Deutsch-Marokkanische Lebenswege - Geschichten über das Suchen, Ankommen und Engagieren

Page 190

DEUTSCH-MAROKKANISCHE LEBENSWEGE

und tanzte eine Zeit lang, produzierte Musik. Das alles hatte nichts mit Comedy zu tun. Meine Rap-Texte waren allerdings sehr witzig. Mir war es wichtiger, einen lustigen Track, über den die Leute schmunzeln können, zu produzieren, als einen, der richtig ernsthaft ist. Ich habe bereits 2003, lange bevor ich Comedy gemacht habe, einen dreisprachigen Song mit dem Namen „Set Language“ produziert, bei dem ich in meiner Muttersprache „Tamazight“ rappe. Nicht etwa, weil ich ein Zeichen setzen wollte oder sowas. Ich fand den Gedanken in diesen Sprachen zu rappen einfach sehr witzig. Und das empfanden die Hörer auch. Der Song ging damals durch alle marokkanischen Foren in Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich. Irgendwann bekam ich Feedback von Leuten, die mir sagten: „Du bist voll der Comedian.“ Zunächst wollte ich das aber nicht hören. Denn wenn du Rapper sein möchtest, dann willst du kein Comedian sein! Der Gedanke, Comedy zu machen, kam dann allerdings so Mitte 20, als ich Usus und Babak von der RebellComedy kennenlernte. Damals hatten sie ein Format, das sich Fladenbrot-Comedy nannte. Das setzte sich unter anderem mit amerikanischen Vorbildern wie Def Comedy Jam, Dave Chappelle und Chris Rock auseinander. Diese Comedians hatten einen HipHop Background und gehörten zu einer Minderheit in den Vereinigten Staaten. Dieser Ansatz gefiel mir, sodass ich auf einmal dachte: „Vielleicht ist die Comedy ja doch was für mich. Ich möchte das gerne ausprobieren.“ Es dauerte einige Zeit, bis ich meinen ersten richtigen Auftritt hatte. Nach diesem hatte ich Blut geleckt und merkte, dass Comedy meine Berufung ist.

Foto: Benaissa Lamroubal – Mit 10 Jahren im Kinder- und Jugendtreff in Weckhoven, Neuss

188

Was ist das Konzept der Fladenbrot-Comedy? Benaissa Lamroubal: Ususmango hat Grafikdesign studiert. Er entwarf ein Bühnenbild und Grafiken für eine fiktive Comedy-Show, die er Fladenbrot-Comedy nannte. Für die Umsetzung dieser Show bekam er Unterstützung von Babak Ghassim, der damals Kurzfilme und Musikvideos produzierte. Das war dann seine Diplomarbeit. Babak und Ususmango fanden die Idee allerdings so gut, dass sie sich dachten: „Hey, wir müssen das im echten Leben auch machen!“ Damals gab es noch kein Facebook, sondern Myspace, Hip-Hop-Zeitschriften, Juice und Backspin. Also starteten sie darüber einen Aufruf, in dem sie einen Comedian mit Hip-Hop Background suchten. Den haben sehr viele Freunde von mir gelesen, mich darauf hingewiesen und gefragt: „Willst du da nicht mitmachen?“ Daraufhin habe ich mich beworben. Es gab ein großes Casting mit fast 400 bis 500 Comedians. Da merkte ich erst: „Okay, ich kann das. Das ist anscheinend etwas, das mir liegt.“ Ich habe mich auch direkt gut mit den Jungs verstanden. So haben wir diese Show ins Leben gerufen, Usus, Babak und ich. So hat RebellComedy angefangen. Nach dem Casting hat es allerdings nochmal zwei Jahre gedauert, bis wir die erste Show gespielt haben. In welchem Kontext wurde die erste Show umgesetzt? Benaissa Lamroubal: Die Jungs hatten vor, einfach ein Konzept von Fladenbrot-Comedy zu schreiben, das deutschen Fernsehsendern vorzustellen und zu verkaufen. Das haben sie auch gemacht. Sie

Foto: Benaissa Lamroubal – Fotoshooting aus dem Jahr 2004


Articles inside

Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.