Vinyl Stories 3 – Trauern um die CD

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bookish periodical – ausgabe 3 / 2017

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Axel Vindenes Der Kakkmaddafakka-Sänger hört Platte – kuschelig!


TRAUERN UM DIE CD – tut das wer? text: michael hopp / fotografie: patricia paryz

Wer würde heute schon einen Cent darauf setzen, dass die Compact Disc überhaupt nur das nächste Jahrzehnt erreichen wird? Wohl niemand. Die CD ist ein Trauerfall mit Ansage. Und doch ist Michael Hopp fast soweit, sentimental zu werden – aber auch nur fast ...

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Die CD ist eine einzige verfickte Scheiße. Eine. Einzige. Verfickte. Scheiße. Wobei in dem Vergleich die verfickte Scheiße viel zu schlecht wegkommt.

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as war meine Grundeinstellung. Über Jahrzehnte. Ich hasste die CD, fast schon pathologisch. Zog auch als Autor gegen sie zu Felde. Schrieb Pamphlete und regelmäßige Kolumnen in Wiener, Tempo, Männer Vogue, unter unauffälligen Titeln wie Consumer’s HiFi. Die zentralen Argumente: Die cd klingt nicht gut. Gibt die Musik nicht angemessen wieder. Sieht zudem hässlich aus. Plastikschrott – geht sofort kaputt, zerbricht bei einmal Aufklappen. Und das Artwork kommt in der Größe auch nicht zur Geltung. Alles in allem: Sie besitzt keinen Wert. Zum Thema „Sie gibt die Musik nicht angemessen wieder“ schrieb ich in der Zeit, es waren die späten 80er Jahre, eine Reihe pseudowissenschaftlicher Abhandlungen, und fand tat-

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sächlich Daten, die besagten, dass der Frequenzumfang der analogen Wiedergabe höher sei als der der digitalen – erst mit der Super-Audio-cd hätte die cd hier aufgeholt, hieß es dann. Doch inzwischen hatte ich schon neue Argumente. Heute weiß man, dass sich die Qualität des Klangs und wie ihn jeder subjektiv empfindet, nicht nur in der Dimension analog-versus-digital beschreiben lässt. An die Stelle dogmatischer Glaubenskriege ist die liberale Anschauung der Psychoakustik getreten, die individuelle Faktoren höher bewertet. Sagt mein Verstand. Mein Ohr und mein Herz sagen immer noch: es gibt nicht viel Schöneres auf der Welt, als auf kultivierte Art analoge Platten zu hören. Dazu gehört für mich in allererster Linie erlesenes Equipment, gerne britischer Marken. Und noch etwas sagt einem der Verstand: Auch die heutige Rückkehr des Vinyl kann nicht in erster Linie mit klanglichen Argumenten begründet werden, da aktuelle Vinylproduktionen auf digitalen Aufnahmen beruhen und von einer rein analogen Wiedergabe auch am Plattenspieler keine Rede mehr sein kann. Warum war ich damals so wütend? Ich kann mich tatsächlich an wenige (eigentlich keine) Dinge in meinem Leben erinnern, die mich vom ersten Moment an mit so viel Abscheu, fast schon Ekel erfüllten wie die Compact Disc. Es war einfach – zum kotzen ! Warum? Vielleicht, weil einige besonders intensive Kindheitserlebnisse mit den Vinyl-Singles in meiner Familie verknüpft waren. Mein Großvater mit den großen Ohren, wie ihm die Tränen runterliefen, jedes Mal, wenn mein Vater ging – und er „Junge komm bald wieder“ von Freddie Quinn auflegte, so laut, dass das ganze Haus mithören musste. Er war nämlich nicht nur sentimental, sondern auch schwerhörig. Eventuell auch, weil gerade zu der Zeit, als ich mir endlich einen ordentlichen Plattenspieler leisten konnte, die cd aufkam und es plötzlich immer weniger Platten gab? Oder deshalb, weil das Besitzen und spätere Horten von Schallplatten zumindest über einige Jahre mit einer Aura von Coolness und erotischer Konkurrenzfähigkeit („Gehen wir noch Plattenhören?“) umgeben war – und der cd -Boom dies jäh beendete? Und praktisch ins Gegenteil verkehrte? Der gegen Mitte der 80er Jahre einsetzende cd -Hype hatte aber auch eine kulturelle Komponente, die mir irre auf den

reflections

Geist ging. Die Illustriertenfigur Herbert von Karajan wurde zur Gallionsfigur im sogenannten Klassikbereich – über den Klang der cd ließ er sich zitieren: „Alles andere ist Gaslicht.“ Und unter den Popmusikern waren es gerade Vollpfosten wie Mark Knopfler von Dire Straits, Chris de Burgh oder die damals verhassten Abba, die sich für die cd stark machten und in Interviews von dem neuen Tonträger schwärmten. Man konnte in der Zeit als Schallplatten-Fan aber auch leicht paranoid werden. Es gab Jahre, da musste man als Vinyl-Käufer (der ich seit meinem 12ten Lebensjahr im Jahre 1967 war) tatsächlich glauben, es sei demnächst vorbei. Während heute in den Läden die Vinyl-Regale wieder wachsen und Schallplatten die cd s verdrängen, so ließ sich damals das Gegenteil attestieren. Jeden Samstag, wenn ich in die World Of Music Filiale in der Kaufinger Straße in München ging, waren die Platten weniger geworden. Am Ende existierte noch eine Reihe – und bald darauf gab es die wom Kette nicht mehr. Die Platten wurden zu der Zeit auch immer schlechter: Das Vinyl noch dünner, alles weniger liebevoll und billiger gefertigt. Wer Qualitäts-Platten wollte, musste in HiFi-Geschäfte ausweichen. Die sogenannten audiophilen Platten waren aber nicht aktuell, doppelt so teuer und anfangs nur streberhafte Wiederveröffentlichungen. Aber so entdeckte ich immerhin den Jazz. Das heißt, dass von der cd und ihrer rasanten, flächendeckenden Einführung auch eine Art Aggression ausging. Man wollte uns friedliebendem Plattenvolk an den Kragen. Es sollte ja keine Vielfalt der Systeme geben, keine Koexistenz, nein, die Schallplatte sollte vernichtet werden. Wir sollten vernichtet werden. Und so lebten wir in Notwehr. Ich zumindest.

Es grenzte schon an Gehirnwäsche. Unauffällige Plattenkäufer verwandelten sich über Nacht zu willenlosen CD-Fans und beteten mit leerem Blick die Argumente der Industrie nach: cd s knistern nicht! Haben eine höhere Laufzeit, ohne Umdrehen! Sind so robust, dass sie auch als Bierdeckel verwendet werden können! Sind digital, ohne dass man schon genau wusste, was das ist. Sind ... nee, cool waren sie nie, eher eine unemotionale Innovation, vergleichbar dem Automatik-Getriebe im Auto. Aber auch nicht uncool. Am Ende waren es dann unsere geliebten Schallplatten, die tief ins Uncoole gerutscht waren. Was macht euer Vater mit den schwarzen Scheiben da, fragten die Freunde meiner Kinder auf Geburtstagspartys, wenn ich Rolf Zuckowksi auf Vinyl

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Tatsächlich habe ich in meinem Leben keine einzige CD gekauft und nie einen CD-Player besessen. Die harte Zeit überwinterte ich in der audiophilen Szene.

auflegte. Mit dem Argument, dass sich der Stopp-Tanz mit dem plötzlichen Heben des Tonarms genauso gut machen lässt wie mit der Pause Taste des cd -Players, drang ich nicht mehr recht durch. Der alte Mann und seine schwarzen Scheiben. Platte – igitt! Out! Mega-Out! Sowas von out! Wie die Lemminge stürzten sich die Leute zwar nicht über Klippen – begannen aber wie auf Kommando, ihre Platten rauszuschmeißen. Ich konnte es nicht fassen. Erst Jahre später begann ich darüber nachzudenken, dass es bei den Käufern damals wohl auch eine Unzufriedenheit mit dem Medium Schallplatte und der damit verbundenen Hardware gegeben haben muss, die der cd zu der raschen und am Ende flächendeckenden Akzeptanz verholfen haben. 52

Irgendetwas war mit der neuen Technologie endlich gelöst oder behoben, nur so lässt ihre rasante Durchsetzung erklären, denn weder waren cd s prinzipiell billiger als Platten (oder gar gratis, wie Musik heute im Internet), noch waren cd -Player so viel billiger als Plattenspieler. Die Leute mochten die cd , ich würde nicht sagen, dass sie sie liebten. Aber das sollte reichen. Nach Anlaufschwierigkeiten – die ersten cd -Player waren klobig und teuer – setzte sich die cd in einem Zeitraum von nur fünf Jahren marktdeckend durch. Es war die Zeit, als die Zukunft gerade begann, noch eher zögerlich. In der „Star Wars“-Reihe lebten wir gerade in dem Loch zwischen Episode vi („Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, 1983) und Episode i („Die dunkle Bedrohung“, 1999). Im Kino lief „Gib Gas

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– Ich will Spaß“ und der dazugehörige ndw-Soundtrack führte die Hitparaden an. Es waren die 80er Jahre, als man Samstag abends mit dem braunen Playmobil-Piratenschiff in der Badewanne lag, und durch den Türspalt der Ton von „Wetten, dass ...“ drang, wie es der Autor Florian Ilies so treffend beschrieb. In nur fünf Jahren schaffte die cd einen kompletten Medienwechsel, eigentlich ein Meisterstück der Transformation, die uns heute oft zu langsam (oder zu schnell, je nachdem) geht. Selbst das Internet brauchte länger und muss bis heute mit mehr Vorbehalten kämpfen. Erstmals vorgestellt auf der Funkausstellung 1981, in einer Kooperation von Philips und Sony, wurden 1984 drei Millionen cd s verkauft – und 74 Millionen LPs. Doch innerhalb der nächsten fünf Jahre wuchs die Verbreitung der cd mit enormer Geschwindigkeit. 1989 setzte sie sich erstmals vor die lp , mit großem Abstand: 56,9 cd s zu 28,3 Millionen lp s. Und längst hatte sich der beliebte Silberling auch in verschiedenen Modifikationen verbreitet. Mit der cd -rom wurde die cd ab 1985 zum Software-Datenträger, mit der cd -R ließen sich cd s ab 1990 auch selbst überspielen, der cd -Brenner steht bald so oft wie der Toaster in Deutschlands Haushalten. „Brennen“ wird zum Volkssport. Vorläufer der dvd schließlich war die Video cd . Über lange Zeit sah die Vinylplatte dagegen irgendwie alt aus. Und noch was war die cd : für die Musikbranche die größte Cash-Cow aller Zeiten. Mit seither nicht erreichten Gewinnspannen von durchschnittlich 20 Prozent – Herstellung, Verpackung, Versand, geringerer Platzbedarf, alles ist bei der cd billiger – wurde nicht nur die aktuelle Produktion im neuen Format vermarktet, sondern vor allem der Back-Katalog neu herausgebracht, bei vielen Titel sogar mehrfach in mehreren Wellen und Qualitätsstufen. Die Boxen-Mania begann, wobei es nicht nur Cash-Flow-Produkte gab, sondern zum Teil auch liebevoll editierte, hochwertige Sammlerausgaben mit digital aufbereiten Originalaufnahmen, man denke nur an das Programm der Bear Family Records. Das Münchner Esoterik-Label ecm war als erstes fahnenflüchtig und wechselte komplett auf cd , angeblich, weil sie besser klang. So gesehen ist Vinyl heute die neue cd : Denn erneut gelingt es, die historischen Aufnahmen – All-time-Blockbuster wie Beatles, Queen oder Pink Floyd – im neuen, alten For-

mat wieder zu verkaufen. „Jetzt kaufe ich mir das gleiche Zeug zum fünften Mal“, seufzt der Käufer und nimmt demütig zur Kenntnis, wie es etwa Bob Dylan gelungen ist, aus Fans erst Käufer und dann Kunden zu machen, die er mit aufwändigen Editionen jedes Jahr und immer häufiger zur Kasse bittet. Im Jahr 2001 erreicht die Musik-cd ihren Peak mit 133,7 Millionen verkauften Exemplaren, gegenüber nur mehr 0,6 Millionen Schallplatten. Seither geht’s mit der lp bergauf und mit der cd bergab. Sie erleidet das bekannte Schicksal aller Übergangstechnologien wie Handy ohne Internet, usb Sticks oder heute der Dieselmotor. Tatsächlich habe ich in meinem Leben keine einzige cd gekauft und nie einen cd -Player besessen. Die harte Zeit überwinterte ich in der audiophilen Szene, kaufte da Platten, freute mich, dass das Angebot dank eigens gegründeter Vinyl-Label immer besser wurde – und war begeistert, als ich mitbekam, dass sich schon ab Mitte der 1990er Jahre eine Szene von Vinyl-Künstlern herausbildete, die darauf Wert legten oder es auch selbst in die Hand nahmen, dass ihre Alben als Vinyl erschienen. Godfather Paul Weller war einer von ihnen – bei ihm war auch als erstes – mit „Wild Flowers“ von 1993 – die Rückkehr zur für die lp produzierten Cover und Gatefolds zu erkennen. Heute ist die Schallplatte neu geboren – und die cd deutlich rückläufig. Von Jahr zu Jahr verliert sie Marktanteile gegen die voll-digitale Konkurrenz wie Downloads oder Streamings. Die cd hat die digitale Technik in die Haushalte getragen und für ihre Akzeptanz gesorgt – und nun selbst gegen diese digitale Technik den kürzeren gezogen. Auch tragisch! Wollen wir hier mal eine Krokodilsträne vergießen? Schadenfreude ist ja eigentlich unschön. Die cd war eine in erster Linie praktische Erfindung, denn manches des oft nervigen Schallplattenhandlings war tatsächlich entfallen, wenn auch bei weitem nicht alles. So waren auch cd s keineswegs kratzfest und wollten sauber gehalten werden. Die Haltbarkeit einer lp erreichen sie bei weitem nicht. Die anfangs verwendeten Lacke greifen die Aluminiumbeschichtung der Disc an, so dass der Laser nicht mehr arbeiten kann und der Player die cd ausspuckt. Es wurde schon berichtet, dass sich 30 Jahre alte cd s sozusagen selbst zerstören. Dem halten Vinyl-Fans entgegen, dass ihr Speichermedi-

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Da sich CD-Käufer nie so sehr als Sammler gesehen haben, entwickelt sich der Second Hand Markt eher zögerlich und uneinheitlich. Viel mehr als ein Euro lässt sich mit CDs der letzten Jahre nicht erzielen, da lohnt sich kaum der Versand.

um robuster ist, sich weniger aufwändig auslesen lässt und über eine praktisch unbegrenzte Haltbarkeit verfügt. Und zum Argument der digital regelmäßigen cd -Wiedergabe, ohne die Schwankungen in der analogen Technik? Schon nach kurzem kehrte auch bei den cd -Playern die High End-Optimierungsdenke ein und den Geräten wurde – wie Plattenspielern – ein Eigenklang attestiert, der oft mit den mechanischen Gegebenheiten der Player zu tun hatte. Die Fummelei ging genauso los wie am Plattenspieler. Dass die cd ein eher rationales Medium war und nicht einmal bei den Generationen, die mit ihr aufgewachsen sind, emotionale Bindung erzeugte, zeigt sich auch an der Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Verschwinden. Nur vereinzelt wird dies kommentiert oder gar bedauert. Eine solche Ausnahme ist der von David Browne 2016 im amerikanischen Rolling Stone veröffentlichte Beitrag „In defense of the cd “. In diesem fragt er: „Woher kommt der Hass? Als in den 90er Jahren die lp zu sterben begann, haben wir ihr nachgetrauert und den Verlust an Lebensqualität bedauert, der mit ihrem Verschwinden einherging. Aber wir haben keine Freudentänze in den Straßen aufgeführt und uns über jeden ihrer letzten Züge gefreut – so wie wir es heute bei der cd tun. Ich kenne Leute, die ihre Freunde fragen, was sie jetzt mit ihren Regalen und Regalen von cd s machen sollen – und diese Freunde sagen: In den Müll damit, das Zeug ist nichts mehr wert!“ Die cd hat wenig ideellen Wert, das stimmt. Sie eignet sich weder für den weltweiten Kult, den wir jetzt um das Vinyl erleben, in all seinen Ausprägungen von den Platten und ihren Hüllen selbst bis zur begleitenden Aufbereitung in Büchern, Ausstellungen, Zeitschriften und den hunderten Fan-Websites, die jeder noch so abseitigen Facette der Lust am Vinyl digital Referenz erweist. Noch ist sie längerfristig kulturstiftend, da alle relevanten Musiksammlungen, sozusagen die Weltbibliotheken der Musik, auf Grundlage von Schallplatten geführt werden. Dies gilt für das HipHop-Archiv von Grandmaster Flash genauso wie für die Jazz-Stiftung, die in Detroit um das Erbe von Sun Ra entsteht. Man muss es so hart sagen: Vinyl ist Hochkultur, cd ist Trash. Aber die cd hat noch wirtschaftlichen Wert und vielen Künstlern und der Musikindustrie ginge es schlechter, gäbe 54

es sie nicht. Besonders in Deutschland, wo der Anteil an physischen Tonträgern 2016 immer noch 62,1 Prozent betrug und die cd mit 53,8 Prozent Marktführer ist, vor dem Audio-Streaming mit 24,1 Prozent. In anderen Ländern sieht es bereits düsterer aus für die cd . So wurden in Schweden, dem Mutterland von Spotify, nur noch 19 Prozent der Umsätze mit physischen Tonträgern erzielt. In Amerika sind die cd -Umsätze seit 2003 fast um 75 Prozent zurückgegangen. Was bleibt? Da sich cd -Käufer nie so sehr als Sammler gesehen haben, entwickelt sich der Second Hand Markt eher zögerlich und uneinheitlich. Viel mehr als ein Euro lässt sich mit cds der letzten Jahre nicht erzielen, da lohnt sich kaum der Versand. Es ist schon seltsam, niemand will für die cd in den Zeugenstand. „Es gab tolle Booklets“, wird vereinzelt gesagt, in der cd -Zeit blühten die Liner-Notes auf. Für Klassikhörer war und ist die cd unverzichtbar, heute noch erscheint 80 Prozent des Repertoires in Deutschland nur auf cd . In ländlichen Regionen hat der Schlager auf der cd seine feste Heimstatt. Manche finden es immer noch aufregend, dass man die cd selber kopieren kann, rein in die Westentasche damit und los, sagen sie und freuen sich einen Ast ab. Die cd hat viel geringere Produktionskosten als Vinyl, argumentieren die Plattenbosse. Andere wieder befinden: Man kann sie leichter klauen. Stimmt! Das trifft allerdings auch auf die voll-digitalen Formate zu. An einer anderen Stelle seines Artikel beschreibt Rolling Stone-Autor David Browne seine Gefühle, als David Bowie gestorben war. „Ich dachte schon, dass ich nostalgisch werden würde“, schreibt er, „aber nicht auf diese Art. Wie viele andere hörte ich die Tage nach seinem Tod nur Bowie. Eines Abends wollte ich „Low“ wieder hören, die unheimliche Berliner Platte von 1977. Ich schloss meine neue, drahtlose Boom Box an, rief das Album bei einem Streaming-Dienst auf und stellte, so wie ich es früher getan hatte, von Track zu Track lauter. Doch der vertraute Effekt stellte sich nicht ein, ich kam nur immer schlechter drauf.“ Einer Eingebung folgend, wählte Browne ein „archaisches Ritual“, wie er schreibt. „Ich ging zu meinem Regal, zog „Low“ raus, und – booom! – spielte sie ab, Song für Song, es war wunderbar. Es war etwas ganz anderes. Und natürlich fragte ich mich, während die Musik spielte, wie konnten sich die Leute davon abwenden? Was ist in uns gefahren?“ Was Browne abspielte – war eine cd .

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