LAMBDA-Nachrichten 1.2007

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G r o ß e r E r f o l g f ü r L SB T- O r g a n i s a t io n e n

UNO-Beraterstatus zuerkannt

Dieser entscheidenden Sitzung waren ein jahrelanges Gezerre und taktisches Hickhack auf höchstem diplomatischen Parkett vorausgegangen. Zuletzt waren der Antrag der International Lesbian and Gay Association (ILGA) – als Weltverband – im Juli 2006 abgelehnt und die Anträge der drei genannten Verbände vertagt worden (vgl. LN 5/06, S. 26 f). Insgesamt läuft die Saga um den UNO-Beraterstatus der ILGA schon fast 20 Jahre (vgl. zuletzt LN 3/06, S. 24 f). Der Autor dieser Zeilen war von ILGA-Europa, LBL und LSVD gebeten worden, sie in New York zu vertreten. Gemeinsam mit dem umtriebigen UN-Lobbyisten John Fisher von der kanadischen Organisation ARC International und Adrian Coman von der International Gay

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and Lesbian Human Rights Commission (IGLHRC) wohnte er der spannenden Sitzung bei, deren Ergebnis dann doch deutlicher ausfiel als erwartet. Es gab deutliche geografische bzw. politische Trennlinien. Während

Verbänden und berichtete, dass sie selbst bereits ihre Absichtserklärung („Letter of intent“) an das NGO-Komitee des ECOSOC abgeschickt und damit den ersten Schritt gesetzt hatte, um dieses Jahr einen Antrag auf beratenden Status einbringen zu können. Der FOTO: ADRIAN COMAN

Am 11. Dezember 2006 tagte in New York der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der Vereinten Nationen. Auf der Tagesordnung standen die Entschließungsanträge auf Zuerkennung von „beratendem Status“ an drei LSBT-Organisationen, und zwar den europäischen Lesben- und Schwulenverband ILGA-Europa und an zwei seiner Mitgliedsorganisationen, Landsforeningen for bøsser og lesbiske (LBL) aus Dänemark sowie den Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD). Und diesmal klappte es: Allen drei wurde der Beraterstatus zuerkannt. Endlich werden Lesben, Schwule, Bisexuelle und TransgenderPersonen in ihrem eigenen Namen an UNO-Sitzungen und UNOKonferenzen teilnehmen und dabei auch im eigenen Namen das Wort ergreifen können.

Kurt Krickler und John Fisher im Sitzungssaal nach der Abstimmung, die Krawatten bereits gelockert die meisten europäischen ECOSOC-Mitglieder die Anträge unterstützten – nur Russland stimmte dagegen, die Türkei enthielt sich –, stimmten mit Ausnahme von Japan und Südkorea alle asiatischen sowie sämtliche afrikanischen Mitglieder dagegen oder enthielten sich der Stimme. Die lateinamerikanischen Staaten zeigten das unterschiedlichste Abstimmungsmuster: Vier (Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Panama) stimmten für die Anträge, vier dagegen bzw. enthielten sich. Australien, Kanada und die USA unterstützten ebenfalls die EU-Initiative – technisch gesehen handelte es sich nämlich um Entschließungsanträge, die von Finnland, das zu diesem Zeitpunkt EU-Ratsvorsitzland war, eingebracht wurden. Am 13. Dezember 2006 gratulierte die HOSI Wien in einer Medienaussendung den drei erfolgreichen

Antrag wird dann 2008 von diesem Komitee geprüft und hoffentlich positiv entschieden werden. Das wäre dann ein tolles Geschenk zu unserem 30. Geburtstag, den wir 2009 feiern werden.

Historische Erklärung Die Zuerkennung von NGO-Status an drei LSBT-Organisationen war aber nicht die einzige positive Nachricht aus der UNO in jüngster Zeit. Wenige Tage davor – am 1. Dezember – gab in Genf auf der 3. Sitzung des neu gegründeten UN-Menschenrechtsrats Norwegen im Namen von 54 Staaten eine gemeinsame Erklärung zu Menschenrechtsverletzungen aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität ab. Der norwegische UN-Botschafter Wegger Christian Strømmen wies dabei auf die umfassenden Be-

richte über derartige Menschenrechtsverletzungen hin. Er appellierte an alle relevanten Gremien sowie die SonderberichterstatterInnen der UNO, solche Menschenrechtsverletzungen in ihr Mandat und in ihre Aktivitäten zu integrieren, und forderte den Vorsitzenden auf, im Rahmen einer zukünftigen Sitzung des Rats Gelegenheit zur Erörterung dieser wichtigen Menschenrechtsfrage zu geben. Bei dieser gemeinsamen Erklärung handelte es sich übrigens um keine Entschließung, über deren Annahme der gesamte Rat abzustimmen hätte. Es ist einfach eine breit unterstützte Stellungnahme, jedoch keine Initiative wie jene „brasilianische Resolution“ über „Menschenrechte und sexuelle Orientierung“, mit der sich die Menschenrechtskommission, die Vorgängerin des Menschenrechtsrats, über mehrere Jahre hinweg ergebnislos beschäftigte (vgl. zuletzt LN 3/05, S. 26). Die HOSI Wien war übrigens sowohl in Sachen NGO-Status als auch Statement Norwegens mit der Menschenrechtsabteilung des Außenministeriums in Kontakt, um die Unterstützung Österreichs in beiden Angelegenheit sicherzustellen, aber diese stand ohnehin außer Frage. Am 22. November nahm die HOSI Wien auch wieder an der Besprechung zwischen besagter Abteilung und österreichischen Menschenrechts-NGOs im Außenministerium teil. Diese Besprechungen finden seit einiger Zeit regelmäßig statt. KURT KRICKLER


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