Prof. Dr. Andreas Novy - Die Regionalwährung Waldviertler

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Zusammenfassung und kritische Würdigung

ten des Vereins das Einkassieren dieser Gebühr sowieso nicht sehr streng verfolgt wird. Erst im Laufe der Jahre seit der Einführung wurde zunehmend mehr darauf geachtet. Allerdings wird trotzdem noch auf Kulanz geachtet (vgl. Immervoll 2010a) – möglicherweise mit dem Motiv, die Leute mit dieser Gebühr nicht abzuschrecken. Das legt den Verdacht nahe, dass die Umlaufsicherungsgebühr viel eher von ihrer prinzipiellen Funktionsweise her abschreckend wirkt als von ihren realen Auswirkungen. Ein Abschaffen der Gebühr wurde auch schon angedacht, allerdings mit dem Hinweis, dass es nicht vorwiegend um Akzeptanz, sondern um die Etablierung neuer, anderer Denkmuster gehe, wieder fallengelassen (vgl. Immervoll 2007: 48). Die Möglichkeit der Einlage von Waldviertler bei der Bank würde Spannungen im Bezug auf die Umlaufsicherungsgebühr etwas abmildern, da diese auf Spareinlagen nicht anfallen würde. Eine diesbezügliche Erweiterung des Waldviertler-Systems sollte unbedingt angedacht werden.

Bezugnehmend auf die Entstehungsgeschichte fällt außerdem auf, dass der Prozess eigentlich nicht „von unten” entstanden ist, sondern die Idee und Umsetzungspläne auf Ebene einer gewissen intellektuellen Elite entstanden sind (vgl. Immervoll 2010a). Die breite Bevölkerung wurde erst recht spät in den Prozess miteinbezogen (vgl. Kapitel 3.4.1). Die fehlende Verankerung in der Basis könnte – vor allem bei den UnternehmerInnen – zu geringerer Identifikation mit dem Projekt geführt haben.

Ein andere Aspekte innerhalb der Konzeption des Waldviertler ist problematisch: In einem Gebiet, das unter Arbeitslosigkeit leidet, ist eine eurobasierende Komplementärwährung nicht optimal (vgl. Bode 2004: 128), da die Liquiditätsprobleme – zumindest in der Einführungsund Etablierungsphase – nicht beseitigt werden können. Die Verrechnungseinheit – ob in Euro oder Waldviertler – muss bereits vor einem Tauschakt vorhanden sein, was bei Arbeitslosigkeit nur eingeschränkt der Fall ist. Passender wäre insofern ein Tauschkreis, in dem dieses Problem behoben wird. Darauf wird im Kapitel 5.2 noch genauer eingegangen. Darüber hinaus sind Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, oft nicht in der Lage, die – zumeist – teureren regional produzierten Produkte, die mit den außerregionalen Niedrigstpreiswaren nicht mithalten können, zu kaufen. Auch wenn regionaler Konsum durch Stärkung der Regionalwirtschaft den Menschen vor Ort langfristig zu Gute kommt, können sie kurzfristig

Die Regionalwährung Waldviertler – Auswirkungen eines Projektes solidarischer Ökonomie

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