Motion 2/13 – Design ist eine Erzählung, hören sie mal zu

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Motion INNOVATION INTERVIEW INTERNATIONAL TOOLS & TECHNOLOGY

02.2013 Das Kundenmagazin der UNITED GRINDING Group

Die Maschine ist der Star! Design ist eine Erzählung Lösungen für den Subkontinent Neue Technologie im Dienst der Kunden

Am Reißbrett entworfen, mit Praktikern entwickelt: das neue Design der Maschinen der UNITED GRINDING Group

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DESIGN IST EINE ERZÄHLUNG. HÖREN SIE MAL ZU Auf der EMO präsentierten sich die neuen Maschinen der UNITED GRINDING Group in einem innovativen, einheitlichen Design. Warum, und was die Kunden davon haben F das erklären Designer Dominic Schindler und Fred Gaegauf, Geschäftsführer Technologie der UNITED GRINDING Group, im Interview FOTOGRAFIE: ANDREA KUEPPERS

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1WIR WOLLEN FÜR DEN KUNDEN DEN PROZESS VERBESSERN UND IHN NOCH ERFOLGREICHER MACHEN 9 EFFIZIENT SCHLUSSENDLICH.< Fred Gaegauf

Warum werden die Maschinen neu designt? Waren die alten nicht mehr schön genug?

IM GESPRÄCH FRED GAEGAUF Fred Gaegauf (Jahrgang 1953) studierte Elektro- und Wirtschaftsingenieurwissenschaften. Seit 1979 arbeitet er bei STUDER. Nachdem er lange den Geschäftsbereich Nordamerika verantwortete, ist er inzwischen CEO der Sparte Rundschleifen sowie Geschäftsführer Technologie der UNITED GRINDING Group.

DOMINIC SCHINDLER Bereits während seines Studiums in Florenz wurde Dominic Schindler von Design-Legende Matteo Thun entdeckt und ins Team geholt. Nachdem der Schweizer sein Studium an der renommierten Harvard Business School fortgesetzt hatte, gründete er 2006 die Innovationsagentur YDominic Schindler Creations GmbHZ mit Standorten in der Bodenseeregion und am Zürichsee, mit der er bis heute zahlreiche Designpreise gewann. www.dominicschindler.com

Fred Gaegauf: Doch, grundsätzlich schon. Wir haben einige Erfahrungen mit Maschinendesign. In den 1980er-Jahren hat STUDER Weiß als Maschinenfarbe entdeckt, wir waren sozusagen der Ernder dieser Farbgebung. In den 90ern haben wir es mit künstlerisch gestalteten Special Editions versucht, die gingen weg wie warme Semmeln. Im Laufe der Zeit haben wir gemerkt: Farbgebung und Design _ da stecken Emotionen dahinter. Unser bisheriges Design _ Weiß und Grau _ das war schon sehr nüchtern. Deshalb haben wir überlegt, das Thema mal grundsätzlich neu anzugehen, und sind auf Dominic Schindler aufmerksam geworden. Herr Schindler, Sie haben das neue Maschinendesign kreiert. Wovon haben Sie sich dabei leiten lassen? Dominic Schindler: Bei Design meinen die meisten Leute, es ginge um YFarb- und FormgebungZ. Das ist falsch! Design soll den Funktionsgedanken unterstützen und die Philosophie, die Qualität oder den Wert

eines Produktes nach außen kommunizieren. Wenn ein Produkt billig sein soll, dann sollte es auch billig aussehen. Und wenn es hochwertig ist und Hightech drin steckt, dann sollte es auch hochwertig aussehen. Welchen Grundsätzen sollte das neue Design folgen? Dominic Schindler: Es geht darum, wie ich es schaffen kann, die Seele oder die Emotion herauszukristallisieren. Es geht nicht darum, ob ich noch eine Fuge mehr habe oder es blau oder grün ist. Letztlich ist Design nichts anderes als emotionalisierte Technik. Es versucht, die Technik zu vermenschlichen. Fred Gaegauf: Außerdem gibt es den Wiedererkennungseffekt. Irgendwann stehen die Maschinen in Produktionshallen. Da fällt ein spezielles Design dann auf. Es ist schon so, dass wir bei der UNITED GRINDING Group Trendsetter sind, auch schon bisher. Da gibt es die verrücktesten Dinge. Kürzlich habe ich auf einer chinesischen Messe eine taiwanesische Maschine gesehen, die unserer Maschine inklusive Farbgebung und allem nachgebaut war, aber spiegelbildlich, damit man sie nicht erkennen soll.

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Inwieweit lebt der Designer in der konkreten Arbeit in einem Konikt zwischen dem ästhetischen Ausdruck und der gewünschten Funktionalität? Dominic Schindler: Das ist nicht notwendigerweise ein Konikt. Der Designer ist immer ein Dienstleister und der Kunde hat das letzte Wort. Es ist normal, dass es da eine Art von Reibung gibt. Wichtig ist nur, dass die Reibung dann zum Schluss auch zum Funken wird. Bei der UNITED GRINDING Group hat es auch Reibungen gegeben, aber wir haben uns dann immer wieder zusammengerauft. Herr Schindler, wie läuft der Prozess mit einem Kunden wie der UNITED GRINDING Group ab? Wie lange haben Sie sich mit dem Thema beschäftigt? Dominic Schindler: Insgesamt waren es ungefähr zwei Jahre, die ich konkret auf dieses Ziel hingearbeitet habe. Das ist die Minimalzeit, die man braucht. Das Wichtigste für unsere Seite ist, die Leute von unseren Ideen zu überzeugen. Was ist der Unterschied zwischen Designern und Ingenieuren? Designer sind in der Regel Generalisten, Ingenieure Spezialisten. Das heißt, dass sie ihr Thema extrem gut kennen. Wenn beide aufeinander treffen, ist das ein Kampf, weil beide recht haben, der Designer und der Ingenieur.

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Wie geht so ein Designprozess vonstatten?

licher Basis mit den Konstrukteuren. Dann nähert man sich gegenseitig an.

Dominic Schindler: Zuerst schaut man sich an, wohin die Trends gehen. Wie sieht der Markt aus, wie möchte man als Marke auftreten? Man schaut sich natürlich auch die Vergangenheit an. Man muss nicht immer alles neu machen. Es gibt auch viele Kunden, die eine natürliche Beziehung zur Marke mit ihrem bisherigen Auftritt haben. Dann gibt es erste Skizzen, wie man sich das Ziel vorstellt, man schaut sich an, welche Richtung am besten wäre, steigt dann in das Thema ein und geht in die Konstruktion über. Man fängt an zu modellieren. Das ist eine Art Pingpong-Spiel auf wöchent-

Ab welchem Punkt ist dann der Kunde involviert? Dominic Schindler: Von Anfang an. Fred Gaegauf: Die Schwierigkeit bei diesem Projekt lag unter anderem auch darin, dass wir acht verschiedene Brands haben. Acht Arten von Maschinen, die alle unterschiedlich aussehen; vor allem haben sie alle unterschiedliche Dimensionen. Da muss man ein Bild entwickeln, das einen Zusammenhang dieser Familie schafft. Das war eine große Herausforderung.

6WENN EIN PRODUKT HOCHWERTIG IST UND HIGHTECH DRIN STECKT, DANN SOLLTE ES AUCH HOCHWERTIG AUSSEHEN.: Dominic Schindler

Inwiefern mussten Sie, Herr Schindler, und Ihre Mitarbeiter sich in die Maschinen und ihre Funktionsweise einarbeiten? Dominic Schindler: Wir haben aufgrund unserer jahrelangen Expertise für technisch anspruchsvolle Produkte ein sehr fundiertes Grundwissen. Wir kennen die Maschinenbauwelt sehr gut. Nichtsdestotrotz ist jedes neue Projekt auch eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Wichtig ist immer herauszunden, was die Menschen, die mit den Maschinen arbeiten, wirklich bewegt. Außerdem ist es bei Weitem nicht so, dass aller Input von uns kam, es war ein gemeinsamer Prozess. Dabei haben wir auch gemerkt, dass für die Menschen hinter der UNITED GRINDING Group das Schleifen eine Kunst ist. Sie lieben, was sie tun. Sie sind mit ihrer Arbeit verbunden. Sie gehen nicht nur morgens zur Arbeit und kommen abends zurück V sondern sie wollen, dass das Unternehmen jeden Tag besser wird. Nur deshalb konnte in so einer kurzen Zeit das entstehen, was entstanden ist. Motion 02 . 2013

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!DESIGN IST NICHTS ANDERES ALS EMOTIONALISIERTE TECHNIK. ES VERSUCHT, DIE TECHNIK ZU VERMENSCHLICHEN.7 Dominic Schindler

Das Design hat ein ganz besonderes Merkmal. Das ist die Signalleuchte, so eine Art optischer USP. Was strahlt es aus? Fred Gaegauf: Es war ein Vorschlag von Herrn Schindler, dass man gewisse Elemente übergreifend denieren muss. Dominic Schindler: Sie haben im Maschinenbau im Vergleich zu anderen Branchen D wie der Konsumgüter- oder Automobilbranche D relativ kleine Stückzahlen. Deshalb gibt es verhältnismäßig wenig industrielle Fertigungsmethoden. Das ist ein Problem, weil Sie bei manueller Anfertigung aufwendige Formen mit einer guten Oberächenqualität nicht realisieren können. Um die Stückzahlen einzelner Teile zu erhöhen, haben wir Elemente bestimmt, die in jeder Maschine vorkommen D wie Griffe, Bedienpult oder Signalleuchte. Und die haben wir als wiederkehrende Standards deniert. Bringt das auch einen Wiedererkennungseffekt? Dominic Schindler: Genau. Sie müssen sich das so vorstellen: Wir haben eine riesige Palette von Maschinen D von extrem groß bis sehr klein, viel unterschiedlicher etwa als im Automobilbau. Und deshalb brauchen wir bestimmte wiederkehrende Erkennungsmerkmale. Das kann manchmal für den Designer etwas gleichförmig wirken, aber es ist notwendig, um den Markencharakter darzustellen. Die Leuchte ist deshalb so reizvoll, weil im modernen Design sehr viel mit Licht als gestalterischem Element gearbeitet wird. Da haben wir etwas Außergewöhnliches geschaffen.

Wie weit kann ein Design für sich beanspruchen, innovativ zu sein? Dominic Schindler: Ein Design muss innovativ sein. Das ist das, worauf ich immer poche. Natürlich hat jedes Design auch seine eigene Ästhetik. Im Grundsatz geht es dabei aber nicht allein um die Ästhetik. Es gibt diesen besonderen Ausdruck im Designerjargon: Xdesign thinkingY. Dabei geht es darum, innovativ zu denken D der Ausgangspunkt sollte aber immer der User sein. Viele Designer fragen sich überhaupt nicht, was der User will, sondern sie schauen, welche gestalterischen Möglichkeiten sie haben. Das ist leider nur Kosmetik. Eignet sich Design auch dazu, Innovation zu kommunizieren? Fred Gaegauf: Ja, unbedingt. Design XsprichtY zum Beispiel über die Formen- oder Farbenwahl. Das ist ein wichtiges Element. Ich kann mir gut vorstellen, dass unsere neu designten Maschinen einen ganz neuen Effekt auf dem Markt haben. Sie spiegeln nämlich das wider, was drin steckt. Der bekannte Managementberater Reinhard K. Sprenger sagt: NDer innovative Geist ist immer intrinsisch motiviert. Das Neue entsteht aus Neugier, nicht aus Eifer.R Stimmt das nach Ihren Erfahrungen? Fred Gaegauf: Gerade in unserer Branche ist es so: Die riesigen Quantensprünge sind gelaufen. Schleifen ist halt Schleifen. Man kann Technologien kombinieren und verbessern, die Bedienung vereinfachen. Oder

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wir überprüfen ganze Prozessschritte daraufhin, was man im Prozess vereinfachen kann. Das sind kleine Schritte ? aber mit großem Effekt, sprich Kundennutzen. Und trotzdem, man muss sich immer die Neugier bewahren, Dinge in Frage zu stellen, auch mal zu überlegen: GWenn es noch gar nichts gäbe, wie müsste es dann aussehen?K ? der grüne-Wiese-Gedanke. Und so was kommt dann von innen heraus. Industrie 4.0, das iPad als Steuerungsmodul auch in der Fertigung > das sind technologische Zukunftsthemen. Das impliziert auch das Thema FBedienbarkeit als Dimension des DesignsI. Wie weit ist man hier schon konkret gekommen? Fred Gaegauf: Sie sehen, dass hinter dem ganzen Neudesign ein Konzept steht ? schlussendlich auch von der Steuerung her. Die Steuerung der STUDER S11 sieht wie ein iPad aus. Das ist auch so gewünscht. Natürlich ist die Bedienung nicht mit der eines iPads identisch. Doch seit rund 20 Jahren praktizieren wir die sogenannte Piktogrammmethode. Das sind nichts anderes als kleine Apps. Und Touchscreen ist selbstverständlich Standard. Herr Schindler, Sie haben einmal gesagt: FGutes Design kann sogar neue Technologien an Unternehmen transportieren.I Was meinen Sie damit? Dominic Schindler: Jede Branche, jede Firma hat ihre eingespielten Prozesse, die über die Jahre optimiert worden sind. Das ist auch gut so. Oft tun sich aber Unternehmen schwer, Entwicklungen, die in anderen Märkten bereits etabliert sind, auf sich anzuwenden. Beispiel iPhone. Es hat bestrahlte Aluminiumoberächen. Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass man ein Konsumgut, das millionenfach im Jahr produziert wird, aus Aluminium fräst? Diese Materialität, wenn ich das anfasseY Plastik hat einen dumpfen Ton, hier habe ich dieses Kalt-undwarm-Gefühl, wenn ich darüber streiche. Es kitzelt meinen Nerv. Das sind genau diese Themen, die man nicht begründen kann, die man auch nicht als USP dem Kunden darstellen kann, aber man spürt sie einfach. Wie bei den Griffen bei den neuen Maschinen jetzt. Man könnte sagen, dass ein Griff ein Griff sei, denn wie weit können wir die Ergonomie eines Griffs wirklich noch verbessern? Das liegt in einem einstelligen Prozentbereich. Eine messbar perfekte Ergonomie werden wir vielleicht nicht erreichen, aber es gibt die perfekt gefühlte Ergonomie,

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wie bei den Griffen jetzt. Die sind aus Aluminium gezogen, das fühlt sich einfach toll an. Kommen wir zum Thema Kosten. Ist so ein Neudesign nicht eine große Investition? Fred Gaegauf: Natürlich kommen die Leute auf die Messe und fragen nach dem Preis. Und sind dann überrascht, dass es fast kostenneutral ist. Im Laufe des Prozesses war es unser Ziel, über die ganze Gruppe gewisse Themen zu standardisieren. Neues Design, das hat uns auch überrascht, kann kostenneutral sein. Inwieweit dient das neue Design der Maschinen nun letztlich dem Kunden? Fred Gaegauf: Grundsätzlich ist es wichtig, dass das Design, die Form- und Farbgebung, ein Erkennungsmerkmal ist. In unserem Fall ist Qualität besonders wichtig, auch Zuverlässigkeit und Wertigkeit. Der Kunde soll feststellen, dass wir uns um unser Produkt auch äußerlich kümmern. Außerdem

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hat Nutzen bei uns sehr viel mit Bedienbarkeit zu tun. Das ist ein wesentlicher Aspekt. Der Kunde schaut und vergleicht, wie diese Maschine im Vergleich zur Konkurrenzmaschine bedienbar ist. Wenn Sie mit einem Kunden über dessen Bedürfnisse sprechen, sollten Sie sich seine Werkstücke und seine Bearbeitungsprozesse ansehen. Grundsätzlich sind wir ein Dienstleister. Wir wollen für den Kunden den Prozess verbessern und ihn erfolgreicher machen ? efzient schlussendlich. Es ist wichtig, sich zunächst die Prozessketten anzuschauen und die Maschine erst zum Schluss zu denieren. Wir verkaufen ein Komplettprodukt, dazu gehört auch, eine Geschichte zu erzählen. Ich sage immer: GWir sind ein Versicherungsunternehmen.K Wir garantieren dem Kunden, dass er, wenn er mit uns arbeitet, sein Ziel auch erreichen kann. INTERVIEW: MICHAEL HOPP KONTAKT fred.gaegauf@studer.com

6WIR GARANTIEREN DEM KUNDEN, DASS ER, WENN ER MIT UNS ARBEITET, SEIN ZIEL AUCH ERREICHEN KANN.: Fred Gaegauf

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