Trump-Demo abgefroren, sen-kreative Mashups und mitbevor er in den Flieger stieg, reißende Bootlegs, die immer um sich auf den Weg nach einen unvergesslichen Abend München zu machen. Eigentgarantieren. So, put your fulich kommt Martyn aus dem ckin’ hands up and Mashup, Drum’n’Bass, erarbeitete sich Baby! (4.2. Neuraum Club). aber in den letzten Jahren auch 9 Jahre IWW – oder, der in der Techno-Szene ein gutes Start in die 10. IWW Saison. Standing. Aktuell ist er durch Wahnsinn, wer hätte das ge- sein neues Album „Evidence dacht, als diese Veranstaltungs- from a good Source“, das er zureihe im Februar 2008 das Licht sammen mit Steffi als Doms & der Welt erblickte. Viele nam- Deykers rausgebracht hat, in alhafte Künstler drückten sich ler Munde. Mittlerweile ist er seither die Klinke in die Hand. auch im Berghain-Label-Roster Natürlich wurde wieder aus- von Ostgut Ton und bespielt die giebig hin und her überlegt, Clubs und Festivals der Welt.

NACHTLEBEN

Happy Birthday: Ein Jahr HEARTHOUSE Auf der Pressekonferenz am 26. Januar zu einem Jahr Hearthouse hat sich vor allem eines herauskristallisiert: Das Hearhouse ist und bleibt einzigartig in München. Und das Gesamtpaket ist etwas ganz Besonderes: Es ist nicht nur der erste „Private Mem-

ber Club“ der Stadt –das heißt nur Mitglieder haben Zutritt –sondern auch mit diversen Awards ausgezeichnet. Die Nightlife-Experten Daniel Laurent, Nikias Hofmann, Ayhan Durak stehen hinter dem außergewöhnlichen Projekt. Es umfasst insgesamt 16 verschiedene Räume und zwei Terrassen. Zu den Herzstücken zählen der „Social Room“, das Restaurant „Kitchen“ und die „Circle Bar“. Hinter ihr wirkt Cihan

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Anadologlu, der früher im Schumann’s Köstlichkeiten kredenzte und auch schon bei den Oscars Drinks kreiert hat. Hier, wie überall im Hearthouse, ist die Liebe zum Detail zu finden: Das Eis für die Drinks kommt von einem Eisblock aus Japan, wird handgeschnitzt. „Wichtig ist mir, den Gästen ein neues Erlebnis zu bieten, Innovation und Tradition parallel laufen zu lassen“, so Cihan Anadologlu. Ein weiteres Highlight ist der „Club“ –hier legten schon Westbam und Paul Kalkbrenner auf. Auch Nikias Hofmann ist zwei Mal im Monat persönlich hinter dem DJ-Pult. „Wir nehmen Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen auf und legen größten Wert auf eine gute Mischung unserer Gäste –es ist ein Ort der Begegnung und des kreativen Austauschs“, so Ayhan Durak. „Kunst, Kultur, Kulinarik und Craft-Cocktails sind unser Programm.“ Die Mitgliedschaft für ein Jahr kostet ab 900 Euro; die Anträge werden von einem Komitee geprüft. Hearthouse, ab 11 Uhr, Lenbachplatz 2, www.thehearthouse.me

Nachruf: NACHTAGENTEN Nach unglaublichen fünf Millionen Bildern, mehr als 50.000 gefeatureten Parties und über 100 eigenen Events ist jetzt im 16. Jahr Schluss mit dem Nightlife-Portal www. nachtagenten.de. „Auf 5.000 der Parties war ich selbst“, sagt Nachtagenten-Betreiber Robert Solansky. „Aber alles hat ein Ende! Hauptgrund für das Ende ist, dass ich seit kurzem einen erfolgreichen Online-Golfshop führe (www.golfshop.de), der von Dortmund nach Bayern zieht. Damit habe ich mir nun zum zweiten Mal mein Hobby zum Beruf gemacht.“ Zurück bleibe vor allem eins: Dankbarkeit. „Man hat etwas geschaffen, jetzt melden sich viele Leute, um sich zu bedanken. Einige wie das Pacha oder das P1 waren vom ersten Tag an Partner, andere wie das Harry Klein und das Palais fast. Auch ich möchte mich bei je-

dem bedanken, der an mich und meine Idee geglaubt hat –ohne die ganze Unterstützung wäre alles nicht soweit gekommen.“ Es war auch nicht unüblich, dass Robert Solansky Babyfotos von durch Nachtagenten verkuppelten Usern gesendet bekam. „Nachtagenten war rückblickend ein Social Network vor den Social Networks.“ Dokumentiert bleibt die Nachtagenten-Seite im Netz leider nicht: „Sie wird abgeschaltet; es ist ein Buch, das geschlossen wird, der virtuelle Tod.“ Allerdings behalte Robert Solansky persönlich eine Kopie auf Festplatte. „Das Wichtigste, was bei mir immer, immer bleiben wird ist, dass ich über Nachtagenten meine wundervolle Frau kennengelernt habe und wir jetzt seit zehn Jahren verheiratet sind.“ Birgit Ackermann


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