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Reporterglück und Goldgräberstimmung

Stephan Scheuer ist „Handelsblatt“-Korrespondent im Silicon Valley. Künstliche Intelligenz ist das dominierende Thema. Im Interview spricht Scheuer darüber, wie er die Öffentlichkeitsarbeit der Tech-Riesen wahrnimmt, welche Zugänge er als Journalist hat und warum er amerikanische Unternehmen für souveräner im Umgang mit Medien hält als deutsche.

Nach ChatGPT bringt Google eine Suche mit künstlicher Intelligenz an den Start. Meta liebäugelt auch mit dem KI-Hype: Ist KI das beherrschende Thema im Silicon Valley?

Scheuer: Definitiv. Als ich Anfang 2022 hier angekommen bin, herrschte jedoch eher eine große Sinnkrise. Es gab zahlreiche Entlassungen, die Börsenkurse sind eingebrochen – und nun ist KI das allbestimmende Thema. Alle Unternehmen schauen, wie sie KI und insbesondere die großen Sprachmodelle in ihre Produkte integrieren können. Und wie sich neue Produkte auf Basis dieser Modelle bauen lassen. Es herrscht absolute Goldgräberstimmung. Wir sind mitten in einem großen technologischen Umbruch, den ich in meiner gesamten journalistischen Laufbahn so noch nicht erlebt habe. Es ist großes Reporterglück, genau in diesem Moment mitten im Geschehen zu sein.

Welche Rolle spielen Start-ups im Schatten der großen TechKonzerne?

Scheuer: Sie spielen eine sehr prominente Rolle – insbesondere jetzt im Zusammenhang mit dem stärkeren

Fokus auf KI. Das Unternehmen, das den ganzen Boom mit angestoßen hat, ist OpenAI – ein kleines Start-up. Mit gut 200 Leuten und der Partnerschaft mit Microsoft hat das Unternehmen dieses System auf die Beine gestellt. Selbst die große Microsoft-Forschungsabteilung mit 1.500 Leuten war dann schon überrascht, dass OpenAI ein System dieser Qualität auf die Beine gestellt hat. Es findet gerade eine Machtverschiebung statt. Die großen etablierten Spieler waren es gewohnt, ihren Bereich zu dominieren. Jetzt geraten sie unter Druck. Wie werden Sie auf spannende Tech-Themen aufmerksam?

Stephan Scheuer (38)

arbeitet für das „Handelsblatt“ im Silicon Valley bei San Francisco. Zuvor war der Journalist fünf Jahre China-Korrespondent in Peking und leitete dann das Technologie-Team in der Zentrale in Düsseldorf. Über die chinesische TechIndustrie hat er ein Buch geschrieben: „Der Masterplan – Chinas Weg zur Hightech-Weltherrschaft“. Er hat Internationale Beziehungen in Berlin, London und Peking studiert sowie ein Volontariat bei der dpa in Frankfurt am Main absolviert.

Scheuer: Im Moment werden wir überschüttet mit Ankündigungen und Themenangeboten von Firmen und PRAgenturen. Es ist schwierig, in dieser Fülle etwas Sinnvolles auszuwählen. Bei mir geht vieles über Hinweise von Menschen, mit denen ich persönlich spreche. Oder: Manchmal klingt etwas, das bei mir im Postfach landet, spannend und ich frage jemanden nach einer Einschätzung, ob etwas Interessantes dahintersteckt und es sich lohnt, mehr Zeit darauf zu verwenden.