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Das personalisierte Gericht
Das Gericht der Zukunft ist personalisiert
Gastgeber Silvan Sutter und Executive Chef Christian Nickel sind massgeblich am Projekt «Das Morgen» in Vitznau/LU beteiligt. Vier Restaurantkonzepte sind dort geplant. Eines heisst «Morgen», zu dem eine App gehört, die neue gastronomische Wege beschreitet.
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INTERVIEW Jörg Ruppelt BILDER Jakob Ineichen
Christian Nickel, Sie sind Küchenverantwortlicher und Verwaltungsrat der Hospitality Visions Lucerne Lake AG (HVLL). Welche Objekte gehören dieser Gruppe an?
Christian Nickel: Zum allgemeinen Verständnis: Die HVLL ist Bestandteil der Pühringer Gruppe mit verschiedenen Firmen, darunter Vermögensverwaltungen, Neuro-Reha-Kliniken und Hotels wie das bekannte Palais Coburg in Wien. Unsere Hospitality Visions Lucerne Lake AG betreibt das Park Hotel Vitznau, das Campus Hotel Hertenstein in Weggis, Pop-ups wie «Schiff ahoi» in Vitznau und auch den Campus «Das Morgen», der in Vitznau entsteht und in dem das Neuro Culinary Center als gastronomisches Weiterbildungszentrum aufgebaut wird.
Sie planen im «Das Morgen» eine zentrale Produktionsküche für alle Gastrobetriebe der Gruppe. Wie wird dort in Zukunft gearbeitet?
Christian Nickel: Mit einem maximal regionalen Bezug. Das heisst, alle regional verfügbaren Produkte möchten wir hier verarbeiten und für die Betriebe der HVLL veredeln. Patrick Mahler vom Parkhotel Vitznau wird natürlich einen ganz anderen Convenience-Grad beziehen als die Küche im Campus Hotel Hertenstein, die für Seminargäste zum Beispiel geschmorte Fleischstücke aus der zentralen Produktion bekommt. Unser Ziel ist, eigene Standards und Massstäbe zu setzen. Wenn wir Rinder von der Rigi bekommen, haben wir die Möglichkeit, die ganzen Tiere zu verarbeiten. Und von unserer Eier-Lieferantin werden wir auch Suppenhühner beziehen.
Silvan Sutter, welche Rolle haben Sie im «Das Morgen» übernommen?
Silvan Sutter: Ich bin der Gastgeber im Campus, leite die Gastronomie mit Restauration und Personalplanung. Wir planen im «Das Morgen», das Front-Office mit dem Service zu verbinden und so Synergien zu nutzen.
Im Neubau «Das Morgen» sind verschiedene Restaurants geplant.Wie sehen die konkret aus?
Silvan Sutter: Wir haben ein übergeordnetes Time-Line-
Silvan Sutter (28) Der gebürtige Ostschweizer absolvierte von 2008 bis 2011 die Kochlehre im Grand Resort Bad Ragaz/SG und besuchte im Anschluss die Schweizerische Hotelfachschule Luzern SHL. Nach Aufenthalten im Ausland, darunter in Kambodscha, heuerte er in der F&B-Leitung im Park Hotel Vitznau an. Seit Herbst 2020 ist er Gastronomieleiter von «Das Morgen» in Vitznau.
Christian Nickel (38) Der gebürtige Deutsche erlernte in Niedersachsen das Kochhandwerk, arbeitete im Ausland und vor seinem Wechsel in die Schweiz in der «Traube Tonbach» in Baiersbronn. Christian Nickel kochte unter Hans-Peter Hussong in Uetikon am See/ZH und Felix Eppisser im «Rigiblick» in Zürich, bevor er dessen Nachfolge antrat. Seit 2012 ist er Executive Chef im Park Hotel Vitznau und seit 2013 im Verwaltungsrat der HVLL AG.
Konzept mit vier Gastronomiezonen entwickelt. Diese laufen unter den Namen «Gestern», «Heute», «Morgen» sowie «Jetzt». Im «Gestern» möchten wir das Kochhandwerk zelebrieren. Vor allem, wie früher traditionell gekocht worden ist. Im Vordergrund stehen dabei Le-
Silvan Sutter (l.) und Christian Nickel auf der Vitznauer Baustelle von «Das Morgen». Im neuen Gebäudekomplex entstehen unter anderem vier Restaurants, ein Hotel, das Weiterbildungszentrum Neuro Culinary Center, eine Neuro Music Academy und ein Kammermusiksaal.
bensmittel, die rund um den Vierwaldstättersee und der Rigi produziert werden. Im «Heute» geht es um die Kochkunst, um neue internationale Trends, aber auch um das Thema Gesundheit. Das «Jetzt» ist unser Rooftop-Restaurant mit Bar. Ein Konzept, bei dem sich der Gast in unkomplizierter JetztAtmosphäre wohlfühlen soll. Im «Morgen» werden Handwerk, Kochkunst und Kochwissenschaft zusammengeführt. Hier wird kochtechnisch geforscht und der Gast wird die Chance haben, sich und seine Bedürfnisse neu zu entdecken.
In diesem Zusammenhang fiel Anfang Jahr der Name Genusspass. Was steckt dahinter?
Christian Nickel: Der Genusspass ist für uns eine grosse Vision. Woran wir konkret arbeiten ist eine App namens «taste 4me», bei der es um die individualisierte, personalisierte Ernährung geht. Am Anfang steht der Genussaspekt im Fokus. Was schmeckt jemandem und was nicht. Fragen wie das Esserlebnis spielen genauso eine Rolle wie der Punkt, wie wir die Gesundheit des Gasts positiv beeinflussen können. Es geht uns darum, die Bedeutung einer gesunden Ernährung für die körperliche wie geistige Leistung zu schärfen.
Silvan Sutter: «taste4me» ist eigentlich der digitale Grundbaustein, der vom Gast im «Morgen» genutzt wird, un-
Silvan Sutter, Gastgeber «Das Morgen», Vitznau/LU
ter anderem mit persönlichem Profil und individueller Speisekarte. Hinter «Taste for me» steckt aber auch eine Verknüpfung zum Warenwirtschaftsprogramm unseres Hauses.
Sie erwähnen das Erstellen eines eigenen Profils. Welche Schlüsselfragen werden dabei dem Gast gestellt?
Silvan Sutter: Zum Beispiel die nach etwaigen Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Es geht auch um langfristige Präferenzen, wie der zukünftige Verzicht auf Schweinefleisch. Aber auch um momentane Befindlichkeiten, wie man sich derzeit fühlt und auf was man gerade Appetit hat, auf etwas Vitalisierendes oder Herzhaftes. Auf dieser Basis, also nach verschiedenen Kategorien, entsteht dann eine individuelle Speisekarte oder ein personalisiertes Gericht.
Christian Nickel: Wir wollen auf die persönlichen Ziele →

Silvan Sutter: «Wir wollen, dass uns der Gast ein Bild von seinen Geschmacksvorlieben gibt.»
des Gast eingehen. Die eine Frage ist, worauf hat er Lust, die andere, was sollte er essen, um die beste Leistungsfähigkeit zu erhalten. Im besten Fall wollen wir mit dem Gast interagieren, um ihm die Möglichkeit zu geben, Tagesziele aufzustellen und zu erreichen. Dabei spielen Punkte wie die Tagesintensität mit Sport oder sitzender Tätigkeit eine Rolle. Danach kann die App ihm vorgeben, wieviele Grundkalorien er heute zu sich nehmen sollte. Im Grunde hat der Gast mit der App einen Mehrwert für zu Hause. Ist der Gast denn gezwungen, sich all diesen Fragen der App zu stellen?
Silvan Sutter: Nein, wenn ein Gast nur schnell etwas essen will, kann er aus einem Bestelltool und dem gesamten Angebot im «Morgen» etwas wählen.
Im Vordergrund im «Morgen» steht jedoch, dass Sie sich ein Bild vom Gast und seinen Ernährungsbedürfnissen machen wollen.
Silvan Sutter: Ja, innerhalb von 30 Minuten beantwortet der Gast Fragen und er nimmt an Degustationen und Tests teil, bei denen es um Geschmackswahrnehmung von salzigen Speisen und um Konsistenzen und Aromen von Gerichten geht. Aufgrund dieses Assessments entsteht ein Grundprofi l, das mir als Gastgeber und dem Koch die Möglichkeit gibt, auf die Bedürfnisse des Gasts einzugehen.
Muss der Gast all diese Fragen aus seiner
Christian Nickel, Küchenverantwortlicher der HVLL AG.
Erfahrung oder seiner Erinnerung beantworten?
Silvan Sutter: Nein, uns ist wichtig, dass er bei der Beantwortung etwas im Mund hat, also Lebensmittel entdeckt und nicht einfach notiert, was er erfahrungsgemäss nicht gerne hat.
Haben Sie die App «taste4me» im Alleingang entwickelt oder den Rat von Wissenschaftler beigezogen?
Silvan Sutter: Wir haben uns auf die Nutzersicht, also die des Gasts, konzentriert. In Bezug auf die Ernährungswissenschaft und Genussbilder arbeiten wir mit dem Center for Interdisciplinary Research (cefi r) zusammen. Ein weiterer Partner ist Professor Dr. Paolo Gasparini, ein Genetiker der Universität Triest/I, der bereits bestehende Erfahrungen in Bezug auf personalisierte Ernährung beisteuert.
Wie weit sind Sie mit der Entwicklung der App «taste4me»?
Silvan Sutter: Die Software entwickeln wir in Zusammenarbeit mit «smartToni». Wir sind weit vorangeschritten, aber es braucht natürlich Zeit, unsere und die Sichtweise der Wissenschaft zusammenzubringen, damit «taste4me» ein besonderes Erlebnis für den Gast sein wird.
Das klingt alles sehr spannend, aber bedeutet

Christian Nickel: «Mit der App geben wir dem Gast einen Mehrwert für zu Hause in die Hand.» Christian Nickel: Der Fahrplan ist, am 1. August zu öff nen. Im Laufe des Monats Mai gibt es die ersten Tests mit den Bestellprozessen und den Zimmerbuchungen im Haus über die App «Taste for me». Im August sollte dann alles funktionieren.
In der HGZ haben wir über die zwei Lehrgänge Küche und Genuss berichtet, die im «Das Morgen» stattfi nden. Wann starten diese?
Silvan Sutter: Am 31. Januar 2022. Der Lehrgang Küche mit 65 Prozent Praxisanteil richtet sich an ambitionierte Köchinnen und Köche EFZ. Der Lehrgang «Genuss» an Restaurantfachleute EFZ. Beide Lehrgänge sind in zwei Blöcken zu je vier Monate geplant und werden mit den Prüfungen im Dezember 2022 beendet. Der Abschluss ist das international anerkannte NCC DAS (Diploma of Advanced Studies). •
das nicht, wenn man jedem Gast sein eigenes Süppchen kocht, einen enormen Mehraufwand für die Küche?
Christian Nickel: Ganz ohne Automatisierung funktioniert das nicht. Wir können nicht zehn Apothekerköche beschäftigen, die alles einzeln abwiegen. Wir sind hier auf modernste Technologien in der Küche angewiesen, die wir auch nutzen.
Welche Rolle spielt der Service noch?
Silvan Sutter: Ganz klar, wo keine Emotionen im Spiel sind, braucht es effiziente, digitale Prozesse. Wir geben den Mitarbeitenden im Service im «Das Morgen» das Handwerk und das Wissen, mit dem sie sehr intensiv auf die individuellen Bedürfnisse des Gasts eingehen können. Hier ist die Persönlichkeit gefragt.
Wie sieht der Zeitplan bis zur Eröff nung von «Das Morgen» aus?
KONTAKT
Das Morgen Neuro Culinary Center AG Seestrasse 75 6354 Vitznau/LU www.dasmorgen.ch
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