Tum 2016 73 issue 1

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Übersichtsarbeit

Sarkoidose – klinische Aspekte Rebekka Kleiner, Martin Brutsche Klinik fĂŒr Pneumologie und Schlafmedizin, Kantonsspital St. Gallen

Zusammenfassung: Die Sarkoidose ist eine pneumotrope granulomatöse Systemerkrankung unklarer Ursache. Die Diagnose einer Sarkoidose basiert auf der klinischen PrĂ€sentation und dem histologischen Nachweis von nicht-nekrotisierenden epitheloidzelligen Granulomen – nach Ausschluss anderer Differentialdiagnosen. In > 90 % der FĂ€lle ïŹndet sich ein intrathorakaler Befall. Die Diagnosestellung erfolgt deshalb hĂ€uïŹg eine Bronchoskopie. Die Indikation zu einer immunosuppressiven Therapie soll aufgrund der mehrheitlich guten Langzeitprognose zurĂŒckhaltend gestellt werden. Sarcoidosis – a multisystem disorder with variable prognosis Abstract: Sarcoidosis is a pneumotropic granulomatous inïŹ‚ammatory multisystem disorder of unknown origin and heterogeneous outcome. In most cases the disease is self-limited, others progress or die from organ involvement, which is often associated with extensive pulmonary scarring or relevant extrapulmonary organ involvement. Therefore, patients with sarcoidosis must be staged for multiorgan involvement. Modern treatment strategies appraise a critical awareness for the effect to sideeffect-ratio of long-term immunosuppressive medication.

DeïŹnition & Epidemiologie Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung unklarer Aetiologie [1,2]. Sie ist charakterisiert durch nichtnekrotisierende, epitheloidzellige Granulome und weist entsprechend dem individuellen Muster des Organbefalls eine variable Klinik auf. Es gibt keinen spezifischen Test fĂŒr die Diagnosestellung. Deshalb beruht die Diagnose auf dem Vorliegen klinischer Befunde, dem Granulom-Nachweis sowie dem Ausschluss von Differentialdiagnosen. Die PrĂ€valenz der aktiven Sarkoidose wird auf 1 – 40/100 000 Einwohner weltweit geschĂ€tzt. In der Schweiz wurden PrĂ€valenzen fĂŒr aktive SarkoidosefĂ€lle und fĂŒr Spital-bedĂŒrftige SarkoidosefĂ€lle von 44/100 000, bzw. 16/100 000 Einwohner festgestellt [3]. Die durchschnittliche jĂ€hrliche Sarkoidose-Inzidenz betrĂ€gt in der Schweiz zirka 7/100 000 Einwohner. Neuerkrankungen treffen hĂ€ufig jĂŒngere Erwachsene (Alter < 40 Jahre). Ein zweiter Erkrankungsgipfel wurde fĂŒr das weibliche Geschlecht in einem Alter > 50 Jahre beobachtet. In der Schweiz ist das mittlere Alter bei Diagnosestellung 45 ± 15 Jahre (41 ± 14 Jahre fĂŒr MĂ€nner, 48 ± 15 Jahre fĂŒr Frauen).

Aetiologie & Pathogenese Die Aetiologie der Sarkoidose ist nicht bekannt. Verschiedene Hypothesen wurden in der Literatur diskutiert. Die Beobachtung einer familiĂ€ren HĂ€ufung, sowie die ethnische HĂ€ufung, sprechen fĂŒr das Vorliegen einer genetischen PrĂ€disposition. Verschiedene Allele (z. B. Major histocompatibility complex MHC-, Angiotensin-converting enzyme ACE-Gene) wurden untersucht, wobei Genotypen identifiziert wurden, die hĂ€ufiger mit Sarkoidose assoTherapeutische Umschau (2016), 73(1), 31–35 DOI 10.1024/0040-5930/a000752

ziiert sind. Einige Genotypen wiederum wurden unter anderem mit dem Löfgren-Syndrom und einem gutartigen Verlauf in Verbindung gebracht. An der Pathogenese der Sarkoidose sind verschiedene immunologische Prozesse beteiligt. Die Immunantwort wird mutmasslich durch PrĂ€sentation eines nicht nĂ€her bekannten Antigens durch Makrophagen gegenĂŒber CD4+T-Lymphozyten via MHC Klasse II-Rezeptoren ausgelöst. Die dabei freigesetzten Chemokine und Cytokine (u. a. TNF-Äź, IL-2) fĂŒhren zur Bildung der Granulome, welche aus Epitheloidzellen, mehrkernigen Riesenzellen und CD4+-T-Lymphozyten bestehen. Es ist nicht bekannt, welche Mechanismen bewirken, dass die Erkrankung meist selbstlimitierend, manchmal aber chronisch progredient verlaufen kann.

Diagnosestellung Die Diagnose einer Sarkoidose erfolgt bei einem typischen Krankheitsbild, dem histopathologischen Nachweis von nicht-nekrotisierenden, epitheloidzelligen Granulomen (Abb. 1) und nach Ausschluss von Differentialdiagnosen.

Klinische PrÀsentation Da in > 90 % der Patienten eine pulmonale Manifestation vorliegt, sind Symptome wie unproduktiver Husten, Dyspnoe und thorakale Schmerzen hÀufig. Unspezifische Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, chronische Fatigue, Malaise, MuskelschwÀche und Anstrengungsintoleranz werden hÀufig beobachtet und können sehr schwierig zu behandeln sein. Oft wird die Diagnose als Zufallsbe© 2016 Hogrefe


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