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Familie und Zusammenhalt
Wir haben vielleicht nicht alles, was wir wollen. Aber zusammen sind wir alles, was wir brauchen.
Familie – Geschenk und Aufgabe zugleich, gar nicht mehr so selbstverständlich und doch für die meisten von uns Teil ihres Lebensglücks. Die Familie ist in nahezu jeder menschlichen Gesellschaft ein bleibender Bestandteil und unterscheidet sich in ihren Formen sehr. Einerseits das Idealbild der Kernfamilie im westlichen Kulturkreis über viele Jahrzehnte, das Ehepaar mit unverheirateten Kindern. Andererseits die erweiterte Familie, wo drei und mehrere Generationen in einem Haushalt zusammenleben. Sehr unterschiedlich auch die Rollen, die Frau, Mann und Kinder in der Familie in verschiedenen Gesellschaften spielen. Einem starken Wandel unterliegen stets die innere Struktur und die Außenbeziehungen der Familien. Die frühen großen Kinderzahlen gingen zurück, anstelle der Verwandtenfamilie entstand die moderne Kleinfamilie, in der bis vor Corona-Zeiten die Trennung von Arbeitsplatz und Wohnraum charakteristisch sind. Das klingt einfach, ist aber vor allem für Frauen, die auch Mütter sind, ein oft nicht zu schafender Balanceakt zwischen Beruf, Ausbildung und Familie. Der Jonglierakt, Kinder großzuziehen und Familienarbeit zu leisten, sind zentrale gesellschaftliche Aufgaben, die partnerschaftlich geteilt werden sollten. Mit großer Freude darf ich dies in den Familien meiner Söhne beobachten. Ich darf als Großmutter, als „Omi“, die Entwicklung meiner drei Enkelkinder miterleben und das bestehende österreichischschweizerische Familiennetz vervollständigen. Ich genieße das Zusammensein mit den Kindern auf unterschiedliche Weise. Ich genieße meine Rolle als Familienälteste. Nach einem gemeinsam verbrachten Tag bin ich müde, aber glücklich und dankbar. Großeltern sind oft Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft, Geheimnisträger eigener und fremder Geschichten. Sie vermitteln Werte und können es sich gleichzeitig leisten, großzügig und nachsichtig zu sein. Ein Beispiel aus meinem Omi-Alltag: Mein Wohnzimmer-Couchtisch darf als Tanzfäche genutzt werden! Ist die Verbindung innig, dann ist sie ein stabiler Anker. Über den Tod hinaus. Ich hatte das Glück, mit zwei Großmüttern und einem Großvater aufzuwachsen. Sie sind schon lange gestorben, aber bis heute spüre ich besonders die bedingungslose Zuneigung und Geborgenheit meiner weststeirischen Großmutter. Ich weiß genau, wie sich ihr faltiges Gesicht erhellt hat, wenn sie beim Streurechen im Wald Balladen und Gedichte rezitiert hat. Wie unerreicht köstlich ihre Stangl-Krapfen und ihr Kaiserschmarren geschmeckt haben. Wie viel Sicherheit und Geborgenheit die im Herd gewärmten Steine gegeben haben, die sie mir ins Bett gelegt hat. Für all diese Erinnerungen bin ich unendlich dankbar. Im Idealfall ist die Familie ein Hort der Liebe und Gemeinschaft, der Harmonie und des Friedens, die durch starke emotionale Bindungen zusammengehalten wird. Mit allen wichtigen Aspekten, Werten, Normen, Kultur, Sprache, Moral und Rechten, mit denen wir Menschen uns von anderen Lebewesen unterscheiden. Die Rolle der Großeltern ist heute ergänzt durch die Wirkung der Massenkommunikationsmittel, besonders die der sozialen Medien, die einen direkten Zugang in die Familien haben. Von ihnen geht eine Fülle von Informationen und Ideen in die Familie, die ihr Bild mitbestimmen. Die Vorstellungen von Liebe und Geschlechtsleben, von Ehe, Kindererziehung, Jugend und Alter werden dauernd berührt. Das Bild, das da gezeichnet wird, braucht dringend gesamtgesellschaftliche Lösungen, die Frauen und Männer gleichermaßen bestärken und neue Handlungsoptionen ermöglichen. Gelingt uns das nicht, ist das nicht nur ein individuelles Schicksal, wir verlieren als Gesellschaft auf allen Linien. Auf dem Papier sind Frauen bei uns gleichberechtigt. Doch wie sieht es für uns selbst aus? Wenn Sie als Frau diese Zeilen lesen? Und wenn Sie ein Mann sind? Glauben wir, es gäbe einen Unterschied im Recht auf Selbstverwirklichung? Es ist immer wieder erstaunlich, dass Frauen und Männer, die sich als weltofen und tolerant bezeichnen, unentdeckte Geheimverträge in ihren Seelentresoren aufbewahren, die eine Gleichberechtigung von Mann und Frau anzweifeln. Und das hat nichts damit zu tun, ob Frauen entscheiden, ihren Beruf auszuüben oder zu Hause bei den Kindern zu bleiben.
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Jeder Mensch ist anders, jede Frau, jeder Mann hat andere Vorstellungen, Wünsche und Fähigkeiten. Und auch, wenn jeder seines Glückes Schmied ist, so sieht sein Werkstück doch anders aus. Ich bedauere es sehr, dass nicht jeder Mensch so gute Chancen erhält, wie ich sie in meinem Leben bekommen habe. Ich bin meinem Mann Franz begegnet, wurde Mutter außergewöhnlicher Kinder. Sie waren und sind ein großes Glück für mich, durch sie konnte ich eine Menge lernen. Daran hat sich nichts verändert, als ich Großmutter wurde. Eines schon: Ich platze fast vor Freude, Liebe und Stolz. Aber es beeinfusst meine Persönlichkeit nicht, ich sehe keine Notwendigkeit, mich anders zu verhalten, anders zu kleiden, andere Hobbies zu pfegen, als vorher. Im Gegenteil: Es bestärkt mich, die zu sein, die ich wirklich bin! Die, mit denen ich meine Zeit verbringe, sollen mich mit meinen Talenten und Sehnsüchten kennenlernen. Sollen wissen, wie ich es anlege, mein Leben zu erobern. Ich bin keine Sozialromantikerin. Um den Ausstieg aus tradierten Rollenzuschreibungen möglich zu machen und die neuen gewünschten Familienrollen zu unterstützen, bedarf es natürlich auch eines neuen gesetzlichen Elternmodells. Die Herausforderungen sind groß, aber ich sehe viele Chancen für strukturelle Verbesserungen. Wenn wir an den richtigen Hebeln ansetzen, dann schafen wir grundlegende Veränderungen, die die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben ermöglichen. Durch dieses langfristige Denken stärken wir Frauen und Männer, stärken wir die Gesellschaft im Kern. Stark und glücklich machen auch gemeinsame Aktivitäten. Der Markt in Lebring ist eine wunderbare Gelegenheit für einen Familienausfug, mit Mama, Papa, Kindern, Oma, Opa, Enkelkindern, Tante, Onkel, Nichte und Nefen – mit Kind und Kegel, wir sehen uns, ich freue mich.
Herzlich, Ihre Ingrid Gady