Hessen-Nanotech NEWS 1|2010

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Nanotechnologie in der Zahnmedizin Priv.-Doz. Dr. Andreas Braun Nanotechnologie in der Praxis

In vielen Bereichen der Forschung wird von der Nanotechnologie als Zukunftstechnologie schlechthin gesprochen. Doch was bedeutet die Einbindung von Nanotechnologie in zahnmedizinische Fragestellungen und welche Eigenschaften werden den darauf basierenden Materialien zugeschrieben? Im Rahmen dieser Übersicht werden aktuelle Forschungsansätze und erste Produktentwicklungen aufgezeigt. Im zahnmedizinischen Bereich hat die Nanotechnologie vergleichsweise spät Einzug gefunden. Hauptgründe hierfür sind zu sehen in der technisch schwer zugänglichen räumlichen Dimension und in der erforderlichen Kontrollierbarkeit der Eigenschaften von Nanomaterialien. Denn nur durch eine Modifikation der Oberfläche frisch generierter Nanopartikel ist es in der Regel möglich, deren spezielle Eigenschaften zu nutzen. Mit der Erweiterung des Methodenspektrums zur Herstellung, Funktionalisierung und Compoundierung von Nanomaterialien finden diese auch im Dentalbereich seit einigen Jahren zunehmenden Einsatz für Füllmaterialien, Implantate oder als Zusatzstoffe in Zahncremes. Füllungsmaterialien An der grundsätzlichen Zusammensetzung zahnärztlicher Komposite, bestehend aus einer Kunststoffmatrix, einem Füllkörpersystem und einer Verbundphase, hat sich bis heute prinzipiell nichts geändert. Die ersten klinisch eingesetzten Kompositmaterialien wiesen Füllkörpergrößen von 5 -10 μm auf [Ernst und Willershausen 2003]. Aufgrund ungünstiger Abrasionsphäno-

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mene sowie unzureichender Politureigenschaften ist es ein Bestreben der Weiterentwicklung gewesen, Füllungskomposite mit möglichst geringer Korngröße der Füllkörper zu entwickeln. Zudem kann durch die Erhöhung des Füllkörpergehalts die für dentale Komposite als Hauptproblem auftretende Polymerisationsschrumpfung [Giachetti et al. 2006] günstig beeinflusst werden. So weisen moderne Nano-Hybrid-Komposite wie beispielsweise Grandio (Voco, Cuxhaven, Abb. 1, 2) nur noch eine Schrumpfung von 1,57 Vol. % auf, während sich die Polymerisationsschrumpfung gebräuchlicher Kompositionsfüllungskunststoffe im Bereich von bis zu 3 Vol. % bewegt [Geurtsen 1999]. Zusätzlich wird auch ein vernetzender Effekt der Nanopartikel innerhalb der Matrix diskutiert, der sich positiv auf die Bruchfestigkeit, Kantenstabilität und Abrasionsfestigkeit des Füllungsmaterials auswirke. Somit kommt der Einsatz der Nanotechnologie der allgemeinen Forderung nach Verbesserung der Materialeigenschaften nach, ohne die Verarbeitbarkeit im zahnärzlichen Einsatz einzuschränken.

Abbildung 1: Ersatz einer insuffizienten Amalgam-Füllung (links) durch ein Kompositionsfüllungsmaterial mit Nanofüllkörpern (rechts)


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