HK-GT 2011/05

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EDITORIAL

Probleme mit Deckeln und extrem langer Trockenheit Als Laie wünscht man sich naiv, dass bald ein Deckel über das Kernkraftwerk von Fukushima gebaut wird, so dass endlich keine Radioaktivität mehr austreten kann. 25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl soll dort nun ein zweiter Deckel gebaut werden, weil der erste Deckel, genannt Sarkophag, teilweise durch Roboter in schlechter Qualität erstellt wurde und nach kurzer Zeit undicht geworden ist. Angesichts dieser Probleme fühlen sich Fachleute wie Laien hilflos und machtlos. Im Vergleich zu Fukushima oder Tschernobyl haben wir in der der Schweiz ein viel kleineres Problem mit einem anderen Deckel. Mit « KEV-Deckel» meint man die Beschränkung der Gelder, die als kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien ausbezahlt werden können. Besonders lang ist die Warteliste bei den Photovoltaikanlagen. Der Grund liegt in den KEV-Regeln: Photovoltaik (PV) ist heute immer noch eine teure Stromproduktionsart. Immerhin, die Preise für PV-Anlagen sinken stetig, siehe Seite 20. Die Technologie ist heute elegant einfach, kaum umstritten, und sie kann sehr schnell in grossem Umfang eingesetzt werden. Der Fachverband Swissolar fordert die Aufhebung der «Solarstrom-Bremse» und ist überzeugt, dass mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen der Solarstrom bis 2025 zwanzig Prozent des heutigen Strombedarfs decken kann, vgl. Seite 16. An der PV-Tagung 2011 strich SwissolarGeschäftsleiter David Stickelberger in seiner Zusammenfassung, neben anderen, folgende Punkte heraus: «Noch nie war die Chance für eine rasche und grundlegende Umgestaltung unseres Energiesystems grösser als heute. Es führt kein Weg an den erneuerbaren Energien vorbei. Die Photovoltaik kann noch mehr leisten. Sie ist die erneuerbare Energie mit dem grössten Potenzial im Bereich der Stromerzeugung, weltweit und in der Schweiz. Dank 25 Jahren Pionierphase ist die PV-Technologie bereit

für den Massenmarkt. Technologie und Akteure sind bereit für grosses Wachstum. Jetzt braucht es mutige Schritte von Energieversorgern, Banken und Politik.» Ich überlege: auch wenn bei den KEV-Zusagen keine Beschränkungen mehr gelten würden, braucht es immer noch die Investitionsbereitschaft der einzelnen AnlagenBetreiber. Ich glaube, die Schweizer Politik dürfte es durchaus wagen, für einige Jahre mal ohne Einschränkung die Realisierung von Solarkraftwerken zu fördern. Wenn das Finanzierungsmodell gleich bleibt, bedeutet dies allgemein höhere KEV-Zuschläge pro bezogene Kilowattstunde für alle Strombezüger. Der April war der vierte Monat in Folge mit markanten Niederschlagsdefiziten im ganzen Land (Witterungsbericht zum 1. Quartal 2011 folgt im nächsten Heft). In einigen Regionen wurden die geringsten Niederschlagssummen für die ersten drei Monate des Jahres seit 1959 festgestellt. Das andauernd schöne Wetter hat auch Schattenseiten. Stromversorger etwa schlagen wegen Einbussen bei der Wasserkraft bereits Alarm. In den Monaten Februar bis April lieferten die bestehenden PV-Anlagen bei diesem schönen Wetter überdurchschnittliche, ja rekordhohe Erträge. Die Tagesproduktion lag regelmässig nur wenig unter dem Ertrag an einem schönen Sommertag. Das ist heute noch ein kleiner Trost für die zu lange Trockenperiode, weil die gesamte PV-Stromgewinnung im Vergleich zu unserem Verbrauch noch unbedeutend ist. Aber die Chance, dass dieses Verhältnis in den nächsten Jahren besser wird, war noch nie so gross wie heute.

Peter Warthmann, Chefredaktor peter.warthmann@azmedien.ch

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