Blickpunkt KMU - 02/2014

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Im Gespräch die Herausforderung und die Möglichkeit, etwas zu erschaffen – beinahe schon unabhängig vom Lohn, den wir dafür erhalten. Dabei handelt es sich um ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Leider haben wir in der Gesellschaft auch viele Aufgaben, die aktuell nur schlecht oder gar nicht entlohnt werden, obwohl sie wichtig sind. Die trifft beispielsweise auf einen grossen Teil des Kunstsektors zu.

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Giselle Rufer ... ... ist Gründerin und Geschäftsführerin der Firma Delance, die personalisierte Luxusuhren für Frauen herstellt. Nach einer KV-Lehre studiert Giselle Rufer zuerst Kunst und

Sie sprechen die Frage an, ob der Arbeitsmarkt

erwarb später ihr

immer wie der ideale Markt funktioniert – also

Informatik-Diplom an der

wie genau der Preis für eine Leistung zustande

Ingenieurschule Biel. In der

kommt.

Vorgängerfirma der

Über den Wert der Arbeit nachzudenken ist ebenso spannend wie wertvoll, gerade wenn es um Arbeiten geht, die sich nicht so leicht kommerzialisieren lassen, wie etwa in der Kunst. Dass solche Diskussionen ausgelöst werden, begrüsse ich sehr. Doch eine Volksinitiative ist ein wertvolles, staatspolitisches Instrument, das wir nicht leichtfertig entwerten sollten. Dies ist der falsche Weg, wenn einfach ein öffentlicher Diskurs erzeugt werden soll. Rufer Die Diskussion ist auch deswegen nötig, weil es heute einer Stigmatisierung gleichkommt, wenn man vom Sozialamt Geld bezieht. Dazu sind längst nicht nur Leute gezwungen, die nicht arbeiten wollen. Es kann einfach passieren, dass man in eine solche Situation gerät. Und dann sollte man sich nicht schämen müssen. Es gibt ganze Familien, die langfristig vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind, weil sie ihre eigene Situation nicht mehr nach draussen tragen möchten und sie sich nicht mehr wohl fühlen in der Gesellschaft. Kaiser Was Sie sagen, ist völlig richtig. Doch gerade bezüglich der finanziellen Versorgung und der sozialen Teilhabe ist Erwerbsarbeit der Schlüssel. Sie schützt vor Armut, materieller wie geistiger, und sie integriert. Deswegen versuchen wir heute die Sozialsysteme so zu gestalten, dass es einen hohen Anreiz gibt zu arbeiten. Wenn ich Menschen grundlos die Möglichkeit gebe, ohne Job ein Auskommen zu haben, provoziere ich beinahe, dass sie sich aus der Gesellschaft zurückziehen. Rufer Wir erziehen unsere Kinder dazu, gut in der Schule zu sein, später zu studieren und einen Beruf zu erlernen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mit diesem Hinter-

heutigen Swatch-Group

Kaiser

lancierte sie erfolgreich die Kinderuhr Flik Flak.

grund, der auch die Möglichkeit hat ein anständiges Gehalt zu bekommen, plötzlich aufhören wird zu arbeiten. Ich habe eine Auszubildende, die nicht aus der Schweiz kommt. Wenn sie ihre Lehre abschliesst, werde ich sie nicht mehr weiter beschäftigen können. Für sie ist das schlimm, auch finanziell. Sie sagt, das bedeute für sie einen grossen Rückschritt. Sie will arbeiten, sie will Leistung bringen und den entsprechenden Lohn dafür erhalten. Sie wäre nie zufrieden mit 2500 Franken im Monat. Die Leute, die sich damit zufrieden geben und keine Herausforderung wollen, gehen heute schon nicht arbeiten. Kaiser Das mag in der Theorie durchaus zutreffen. Die Initiative sagt aber klar, dass jeder Person – bedingungslos – ein Grundeinkommen zustehen soll. Bei Familien mit mehreren Kindern summiert sich das wie erwähnt schnell zu einem Betrag, den nicht jeder Alleinversorger ohne Weiteres verdienen kann. Diese Fälle bereiten mir Kopfschmerzen. Rufer Wenn man Kinder hat, die zur Schule gehen, werden diese gefragt was die Eltern oder Grosseltern beruflich machen. Ein Kind ist doch stolz, wenn es sagen kann, dass der Vater einen tollen Beruf hat. Auch das spielt meiner Meinung nach bei der Motivation eine Rolle:

«Man kann vom Volk nicht erwarten, über eine Initiative abzustimmen, die sich so niemals umsetzen lässt.»

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