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Von Smartphone bis Router

Chipmangel schlägt auf Branchen durch Der Rohstoffmangel und die gestörten Lieferketten aus Asien für Halbleiter und Kunststoffe treffen nicht nur europäische Autos und Barbie. Die Krise erreicht auch immer stärker die Konsumgüter- und Telekommunikationsbranche. Von Thomas Fuchs

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gal ob Smartphones, Spielkonsolen, Haushaltsgeräte oder Router: Auf die Industrie und Verbraucher kommen harte Zeiten zu. Neben längeren Lieferfristen und Wartezeiten für Neuprodukte drohen erhebliche Preissteigerungen. Die Baubranche kann ein Lied davon singen. Seit Januar haben sich die Holzpreise um über 400 Prozent erhöht. Laut einer aktuellen Umfrage der „Welt am Sonntag“ kommt es bei sehr vielen Zulieferern zu erheblichen Engpässen. So sind viele Bereiche der Konsumgüterindustrie betroffen. Das Unternehmen AVM, das mit der Fritzbox einen der

beliebtesten WLAN-Router in Deutschland anbietet, berichtet von kurzfristig stornierten Lieferzusagen für Bauteile. Auf neu bestellte Ware müsse das Unternehmen bis zu ein Jahr warten. Daher ließen sich Lieferengpässe nicht ausschließen. Das bestätigt auch Gigaset. Das Unternehmen mit Sitz in Deutschland stellt Schnurlos-Telefone, Smartphones und Geräte für das Smart Home her. Damit drohen Schlüsselinfrastrukturen und viele andere Bereiche ausgebremst zu werden. Cable!vision hat hierzu zwei interessante Gespräche geführt. Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäfts-

führung des ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V., plädiert dafür, dass Europa seine Kompetenz in bedeutenden Halbleitergebieten sichern und ausbauen muss, um sich unabhängiger zu machen. Matthias Künsken, Geschäftsführer der Kieler Seloca, gibt einen nüchternen Ausblick auf das, was auf die deutsche Netzbranche und deren Kunden in den nächsten Monaten zukommt. Die notwendige Digitalisierung droht auf unbestimmte Zeit ausgebremst zu werden.

Halbleitermangel: Europa muss verstärkt auf Aufbau eigener Produktionskapazitäten setzen

Cable!vision Europe: Wieso sind Halbleiter für die Autobranche – und evtl. andere Industrien – derzeit so knapp? Wolfgang Weber: Im Moment gibt es Engpässe bei Halbleitern in der Automobilindustrie und auch in anderen Industrien. Ein Grund ist, dass die Digitalisierung während der Pandemie einen deutlichen Schub erfahren hat. Aber auch langfristige Trends wie das vernetzte Fahren und die notwendige Digitalisierung der Energiewende werden die Nachfrage hochhalten. Die Engpässe in der Automobilbranche hängen wesentlich damit zusammen, dass diese zum Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 ihre Abnahmen deutlich zurückfuhr und diese Kapazitäten von anderen Branchen besetzt wurden.

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Cable!Vision 3/2021

© ZVEI

Interview mit Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnikund Elektronikindustrie e.V.)

Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des ZVEI

Wie lange könnte diese Situation noch anhalten? Die Hersteller setzen alles daran, ihre Kapazitäten zu vergrößern. Das allerdings geht nicht über Nacht, da ein Chip innerhalb eines sehr komplexen, extrem arbeitsteiligen, weltweiten Wertschöpfungsnetzwerkes hergestellt wird. Zudem ist die Chipherstellung sehr kapitalintensiv, was zur Folge hat, dass eine Fab nur bei sehr hoher Auslastung ökonomisch arbeiten kann dabei sind schon Auslastungen unter 85 Prozent nicht mehr kostendeckend. Als Faustregel gilt, dass ein einzelner Halbleiter bis zu seinem Einsatz derzeit etwa zweieinhalbmal um die Erde reist. Überlegungen, Kapazitäten zu erhöhen, müssen alle diese Faktoren berücksichtigen, auch die politische Stabilität solcher Wertschöpfungsnetzwerke.

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