Tour d'Europe

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TOUR D’EUROPE 56 Ein europäisches Tagebuch von Hannes Swoboda

Juli 2013


Impressum Herausgeber: MEP Dr. Hannes Swoboda EU-Delegation der SPÖ Dr. Karl-Renner Ring 3 1017 Wien, Parlament Tel. (01)40110/3610, Fax (01)40110/3737, sonja.kothe@spoe.at Redaktion & Layout: Mag. Sonja Kothe Druck: Grasl FairPrint © Fotos: MEP Dr. Hannes Swoboda, European Community


Vorwort Montag, 8. Juli 2013

Unruhige Zeiten, ruhige Hand!

Bundeskanzler Werner Fayman verspricht eine ruhige Hand für die unruhigen Zeiten. Nun, in Europa merke ich viel an unruhigen Zeiten, aber wenig an einer ruhigen Hand seitens der EUKommission bzw. der konservativen Mehrheit im Europäischen Rat. Die Hand der europäischen Politik ist weder ruhig, noch steuert sie die Entwicklung mit Erfolg oder sozialem Gewissen. Nach wie vor gibt es eine hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter den Jungen. Die Politik empfiehlt eisernes Sparen, aber dennoch bleibt die Verschuldung hoch, zum Teil steigt sie trotz radikaler Budgetkürzungen. Es fehlt an Wachstum, das die Beschäftigung, die Einkommen und die Steuereinnahmen erhöht. Die Budgetkürzungen betreffen inzwischen auch das ohnehin sehr kleine EU-Budget. Ein Prozent des europäischen Sozialprodukts war vielen Regierungschefs zu viel. So vereinbarten sie ein Minibudget, von dem keine positive Konjunkturankurbelung ausgehen kann. Nur mit Mühe konnten wir die Regierungschefs und deren Vertreter überzeugen, wenigstens innerhalb des vereinbarten Rahmens einige Verschiebungen vorzunehmen. Uns, den Parlamentariern, vor allem der S&D Fraktion, ging es vor allem um einen verstärkten und rascheren Einsatz von Mitteln zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, für Forschung und Entwicklung etc. Ende Juni, knapp vor dem Ende der irischen Präsidentschaft, kam es dann zu einem Kompromiss, der dem Grundsatz nach von einer deutlichen Mehrheit der Fraktion und dann vom Plenum angenommen wurde. Wenn alle noch offenen Details geklärt sind und der Kompromiss in konkrete Budgetzahlen umgesetzt werden wird, kann dann das EU-Parlament im Herbst darüber abstimmen. Unabhängig vom EU-Budget bleibt aber die Notwendigkeit bestehen, eine neue auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Orientierung der EU herzustellen. Dabei darf die Verschuldungsproblematik der einzelnen Mitgliedstaaten keineswegs vernachlässigt werden. Das ist immer das dümmste Argument der Neo-Liberalen, das sie gegen eine auf Wachstum ausgerichtete Politik entgegenhält. Gerade die neoliberale Antwort auf die Krise, die sie allerdings zumindest mitverursacht hat, zeigt ja, dass sie das Schuldenproblem nicht zu lösen vermag.

Und gleiches gilt für die wichtigen Strukturreformen. Ohne Wachstum und ohne Rücksicht auf soziale Bedürfnisse und Notwendigkeiten steigt nur noch der Widerstand gegen die Reformen. Das kann man fast täglich in den Medien verfolgen. Genau damit habe ich mich mit einem Koautor David Gow im aktuellen Buch "Basta Austerity" auseinandergesetzt und das einleitende Interview dazu, das auch auf Deutsch übersetzt wurde, ist in dieser Ausgabe der Tour d' Europe zu lesen. Alles Gute und einen schönen Und erholsamen Sommer wünscht


Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpfen Montag, 3. Dezember 2012

Zweimal war ich letzte Woche zur Vorbereitung der kommenden Präsidentschaft in Dublin. Diese ist die siebente, die Irland innehaben wird. Demgemäß sind sie gut vorbereitet. Es wird aber trotzdem nicht leicht für sie sein, da große Entscheidungen aufgeschoben worden sind, so zum Beispiel die über den Rahmen für die Budgets von 2014 bis 2020. Einer der Schwerpunkte der irischen Präsidentschaft sind Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Diese ist in den letzten Monaten in Europa noch gewachsen und wird dies weiter tun. Das ist skandalös. Immer wieder wird auf das österreichische Beispiel der Jugendbeschäftigungsgarantie hingewiesen. Die betroffenen Länder machen aber zu wenig dagegen. Für viele ist es angesichts der eigenen Budgetlage und der zum Teil aufgezwungen Austeritätspolitik schwer. Daher brauchen sie Hilfe seitens Europa, so zum Beispiel aus dem gemeinsamen Budget. Für mich und auch für die Sozialdemokratische Fraktion ist der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eine Priorität. In diesem Zusammenhang haben wir auch kürzlich in der mittelenglischen Stadt Nottingham eine Konferenz zur Jugendarbeitslosigkeit abgehalten.

Relaunching Europe Nottingham

Im Rahmen dieser Veranstaltung haben wir auch Trainingszentren für Jugendliche besucht, die zum großen Teil Schulabbrecher waren und zum Teil schon auf schiefe Laufbahnen gekommen sind. Es war berührend zu sehen, wie diese Menschen, durch die von der EU unterstützte Betreuung, wieder einen Weg zurückgefunden haben. Dabei ging es – ähnlich wie bei derartigen Kursen in Österreich – nicht so sehr um die Vermittlung von speziellen Fertigkeiten, sondern eher um einfache soziale Kompetenzen. Aber man sieht daran, dass Mittel der EU, konkret aus dem Europäischen Sozialfonds, sinnvoll verwendet werden können und einzelnen Menschen, die Hilfe und Unterstützung brauchen, einen Bezug zu Europa verschaffen können. Und man sieht, dass man durch persönliches Engagement Menschen in die Gesellschaft eingliedern kann. Es ist wichtig, allen eine Chance zu geben, und nicht wenige brauchen eine zweite Chance nach dem ersten Fehlstart.


Mehr Offenheit, mehr Demokratie! Dienstag, 11. Dezember 2012

Am 10. Dezember war es so weit. In Oslo wurde an die EU bzw. deren drei Spitzenvertreter der Nobelpreis vergeben. Ich nahm an der beeindruckenden Zeremonie teil. Aber zuvor hinterlegte ich noch mit einigen Jugendlichen Blumen am Mahnmal für die Opfer die terroristischen Anschläge am 22. Juli 2011 auf der Insel Utoya und in der norwegischen Hauptstadt selbst. Eigentlich verdiente ja Norwegen selbst den Friedensnobelpreis. Denn Norwegen ist seit Jahren an einer aktiven Friedenspolitik, vor allem im Nahen Osten, beteiligt. Und es hat sich nach den Anschlägen von Oslo und Utoya vorbildlich verhalten. Es hat nicht nach einem Abbau der Demokratie und nicht nach Einschränkungen der persönlichen Freiheiten gerufen. Aber natürlich verdienen auch die Gründungsväter der EU diesen Preis und all jene Frauen und Männer, die an der aktiven Friedenspolitik beteiligt waren und sind. Ich bezweifele allerdings, ob alle, die an der Preisverleihung namens der EU teilnehmen, den Preis wirklich verdienen. Zum Beispiel jene, die die Ausgaben der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik kürzen wollen. Denn auch das gehört zur Friedenspolitik, sie ist nicht immer kostenlos zu haben. Und es gibt allzu viele, die den ohnehin fragilen Aufbau und Zusammenschluss Europas wieder rückgängig machen wollen. Manche machen dies absichtlich und gezielt. Andere wieder wollen einfach nur bestimmten Stimmungen nachgeben und Wahlen gewinnen.

Denkmal für die Opfer der terroristischen Anschläge von Utoya/Oslo

Aber auch in diesem Fall der Fahrlässigkeit kann das Ergebnis das Gleiche sein: die Zerstörung eines gemeinsamen Europas durch einen erstarkten Nationalismus. Ulrike Guérot hat in der meist sehr europakritischen deutschen Zeitung “Die Welt” von einer notwendig gewordenen „Altbausanierung” gesprochen: “An deren Ende könnte in einigen Jahren ein strahlend schöner und geputzter Altbau stehen: außen Geschichte, innen eine dynamische, geschlossene und komplett modernisierte Volkswirtschaft: eine reformierte EU, mit – in ihrer kraftvollen Mitte – einem politisch und fiskalisch tief integrierten Wirtschaftsraum namens Euroland.” Und diese neue Staatlichkeit wäre dann das “notwendige Korrektiv zu einem europäischen Markt”! Nun, das ist allzu schön, um wahr zu sein. Aber dennoch unterscheidet sich eine solche Vision von dem bürokratischen Etappenplan zu einer “Genuinen Wirtschafts- und Währungsunion”, den die EU-Kommission entworfen hat und der auch in die Vorschläge des Rats für den nächsten Gipfel Mitte Dezember Eingang gefunden hat. Denn diese Vorschläge sind nicht geeignet, die aktuellen Probleme wie mangelndes Wachstum und Arbeitslosigkeit zu lösen. Noch allerdings taugen sie als Vision für eine gerechtere und effizientere EU. Aber beides brauchen wir, um die EU gegen den anstürmenden Nationalismus zu verteidigen und sie auf die zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.


In einer globalisierten Welt Montag, 17. Dezember 2012

In einer zusammenwachsenden Welt kann man die notwendigen Veränderungen nicht bloß auf nationaler Ebene herbeiführen. Auch angesichts der Verschiebung globaler Machtverhältnisse darf man sich nicht mit Politik auf europäischer Ebene begnügen. Es gilt, die globalen Verhältnisse zu berücksichtigen und wo es geht, auch globale Bündnisse zu schmieden. Das Ausmaß der globalen Veränderungen und Machtverschiebungen ist sicher umstritten und man kann sie nicht genau voraussagen. So meinte ein Beitrag im kürzlich erschienen Heft “Foreign Affairs”, dass das Wachstum der sogenannten BRIC (Brasilien, Russland, Indien und China) Staaten nicht so stark und ungebrochen sei wie angenommen bzw. befürchtet. Andererseits meint der in Washington stationierte Atlantic Council in seiner jüngsten Studie: “Global Trends 2030: Alternative Worlds”, dass es deutliche Verschiebungen geben werde. Und zwar geht es dabei nicht nur um Verschiebungen von West nach Ost und von Nord nach Süd. Es wird auch deutliche Verschiebungen von staatlicher Gewalt zu individuellen Akteuren geben. Internet und die neuen Medien machen das möglich. Jedenfalls werden die Staaten und regionale Vereinigungen wie die EU in unsicheren Umwelten fungieren müssen. Das ist natürlich eine Chance für alle nationalistischen Kräfte, ihre simplen und rückwärtsgewandten Rezepte zu propagieren: gegen Migration, gegen internationale Kapitalbewegungen etc. Aber all dies lässt sich nicht durch einzelstaatliches Handeln in den Griff bekommen. Aber das heißt nun nicht, dass wir die Hände in den Schoss legen müssten bzw. sollten. Nein, wir müssen versuchen, auf globaler Ebene Bündnisse zu schließen. Angesichts der Tatsache, dass es nicht nur staatliche Akteure gibt, müssen wir uns allerdings auch um Verbündete auf der Ebene der Parteien und der Zivilgesellschaft bemühen. Und dem diente auch das jüngste Treffen in Rom. Dabei hat es sich günstig gefügt, dass ich im Anschluss an diese Tagung eine Reise nach Kolumbien und Peru geplant habe.

Bogota

Ich wollte mit einer kleinen Delegation diese beiden Länder besuchen, da wir über Monate, ja Jahre auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage gedrängt haben, vor allem in Kolumbien. Eindeutige Verbesserungen waren die Voraussetzung, dass wir den beiden umfassenden Handelsabkommen zustimmen konnten. In der letzten Plenarsitzung des EU-Parlaments war es dann soweit. Aber damit ist die Geschichte natürlich nicht zu Ende. Der Menschenrechtsdialog muss weitergehen und unsere Reise ist Zeichen dafür, dass wir es ernst meinen. Als SozialdemokratInnen waren wir immer – und müssen es auch bleiben – InternationalistInnen. Aber dabei geht es nicht nur um eine moralisch gebotene Solidarität mit den Ärmeren und GewerkschafterInnen – wie vor allem im Falle Kolumbiens – , sondern auch um faire internationale Handelsbeziehungen, die auch uns in Europa zu Gute kommen. Und deshalb ist die Suche nach internationalen Bündnissen von progressiven Kräften ein Gebot in einer globalisierten Welt. Das ist schwierig genug, aber jedenfalls wirksamer als engstirniger Nationalismus.


Zwei Sterne am südamerikanischen Himmel Sonntag, 23. Dezember 2012

Es war nicht leicht für mich und meine Kollegen, nach Bogotá zu kommen und rechtzeitig das Flugzeug von Bogotá zurück nach Frankfurt zu erwischen. Auf dem Flug von Frankfurt mussten wir auf halbem Weg über dem Atlantik umkehren, da beide Bordcomputer den Geist aufgegeben haben. Und der Rückflug von Lima nach Bogotá hatte einige Verspätung und landete im “Nowhere” und wir mussten erst mit einem klapprigen Bus zum Terminal fahren, so dass wir wenige Minuten vor Abflug in den Flieger nach Frankfurt stiegen. Aber jenseits dieser Aufregungen war es ein spannender politischer Besuch in den Hauptstädten von Kolumbien und Peru. Ausgangspunkt waren die beiden Handelsverträge, denen wir in der Woche zuvor im Plenum des EU-Parlaments zugestimmt haben. Sie waren über Jahre umstritten, vor allem das Abkommen mit Kolumbien. In Kolumbien gab es viele ungesühnte Morde, nicht zuletzt auch an Gewerkschaftern. Der lange Kampf zwischen der Guerilla Truppe FARC und dem Militär, sowie die mörderischen Aktivitäten von paramilitärischen Gruppen haben das Land unter eine Welle von Gewalt gebracht. Und lange Zeit merkte man kaum einen Willen, dieser vielfachen Gewalt ein Ende zu bereiten.

Bogota

Als Präsident Santos an die Macht kam, hat sich das politische Klima geändert. Fragen der Menschenrechte und der ArbeitnehmerInnenrechte wurden ernster genommen und 13.000 Menschen wurden unter staatlichen Schutz gestellt, da ihr Leben bedroht scheint. Vom neuen Präsidenten wurde ein Vizepräsident ernannt, ein ehemaliger Gewerkschafter, der sich in Menschenrechtsfragen sehr engagiert. Und zuletzt hat Präsident Santos Friedensgespräche mit der FARC eingeleitet. Keineswegs ist alles in Ordnung – es gibt noch immer viele ungeklärte Morde –, aber die Lage und vor allem die politische Einstellung führender PolitikerInnen haben sich doch wesentlich verbessert. In Peru war die Lage in den letzten Jahren nicht so gespannt und durch Gewalt gekennzeichnet. Der terroristische “Leuchtende Pfad” hat nicht mehr diese Bedeutung und auch hier gibt es zu sozialen Rechten und der Armutsbekämpfung eine viel positivere Einstellung als früher. In beiden Ländern trafen wir etliche Regierungsmitglieder und andere offizielle Vertreter wie den Ombudsmann in Lima und den Chef einer öffentlichen Organisation zur Armutsbekämpfung in Bogotá.


Wir trafen Abgeordnete und Spitzenbeamte und vor allem Vertreter der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften. Naturgemäß gaben die Gespräche unterschiedliche Bilder und Erzählungen über den sozialen Fortschritt und die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten. Wichtig waren auch die ausführlichen Gespräche mit den beiden Präsidenten Santos von Kolumbien und Umala von Peru. Beide scheinen mir einen neuen Typ von Politikern in Südamerika zu vertreten. Sie sind keine großspurigen Populisten, sondern pragmatische Männer der politischen Mitte. Ich glaube, dass ihr Bekenntnis zu sozialen Reformen und zur sozialen Absicherung der wirtschaftlichen Entwicklung ernst gemeint ist. Als Sozialdemokrat wünsche ich mir natürlich mehr und ein stärkeres Engagement in diesen Fragen, aber viele, die sich in Lateinamerika auskennen, sprechen von deutlichen Akzentverschiebungen in der Art und Weise, wie an die wirtschaftliche Entwicklung in diesen beiden Ländern herangegangen wird. Und beide Länder könnten in ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik beispielgebend sein. So wie die ausgehandelten Handelsabkommen, für die mein deutscher, sozialdemokratischer Kollege Bernd Lange hauptverantwortlich ist, beispielgebend für andere Handelsabkommen sein könnten. Denn wir drängten vom Europäischen Parlament aus auf ein umfangreiches Programm von Menschen- und insbesondere ArbeitnehmerInnenrechten, die von Kolumbien und Peru zu verwirklichen sein würden. Nur unter Annahme dieser Programme waren wir als SozialdemokratInnen bereit, diesen Abkommen zuzustimmen.

Bogota

Und unsere Reise hatte auch den Zweck, die Ernsthaftigkeit unserer “Bedingungen” zu unterstreichen. Auch nach den Annahmen der Handelsverträge im Europäischen Parlament wollten wir klarmachen, dass wir auf die Zusagen der Regierungen beider Länder nicht vergessen werden. Natürlich ist es nie leicht, anderen Regierungen etwas aufzuzwingen und es dann auch noch von vielen tausenden Kilometer entfernt zu überwachen. Aber wir vereinbarten auch mit den kritischen VertreterInnen der Zivilgesellschaft einen regelmäßigen Dialog und wir werden, wenn notwendig, auch wiederkommen. Und dabei werden wir auch die verschiedensten Elemente der Demokratie beobachten, so auch die Rolle der Militärs. Da scheint es in Peru eine Schwächung der zivilen Überwachung des Militärs zu geben, und das halte ich für eine gefährliche Tendenz. Trotzdem glaube ich, dass es absolut richtig war, den beiden Handelsabkommen unter den Bedingungen des Europäischen Parlaments und vor allem unserer Fraktion zuzustimmen. Kolumbien ist – nach Brasilien – das zweitgrößte Land Südamerikas, Peru weist ein hohes Wirtschaftswachstum aus. Beide besitzen große Rohstoffreserven. Beide wissen zumindest, dass dies auch die Gefahr einer einseitigen Wirtschaftsentwicklung birgt. Und beide haben vor, massiv für eine ausgeglichene, diversifizierte Wirtschaft mit einem starken Sektor von Klein- und Mittelbetrieben zu wirken. Und beide sehen die großen Differenzen zwischen Reich und Arm und wollen vor allem den Anteil der extremen Armut (verfügbare Mittel pro Tag unter 1,5 bis 2 Dollar pro Kopf) deutlich absenken.


Wenn Kolumbien und Peru umsetzen, was sie versprochen haben und vorhaben und wenn die weltwirtschaftliche Entwicklung mit ihrer Nachfrage nach Rohstoffen wieder durch Wachstum gekennzeichnet ist, dann können sich beide Länder zu südamerikanischen Tigern entwickeln. Und es ist auch nicht ehrenrührig oder unmoralisch, wenn europäische Unternehmen an diesem wirtschaftlichen Aufschwung teilnehmen wollen und unter anderem neue Technologien in diese Länder importieren. Wichtig ist, dass sie sich hinsichtlich ArbeitnehmerInnenrechten und dem Schutz der Umwelt korrekt und fortschrittlich verhalten. Gerade bezüglich der “extractive industries”, also im Bergbau und bei der Öl- und Gasförderung, verletzen oftmals auch europäische – und natürlich auch andere wie US-amerikanische und chinesische – Unternehmungen die Grundregeln anständiger Investitionspolitik. Dieser Problematik möchte ich übrigens mit meiner Fraktion generell in der nächsten Zukunft mehr Aufmerksamkeit widmen. Aber es steht Kolumbien und Peru nicht nur eine erfreuliche Zukunft bevor, sondern sie können auch von der Vergangenheit profitieren. Denn die Kulturen und Kunstwerke des täglichen Lebens – aus oft weit zurückliegenden Epochen – die man in beiden Ländern zu sehen bekommt, sind atemberaubend. In unserem dichten Besuchsprogramm versuchte ich zwei kurze, allzu kurze Museumsbesuche hinein zu quetschen. In Bogota besuchten wir das “Goldmuseum” und in Lima das “Museo Larco”. Ich habe kaum je so beeindruckende und außerordentlich faszinierend gestaltetes Museen gesehen. Sie zeugen von kulturellen Errungenschaften, die jede kulturimperialistische Überheblichkeit zunichtemachen. Auch wenn die ausgestellten Werke Ausdruck “primitiven” Glaubens sind, man geht angesichts der sichtbaren Kunstfertigkeit bescheiden aus diesen Museen in unsere heutige Welt zurück.

Lima


Weltenbürger Mittwoch, 2. Jänner 2013

Der bekannte libanesische Autor Amin Maalouf lässt in seinem Buch ”Les désorientés” seine Hauptfigur Adam in dessen Tagebuch folgendes schreiben: “Ich bin auf einem Planeten geboren, nicht in einem Land. Doch, sicher bin ich auch in einem Land geboren, in einer Stadt, in einer Gemeinschaft, in einer Familie, von einer Mutter, und in einem Bett….Aber das einzig wirklich Bedeutende, für mich wie für alle Menschen, ist dass ich auf die Welt gekommen bin. Auf die Welt! Geboren zu werden, heißt auf die Welt zu kommen, nicht in dieses oder jenes Land, nicht in dieses oder jenes Haus.” Ein sehr mutiger und großer Anspruch wird mit diesen Worten ausgedrückt. Das Menschsein ist das wesentliche, nicht die nationale, regionale, ethnische oder familiäre Herkunft. Heutzutage allerdings hat man oft den Eindruck, dass das Partikulare wichtiger ist als das allgemein Menschliche. Dabei geht es nach wie vor um die universellen Werte, die immer wieder in Frage gestellt werden und die von neuem jeden Tag verteidigt werden müssen. Auch mein persönliches Bekenntnis zu Europa verstehe ich – so wie viele meiner KollegInnen – als ein allgemeines und nicht als ein partikulares. Wenn ich mich für ein einiges Europa einsetze, dann nicht, weil ich ein angeschlossenes Europa möchte und weil ich Europa für eine wertvollere Region als die anderen Regionen dieser Welt halte. Aber das einige Europa kann die kleinteiligen, partikularen Begrenzungen innerhalb unseres Kontinents überwinden und vor allem den engstirnigen Nationalismus, der in Europa in der Vergangenheit immer wieder zu Krieg geführt hat. Und Europa kann vieles von dem wieder gutmachen, was in der Vergangenheit durch Nationalismus und Kolonialismus an Schäden angerichtet wurde. Vor kurzem hat der französische Präsident Francois Holland in Algerien endlich offen zu den Untaten des Kolonialismus beispielhaft Stellung bezogen. Aber natürlich geht es auch um die Gestaltung unserer globalen Welt. Und da muss sich Europa besonders anstrengen, ein gewichtiges Wort mitzureden. Der Anteil der europäischen an der Weltbevölkerung geht stetig zurück. Derzeit ist unsere Wirtschaft durch besondere Schwächen gekennzeichnet. Die USA und andere holen sich auch Vorteile durch die oft auch umweltgefährdende Gewinnung von Schieferöl und Schiefergas. Das führt zu “billiger” Energie (betriebswirtschaftlich gesehen) und damit zu Wettbewerbsvorteilen, die zu einer Abwanderung der Industrieproduktion und damit von Arbeitsplätzen aus Europa führt.

Ebenso wie soziales Dumping, das diejenigen Länder und Firmen betreiben, die von den Löhnen bis zu den Arbeitsbedingungen oft nicht einmal Mindeststandards respektieren. Dies sollte allerdings nicht zu einem letztendlich für die europäischen Arbeitsplätze schädlichen Protektionismus führen. Denn die wirtschaftliche Verflechtung ist zu weit fortgeschritten für eine “wirksame” Abschottung. So beträgt der Importanteil an den Exporten heute im Durchschnitt bereits 40% und ist im Steigen begriffen. Das heißt, dass der Protektionismus (Beschränkung bzw. Verteuerung der Importe) immer mehr selbstschädigend wirkt. Aber umgekehrt müssen die Europäer für faire Wettbewerbsverhältnisse und Handelsbeziehungen eintreten, wollen sie sich nicht deindustrialisieren. Und mit der Industrie würden vielfach auch Forschung und Entwicklung aus Europa abwandern. Aber gerade gute Ausbildung, Forschung und Entwicklung sind die Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit. Und dazu braucht es Weltoffenheit und Erfahrungsaustausch und keine engstirnigen Kleingeister. Und damit sind wir wieder beim Tagebuch Eintrag aus Amin Maaloufs “Les désorientés”. Wir alle brauchen und schätzen Bindungen. Aber wir sollen nie vergessen, dass wir heute als Gesellschaften, aber oft auch als Einzelne nur erfolgreich sein können, wenn wir uns vorerst als (wissbegierige und innovative) Menschen sehen und auch im anderen primär den Menschen sehen und dann erst seine nationale, regionale und ethnische Herkunft bzw. auch sein Geschlecht. Nur so kann die Diskriminierung von Mitmenschen und die mangelnde “Nutzung” von wertvollem “Humankapital” vermieden werden. Vor allem aber sollten wir eine menschliche Gesellschaft anstreben, eine Gesellschaft mit Toleranz und Respekt. Wie Ereignisse auf allen Kontinenten demonstrieren, nicht zuletzt die furchtbareren Massenvergewaltigungen im Kongo oder auch in Indien, sind wir noch weit entfernt von solchen Gesellschaften. Aber auch in Europa selbst bleibt noch viel zu tun, denken wir nur an die leider zahlreichen ethnisch und politisch bedingten Attentate. Für Überheblichkeit besteht also kein Anlass. Ja, wir alle sollten vom Prinzip ausgehen, dass wir zuallererst in die Welt geboren werden und damit Weltenbürger oder Weltenbürgerin sind.


Faymann zu Gast in Straßburg Mittwoch, 14. Jänner 2013

Wenn diese Woche der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann im EU-Parlament spricht, dann redet einer, der in seiner Funktion zu einem engagierten Europäer geworden ist. Und vielleicht ist dieses “learning by doing” besonders beeindruckend und nachhaltig. Es kommt von der praktischen Überzeugung, dass die Krise nicht mehr national, sondern nur europäisch zu lösen ist. Österreich befindet sich dabei in einer ganz besonderen Lage, im Zentrum Europas. Am Schnittpunkt zwischen Ost und West sowie Nord und Süd. Daraus ergibt sich auch eine besondere Verantwortung. Denn die wachsende Spaltung zwischen Nord und Süd ist extrem bedenklich. Die Zahlen über die durchschnittliche Arbeitslosigkeit sagen nämlich wenig über die tatsächliche Arbeitslosigkeit aus. Entscheidend ist das gefährliche Auseinanderklaffen zwischen der extrem steigenden Arbeitslosigkeit im Süden und der geringen und zum Teil sinkenden Arbeitslosigkeit im Norden, wobei Österreich zum Norden gehört.

Straßburg

Aber auch hinsichtlich der Armut gibt es enorme Differenzen zwischen einzelnen Mitgliedsländern. Hier kommt aber zur Nord-Süd Spaltung noch eine Ost-West Spaltung hinzu. Wir sollten uns diese “vergessene Krise” immer wieder in Erinnerung rufen. Denn auch diese Spaltung gefährdet die europäische Einheit. Österreich ist auf Grund seiner geografischen Lage besonders berufen, sich für die Überwindung dieser Spaltung einzusetzen. In diesem Zusammenhang finde ich es besonders erfreulich, dass sich der österreichische Bundeskanzler schon seit langem für eine deutliche Reduzierung der unerträglichen Zinsspanne in Europa einsetzt. Sein prinzipielles Bekenntnis zu Eurobonds und seine konkrete Unterstützung für den Vorschlag des deutschen Sachverständigenrates nach einem Schuldentilgungsfonds werden von der Mehrheit im Europäischen Parlament voll unterstützt. Österreich hat aber noch eine andere Aufgabe. Es ist nämlich bisher relativ gut aus der Krise gekommen. Und das ist weder Zufall noch reines Glück. Dabei ist Österreich keineswegs eine “Insel der Seligen”, wie es einmal ein Papst ausdrückte. Aber es hat sich eine Politik des wirtschaftlichen und sozialen Ausgleichs zu Eigen gemacht.


Vieles, was heute – nicht zuletzt von den Troikas – in Frage gestellt wird, funktioniert in Österreich und hat zu einem bemerkenswerten wirtschaftlichen Erfolg beigetragen. Das beginnt bei den Institutionen der Sozialpartnerschaft, die sich immer wieder zu Reformen mit Rücksicht auf soziale Interessen einigen konnten. (In diesem Zusammenhang ist auch die jüngste Sozialpartnerschafts-Einigung in Frankreich, die von Präsident Hollande angeregt wurde, interessant.) Es ist immer wieder wichtig zu betonen: Wenn man die Gewerkschaften in die Verantwortung mit einbezieht, dann werden sie auch verantwortungsvoll handeln. Die jüngsten maßvollen Sparpakete, die Maßnahmen auf der Ausgaben- und (!) der Einnahmenseite beinhalteten, sind ebenfalls positive Beispiele, wie man sozial ausgewogen vorgehen kann. Besonders bemerkenswert ist aber der gezielte Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, insbesondere gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Hier ist Österreich mit seiner Jugendgarantie zum Vorbild in Europa geworden.

Österreich praktiziert vielfach ein Gegenprogramm zu den neoliberalen Vorschlägen heutiger orthodoxer Ökonomen, wie sie leider auch in der Kommission und vor allem in die Empfehlungen der Troikas Eingang gefunden haben. Wo Österreich allerdings noch nicht zum Vorbild geworden ist, ist sein Beitrag zum Kampf gegen die Steuerhinterziehung. Leider wehrt sich Österreich, gemeinsam mit Luxemburg, noch immer gegen ein gemeinsames europäisches Vorgehen und gegen ein Europäisches Abkommen mit der Schweiz. Ich würde mir wünschen, dass Österreich auch diesbezüglich ein vorbildhafter Europäer werden würde. Die Erfolge der österreichischen Wirtschafts- und Sozialpolitik werden heute auf europäischer Ebene oft stärker anerkannt als in Österreich selbst. Extreme Rechte Populisten – wobei sich der Begriff “extrem” auf beides bezieht, auf den Populismus und auf die rechte Einstellung – gaukeln den Menschen vor, es gäbe einfache, nationale Lösungen gegen die Krise. Werner Faymann hat sich sein ganzes politisches Leben gegen die rechten Populisten gewehrt und sich gegen jede Koalition mit ihnen ausgesprochen. Ich würde mir wünschen andere in Österreich und Europa hätten eine ähnlich klare Haltung. Mit diesen Leuten ist kein gemeinsamer Staat zu machen und schon gar kein gemeinsames Europa.

Straßburg (© European Parliament)


Kairo im Nebel Montag, 21. Jänner 2013

In der Früh lag Kairo im Nebel. Aber bald lichtete er sich und es gab einen sonnigen, warmen Tag in der ägyptischen Hauptstadt. Allerdings konnte ich diesen schönen Tag nicht genießen. Nach den Teilnahmen an einer von der S&D-Fraktion mitgestalteten Konferenz, einigen Einzelgesprächen und einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi ging es zurück nach Europa. Und der politische Nebel hat sich auch zum Zeitpunkt der Abreise nicht gelichtet. Anlass meiner kurzen Reise nach Ägypten war eine Konferenz, die wir gemeinsam mit den neugegründeten ägyptischen Sozialdemokraten gestalteten. Diese hatten die Idee zur Gründung einer arabischen sozialdemokratischen Plattform. Mehrere Parteien und vor allem Spitzenvertreter aus Tunesien und Palästina nahmen an dieser Konferenz teil. Gemeinsam ist ihnen und uns europäischen Sozialdemokraten, dass wir gegen den religiösen Fundamentalismus und für eine Politik im Interesse der sozial Schwachen eintreten. Und gemeinsam ist uns, dass wir uns für eine starke Zusammenarbeit zwischen den Ländern nördlich und südlich des Mittelmeeres einsetzen. In der langen und wechselvollen Geschichte des Mittelmeerraums überwogen die Phasen der engen Verknüpfung dieser beiden Ufer des Mittelmeers: in der griechischen Periode und im römischen Reich, während der arabisch-islamischen Expansion und im osmanischen Reich und dann während des Kolonialismus. Und jetzt sollten wir dieser Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft und im Interesse der BürgerInnen eine neue Chance geben. Das wäre politisch und wirtschaftlich vernünftig und vor allem im Interesse der Sicherheit. Wir wollen ja zu einer stabilen und geordneten, dabei aber natürlich demokratische Entwicklung in unserer Nachbarschaft beitragen. Das ist vor allem auch unser Interesse. Und deshalb sollten wir uns in dieser Region engagieren. Dabei sollten wir natürlich unsere Forderungen nach Einhaltung der Menschenrechte weder vergessen noch verleugnen. Vor allem geht es auch um die Rolle der Frauen. Nach Meinung vieler ist das durch die zumindest vagen Bestimmungen der neuen ägyptischen Verfassung nicht gewährleistet. Wir brachten das auch gegenüber Präsident Mursi vor, der allerdings überzeugt ist, dass Männer und Frauen gleichermaßen in der Verfassung berücksichtigt sind.

Es kommt natürlich immer auch auf die Interpretation der Verfassung an, und diesbezüglich sind die kommenden Wahlen von großer Bedeutung. Und mit unserer Konferenz wollten wir den ägyptischen Sozialdemokraten auch eine entsprechende Unterstützung geben. Von Präsident Mursi hingegen verlangten wir die Einladung von Wahlbeobachtern, sodass die Wahlen frei und fair ablaufen würden. Grundsätzlich bekamen wir auch eine Zusage und ich hoffe, dass sie nicht in den Mühlen der Bürokratie zermahlt wird. Ägypten spielt natürlich auch eine große Rolle im nahöstlichen Friedensprozess. Vor allem vermittelt es zwischen den beiden Fraktionen der Palästinenser: der Fatah und der Hamas. Einer der führenden Politiker Palästinas und speziell der Fatah, Nabil Shaath, den ich nun schon viele Jahre kenne und schätze, war im Gespräch mit mir optimistisch, dass eine solche Einigung zustande kommt. Und nach Bildung einer solchen Regierung sollte es dann Neuwahlen geben, um das wahre Stärkeverhältnis dieser beiden Gruppierungen feststellen zu können. Nabil Shaath bedankte sich besonders bei den europäischen Sozialdemokraten, dass sie den Antrag der Palästinenser auf Aufwertung in der UNO tatkräftig unterstützt haben. Aber nun geht es trotzdem um die Frage, wie das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser umgesetzt werden kann. Denn die Zweistaatenlösung umzusetzen wird angesichts der israelischen Siedlungspolitik immer schwieriger. Sind zwei Staaten mit gemischter Bevölkerung eine realistischere Lösungsmöglichkeit als der Austausch von Gebieten und Bevölkerung, um Staaten mit möglichst klaren Bevölkerungsmehrheiten zu bekommen? Oder muss man die alte Idee eines gemeinsamen, gemischten Staates wieder aufgreifen? Niemand weiß heute, was die Zukunft bringt. Aber dass der Zustand von heute untragbar ist, das scheint den meisten klar – außer einigen rechtsgerichteten, nationalistischen Politikern in Israel. Und leider scheint sich die politische Landschaft Israels nach den Wahlen nicht zum Besseren zu wenden. Oder erleben wir da noch ein Wunder? Nun, an Wunder glaube ich nicht und auch nicht an Wunder im Land der Bibel. Inzwischen ist weiter westlich und südlich eine neue Auseinandersetzung im islamischen Nordafrika entfacht. In Mali haben radikale islamistische Kräfte versucht, das ganze Land unter ihre Kontrolle zu bringen.


Das hat letztendlich den französischen Präsidenten zum militärischen Eingreifen veranlasst. Allerdings ist fraglich, ob dieses Eingreifen eine nachhaltige Wirkung haben wird. Ich kann die französische Intervention, die auf Einladung der Regierung von Mali erfolgt, verstehen. Denn niemand in Europa kann sich ein Fortschreiten islamistischer Terroristen im Norden Afrikas wünschen. Allerdings wird es ohne eine umfassende Strategie zum Zurückdrängen dieser Kräfte nicht gehen. Und dazu bedarf es vor allem auch eines stärkeren Engagements der Afrikaner selbst. So sehr die EU ob ihrer mangelnden Einheit kritisiert wird, aber die afrikanischen Staaten sind noch lange nicht so weit. Und die wahrscheinlich eher mit den Entwicklungen in Libyen zusammenhängende Geiselnahme in Algerien zeigt die nach wie vor fragile Lage auch in diesem Land. Algerien hat ja über viele Jahre eine heftige Auseinandersetzung zwischen islamistischen Terroristen und den nicht gerade zimperlichen Sicherheitskräften gesehen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum trotz einiger Demonstrationen zu Beginn des arabischen Frühlings der Funken aus den anderen Ländern nach Algerien nicht übergesprungen ist. Die Angst vor neuerlichen heftigen Auseinandersetzungen und vor dem Fortschreiten der Islamisten hat die Menschen von einer Unterstützung der jungen Demonstranten zurückgehalten. Und der langjährige Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika hat es verstanden, diese Angst für sich auszunützen.

Kairo

So werden wir noch viele Jahre mit einer unruhigen Umgebung im Süden von Europa leben müssen. Auf jeden Fall jedoch sollten wir versuchen, mit den arabischen Ländern eine gemeinsame Strategie zur Demokratisierung, zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und damit auch zur Bekämpfung des Terrorismus zu entwickeln. Ich habe allerdings keine Illusion, dass dies leicht sein wird.


Das vielfach gespaltene Europa Montag, 28. Jänner 2013

Was, wenn Europa scheitert? So heißt ein Essay des bekannten niederländischen Autors Geert Mak. Besteht dafür eine reale Gefahr? Nun, es mehren sich jedenfalls die Zeichen der Spaltung noch bevor wir uns richtig geeint haben, und das ist gefährlich. Eine Spaltung, die immer wieder zum Vorschein kommt, ist die zwischen Nord und Süd. Bei meinen jüngsten Besuchen in Zypern und Griechenland konnte ich dies genauso erleben, wie bei Besuchen und Gesprächen in Österreich, Deutschland und noch weiter nördlich bzw. weiter nordwestlich. Der “Süden” fordert Solidarität, überlegt aber zu wenig, welche Initiativen seitens der südlichen Länder selbst ergriffen werden sollten. Und der “Norden” wieder verlangt Reformen, leider manchmal extrem unsoziale und wenig hilfreiche und versucht, die Solidarität klein zu halten. Aber die EU kann nur bestehen und sich entwickeln, wenn beides funktioniert: Reformen und Solidarität. Wenn die Menschen des Nordens empfinden, der Süden sei ein “unreformierbares” Fass ohne Boden, wird die Solidarität bald aufhören. Und wenn der Norden vom Süden immer nur Vorurteile ins Gesicht geschleudert bekommt und von Seiten des Nordens der Abbau der ohnedies schwachen sozialstaatlichen Strukturen eingefordert und als Reform verkauft wird, dann werden die wichtigen Reformen zum Aufbau eines funktionsfähigen Staates nicht erfolgen. Aber ohne funktionsfähiger öffentlicher Verwaltung fließen keine bzw. zu wenig Steuern und kommen keine Investoren ins Land.

Im weiteren Verlauf seiner Rede wird der antieuropäische und nationalistische Ansatz deutlich, nämlich dann, wenn er die Demokratie nur auf die nationalen Parlamente bezieht. Und natürlich kommt für ihn ein – auch späterer – Beitritt zum Euro nicht in Frage. Für den Leitartikelverfasser in der Süddeutschen Zeitung geht es dabei um ein Duell Cameron gegen Merkollande. Nun, ich glaube nicht, dass Merkollande die Alternative zu Cameron darstellt, schon gar nicht Merkel. Bisher allerdings auch nicht Hollande im ausreichenden Maße. Eine Alternative zum Europa als großer gemeinsamer Markt versuchten einige Intellektuelle wie György Konrad und Umberto Eco zu entwerfen, die unter dem Titel: “Für Europa besteht die Zukunft entweder in der politischen Union oder in der Barbarei” einen Beitrag in Le Monde veröffentlichten. Mit Recht verweisen sie auf die politischen Verwerfungen die vom Italien Silvio Berlusconis bis zum Ungarn eines Victor Orban wieder auftauchen. Populismus, Chauvinismus, Diskriminierung und Hass machen sich wieder breit in Europa. Und sie verweisen auf die bedeutende Rolle des Euro für das Projekt der politischen Union. Und auch der oben zitierte Geert Mak meinte in seinem Essay “Was, wenn Europa scheitert”, dass die “nationalen Traditionen, Interessen und Erzählungen über Gut und Böse überaus zäh” sind und “die Versuchung, in Begriffen wie <Schuld> und <Strafe> verstrickt zu bleiben, außergewöhnlich groß” ist. Und verschlimmert wird die Situation in Europa auch noch dadurch, dass durch die Politik à la Merkel der “Nationalstaat” durch den “Marktstaat” ersetzt wird und es nur mehr um “sparen, kürzen, bestrafen” geht.

Europa als gemeinsamer Markt Ingeborg Bachmanns Vision Aber es gibt noch eine zweite, fatale Spaltung in Europa. David Cameron, der britische Premierminister, hat dies in seiner oft verschobenen Rede deutlich gemacht. Für ihn sind die Herausforderer “nicht innerhalb unseres Kontinents zu suchen, sie kommen aus dem wirtschaftlich erstarkten Osten und Süden.” Die EU ist für ihn bloß ein Mittel zum Zweck, und der ist der gemeinsame Markt: "Die Vervollständigung des einheitlichen Markts muss unsere Mission sein.” Und weiteres heißt es in seiner Rede: “Wettbewerbsfähigkeit bedarf der Flexibilität, der Wahlfreiheit und der Offenheit.” Allerdings bleibt er eine Erklärung, was das konkret heißen soll, schuldig.

Zufällig bin ich dieser Tage beim Stöbern in einer Buchhandlung auf Aufsätze der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gestoßen. In einem Beitrag aus dem Jahre 1964 setzte sie sich mit der begonnenen europäischen Integration auseinander. Sie meinte, “da der gemeinsame Markt, der Supermarkt Europa, gerade geboren wird und die europäische Butter, die europäischen Fahrräder und das gesamteuropäische Kinderspielzeug in greifbarer Nähe gerückt sind, müssten wir da noch einen Supermarkt des Geistes dazu gründen”.


Und Ingeborg Bachmann erinnert daran, dass die europäische kulturelle Elite, die miteinander über Grenzen hinweg in Austausch stand, zweimal “von Leuten, die weniger Geschmack hatten und die in derselben Zeit wieder das Pulver erfanden und ihre Europäer kurzerhand wieder in ihre Provinzen einsperrten oder sie exilierten oder ermordeten und deren sicheren Geschmack und deren kosmopolitischen Schwärmereien den Garaus machten”, zurückgeworfen wurde. Europa darf nicht nur den Markt in den Mittelpunkt stellen und “als eine Mischung aus Brachland und Ackerland und als industrielle Potenz, die es möglichst ökonomisch und rücksichtslos auszuwerten gilt” bestehen. Schon bei Ingeborg Bachmann im Jahre 1964 findet sich also das Gegenstück zu Cameron´s “Vision” eines Europas als vollendeter Markt. Bachmann hat Recht – genauso wie Konrad und Eco: Europa ist immer wieder in Gefahr, in alte Barbareien zurückzufallen. Mag uns das auch heute als übertrieben erscheinen, Nationalismus, Fremdenhass und Engstirnigkeit sind wieder stärker zu Vorschein gekommen. Und das sind die Fundamente der vergangenen Kriege gewesen. Und wenn ich auch heute keine unmittelbare Kriegsgefahr sehe, so will ich in keinem Europa leben, wo diese Entwicklungen immer stärker Platz greifen und unwidersprochen bleiben und man sich nur auf Wettbewerbsfähigkeit und den gemeinsamen Markt konzentriert. Ohne Zweifel müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, aber Europa ist mehr und braucht auch einen “Supermarkt des Geistes”, um jegliche Barbarei abzuwehren.

Relaunching Europe Split


Ein Europa der Werte Montag, 4. Februar 2013

In der letzten Jänner-Woche hielten wir als sozialdemokratische Fraktion unsere alljährliche “externe” Fraktionssitzung in Triest ab. Im Rahmen dieser Tagung veranstalteten wir auch eine Diskussion im Rahmen unserer Serie “Relaunching Europe” über Europa als Wertegemeinschaft. Triest ist sicher ein geeigneter Ort, um sich mit dem Europa der Werte auseinanderzusetzen.

Aber anderseits dürfen wir Europa als einen Kontinent der – mühsam erarbeiteten und erkämpften – Werte nicht fallen lassen. Ihn und diese Werte müssen wir gegen Angriffe der wieder erstandenen Nationalisten – oft im Gewand der Populisten – und gegen diejenigen verteidigen, die Europa auf ein Binnenmarktprojekt zurückschrauben wollen.

Es ist ein Ort, wo Kulturen und deren Interpretation aufeinander trafen. Wo sich Nationalismus und Kosmopolitismus heftige Auseinandersetzungen lieferten und wo dogmatische und fanatische Interpretationen allzu oft Überhand gewannen. Aber es ist auch der Ort, wo besonnene und nachdenkliche Schriftsteller und Künstler zu Hause waren und sind.

Besonders beeindruckend war für mich ein Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Risiera di San Sabba in Triest. Die Führung, die wir dort hatten und die Erklärungen über die „Arbeitsweise” der Nazi-Schergen hatten ein wenig eine banalisierende Wirkung. Aber als ich alleine in einen Seitenhof des Lagers ging, stieß ich auf eine Gedenktafel, die hinter Glas einen Abschiedsbrief eines jungen Slowenen an seine Mutter und Schwester und an seinen Vater enthielt. Er sollte am nächsten Tag hingerichtet werden. In seiner Kürze und Klarheit war er für mich aufwühlend und bewegend. Ich kann nur hoffen, dass niemand mehr in Europa jemals gezwungen werden wird, einen solchen Brief zu schreiben.

Einer von ihnen ist Claudio Magris, der gemeinsam mit Angelo Ara unter anderem ein Buch über die literarische Hauptstadt Triest schrieb. Darin schrieben die Autoren: “Triest war gleichzeitig ein Amalgam verschiedener ethnischer und kultureller Gruppen (außer den Italienern, Deutsche, Slowenen und anderen Slawen, Griechen, Armenier, Volksgruppen aus den verschiedenen Gebieten der Donaumonarchie und anderen europäischen Ländern) und ein Archipel, in dem diese Gruppen isoliert nebeneinander existieren.“ Auch heute finden wir in unserem Europa ein Amalgam und ein Archipel zugleich, eine Mischung von Menschen und Kulturen. Aber auch sogenannte Parallelgesellschaften und Parallelkulturen. In der Folge geht es um das Suchen und Behaupten und letztendlich Verteidigen der eigenen Identität gegen die “Fremden”. Aber auch hier warnen Magris und Ara: “Die Identitätssuche impliziert mehr oder weniger bewusst, die erregte Erwartung, auf einen Wesenskern zu stoßen, auf eine irgendwie konstante und bleibende Dimension im Wandel des historischen Werdens. (…) Sie neigt zum Mythos, das heißt zur faszinierten Erstarrung des Immer Gleichen und zur Versteinerung der Geschichte in der Maske des Mythos.” Wir können aber unsere Entwicklung nicht unterbrechen, uns aus der Welt zurückziehen und Europa versteinern und von Mythen leben. Eine Welt mit internationalem Handel und Migration ist entstanden, und das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen.

Und immer wieder möchte ich darauf hinweisen, dass den faschistischen Regimes eine Periode der hohen Arbeitslosigkeit und des sozialen Abstiegs bestimmter Mittelklasse-Schichten vorausging. Geschichte wiederholt sich zwar nicht so leicht und so schnell, aber auch weniger schreckliche und brutale autoritäre Regierungen können einen großen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Schaden anrichten. Von Triest ging es ins Erdbebengebiet in der Nähe von Modena und Bologna. Es war erschreckend zu sehen wie noch immer viele Häuser unbewohnbar sind oder gar vor dem Abbruch stehen. Glücklicherweise konnte die EU ein wenig finanzielle Unterstützung leisten, und das wurde bei all meinen Gesprächen anerkannt. Ich sprach auch in zwei politischen Veranstaltungen der italienischen Demokratischen Partei. Angesichts einer drohenden oder zumindest möglichen Wiederkehr von Silvio Berlusconi bei den nächsten Wahlen war es mir wichtig darauf hinzuweisen, wie dieser Mann Italien ökonomisch in den Abgrund warf und den europäischen Wertekanon einer bzw. seiner Beliebigkeit unterwarf. Erst jüngst hatte er positive Worte für Mussolini gefunden und wurde nur von einem seiner Anhänger im europäischen Parlament mit lobenden Worten für Mussolini und Beschimpfungen für den aktuellen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano übertroffen.


All das zeigt, wie dieses schädliche Gedankengut noch in manchen Köpfen steckt. Und die Krise und die damit verbundene Arbeitslosigkeit sowie der – zumindest drohende – Abstieg der unteren Mittelklasse bilden einen fruchtbaren Boden für solche Äußerungen. Von Italien ging es nach Island. Die dortigen Sozialdemokraten, die sich sehr für einen EU-Beitritt aussprechen, hatten mich eingeladen, auf ihrem Parteitag eine Rede zu halten. Auch dabei wollte ich vermitteln, dass der Kampf um eine effektivere Wirtschaftspolitik und vor allem der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eng mit dem Ringen um die Beibehaltung der EU als Wertegemeinschaft verbunden sind. Und angesichts erster negativer Äußerungen über einen „Asyltourismus” sind auch in Island Wertediskussionen notwendig. Dabei befinden sich die Sozialdemokraten in einer schwierigen Auseinandersetzung mit den zahlreichen, isolationistischen Gegnern eines EUBeitritts. Und die internen Probleme der EU machen die EU bzw. die Eurozone nicht gerade besonders attraktiv. Das für mich überzeugendste Argument der EU-Beitrittsbefürworter ist, dass ein kleines Land mit eigener Währung und Problemen im finanziellen Sektor schweren Stürmen und Währungsschwankungen ausgesetzt ist.

Relaunching Europe Triest

Und diese Instabilität führt zu Kapitalabflüssen – außer man führt Kapitalverkehrskontrollen ein. Genau das musste Island tun, und diese müssen auch in naher Zukunft wieder verlängert werden. Das aber verhindert den Zufluss dringend benötigter Investitionen. Und solche Investitionen bräuchte Island, um die Wirtschaft in Schwung zu halten und neue Betriebe anzusiedeln, um die Wirtschaft zu diversifizieren. Und für Europa würde Island nicht nur einen hohen Fischbestand und neue, zum Teil erneuerbare Energiequellen einbringen, sondern auch hinsichtlich der neuen Transportroute über die Arktis – auf Grund der Erderwärmung – einen strategischen Vorposten bringen. Nicht zufällig sind die Chinesen schon auf Island sehr aktiv. Die Lösung von wirtschaftlichen Problemen unter dem Ziel der Nachhaltigkeit, soziale Verwerfungen und das Ringen um die Orientierung an zentralen Werten, all das sind Herausforderungen, vor denen die EU, aber auch Länder wie Island stehen. Unabhängig davon, ob und wann ein Beitritt Islands zur EU erfolgt, haben wir viele gemeinsame Ziele, jedenfalls die Sozialdemokraten hier wie dort. Und in diesem Zusammenhang hat es mich gefreut, dass zum neuen Parteivorsitzenden jemand gewählt wurde, der für einige Zeit in unserer parlamentarischen Fraktion als Beobachter von Island fungierte. Mit ihm erwarte ich eine besonders gute Zusammenarbeit.


Sieben magere Jahre für die EU Montag, 11. Februar 2013

Schon seit Wochen, ja seit Monaten beschäftigt uns die Erstellung des Rahmens für das EU-Budget für die Jahre von 2014 bis 2020. Zu Zeiten, als man noch geglaubt hat, dass man so langfristig planen kann, ist man auf die Idee verfallen, einen Budgetrahmen für sieben Jahre abzustecken. Heute, mitten in einer Rezession, aus der wir herauskommen wollen, ist eine solche Festlegung auf sieben Jahre äußerst problematisch. Schon aus diesem Grund kann ich nicht verstehen, warum wir im Europäischen Parlament unterstützen sollten, dass die EU nun sieben magere Jahre verpasst bekommt. Noch dazu, wo sie vorher keine sieben fetten Jahre erleben konnte, wie das in der Bibel beschrieben wird. Auch das von einigen Regierungen vorgebrachte Argument, in Zeiten der Krise müsse man sparen, ist jedenfalls volkswirtschaftlich nicht überzeugend. Denn gerade in solchen Zeiten braucht Europa und vor allem die wirtschaftlich schwächeren Länder unserer “Gemeinschaft” finanzielle Mittel zu Investitionen. Die wenig erfolgreiche nationale Austeritätspolitik nun auch noch auf die EU-Ebene zu übertragen entspricht entweder einem sehr kurzsichtigem wirtschaftlichen Denken oder reiner neoliberaler Ideologie. Anscheinend wollen uns manche Regierungschefs an eine Zukunft permanenter Austerity gewöhnen. Gemäß der neoliberalen Ideologie ist ja nur ein schwacher Staat = eine schwache EU ein guter Staat bzw. eine gute EU. Aber nur die Starken können sich einen schwachen Staat leisten und nur reiche Regionen und Länder können sich eine finanziell schwache EU leisten. Die Schwachen und Armen leiden immer unter der Schwächung öffentlicher Institutionen und Gemeinschaften. Ich verstehe natürlich die Regierungen der Nettozahler und vor allem die jeweiligen Finanzminister, dass sie nicht mehr zahlen wollen. Aber man muss ja auch an die Aufgaben denken, die wir erledigen müssen. Und zwar einerseits an die Lösung dringender sozialer Probleme, wie die Jugendarbeitslosigkeit. Und anderseits an die Investitionen, die notwendig sind, um die Wirtschaftskrise zu überwinden. Auch wenn das EUBudget ohnedies extrem klein ist – 1% der europäischen Wirtschaftsleistung – so kann und sollte es einen Beitrag zur Lösung aktueller Probleme leisten. Und im Übrigen fließt der Großteil der finanziellen Mittel der EU in den ärmeren Ländern ohnedies wieder in die Nettozahler-Länder zurück.

Aber darüber hinaus geht es auch um unsere gemeinsame Zukunft. Europäische Forschungsanstrengungen sind ein wesentlicher Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit. Alle reden von dieser Wettbewerbsfähigkeit, aber wenn es um kleine Beiträge finanzieller Art dafür geht, verflüchtigt sich das Bekenntnis zur Wettbewerbsfähigkeit wieder. Was mich persönlich am meisten schmerzt ist die Tatsache, dass anscheinend die Auffassung des britischen Premierministers, dass die EU bloß ein großer gemeinsamer Markt sein soll, immer mehr die Oberhand gewinnt. Gemäß einer solchen eingeschränkten Vorstellung von Europa braucht man allerdings kein oder nur ein noch viel kleineres Budget. Aber damit geben wir nicht nur die Vorstellung auf, dass sich einmal die Vereinigten Staaten von Europa herausbilden könnten, sondern auch jegliches Ziel, Europa und seine Interessen und Vorstellungen global effizient zu vertreten. Die “Vision” eines Cameron und die in ein Minimumbudget gegossene Vorstellung von einem inhaltlichen Minieuropa stellt viel von dem in Frage, wofür große Europäer links und rechts der Mitte gekämpft haben. Und solche Vorstellungen und ein solches Budget gefährden die Zukunft unserer Jugend. Jedenfalls sind die Vorstellungen des Herrn Cameron nicht die meinen und daher seine Budgetvorschläge nicht diejenigen, die ich unterstützen kann. Leider haben sich die Befürchtungen, die wir als Parlamentarier in den letzten Wochen geäußert haben, bewahrheitet. Der von der Kommission vorgeschlagene, ohnedies bescheidene Haushalt wurde weiter gekürzt. Das Argument, dass alle nationalen Budgets gekürzt wurden, zog mehr als jenes, dass das EU-Budget gerade nicht noch mehr Austerität zu den nationalen Kürzungen beitragen sollte. Volkswirtschaftlich macht das wie oben erwähnt keinen Sinn. Aber wer denkt in Zeiten der neoliberalen Vorherrschaft schon an die Makroökonomie? Um das Wachstum anzukurbeln und um die Beschäftigung in Europa zu erhöhen wäre es allerdings wichtig, volkswirtschaftlich zu denken und zu handeln. Vor allem aber ist die Struktur des Budgets nicht wirklich eine zukunftsweisende. Denn für Forschung und Innovation und für den Ausbau der Infrastruktur ist in diesem Budget zu wenig vorhanden. Gerade aber um diese Schwerpunkte ist es dem Europäischen Parlament gegangen.


Und permanent hören wir auch von Seiten der Regierungen Forderungen nach mehr Wettbewerbsfähigkeit, aber wenn es dann um entsprechend Handlungen und Finanzierungen geht, hört man nichts mehr davon oder jedenfalls sehr wenig. Und so auch bei der Erstellung dieses Finanzrahmens. Natürlich müssen wir zuerst das Ergebnis genau studieren, bevor wir zu einer Entscheidung kommen, diesen Budgetentwurf abzulehnen oder ihm zuzustimmen. Und wir werden auch noch versuchen ihn zu verbessern, vor allem wollen wir mehr Flexibilität, um neue Schwerpunkte auf Kosten alter überholter oder weniger dringender finanzieren zu können. Denn sieben Jahre sind eine lange Zeit und da können neue dringende Aufgaben hinzukommen. Auch bei einem Treffen vieler sozialdemokratischer Führungspersönlichkeiten in Turin hat der knapp vorher bekannt gewordene Gipfelbeschluss eine große Rolle gespielt. Naturgemäß waren die in Opposition stehenden PolitikerInnen eher gegen den Budgetkompromiss der Staatsund Regierungschefs. Die anderen fürchteten eine Fortsetzung der Streitigkeiten. Sollte Pier Luigi Bersani als Regierungschef gewählt werden, dann haben wir in ihm sicher einen Verbündeten, einen besseren Kompromiss zu erreichen – natürlich abhängig von der Koalition, die er eingehen muss.

Relaunching Europe Lyon

Und es wird auch nicht leicht sein, im Parlament eine breite Einigung herbeizuführen. Auch in der Fraktion werden wir verschiedene Meinungen haben. Aber das ist eben die Demokratie in einem vielfältigen Europa. Zwischen parlamentarischer Halsstarrigkeit, die in der Öffentlichkeit nicht verstanden werden würde und einer Unterwerfung unter ein Diktat der Staats- und Regierungschefs gilt es einen nachvollziehbaren Mittelweg zu finden. Vor allem müssen wir argumentieren, dass es demokratiepolitisch und ökonomisch schlichtweg inakzeptabel ist, auf sieben Jahre hinaus auch die zukünftigen, erst zu wählenden Parlamentarier zu präjudizieren und die Austerity zu verlängern anstatt ihr entgegenzuwirken.


Neues im Norden und im Süden Mittwoch, 18. Februar 2013

In den letzten Wochen war ich für Vorträge und sozialdemokratische Veranstaltungen bzw. Gesprächen mit sozialdemokratischen PolitkerInnen in sehr unterschiedlichen und weit voneinander liegenden Regionen der EU unterwegs. Ich war im Norden in Helsinki, aber auch außerhalb der EU in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Island überlegt, der EU beizutreten. Im Mittelmeerraum besuchte ich Zypern, Malta und Süditalien und hier vor allem Neapel an der Westküste und Lecce an der Ostküste Italiens. Ist ein wirklich gemeinsames Europa, das von Zypern nach Island und von Finnland nach Malta reicht, überhaupt denkbar und herstellbar? Nun, jeder, der/jede, die diese Länder auch nur kurz bereist, wie ich dies berufsbedingt mache, wird die verschiedenen Auffassungen von und die unterschiedlichen Erwartungen an Europa klar erkennen. Dabei wäre es falsch anzunehmen, dass der “Süden” nur nehmen möchte und der “Norden” nichts hergeben will. Aber man hört schon etliche nördliche Stimmen, die darauf hinweisen, dass man sich immer wieder selbst aus Krisen und Verschuldung herausgearbeitet hat und die Schulden selbst ohne Unterstützung zurückgezahlt hat. Und manche im Süden pochen allzu schnell und leicht auf die – finanzielle – Solidarität des Nordens.

Reykjavik

Aber man darf nicht vergessen, dass zumindest der Westen und Norden nach dem Zweiten Weltkrieg einen ungeheuren Startvorteil gegenüber dem Osten hatte. Und der Süden hat eine lange Geschichte von Armut, Korruption und Besetzung erlitten und leidet an den Folgewirkungen davon zum Teil auch noch heute. Entscheidend ist doch vielmehr, wie wir heute diese realen und geistigen Trennungen überwinden können und ein gemeinsames Europa zum Vorteil aller aufbauen können. Ein Europa, das auch in globalen wirtschaftlichen Auseinandersetzungen bestehen kann. Dabei werden auch neue Entwicklungen und neue Voraussetzungen geschaffen. So werden wir sowohl im Norden als auch im Süden neue Energiequellen vor allem hinsichtlich Gas aufspüren können. Soweit es sich um Schiefergasvorkommen handelt, sollte man allerdings größte Vorsicht walten lassen, viele ökologische Fragen sind noch nicht geklärt. Interessanter ist das Konzept Islands, die Energiegewinnung aus den heißen Quellen zu verstärken, und einen Teil dieser Energie zu exportieren.


Was den Norden betrifft, gibt es aber auch einen zweifelhaften Fortschritt. So führt eine ökologisch gefährliche Entwicklung, die Erderwärmung, zu einer stärkeren Eisschmelze und damit zu neuen Schiffsrouten durch die Arktis zwischen Asien und Europa. Ökologisch ist diese Entwicklung sehr bedauerlich, aber de facto bereitet sie neue Entwicklungen vor. Und so haben die Anrainerstaaten, so auch Finnland und Dänemark, jüngst beschlossen, im Rahmen des Arktischen Rates ein ständiges Sekretariat zu installieren. Aber wie gesagt, auch im Süden gibt es Veränderungen, so beginnt Zypern Gas aus dem Meer zu fördern bzw. hat es Förderrechte vergeben. Das hilft dem Land auch, jedenfalls mittelfristig, seine Wirtschaft neu zu strukturieren und die einseitige und gefährliche Abhängigkeit vom aufgeblähten Bankensektor zu verringern. Also, sowohl im Norden als auch im Süden gibt es Veränderungen und Bewegungen. Dabei sind hoffentlich die unterschiedlichen Charakteristika der einzelnen Länder und Regionen stabil genug, um nicht geopfert zu werden. Weder sollte sich das Klima annähern, noch sollten kulturelle Unterschiede verschwinden. In keinem Fall sollte die hoffentlich positive wirtschaftliche Entwicklung eine Nivellierung dieser Unterschiede mit sich bringen. Denn gerade die Diversität von Landschaften, Städten und Kulturen macht den Reiz Europas aus.

La Valetta

Was wir aber erreichen sollten, ist eine Verringerung der Einkommens- und Vermögensunterschiede innerhalb der einzelnen Staaten und zwischen den Regionen in West und Ost sowie zwischen Nord und Süd auf Grund einer möglichst ausgeglichenen wirtschaftlichen Entwicklung. Das ist unter dem Begriff des sozialen Europa zu verstehen. In Malta führt die Labour Party einen Wahlkampf mit dem Slogan “Malta taghna ilkoll”, also “Malta für alle”. Und in Italien führen die Demokraten der Linken den Wahlkampf mit dem Slogan “Italia giusta”, also “Gerechtes Italien”. In beiden Fällen geht es um Fairness, Gerechtigkeit und Teilhabe von allen. Wobei ich in meinen Reden in Italien und Malta die jeweiligen Slogans auf Europa übertrug. Wenn wir die neuen wirtschaftlichen Chancen im Norden und Süden sehen und wenn wir uns auf die gemeinsamen Ziele von sozialer Gerechtigkeit und Fairness einigen könnten, dann könnten wir auch manche gegenseitige Vorurteile überwinden. Wir müssten uns “nur” auf die Zukunft konzentrieren und nicht immer die Vergangenheit zu politischen, nationalistischen Argumentationen heranziehen. Der Norden und der Süden Europas liegen weit auseinander, aber sie könnten durchaus gemeinsame Strategien entwickeln und gemeinsame Ziele verfolgen. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen Ost und West.


Wahlen in Italien Dienstag, 26. Februar 2013

Italien hat gewählt. Allerdings ist unklar, wem die Bevölkerung eine Regierungsverantwortung übertragen möchte. Sie wollte ein wenig von allem, und damit bleibt die Entscheidung unklar. Das ist heute nicht ungewöhnlich, aber für ein so großes Land und angesichts der großen politischen Differenzen ist das sehr gefährlich. Der größte Wahlverlierer ist Monti. Er, der dem Land durch seine Regierung in der Ablöse von Berlusconi einen großen Dienst erwiesen hat, glaubte durch eine eigene parteipolitische Aktivität und Äquidistanz zu Rechts und Links eine starke Mitte zu erzielen. Das ist ihm deutlich misslungen. Grundsätzlich war der Wahlkampf grotesk. Berlusconi und Monti wetteiferten miteinander mittels Adoption von Hunden. Beppe Grillo hat von Vorhinein den Wahlkampf als eine Komödie betrachtet. All das kann einen nicht verwundern, wenn man betrachtet, wie Silvio Berlusconi und seine Medien(!), insbesondere Radio und Fernsehen, seit Jahren die italienische Öffentlichkeit beeinflussen. So wurden auch seine Exzesse akzeptiert und als unterhaltsamer Teil eines Theaterstückes betrachtet. (Im Übrigen sind Berlusconi und seine Bewegung nach wie Mitglied der Europäischen Volkspartei und nach seinem Erfolg – und dem Misserfolg vom Monti – wird er es wahrscheinlich jetzt auch bleiben).

Neapel

Angesichts dieser Transformation von Politik in ein Theaterstück und speziell in eine Laienkomödie wundert es geradezu, dass Pier Luigi Bersani und die Linke eine Chance hatten, eine neue Regierung zu bilden. Ob sie nach diesen Wahlresultaten die Chance auch wahrnehmen kann, bleibt abzuwarten. Das italienische Ergebnis ist jedenfalls hausgemacht: die eigenartige Verfassung mit zwei gleichberechtigten Kammern des Parlaments, das Wahlrecht und die Beeinflussung durch Berlusconis (Medien-) Clan. Aber auch Europa trägt eine Mitverantwortung für diesen Wahlausgang. Die extreme Austeritätspolitk, ohne soziale Dimension und ohne Hoffnung, hat sicher auch in Italien Schiffbruch erlitten. Denn wenn man das Scheitern von Monti betrachtet und den Erfolg der europaskeptischen Bewegungen von Grillo und immer mehr von Berlusconi, dann waren das auch viele Stimmen gegen das heutige Europa.


Drei freie Sitze in Rom! Montag, 4. März 2013

In den nächsten Wochen gibt es drei Sitze, drei wichtige Posten zu besetzen. Erstens den des Papstes, für den der Ausdruck Sedisvakanz geprägt wurde. Fraglich ist, ob die Kardinäle jemand wählen werden, der zu wichtigen Reformen bereit ist. Denn dieser würde auch vielen von ihnen auf die Füße steigen. Es ist ja kein Geheimnis, dass sich die Katholische Kirche in einer tiefen Krise befindet und nicht nur die Kurie im Vatikan. Reform und Veränderungen sind also dringend angesagt. Grundsätzlich gilt dasselbe auch für die italienische Politik und die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten. Pier Luigi Bersani, der eine “Siegniederlage” erfahren hatte, sucht nach einem Ausweg. Ich halte seine Entscheidung, keine Koalition mit Berlusconi einzugehen, für absolut richtig. Das wäre das Gegenteil eines Weges der Reformen. So bleibt ihm nur die Annäherung an die Abgeordneten und Senatoren von Beppe Grillo. Dabei gibt es natürlich einige Hürden zu überwinden. Erstens betrachtet Grillo Bersani als Relikt einer überkommenen Politik. Ich glaube, Bersani hat das Zeug und den Willen zur Veränderung.

Lecce

Die Frage ist aber, ob er Grillo davon überzeugen kann. Und daher rufen schon einige nach dem Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, einem der Gegenkandidaten von Bersani bei der Vorwahl zum Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Dann gibt es auch inhaltliche Probleme. Wenn die “Grilli”, also die gewählten Vertreter von Grillo, Reformen – und zwar grundlegende Änderungen – verlangen, dann kann das für Italien sehr positiv sein. Aber sie lehnen auch viele wichtige Projekte ab, so wie die Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Lyon und Turin und ähnliche Projekte. Auch die Idee, Demokratie vornehmlich als direkte Demokratie zu definieren und über das Internet zu praktizieren, ist kein Fortschritt in Richtung mehr und lebendige Demokratie. Dass sie über Europa und den Euro allzu simple Vorstellungen haben, kommt hinzu. Aber dies sind alles Vorstellungen, über die man diskutieren kann und die abgewandelt und verfeinert zu einem politischen Kompromiss führen können. Und da kommt dann auch eine europäische Komponente zum Vorschein. Denn wir müssen uns klar sein, welche Vorstellungen wir gerade auch als SozialdemokratInnen von unseren Gesellschaften haben. Und wie wir das Verhältnis zwischen lokaler, regionalen, nationaler und europäischer Ebener und den Institutionen gestalten wollen.


Gerade als begeisterter Europäer meine ich, dass wir nicht einfach so weiter machen können wie bisher. Wir müssen Europa und die europäischen Politiken, Maßnahmen und Instrumente viel mehr erklären und begründen. Und wir müssen sie mit den nationalen, regionalen und lokalen Ebenen und Anstrengungen viel mehr verknüpfen. Weder ein Diktat aus Brüssel noch aus Berlin kann eine wohl durchdachte und erklärte Politik ersetzen! Das sollten uns die Proteste bei den Italienischen Wahlen und auf den Straßen in Sofia lehren. In beiden Fällen gilt, was der Schriftsteller Mario Fortunato für Italien feststellte: „In Italien hat nicht die Unregierbarkeit gesiegt, sondern der Wunsch nach etwas Neuem.” Man darf auch nicht vergessen, dass mancher Protest auch noch heute seine Wurzeln in der Ablehnung und im Kampf gegen die langjährige Fremdherrschaft in diesem Land hat. Dieser Protest hatte oftmals etwas clownhaftes und theatralisches. So ist es auch noch heute. Nichts desto trotz sollte man diesen Protest ernst nehmen. Und wenngleich Merkel sanftere und diplomatischere Aussagen tätigt und vorsichtigere Beurteilungen zum Ausdruck bringt als ihr Gegenkandidat Steinbrück, so ist doch sie und ihre sture Forderung nach eiserner Budgetdisziplin mitverantwortlich für den Wahlausgang in Italien und für die krisenhafte Entwicklung in anderen Ländern. Jedenfalls hat Mario Monti sein besonders schlechtes Abschneiden auch der deutschen Bundeskanzlerin zu verdanken.

Rom

Der dritte Posten, der zu besetzen ist, ist vielleicht nicht der wichtigste, aber dennoch nicht unbedeutend. Staatspräsident Giorgio Napolitano verlässt in den nächsten Wochen sein Amt. Ich kenne ihn noch als Kollegen aus unserer Fraktion im EU-Parlament. Er ist ein nobler, selbstbewusster Herr, in dem man kaum einen ehemaligen Kommunisten vermutet. In der Zeit eines Berlusconi hat er eine wichtige mäßigende Rolle gespielt. Und insbesondere im Übergang von Berlusconi zu Monti. Auch jetzt spielt er eine Schlüsselrolle. Auf seinen Nachfolger kann eine ähnliche Bedeutung zukommen. Schließen möchte ich diesen Kommentar mit den Worten eines Leitartikels in der Neuen Zürcher Zeitung: „Mit einigem Optimismus kann man auf einen Neubeginn hoffen: Junge Leute vertreiben die Dinosaurier, eine neue Generation übernimmt die Macht, auch in den etablierten Parteien. Die Kraft des Tsunami könnte der ganzen Gesellschaft neuen Schwung geben. Es wäre gut für Italien.” Und ich möchte hinzufügen, es wäre auch gut für Europa.


USA und Europa: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Montag, 11. März 2013

Anfang März ging es wieder einmal nach Washington. Es war mein erster Besuch nach der Wiederwahl von Obama. Der eigentliche Anlass war auch der Meinungsaustausch zwischen Europäischen SozialdemokratInnen und den USDemokratInnen. Vor allem wollten wir vom erfolgreichen Obama-Wahlkampf lernen. Allerdings nutze ich auch die Gelegenheit, Informationen zu den wichtigen Themen, die derzeit und in näherer Zukunft zwischen den USA und Europa anstehen, einzuholen und auch weiterzugeben. Vor allem diskutierte ich mit den Verantwortlichen der Regierung den Datenschutz und das beabsichtigte Freihandelsabkommen. Was den Datenschutz und die damit zusammenhängenden Fragen des Cyberspace und der Cyberkriminalität betrifft, so haben die Amerikaner sicher andere Vorstellungen als wir. Es wäre falsch zu behaupten, dass sie prinzipiell den Datenschutz klein schreiben. Aber die wirtschaftlichen Interessen, vor allem der Unternehmungen, haben einen viel höheren Stellenwert gegenüber den Interessen der Einzelnen, als dies in Europa der Fall ist. Wir können uns noch auf viele Debatten zwischen Vertretern der USA und Europa vorbereiten. Denn viele – europäische und amerikanische – Unternehmungen sind ja auf beiden Märkten tätig. Vor allem jene Unternehmungen sind es auch, die ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa herbeisehnen. In der Tat könnte ein solches Abkommen Vorteile für Unternehmungen und ArbeitnehmerInnen auf beiden Seiten des Atlantiks bringen. Dabei geht es weniger um den Abbau von Zöllen, die sind schon weitgehend verschwunden oder sehr niedrig, sondern eher um Standards und Genehmigungsverfahren. Wenn sich die USA und Europa auf gemeinsame technische Standards und auch auf die gegenseitige Anerkennung von Lizenzen und Genehmigungen einigen könnten, wäre das eine große Erleichterung. Aber genau hier liegen auch die Schwierigkeiten. Denn zum Beispiel im Bereich der Gentechnologie und bei phyto-sanitären Vorschriften kann es nicht so leicht Einigungen geben, liegen doch die unterschiedlichen Vorstellungen sehr weit voneinander entfernt. Auch hinsichtlich der Liberalisierung der Dienstleistungen, vor allem der öffentlichen, gibt es sehr unterschiedliche Ansätze in Europa und den USA.

Daher machte ich schon von vornherein darauf aufmerksam, dass wir zwar ambitioniert, aber auch realistisch an die Verhandlungen herangehen sollten. Man sollte vor allem nicht von der Devise ausgehen, entweder ein all umfassendes Abkommen oder gar keines abzuschließen. Das könnte das Scheitern schon in sich tragen. Denn ein Abkommen, das zwischen den USA und Europa gemeinsame Standards zum Beispiel im Energieund Umweltbereich setzt, könnte unsere Position gegenüber anderen Welthandelsmächten wie China und anderen stärken. Jedenfalls sollten wir die Wiederwahl eines eher europafreundlichen und für amerikanische Verhältnisse progressiven Präsidenten nützen. Die Wiederwahl Obamas war trotz all der Enttäuschung, die Europäer, aber auch Amerikaner empfinden, eine hervorragende Sache. Man muss sich nur die Alternative eines Mitt Romney vorstellen. Dieser setzt auf eine immer kleiner werdende Gruppe von weißen, männlichen Wählern. Sie sind es, die sich im Amerika einer gemischten Bevölkerung, geführt von einem schwarzen Präsidenten, nicht mehr “zu Hause” fühlen. Obama hingegen setzt auf eine neue und immer stärker werdende Koalition von Afroamerikanern, Hispanics, Jungen und Frauen. Aber er gewann auch viele Weiße aus der Mittelklasse. Denn die Mittelklasse konnte den Rezepten eines Mitt Romney, der die Reichen steuerlich entlasten wollte und der immer nur von seiner unternehmerischen Fähigkeit sprach, nichts abgewinnen. Das Konzept der Fairness war attraktiver als das Konzept der Steuerentlastungen für die Reichen. Niemand zahlt gerne Steuern. Aber gerade die Mittelklasse will, dass alle ihren fairen Anteil an Steuern zahlen. Die Verhältnisse in den USA und in Europa sind unterschiedlich. So ist das Gefühl, sich in der Stadt, in der Region, im Land (und damit in Europa) nicht mehr zu Hause zu fühlen in Europa, auch über die Stammwählerschaft von rechten Parteien hinaus weit verbreitet. Mehrere Wahlgänge in den vergangenen Jahren haben dies gezeigt und wir müssen darauf reagieren. Nicht mit Fremdenfeindlichkeit und Anti-Europa Populismus. Wir müssen die Befürchtungen und den Ärger der Menschen ernst nehmen. (Ein Kommentator der italienischen Wahlen meinte, diejenigen, die Ängste hatten, wählten Berlusconi, die WutbürgerInnen wählten Grillo )


Wichtig ist auch, dass wir Obamas Bestreben, die Mittelklasse für sich zu gewinnen, ernst nehmen. Ohne sie ist keine Wahl zu gewinnen und gerade sie ist es, die oft Abstiegsängste hat. Daher müssen wir als Europäer sehr ernsthaft nachdenken, welches Europa wir den Menschen mit Ärger und Ängsten anbieten. Sicher muss es ein Europa sein, das sozialer und fairer ist. Und es muss ein Europa sein, das den Ärger und die Ängste ernst nimmt und sich nicht in Verfahrensfragen verstrickt. Das erfordert noch viel Arbeit und Diskussion, bevor wir bei den Europawahlen vor die WählerInnen treten.

Washington


Why change a losing formula? Sonntag, 17. März 2013

Es gibt den bekannten Spruch “Never change a winning team”. Aber bezüglich des letzen Europäischen Rates – und nicht nur bezüglich des letzten – wurde in den Medien der Spruch geprägt “Why change a losing formula?”. Wende in Wirtschaftspolitik nicht deutlich genug! Nun, die “losing formula” ist die extreme Austeritätspolitik, die verhindert, dass wir aus der Rezession herauskommen. Ich gebe zu, die Dinge werden heute und wurden in den Ratsschlussfolgerungen, etwas milder formuliert als noch vor einigen Monaten. Die Kommission möchte auch den Ländern etwas mehr Zeit geben bei der Reduktion der Defizite. Und es kommen des Öfteren schöne Formulierungen vor wie z.B. “differenzierte, wachstumsfreundliche Budgetkonsolidierung”! Aber was wir wirklich benötigen, ist eine auf mehrere Jahre erstreckte Budgetkonsolidierung, die auch Raum und Luft für dringende Investitionen gibt. Bei meinem Besuch beim Internationalen Währungsfonds vor wenigen Wochen wurde mit Nachdruck auf eine Erstreckung dieser Fristen gedrängt. Die Flexibilität, die Vizepräsident Rehn heute an den Tag legt, wurde als nicht ausreichend angesehen. Und apropos, wenn ich seine jüngste Beurteilung der Lage in Portugal betrachte, dann frage ich, warum denn die Leute in Lissabon und in Porto auf die Straße gehen. Warum sehen sie denn nicht die großartigen Erfolge der europäischen Austeritätspolitk?

Diese Demonstrationen kann man auch nicht auf Unverständnis oder einen prinzipiellen Reformwiderstand zurückführen. Viele unserer MitbürgerInnen spüren die mit diesen Reformen verbundenen Ungerechtigkeiten. Viele sehen die Hilfeleistungen für die Banken und die mangelnde Unterstützung für die einfachen ArbeitnehmerInnen und kleinen Selbstständigen. Soziales Gleichgewicht fehlt Und wenn wir uns nach langem und hartnäckigem Druck seitens des Parlaments auf eine Begrenzung der Banker-Boni geeinigt haben, finde ich es skandalös, dass einige Banken verlauten, dass sie dann halt die Grundgehälter erhöhen werden. Eine fundamentale Finanzkrise zu verursachen, umfangreiche Staatshilfen zu kassieren und dann noch hohe Gehälter einzustreichen, ist zumindest moralisch verwerflich, und das darf sich die Politik nicht gefallen lassen. Im Gegenteil, die Politik muss auf nationaler, aber auch auf europäischer Ebene einen intensiven sozialen Dialog installieren. Auch wenn ich zutiefst die oftmals unsachliche Haltung der Unternehmervertretung “Business Europe” und die aggressive Lobbytätigkeit dieser Organisation bedaure, so führt kein Weg an diesem Dialog vorbei. Und ich bin froh, dass Präsident Hollande in Frankreich einen sozialen Dialog installiert hat. Wir müssen die Menschen, vor allem jene, von denen wir große Opfer verlange,n in den Reformprozess mitnehmen und dürfen sie nicht in Stich lassen.

Mehr Sensibilität für Sorgen der BürgerInnen

Kampf gegen Arbeitslosigkeit bleibt oberstes Gebot

Parlamentspräsident Martin Schulz hat in seiner Rede vor dem Gipfel in eindrucksvoller Weise die ambivalente und oft nichtssagende Ausdrucksweise solcher Ratsbeschlüsse kritisiert. Und zugegeben, das betrifft nicht nur den Rat, sondern vielfach uns alle. Aber es geht mir auch um die grundsätzliche Orientierung und Philosophie der Ratsbeschlüsse. Man kann doch heute, angesichts vom Wahlverhalten vieler ItalienerInnen, angesichts von Demonstrationen von Sofia bis Lissabon diese Unruhe und Unzufriedenheit vieler unserer MitbürgerInnen nicht einfach übergehen.

Symptomatisch für die Haltung der Ratsmehrheit ist auch, dass erst unter Punkt 9a) der Ratsschlussfolgerungen die Arbeitslosigkeit als “dringendste soziale Herausforderung” angesprochen wird. Ich bin sehr froh, dass von Kommission und Rat die Idee einer “Jugendgarantie” aufgenommen wurde. Aber klar muss uns auch sein, dass die vom Rat für das Budget der nächsten Jahre vorgesehenen Mittel nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen. Und wie soll denn die Jugendgarantie funktionieren, wenn wir es nicht schaffen, neue Jobs zu kreieren? Wenn wir nicht zu einer grundsätzlichen Wende in der europäischen Wachstumspolitik kommen, wird die Jugendgarantie eine neuerliche und zusätzliche Enttäuschung für die jungen Menschen sein.


Aber so eilig haben es anscheinend die Staats- und Regierungschefs nicht. Denn wie sonst könnte es sein, dass die – augenscheinlich schwachen – Ergebnisse des Wachstumspaktes erst beim JuniGipfel überprüft werden sollen. Wir haben vom Europäischen Parlament doch schon vor Monaten auf die Asymmetrie zwischen Fiskal- und Wachstumspakt hingewiesen. Da hätte man, wenn einem das Wachstum und die Beschäftigung ein dringendes Anliegen sind, schon jetzt die Konsequenzen ziehen können. Es war sicher genug Zeit, sich darauf vorzubereiten.


Demokratie in Europa Montag, 25. März 2013

Als ich unlängst in Wien bei einer Haltestelle der Linie 49 auf die Straßenbahn wartete, sprach mich ein Herr mittleren Alters an und meinte hinsichtlich der unglücklichen Entscheidung im Zusammenhang mit Zypern: “Es gibt doch so viele Beamte in Brüssel, warum bringen die denn kein einheitliches Steuersystem zusammen?” Leider ist diese Vorstellung einer großen, allmächtigen, aber unfähigen Bürokratie – da oben – in Brüssel häufig anzutreffen. Noch immer wird die Vielfältigkeit der europäischen Konstruktion und Entscheidungsverhältnisse nicht verstanden. Durch das ständige Kritisieren und Abschieben der Verantwortung auf Brüssel durch die nationale Politik wird natürlich diese Vorstellung immer wieder neu genährt. Interessant ist an der obigen Aussage, dass alle ihrer Elemente nicht stimmen. Weder gibt es im Verhältnis zur regionalen und staatlichen Ebene viele Beamte, noch sind sie allmächtig, noch sind Steuerangelegenheiten ihre Kompetenz. Gerade diesbezüglich brauchen sie die Zustimmung der nationalen Regierungen. Und in Steuerfragen ist diese besonders schwer zu erreichen. Dass die europäischen Entscheidungsmechanismen besonders undurchschaubar sind, wurde in den letzten Tagen am Beispiel der Zypern-Krise deutlich sichtbar. Durch die unfassbare Stümperhaftigkeit der Entscheidung, die rasch zu einer Nichtentscheidung wurde, wurde das mehr als sichtbar. Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds und die Finanzminister der Eurozone inklusive dem zypriotischen Finanzminister nahmen an diesem Entscheidungsprozess teil. Und einer nach dem anderen distanzierte sich danach davon. Und so kam es, dass sich die Zyprioten – natürlich durch die versuchte Belastung auch der kleinen Bankguthaben – verstärkt als Opfer einer undemokratischen Entscheidung sahen. Wieder einmal wurde die “EU” als eine ferne, autoritäre Organisation gedeutet. Und so wurde allmählich aus einer besonders durch die zypriotischen PolitikerInnen mitbestimmten Entscheidung eine den ZypriotInnen von außen aufgezwungene Entscheidung.

Die für Zypern ursprüngliche gefundene Lösung war besonders unüberlegt und einfältig, aber auch unsozial. Wenn man bedenkt, wie lange man Zeit hatte, sich auf diese Entscheidung vorzubereiten, ist das besonders unerklärlich. Aber andererseits ist es grundsätzlich schwierig, in einer komplexen zusammenwachsenden Welt und insbesondere in Europa Entscheidungen zu treffen, die die verschiedenen Interessen angemessen befriedigen. Und wenn heute zunehmend nach demokratischer Legitimierung europäischer Entscheidungen gerufen wird, so meinen die meisten natürlich Abstimmungen auf nationaler Ebene. Die einen gehen prinzipiell von parlamentarischen Entscheidungen aus – mit der Suche nach einer diesbezüglichen Unterstützung durch nationale Verfassungsgerichte. Andere wieder wie Beppe Grillo, der neue Politstar in Italien, wollen laufende Abstimmungen über‘s Internet verankert sehen. Dazwischen gibt es noch diejenigen, die immer wieder Volksabstimmungen einfordern. Aber eigentlich alle fordern die demokratische Meinungsbildung und Entscheidung auf nationaler Ebene – auch bei europäischen Entscheidungsnotwendigkeiten. Wie sollen dann aber europäische Entscheidungen getroffen werden? Und wenn nicht durch europäische Entscheidungen, wie soll man denn sonst den Finanzmärkten eine Antwort geben, wie soll man unsere Länder auf internationale Wettbewerbsverhältnisse vorbereiten? Wie soll man angesichts der internationalen Datenvernetzung Datenschutz wirksam verankern? Soll jedes Land für sich entscheiden, ob und wie es internationalen Migrationsbewegungen begegnen will? Und wie sieht es mit dem Kampf gegen den globalen Klimawandel aus, soll der auch nationalen Entscheidungen unterworfen werden? Es ist schon schwer genug, durch europäische Entscheidungen globale Verhältnisse zu beeinflussen. Aber durch einen Fleckerlteppich nationaler Entscheidungen bzw. Nichtentscheidungen kann man globale Verhältnisse und Entwicklungen wahrlich nicht mitbeeinflussen. Sicher aber ist, dass die europäische Demokratie das Funktionieren nationaler Informations-, Diskussionsund Entscheidungsstrukturen voraussetzt. Der Fall Zypern zeigt ja, dass hier auf nationaler Ebene dies alles nicht gestimmt hat. Denn schon seit vielen Monaten ist bekannt, dass Zypern Hilfe braucht.


Aber ebenso war bekannt, dass auch Zypern selbst etwas zur Abwehr der Krise tun wird müssen. Anscheinend hat sich allerdings niemand von den zypriotischen PolitikerInnen dazu etwas überlegt. Und das trifft nicht nur Zypern, sondern auch eine Reihe anderer Staaten vorher. Selten kamen sie mit eigenen Vorschlägen. Und so konnte ihnen umso leichter ein strenges und oftmals auch unsoziales Austeritätsprogramm aufgezwungen werden. Das wiederum führte zum Widerstand und zur Kritik an einer undemokratischen EU. Und das Verhalten der Troikas in den einzelnen Ländern – Beamte ohne jede demokratische Legitimation – hat diesen Eindruck noch verschärft. Hinzu kamen überhebliche Bemerkungen von – vor allem deutschen – PolitikerInnen, die die Stimmung in den entsprechenden Ländern noch verschlimmerten. Solange die nationalen PolitikerInnen ihre Verantwortung nicht ernst nehmen und unangenehme Entscheidungen immer “Brüssel”, also Europa zuordnen, wird sich an dieser Situation nichts ändern. Und dies führt oftmals auch zu einer Unterbewertung der Möglichkeiten des Europäischen Parlaments. Das wiederum verursacht eine geringe Wahlbeteiligung und das Erstarken populistischer Kräfte bei den europäischen Wahlen. Und der Teufelskreis schließt sich. Ich habe keine ausgereifte Antwort auf die Frage nach einer verbesserten europäischen Demokratie. Aber die Erneuerung muss auf den regionalen und nationalen Ebenen anfangen. Von der Auswahl der KandidatInnen für die verschiedenen Funktionen, auch für das Europäische Parlament, bis zu den verbesserten Informations- und Diskussionsstrukturen muss uns einiges einfallen. Die neuen Medien können und sollen dabei sicherlich eine größere Rolle spielen. Aber wir brauchen keine Abstimmungsmaschinen. Demokratie heißt auch Selbstmobilisierung mit aktiver Information und Diskussion. Und die Politik muss sich diesen Herausforderungen stellen. Sie darf sich nicht davor fürchten, sondern muss selbst Wege aufzeigen, wie man die Demokratie erneuern und beleben kann. Sonst wird sie Opfer der Vereinfacher und der Populisten.

Relaunching Europe Lyon


Nachhaltiges Wachstum, Arbeitsplätze und Steueroasen Montag, 8. April 2013

Seit langem schon beschäftigt mich die Frage, wie wir in Europa zu einem neuen, Job orientierten Wachstum kommen können. Und vor allem, wie wir in den südlichen Ländern unseres Kontinents ein nachhaltiges Wachstum in Gang bringen können. Denn so sehr ich auch die neo-liberalen Empfehlungen an diese Länder kritisiere, so sehr kritisiere ich deren Passivität, was die eigenen Vorstellungen eines Weges aus der Krise betrifft. Auf die EU-Kommission und vor allem auf Merkel & Co zu schimpfen, ist zu wenig. Deutschland sollte nicht den überheblichen Lehrmeister spielen, aber man kann viel von regionalen und kommunalen Initiativen lernen. Vor allem auch von solchen, die von der EU unterstützt wurden. In Berlin versuchte ich, einigen solchen Initiativen nachzugehen. So wurde in einem großen Gelände in Adlershof ein eindrucksvolles Forschungs-, Innovations- und Technologiezentrum errichtet, das auch Startups, also jungen innovativen Unternehmungen eine temporäre Unterkunft gibt. Von seiner Größenordnung ist es sicher zu ausgedehnt, aber man kann viel von dem Engagement und den Synergieeffekten einer solchen Einrichtung lernen. Das Gleiche gilt für das um ein altes Gaswerk herum errichtete Climate KIC, einer Einrichtung des Europäischen Technologie- und Innovations Institut, das auf Initiative von Kommissionspräsident Barroso gegründet wurde. Hier stehen die Umsetzung von Erkenntnissen der Erforschung und Entwicklung von nachhaltigen Innovationen in die Praxis von kleinen, neuen Unternehmungen im Vordergrund. Dieses Klimainstitut hat viele europäische Verbindungen und soll von Berlin aus entsprechende Umsetzungen in vielen Regionen ermöglichen. Beim jüngsten Wettbewerb von Startups gewann zum Beispiel ein zypriotisches Unternehmen! Meinen Aufenthalt in Berlin nutzte ich auch zu einem “Abstecher” nach Potsdam. Dort befindet sich unter anderem das weltbekannte Institut für Klimafolgenforschung mit seinem Direktor Prof. Schellnhuber. Mit ihm führte ich sicherlich das interessanteste Fachgespräch der letzten Zeit. Er meinte gleich zu Beginn, er verstehe von vielen wirtschaftlichen Fragen nichts, aber als Physiker verstehe er etwas von komplexen Systemen. Und in der Tat, er versteht sehr viel mehr von Wirtschaftssystemen als viele einfältige Ökonomen, die unsere heutige Wirtschaftspolitik bestimmen. Anscheinend überfordert sie die Komplexität des Wirtschaftssystems bzw. die unterschiedlichen Charakteristika in den verschiedenen Ländern.

Der Zufall wollte es, dass unser Gespräch zu einem Zeitpunkt stattfand, als in mehreren europäischen Medien über massive Steuerflucht und riesige Beträge in Steuerparadiesen berichtet wurde. Wir bräuchten nur einen Teil dieses Geldes in reale Investitionen umlenken und wir könnten die notwendige ökologische Transformation in Europa mit vielen neuen Arbeitsplätzen in Gang setzen. Ich habe ja schon oft darauf verwiesen, dass Geld vorhanden ist, es müsste “nur” in die richtigen Kanäle gelenkt werden. Die Energiewende ist finanzierbar, neue nachhaltige Stadttechnologien sind ebenso finanzierbar. Eine verbesserte und ökologisch sinnvolle Infrastruktur ist finanzierbar, aber man müsste den Mut haben, die Anreize am Finanzmarkt zu reduzieren und diejenigen für die Realinvestitionen zu erhöhen. Nach der großen Finanzkrise hat es ja viele Erklärungen und Versprechungen zur Austrocknung dieser Steuerparadiese gegeben. Geschehen ist fast nichts. Sicher sind entsprechende globale Vereinbarungen, die am wirksamsten wären, schwer zu erreichen. Aber das darf nicht dazu führen, dass wir in Europa die Hände in den Schoß legen. So wird gerade auch Frankreich von einem Skandal erschüttert: der zurückgetretene Budgetminister hatte Monate hindurch geleugnet, ein Konto zur Steuervermeidung in der Schweiz zu haben, bevor er seine Lüge zugeben musste. Präsident Hollande hat nun versprochen, eine “Moralisierung der Politik” ohne Rücksicht zu verfolgen. Das ist gut so und auch in anderen Ländern wichtig. Aber diese Moralisierung muss mit einer konkreten Politik der Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige Investitionen verbunden werden. Gerade Frankreich hat dies bitter nötig.


Algier im Frühling? Montag, 15. April 2013

Nach Ägypten, Tunesien und Marokko besuchte ich jetzt auch Algerien. Dies war mein fünfter Besuch. Der letzte allerdings liegt schon etliche Jahre zurück. Während die anderen Länder einen arabischen Frühling hinter sich haben – ungewiss ist die politische Jahreszeit, in der sie sich jetzt befinden – hat Algerien alle jüngeren Proteste bisher ohne Veränderungen überstanden. Nicht einmal Reformen von oben, wie in Marokko, hat Algeriens Langzeitpräsident Bouteflika in Gang gesetzt. Als ich einen seiner Vertrauten, den Parlamentspräsidenten Ould Khelifa, nach zukünftigen Reformen befragte, meinte er, Algerien habe die wesentlichen Reformen schon hinter sich. Ende der Achtziger des vorigen Jahrhunderts, hat es große Proteste gegeben und das Einparteienregime kam zu seinem Ende. Allerdings waren diese Schritte der Demokratisierung sehr zaghaft. Der mit dem islamistischen Terrorismus begründete Ausnahmezustand wurde erst vor etwa zwei Jahren aufgehoben. Und dennoch weisen viele Menschenrechtsorganisationen auf etliche Verstöße gegen die formell verankerten Grundrechte hin. Und die enge Zusammenarbeit der herrschenden Politik mit der Armee und die Verbindungen zur Öl- und Gaswirtschaft zeugen von der Konsistenz der Macht.

Algier

Bei allen Gesprächen mit den Parlamentariern wie mit dem Außenminister kommt die Angst vor dem islamistischen Terrorismus immer wieder auf. In der Tat, Algerien erlebte einen furchtbareren Terrorismus. Dabei gab es auch immer wieder Behauptungen, dass es auch bzw. vorwiegend einen staatlich gelenkten bzw. organisierten Terrorismus der Sicherheitskräfte gab. Das war auch der Anlass meiner ersten Reise nach Algerien im Rahmen einer Delegation des Europäischen Parlaments gewesen. Nach langem Zögern hat man seitens der algerischen Regierung damals dieser Delegation zugestimmt, da man zu viel Kritik der algerischen Sicherheitspolitik befürchtete. Die Frage nach dem ”Wer tötete wen?” hat die herrschende politische Klasse jedenfalls als eine Zumutung betrachtet. Jedenfalls waren die Behörden sehr froh, als wir wieder das Land verließen. Heute ist man uns gegenüber nicht mehr so feindselig gestimmt. Aber noch immer ist Algerien ein sehr schwer durchschaubares Land und seine PolitikerInnen sehr ängstlich und nationalistisch zugleich. Allerdings befinden sie sich in keiner leichten Situation mit den Nachbarn Libyen und Mali.


Und immer wieder kommen sie darauf zurück, dass dem Terrorismus durch die “westlichen” Interventionen im Irak und dann vor allem in Libyen neue Impulse gegeben und neue Kämpfer und Waffen zugeführt wurden. An und für sich ist die Sahelzone mit den verschieden Volksgruppen, vor allem den Tuaregs, schon eine sehr sensible und fragile Region. Die mit den Waffen von Gaddafi und zum Teil auch der Alliierten ausgestatteten Tuaregs, haben sich nach dem Sturz des libyschen Diktators in den Süden Algeriens und den Norden Malis zurückgezogen und dortige Spannungen verstärkt. Nach all dem, was ich in Algier vom Beauftragten der Afrikanischen Union für die regionale Sicherheit hörte und was uns der sehr versierte und aktive stellvertretende Außenminister für Afrika erklärte, bin ich hinsichtlich Mali nicht sehr optimistisch. Das sehr gespaltene Land hat kaum Politiker, die ein Interesse an einer wirksamen und konstruktiven Politik für die Einheit des Landes haben. Nun wird zwar schon wieder versucht – dreimal hat Algerien schon an Einigungsversuchen mitgeholfen – einen inneren Frieden herzustellen, aber es ist zweifelhaft, ob dieser Versuch zu mehr Erfolg führt. Den Besuch nutzte meine Delegation allerdings auch, um mit dem Sozialisten des Landes erneut ins Gespräch zu kommen. Sie haben sich neu aufgestellt und zuletzt auch für das Parlament kandidiert und dabei ganz gut abgeschnitten. Am kommenden Parteitag wird auch der langjährige Vorsitzende und Gründer der Partei, Ait Ahmet, nicht mehr kandidieren. Ahmet war ein Mitkämpfer des Chefs der algerischen Freiheitskämpfer Ben Bella. Nah der Gründung eines unabhängigen Algeriens wurde aber immer mehr eine Einparteienherrschaft daraus und Ait Ahmet distanzierte sich von seinen alten Mitkämpfern und ging schließlich ins Schweizer Asyl und führte von dort aus die Partei. Er war und ist einerseits eine überragende Persönlichkeit, anderseits aber eine sehr autoritäre. Ich hatte oftmals Streit mit ihm, da ich meinte, dass er die islamistische Gefahr zu gering einschätze. Ich hatte aber auch viele freundschaftliche Gespräche mit ihm, da ich seine konsequente demokratische Haltung schätze. Die Sozialisten in Algerien sind, so wie alle algerischen politischen Kräfte, noch immer durch die französische Kolonialisierung und vom Freiheitskampf, der viele Opfer kostete, traumatisiert. Aber sie sind heute offener als je zuvor, und daher wollen wir sie in die Zusammenarbeit sozialdemokratischer Kräfte aus Europa und Nordafrika voll miteinbeziehen. Die Diskussionen mit ihnen waren sehr fruchtbar und Anlass, weitere Gespräche zu planen. Vielleicht ergibt sich dann wieder eine Gelegenheit, die wunderbare Stadt Algier zu besuchen.

Algier


Krise der Politik Montag, 22. April 2013

Mit der Wahl von Giorgio Napolitano ist das Problem in Italien noch lange nicht gelöst. Napolitano ist ein sehr ehrenwerter Mann. Ich kenne ihn noch als Kollegen in unserer Parlamentsfraktion. Unter anderem war er Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Europäischen Parlaments. Italien kann von Glück reden, einen solchen Präsidenten zu haben. Aber die Krise in Italien ist eine tiefere, grundlegende. Die Wahlen haben die große Unzufriedenheit klar gezeigt. Beppe Grillo ist der Nutznießer dieser Unzufriedenheit. Allerdings hat seine Totalopposition keine neue konstruktive Zusammenarbeit zum Beispiel mit den (Sozial) Demokraten ermöglicht. Und ich verstehe auch die Enttäuschung von Pier Luigi Bersani über die sture Haltung von Grillo. Warum er dann allzu früh und ohne Begründung für die Wahl des Staatspräsidenten ein Bündnis mit Berlusconi gesucht hat, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Jedenfalls ist das Manöver gescheitert. Bersani blieb nichts anderes übrig, als zurückzutreten. Nun ist die Situation in Italien eine besondere, aber sie ist nicht einzigartig. Die Unzufriedenheit bei unseren Wählerinnen ist weit verbreitet. Die Ursachen sind sicher unterschiedlich. Und Europa ist vielfach der Sündenbock dieser Unzufriedenheit, auch wenn eigentlich nationale Ursachen überwiegen. Das ist das besondere Dilemma.

Wir müssen auf die Ängste, Sorgen und Nöte der Menschen eingehen, ohne dem kurzfristigen und kurzsichtigen Populismus zu verfallen. Allerdings ist es schwierig, die Grenze zwischen beiden zu ziehen. Die vom französischen Präsidenten Hollande verordnete Transparenz ist so ein Fall. Nach den beharrlichen Lügen seines Budgetministers hinsichtlich eines Bankkontos in der Schweiz, ging Präsident Hollande durch eine Offenlegung der totalen Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Minister in die Offensive. Nun soll das auch gesetzlich für die übrigen PolitikerInnen und die hohen Beamten festgelegt werden. Ist das notwendig, um die Politik transparent und gesund zu gestalten? Oder hilft es vielmehr, um von den Inhalten der Politik abzulenken? Denn auch „reiche” PolitikerInnen können eine gute und „arme” eine schlechte Politik machen. Die PersonalityStories, der Einkommens- und Vermögensstriptease und ähnliches lenken immer mehr von den politischen Inhalten ab. Aber oftmals ist nach schweren Verfehlungen, wie jenen des französischen Budgetministers, gar nichts anderes möglich als diesen Weg zu gehen. Wir alle dürfen die Bedeutung der Inhalte für die Politik nicht vergessen und sollten verschiedene Wege einer verbesserten Kommunikation mit unseren WählerInnen beschreiten.

Einerseits brauchen wir eine konkrete und pragmatische Politik, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Dazu zählt auch ein gewisses Vertrauen der „Märkte”! Dafür benötigen wir auch technisch versierte PolitikerInnen. Anderseits brauchen wir auch radikalere Reformen und eine klare soziale Strategie, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zu gewinnen. Die Notwendigkeit, das doppelte Vertrauen bzw. die zweifache Legitimität wieder zu gewinnen, ist das größte Dilemma der heutigen Politik. Wir müssen versuchen – manche mögen kritisch bemerken in echt sozialdemokratischer Manier – einen Weg zu gehen, der pragmatische Wirtschaftsund Sozialpolitik mit radikalen Reformen und einer Wiederbelebung politischer Diskussionen verbindet. Dem steht oftmals die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, also die wachsende Ungleichheit entgegen. Und vor allem die tatsächlichen Verluste bzw. die Verlustängste der Mittelschicht machen einer klaren politischen Linie Schwierigkeiten.

Lecce


Ein neues Staatsbürgerschaftsrecht als Grundlage für Integration Montag, 29. April 2013

Auf dem Wiener Landesparteitag letztes Wochenende wurde unter anderem ein Antrag diskutiert, der es ermöglichen sollte, den in Österreich geborenen Kindern von MigrantInnen nach einem Aufenthalt von fünf Jahren die Staatsbürgerschaft anzubieten. Damit müsste das bestehende Staatsbürgerschaftsrecht geändert werden. Denn in Österreich gilt das Prinzip, dass sich die Staatsbürgerschaft des Kindes nach den Eltern richtet. Andere Länder haben das Prinzip “ius soli” – hier erwerben die Kinder die Staatsbürgerschaft des Geburtslandes. Nun gibt es für beide Prinzipien Argumente und in einer Welt erhöhter Mobilität kann man nie ein für alle Fälle gültiges und zufriedenstellendes Staatsbürgerschaftsrecht einrichten. Da wir es allerdings mit vielen Integrationsproblemen zu tun haben, wäre die frühe Verleihung der Staatsbürgerschaft die beste Methode der Integration. Selbst wenn es eine zusätzliche Staatsbürgerschaft wäre, zu der von den Eltern übernommenen, so könnten sich diese Menschen zum Zeitpunkt der Volljährigkeit für eine der beiden entscheiden. Der diesbezügliche Antrag wurde mit knapper Mehrheit nur zur weiteren Beratung zugewiesen und nicht angenommen, wie ich mir es gewünscht hätte. Wahrscheinlich gehen manche noch immer davon aus, dass die meisten Zuwanderer – mit ihren Kindern – wieder ins Ursprungsland zurückkehren bzw. zurückkehren sollen. Manche tun dies ja auch und dann können sie ja für die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern optieren. Andere wollen im Einwanderungsland bleiben und werden dann als in diesem Land Geborene schon von ihrer Kindheit an auch als Staatsbürger behandelt.

Landesparteitag Wien (© SPÖ Wien)

Diese Grundsätze sollten sowohl für europäische als auch für Zuwanderer von außen gelten. Gerade unserer Kontinent, der auf Zuwanderung angewiesen ist, sollte eine solche Offenheit und Integrationsstrategie an den Tag legen. Unabhängig davon sollten wir uns bemühen, die Binnenwanderung zu erleichtern. Gerade die jetzige wirtschaftliche Situation in einigen Ländern zeigt die Notwendigkeit von Binnenwanderung, um das Defizit von Arbeitsplätzen in einigen Ländern (z.B. Spanien) und das Defizit an ausgebildeten Arbeitskräften in anderen Ländern (z.B. Deutschland) auszugleichen. Noch immer gibt es aber viele Hemmnisse, den europäischen BürgerInnen das “Wandern” zu erleichtern. Ich plädiere keineswegs dafür, dass sich Länder darauf verlassen, dass für ihre BürgerInnen die Arbeitsplätze anderswo geschaffen und angeboten werden. Aber in einer dynamischen Wirtschaftsgemeinschaft mit einem gemeinsamen Markt kann nicht in allen Regionen das Angebot und die Nachfrage nach Arbeit und vor allem hinsichtlich spezifischer Qualifikationen voll ausgeglichen sein. Dafür braucht es unterstützende Maßnahmen für die Mobilität, unter anderem die Mitnahme von Sozialversicherungs- und vor allem Pensionsansprüchen. Im Europäischen Jahr der BürgerInnen sollte man über beides nachdenken: über die stärkere Integration durch ein harmonisiertes Staatsbürgerschaftsrecht und über die Verbesserungen für BürgerInnen, die zu Arbeitsplätzen wandern wollen oder müssen.


Die Rolle Deutschlands in Europa Montag, 6. Mai 2013

Es wird heute viel über die Rolle Deutschlands in Europa geredet. Und es werden Erinnerungen an das Deutschland unter – dem aus Österreich stammenden – Hitler hervorgerufen. Im faszinierenden Buch „Europa Central” von William T. Vollmann fand ich zwei Beschreibungen der Deutschen durch Feldmarschall von Manstein. Dieser hohe und oft erfolgreiche General im Dienste Hitlers hat nach dem Krieg eine Rechtfertigung seiner militärischen Aktionen unter dem Titel „Verlorene Siege” geschrieben. Dort spricht er vom „germanischen Erbteil – eine gewisse Freude am Risiko” bzw. von der „Bereitwilligkeit (der Deutschen) auch das Letzte aus sich herauszuholen”. In diesen Aussagen steckt genauso viel Ideologie und Verbrämung der wahren Verhältnisse, wie in den Attacken gegen das heutige Deutschland als direkter Nachfolgestaat von Hitler-Deutschland. Und vor allem die Angriffe auf Merkel und die Kritik am “Merkiavellismus” sind oft überzogen und helfen nicht, die Lösungen für die eigenen Probleme der Krisenländer zu suchen. Aber ebenso wenig darf es ein Verbot geben, Deutschland unter der Regierung Merkel zu kritisieren, wie dies konservative Kreise vor allem auch in Frankreich immer wieder einfordern. Die deutsch-französische Freundschaft als historische Grundlage eines geeinten Europas darf nicht dazu führen, dass alles, was das heutige Deutschland unternimmt, sakrosankt wird. Man sollte aber klar stellen, dass es primär um keine nationale Auseinandersetzung geht, sondern um eine Auseinandersetzung über das beste Konzept zur Krisenbekämpfung. Das Merkel’sche Konzept heißt zuerst den Gürtel enger, und zwar sehr eng zu schnallen, und dann wird sich das Wachstum schon einfinden. Es ist das Grundverständnis der „schwäbischen Hausfrau”, das ihren wirtschaftspolitischen Empfehlungen zur Grunde liegt: Man darf nicht „auf Pump” leben. Sicherlich hat Merkel für diese Einstellung und Haltung einige Unterstützung in Deutschland. Auf der anderen Seite – und ich rede jetzt nicht von extremen Positionen – steht die Auffassung, dass man der Budgetkonsolidierung Zeit geben und sich auch parallel zur Rückführung der hohen Verschuldung um Wachstum und neue Jobs kümmern muss. Langsam mehren sich die Stimmen, die diese Strategie empfehlen.

Selbst die wegen ihrer Kritik an hoher Verschuldung umstrittenen Wirtschaftstheoretiker Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart haben kürzlich gemeint: „Austerity is not the only answer to a debt problem”. Sie meinten sogar: “For Europe, in particular, any reasonable endgame will require a large transfer from Germany to the periphery. The sooner this implicit transfer becomes explicit, the sooner Europe will be able to find its way towards a stable growth path”. Aber besteht überhaupt ein Grund, warum Deutschland solche Transfers leisten sollte? Sicher macht es keinen Sinn auf den durch HitlerDeutschland verursachten Krieg zurückzukommen. Es geht nicht darum, alte Schuld abzuzahlen. Deutschland sollte aus einem anderen Grund den südlichen Ländern helfen. So hat eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie der BertelsmannStiftung klargestellt, dass es vor allem einen Grund zu einem solchen Transfer gibt: Deutschland und einige andere Länder sind die großen Gewinner der Euro-Einführung. Denn auch wenn ein Großteil der von Deutschland geleisteten Kredite an die südlichen Länder nicht zurückgezahlt werden würde, wäre Deutschland aufgrund des höheren Wachstums noch immer ein Netto-Gewinner des Euro (und wahrscheinlich gilt dasselbe für Österreich)! In diesem Sinn hat der griechische Finanzminister, Yannis Stournaras, Recht, wenn er kürzlich meinte, „dass Länder, die Vorteile aus der Krise haben, ihren Gewinn mit den anderen teilen” sollten. Aber Stournaras ist gleichzeitig einer, der weiß, wie wichtig die eigenen Anstrengungen sind. Anstrengungen, die nicht nur in Richtung „Gürtel enger schnallen” gehen, sondern in eine Erneuerung und Umgestaltung der Wirtschaft. Das weiß auch der neue italienische Ministerpräsident Letta. Sicher sind die Ausgangslagen und notwendigen Maßnahmen in den einzelnen Krisenländern verschieden. Generell gilt allerdings die Feststellung, die Torsten Riecke im – konservativen – Handelsblatt kürzlich machte: „Denn das Überleben des Euros entscheidet sich weniger am erfolgreichen Abbau der Schulden als vielmehr daran, dass die Krisenländer wieder wettbewerbsfähig werden. Und das werden sie nur, wenn die Kosten gesenkt werden, aber auch Innovationsfreude und Unternehmergeist zurückkehren. Dafür bedarf es Risikofreude und der Aussicht, dass sich die Anstrengungen lohnen. Nur dann entstehen neue Arbeitsplätze und Wachstum.”


Das heutige, durch die extreme Austeritätspolitik geprägte Klima ist aber in den meisten Krisenländern solchen notwendigen Inventionen feindlich. Wie sollten junge Menschen den Rat von Steve Jobs „Stay hungry. Stay foolish!” befolgen? Ja, vielleicht sind sie hungrig, im wahrsten Sinne des Wortes, und vielleicht werden sie verrückt in Folge der hohen Arbeitslosigkeit. Aber das hat Steve Jobs nicht gemeint. Wir müssen den jungen Menschen Chancen geben als ArbeitnehmerInnen oder auch als Selbständige ihre Arbeit zu leisten. Dafür bedarf es auch Reformen des Arbeitsmarktes. Jegliche Arbeitslosigkeit ist nach Möglichkeit zu verhindern. Aber um der Wirtschaft Schwung zu geben und die Jugend nicht ins politische Abseits oder die Radikalität zu führen, müssen wir uns besonders um sie bemühen. Es müssen Anreize geschaffen werden, sie in höherem Masse in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Aber dazu soll nicht ein prekärer Arbeitsmarkt geschaffen werden, der eine neue Armutsschicht schafft.

Relaunching Europe Split

Vor allem aber müssen die Sozialpartner – so wie in Deutschland und in Österreich – trotz aller Differenzen, gemeinsam um mehr Investitionen und Jobs bemühen. Besonders wichtig sind verbesserte Ausbildungssysteme, die Theorie und Praxis verbinden und Modelle der Kurzarbeit in Krisenzeiten und unter Krisenbedingungen. Man kann also von Ländern wie Deutschland durchaus lernen. Dieses Land ist nicht zufällig wirtschaftlich erfolgreich. Es gilt, manches Positives in andere Länder – natürlich mit entsprechenden Adaptierungen – zu übertragen. Aber Deutschland sollte lernen, genau diese Errungenschaften mit Sensibilität und Gespür zu vermitteln. Vor allem sollte Deutschland anderen Ländern keine überkommenen und wenig hilfreichen Austeritätskonzepte aufzwingen. Sowohl diese Konzepte als auch das Aufzwingen sind wenig hilfreich.


Angst beherrscht die EuropäerInnen Montag, 13. Mai 2013

Laut einer jüngsten Umfrage in mehreren europäischen Ländern herrscht oftmals Angst vor der Zukunft. Generell ist die Gemütslage nicht gut. Deutschland schneidet dabei noch relativ gut ab. In den übrigen befragten Ländern ist die Stimmung eindeutig negativer: vor allem in Frankreich, Spanien und Italien. In Großbritannien und Polen ist sie leicht besser, aber keineswegs gut. Interessant ist, dass sich die Menschen vor allem um das würdige Altern Sorgen machen, also ein unwürdiges Altern befürchten. Dabei liegen Deutschland, Italien und Frankreich bei diesen Ängsten vorne. Dann kommt schon die Angst, dass die Kinder keine Hochschulbildung bekommen werden. Hier führen Spanien und Italien.

So bleibt die groteske Situation bestehen, dass die Menschen Ängste haben, unzufrieden sind, aber immer weniger die Möglichkeit des Wählens in Anspruch nehmen. Die Politik ist aufgerufen, etwas dagegen zu unternehmen. Das wird uns noch einige Zeit beschäftigen. Entscheidend ist, dass die Politik zeigt, dass sie nicht von externen Kräften wie den Märkten abhängig ist. Wir brauchen also nicht, wie Frau Merkel kürzlich meinte, eine marktkonforme Demokratie, sondern eine Demokratie, die Märkte und deren Einfluss auch begrenzen kann. In diesem Zusammenhang bekommt auch der Kampf gegen die Steueroasen seine demokratiepolitische Bedeutung.

Was nun die Einschätzung der Vor- und Nachteile der EU-Mitgliedschaft betrifft, so liegt Großbritannien klar bei den Skeptikern vorne. Die positivste Einschätzung haben die Polen, gefolgt von den Spaniern und den Franzosen. Die einst sehr europafreundlichen Italiener sehen in der EUMitgliedschaft bereits – knapp, aber doch – die Nachteile überwiegen. Angesichts dieser Einstellungen verwundert mich, wie PolitikerInnen einfach so weiter machen wollen wie bisher. Bei der kürzlich veranstalteten “State of the Union” – Debatte, die die Europäische Universität von Florenz veranstaltete, waren es vor allem Barroso, aber auch Monti und andere, die ihre ohnedies farblosen Reden ohne Bezug auf diese Stimmungslage abhielten. Und das bei einer Tagung, wo es vor allem um die europäischen BürgerInnen ging. Wir dürfen diese Stimmungslage und vor allem auch die zunehmende Abstinenz der BürgerInnen nicht so einfach hinnehmen. In einer Analyse des Wahlverhaltens meinte der deutsche Demokratietheoretiker Professor Wolfgang Merkel, dass vor allem die unteren Schichten der Bevölkerung immer weniger durch die Parteien angesprochen werden und immer weniger an Wahlen teilnehmen. Der durchschnittliche Wähleranteil der Volksparteien in Europa sank von 65 auf 40 Prozent. Damit ist auch ihre Integrationsfunktion zurückgegangen. Auch verschiedene Elemente der direkten Demokratie wie Vorwahlen helfen nicht immer. Bei den letzten Wahlen zum Bürgermeister von Los Angeles wurde der Spitzenkandidat der Demokraten mit 2,6 % der Wahlberechtigten ausgewählt. Nun, das gilt nicht nur für die USA, auch die Direktwahl deutscher Bürgermeister zeichnet sich nicht durch eine hohe Wahlbeteiligung aus.

Relaunching Europe Lyon


Türkei: Einblick in die politischen Verhältnisse Dienstag, 21. Mai 2013

Im Rahmen des Besuches des Vorsitzenden der türkischen Oppositionspartei CHP kam es in Brüssel zu einem unangenehmen Zwischenfall. Nach einer guten Diskussion in der Fraktionssitzung mit Kemal Kılıçdaroğlu hielten wir beide eine kurze Presskonferenz ab. Nachdem ich diese bereits verlassen hatte, setzte Kılıçdaroğlu den türkischen Premierminister Erdoğan mit dem blutigen syrischen Diktator gleich. Meine MitarbeiterInnen und seine AssistentInnen vereinbarten eine Klarstellung, aber die türkische Delegation war dazu nicht mehr bereit. So sagte ich ein weiteres Treffen ab. Oft genug habe ich selbst Erdoğan und die Gefahren für die Demokratie in der Türkei kritisiert. Diesen Vergleich aber, gemacht vor den Fernsehkameras und mit dem Logo der S&DFraktion im Hintergrund, konnte ich nicht akzeptieren. Wie üblich haben die türkischen Medien diesen Konflikt ausgeschlachtet. Auf Twitter und Facebook kamen wüste Vorwürfe, Beschimpfungen und Unterstellungen gegen mich. Durch die Ablehnung des Vergleiches mit Assad wurde ich plötzlich ein Unterstützer von Erdoğan und seines angeblich „faschistischen“ Systems. Aber das muss ich aushalten.

Istanbul

Erschreckend fand ich Folgendes: Viele Türken bzw. Menschen türkischer Herkunft hielten den Vergleich zwischen Erdoğan und Assad für völlig gerechtfertigt. Erdoğan wurde sogar mit Hitler verglichen. Man sprach von „Islamofaschismus“ und von groben Wahlfälschungen, die Erdoğan an der Macht hielten. Ein ungeheurer Hass gegen Erdoğan und seine Politik wurde losgetreten. In dieser „Debatte“ hatte eine differenzierte Analyse und Betrachtung keinen Platz. Dass die Gesetze, die heute zur Anwendung kommen, vielfach aus Zeiten stammen, in denen die CHP tonangebend war, wird einfach nicht zur Kenntnis genommen. Argumente spielten in dieser Auseinandersetzung keine große Rolle. Was mich, der sich immer für die Türkei eingesetzt hat und der auch immer Reformen in Richtung Demokratie eingefordert hat, besonders betrübt, ist die hasserfüllte Kritik an der jetzigen Situation in der Türkei und an Erdoğan von republikanischer, säkularer Seite, jedenfalls soweit sie auf Facebook und Twitter zum Ausdruck kam. Dafür sind sicher auch Erdoğan und seine Partei, die AKP, mitverantwortlich. Bestimmte Tendenzen der Islamisierung und die autoritäre Haltung, die Erdoğan zum Ausdruck bringt, tragen zu der extremen Polarisierung in der Türkei bei.


Vor allem stört mich auch der starke Nationalismus, der Kritik immer sofort zurückweist und den Kritiker schmäht. Immer wieder habe ich auch das in der Vergangenheit erlebt und zwar von verschiedenen Seiten. Auch damit wird eine ernsthafte Auseinandersetzung vermieden. Insofern gaben der Zwischenfall und die Reaktion darauf einen Einblick in die politischen Verhältnisse in der Türkei und in die große Kluft zwischen der Regierung und der größten Oppositionspartei. Ich hoffe, dass der Weg zu einer konstruktiveren Auseinandersetzung gefunden werden kann. Die Türkei ist und bleibt ein wichtiger wirtschaftlicher und politischer Partner der EU und ich hoffe, dass wir unser Verhältnis Schritt um Schritt verbessern können. Ich hoffe auch, dass die starke Polarisierung und der starke Nationalismus innerhalb der Türkei selbst abgebaut werden können. Und ebenso hoffe ich, dass die Türkei den Weg der Demokratisierung nicht verlässt. Dabei sehe ich durchaus Gefahren in der autoritären Politik von Erdoğan und seiner Anhänger. Aber mit weitaus überzogener Kritik wird der Kampf für Demokratie und Freiheit nicht glaubwürdiger. Das ist mein Argument und nicht, dass Erdogan ein „lupenreiner Demokrat“ sei, wie einmal Schröder bezüglich Putin behauptet hat. Es ist vor allem wichtig, den Kurden in der Türkei mehr Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Da ist die Haltung von Erdoğan und seiner Regierung sehr zwiespältig. Einerseits gibt es mutige Initiativen in Richtung Frieden und Konfliktlösung. Anderseits werden immer wieder lokale Politiker, Journalisten und Intellektuelle verhaftet. Und es gibt keine klare bzw. erkennbare Linie. Allerdings beschweren sich auch immer wieder die Vertreter der KurdInnen bei mir über die mangelnde Unterstützung der CHP für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage. Alle politischen Kräfte, die AKP, die CHP, aber auch die Kurdenpartei BDP müssen hier eng zusammenarbeiten, um den Terrorismus zu stoppen und eine friedliche Lösung zu erreichen. Ja, die Türkei und alle politischen Kräfte in der Türkei stehen vor großen Herausforderungen. Meine Hoffnung, dass die Türkei diese Herausforderungen meistert, gebe ich jedenfalls nicht auf. Dazu habe ich mich auch persönlich viel zu viel engagiert. Auch wenn einige Kritiker das nicht sehen wollen. Es wäre interessant, über all diese Fragen mit den RegierungsvertreterInnen zu reden. Aber das scheuen sie, sie wollen lieber allein ihren nationalistischen und populistischen Diskurs führen.

Istanbul


Deutsche Exzellenz Sonntag, 26. Mai 2013

Deutschland, so wie es sich heute darstellt, ist Zielscheibe vieler Kritik – vor allem im Süden Europas. Wenn kürzlich die Zeitung “Die Welt” meinte, “Merkel soll Europa führen”, so wird das vielfach als Drohung verstanden. Anderseits kann man sagen, Deutschland führt bereits Europa, und darum kommen wir nicht aus der Krise. Denn so falsch die Behauptung ist, dass wir wegen Deutschland in der Krise sind, so sehr verschärft die von Deutschland besonders “empfohlene” Austeritätspolitik die Krise. Deutschland sollte vielmehr die Lokomotive sein, die uns aus der Krise bringt. Aber anstatt den Lokführer zu stellen, stehen die heute Verantwortlichen lieber auf der Bremse einer europäischen Wachstumspolitik und der politischen Einigung. Die von Merkel, Schäuble und Bundesbank vertretene engstirnige Linie sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland viel Positives aufzuweisen hat. Und man kann auch von einem Land, das für Europa einseitige und katastrophale Empfehlungen abgibt, lernen und Positives nach Hause übertragen. Die letzte Woche hat für mich so einige positive Elemente aufgezeigt. (Natürlich gibt es auch Negativbeispiele wie den nicht fertig werdenden Flughafen von Berlin-Schönefeld und manchmal würde man sich mehr Flexibilität in Deutschland wünschen, aber trotzdem …) Die SPD feierte in Leipzig den 150. Geburtstag. Sie veranstaltete eine sehr würdige, aber zugleich spannende und in die Zukunft zeigende Veranstaltung. Drei eindrucksvolle Reden wurden gehalten: Bundespräsident Gauck, der französische Präsident Hollande und der SPD-Vorsitzende Gabriel lobten den eindeutig demokratischen Weg der SPD. Immer wieder wurde der Satz von Otto Wels zitiert, der als SPD-Vorsitzender im Reichstag das Ermächtigungsgesetz für Hitler mit den Worten ablehnte: “Sie können uns die Freiheit und das Leben nehmen, aber nicht die Ehre.” Er und viele andere mussten für das Nein zu Hitler mit dem Verlust der Freiheit und manche mit dem Verlust des Leben büßen. François Hollande unterstrich sowohl die deutschfranzösische Freundschaft als auch die gemeinsamen ideologischen Wurzeln und Werte mit der SPD. Dabei fiel auf, wie er die auch in Deutschland umstrittenen arbeitsmarktund sozialpolitischen Reformen von Gerhard Schröder lobte, obwohl dieser im letzten Wahlkampf ja eher für Sarkozy plädierte.

Aber wahrscheinlich wollte Hollande eine Botschaft nach Frankreich schicken. Dort bemüht er sich gerade um einige Reformen, die allerdings hoffentlich die Fehler der Hartz-Reform vermeiden werden. Vor allem geht es ihm – und da stimme ich voll zu – um die Entwicklung eines französischen Systems der Sozialpartnerschaft. Mehr als die Reden fielen allerdings die anwesenden Gäste auf. Alle im Parlament vertretenen Parteien sandten Vertreter. Vor allem wunderten sich die ausländischen Gäste über die Anwesenheit der deutschen Bundeskanzlerin Merkel und das wenige Monate vor der Wahl zum deutschen Bundestag. Aber auch das ist ein Zeichen einer politischen Kultur, die in vielen anderen Ländern kaum zu finden ist. Politische Auseinandersetzungen sollten mit grundsätzlichem Respekt vereinbar sein. Exzellenz konnte ich auch in einem BMW-Werk in Leipzig erleben. Der Betriebsratschef führte uns mit Fachwissen und Stolz durch den Betrieb. Wir könnten sehen, wie eine Betriebspolitik, die das (z.B. ergonomische) Interesse der ArbeitnehmerInnen im Auge hat, gleichzeitig die Produktivität der Arbeit steigert. Dabei gehen Qualifikation der ArbeitnehmerInnen und Qualität des Produktes und des Produktionsprozesses Hand in Hand. In dieser Fabrik hat BMW auch begonnen, ein Elektroauto zu produzieren, das sowohl im Karosseriebau als auch im Design neue Wege geht. Den Abschluss dieser Woche bildete das Champions League-Finale im Wembley-Stadion in London. Zwei hervorragende deutsche Mannschaften stießen aufeinander. Das Match wurde also unter den Deutschen selbst ausgemacht, andere konnten nicht mitreden. Natürlich sollte das kein Symbol für die europäische Politik sein. Aber es war ein Symbol für deutsche Anstrengung, Leistungswillen und Durchhaltevermögen. Selbstverständlich ist die deutsche Exzellenz, die ich in diesen Tagen erlebte, nicht auf andere Länder übertragbar. Aber es geht auch nicht darum, ein “lateinisches Imperium”, also eine südeuropäische Konzeption der deutschen Dominanz entgegen zu stellen. Der italienische Philosoph Giorgio Agamben hat zwar seine diesbezügliche These wieder etwas relativiert. Aber sie spukt noch in so manchen Köpfen des Südens herum. Es geht sicher nicht um ein Einheitseuropa, auch nicht nach deutschem Muster. Aber ebenso wenig gibt es ein übertragbares lateinisches Muster, nach dem Europa zu bauen ist.


Und wenn Giorgio Agamben meint, Europa muss sich vor allem aus seiner vielfältigen Vergangenheit heraus entwickeln, so kann ich ihm nur zum Teil Recht geben. Wahrscheinlich sind Deutschland und andere Länder erfolgreich, weil sie sich vor allem auch auf die Zukunft vorbereiten. Unsere Vergangenheit, die glorreichen und die katastrophalen Zeiten, sind Teil unserer Geschichte und wir sollen sie nicht leugnen. Aber sie dürfen uns nicht dominieren, sondern müssen auch der Gestaltung der Zukunft Platz machen. Und dem Lernen von anderen erfolgreichen Ländern.

Leipzig (© SPD Hans Christian Plambeck)


Türkei: Einblick in die politischen Verhältnisse II Montag, 3. Juni 2013

In den letzten Tagen ist es in Istanbul zu großen Demonstrationen und zu massiven Repressionsmaßnahmen der Polizei gegen die Demonstranten gekommen. Aber nicht nur in Istanbul, sondern auch in vielen anderen Städten. Ursprünglicher Anlass war die Errichtung eines Einkaufszentrums in einem Park nahe dem bekannten Taksimplatz im Herzen von Istanbul. Nach meinen Informationen sollte dieses Einkaufszentrum auch durch seine bauliche Gestaltung an eine ehemalige Kaserne erinnern, aus der gegen die kemalistische Revolution Widerstand geleistet wurde. Der Konflikt über die Errichtung eines Einkaufszentrums wurde so schnell zu einer Auseinandersetzung zwischen der kemalistischen und laizistischen Opposition und der islamistisch orientierten Regierung unter Premierminister Erdogan. Die ohnehin immer sehr autoritären Polizeikräfte der Türkei haben diesen Konflikt ausgenützt, um mit Tränengas etc. die Menschen aus dem umstrittenen Park zu vertreiben. Das hat aber Öl ins Feuer gegossen und die Demonstrationen über die ganze Türkei ausgeweitet. Einige Tote, viele Verletze und hunderte Verhaftete sind das Resultat.

Istanbul

Ein Einkaufszentrum in einen Park mit historischer Bedeutung für große Teile der Bevölkerung zu bauen, ist eine Provokation. Dies dann noch in eine bauliche Form zu bringen, die an den Widerstand gegen die Reformkräfte in der Türkei erinnert, ist entweder dumm oder eine zusätzliche Provokation. Ich kann von hier aus nicht verfolgen, inwieweit Erdogan persönlich in dieses Projekt verwickelt ist, er sollte aber schnellstens dieses Projekt verschwinden lassen. Erdogan hätte nämlich eine andere Aufgabe in der heutigen Türkei. Er sollte die Menschen zusammenbringen und nicht auseinanderdividieren. Wenn er wirklich die Kurdenfrage lösen will, wenn er dem Überspringen des Konflikts in die Türkei einen Riegel vorschieben will und weitere Schritte nach Europa machen will, dann sollte er das Gespräch mit der Opposition suchen.


Das habe ich in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden der CHP Kılıçdaroğlu – bevor sie schief gelaufen ist – auch klar zum Ausdruck gebracht. Die Türkei würde heute nichts dringlicher brauchen als nationale Einheit – bei allen politischen Differenzen im Detail. Aber durch Projekte wie das in der Nähe des Taksimplatzes in Istanbul wird das Gegenteil erreicht. Ich finde auch jetzt den Vergleich Erdogans mit Assad oder Hitler unangebracht. Ich bleibe aber auch jetzt bei meiner Kritik am Weg, den Erdogan seit einiger Zeit eingeschlagen hat. Das ist nicht der Weg der notwendigen Demokratisierung, sondern führt zum Gegenteil, wenn Erdogan und die AKP nicht zur Umkehr bereit sind. Europa sollte ihm das klar machen und es wäre gut, wenn auch die USA eine ähnliche Haltung hätten.

Istanbul


Wie weiter in Bulgarien? Montag, 24. Juni 2013

In den letzten Wochen haben sich zehntausende Menschen von der Türkei bis nach Brasilien versammelt, um zu demonstrieren. Ihre Unzufriedenheit hat verschiedene Ursachen. Aber generell ist Politik heute in Verruf geraten. Dennoch sollte man als Reaktion auf die Proteste nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Das trifft auch auf die Proteste in Bulgarien zu. Zugegeben, die heutigen Demonstrationen sind kleiner als die gegen die Regierung von Ministerpräsident Borrisow. Aber wenn man die Stimmung im Lande betrachtet, wie sie in Meinungsumfragen zum Ausdruck kommt, dann sehe ich kaum einen Unterschied. Die bulgarischen Sozialisten haben versprochen, mit dem korrupten System von Borrissow Schluss zu machen. Und das hat Bulgarien bitter notwendig. Daher bleibt es für mich unverständlich und inakzeptabel, dass die neue MinderheitsKoalitionsregierung als obersten Korruptionsbekämpfer einen Oligarchen bestellt hat. Nach heftiger Kritik im Inland, aber auch im Ausland, musste sie diese Ernennung wieder zurücknehmen. Die problematische Machterweiterung dieser Behörde war aber schon beschlossen. Und warum man den Chef von Ataka, einer rechtsextremen Partei, als Vorsitzenden des Ethik– und Korruptionsbekämpfungsausschusses im Parlament bestellt, kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich habe von Anfang an klar gestellt, dass es nicht nur darum gehen kann, andere Personen zu bestellen, sondern dass es auch um einen Systemwechsel geht. In diesem Fall wurde sogar als Chef des Nationalen Sicherheitsrates jemand vorgeschlagen, der sich abwechselnd an die verschiedenen Parteien angedient bzw. über seine Medien die verschiedenen Parteien hochgejubelt hat, um sie dann bei den nächsten Wahlen mit üblen Methoden zu verleumden.

Sofia, Council der Europäischen Sozialdemokraten (© PES)

Ich weiß, dass es für die bulgarischen Sozialisten schwierig ist, nach Borissow eine linke Alternative anzubieten. Aber eine Regierung, die mit der “türkischen” Partei, der auch der besagte Oligarch Peevski angehört, und von der rechtsradikalen Partei Ataka abhängig ist, muss umso mehr die unverzichtbaren Werte unterstreichen. Und durch einen Dialog mit der Bevölkerung Vertrauen gewinnen und nicht verspielen. Bulgarien muss vor allem den Kampf gegen jegliche Form der Korruption führen. Dieser Kampf muss stark, konsequent und unabhängig geführt werden. Sonst kommt Bulgarien nie in die erste Liga der Länder was Investitionen und Demokratie betrifft. Und im Übrigen braucht Bulgarien (und Rumänien) bald den Beitritt zur Schengenzone! Die neue Regierung unter Ministerpräsident Oresharski ist angetreten, um eine Alternative zur Vorgängerregierung zu bieten. Was die wichtigste Aufgabe der Korruptionsbekämpfung betrifft, gab es vorerst keine Alternative, sondern das Gegenteil. Die Bevölkerung des Landes erzwang einen Rückzieher. Nun muss die Regierung die Konsequenzen aus diesem Irrweg ziehen und einen wirklichen Systemwechsel durchführen. Ich will die angekündigten Sozialmaßnahmen der Regierung nicht gering schätzen. Sie sind notwendig, gerade aus sozialdemokratischer Sicht. Aber nur ein transparentes und demokratisches Land kann den Weg ins 21. Jahrhundert dauerhaft finden!


Basta Austerity! Sonntag, 30. Juni 2013

Es war eine lange Auseinandersetzung um das europäische Budget, die sich in den letzen Monaten zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament abspielte. Der Budgetvorschlag, auf den sich die Regierungschefs geeinigt haben, war für uns aus mehreren Gründen nicht annehmbar. Grundsätzlich ist der vorgesehene Betrag viel zu gering, um all die Aufgaben zu erledigen, die selbst von den Regierungen immer wieder eingefordert werden. Vor allem für Wachstum, Innovation und Beschäftigung war zu wenig eingeplant worden. Allerdings ist unsere Argumentation in breiten Kreisen der Bevölkerung auf Widerstand gestoßen. Diese war auf ein "Sparbudget" eingeschworen worden und insbesondere angesichts vieler populistischer Strömungen gegen die aufgeblasene und bürokratische EU stießen solche Sparvorschläge auf viel Zustimmung, jedenfalls in den Nettozahlerländern wie Deutschland, Österreich, Niederlande, Schweden etc. Dennoch, wir wollten nicht klein beigeben und haben auf ernsthafte Verhandlungen gedrängt. Dabei waren wir uns bewußt, dass die globale Summe der geplanten Ausgaben nicht zu verändern war. Aber zwei Dinge wollten wir erreichen. Erstens sollte in den Budgetvollzug eine maximale Flexibilität eingebaut werden. Und zweitens wollten wir eine Revisionsklausel durchsetzen, um das Budget nach zweieinhalb bis drei Jahren den neuen wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.

Noch muss das Parlament über den auf höchster Ebene beschlossenen Kompromiss entscheiden. Aber ich glaube wir sollten – schweren Herzens – zustimmen. Die politischen Auseinandersetzungen über die Verwendung nicht ausgegebener Mittel und über die Revisionsklausel werden immer wieder zu führen sein. Der jetzige Budgetkompromiss erspart uns nicht, diese Auseinandersetzungen zu führen. Wichtig wird aber sein, dass all die Länder, die Geld brauchen, von der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bis zu Regional- und Sozialförderungen, sich auf das Abrufen der Mittel gut vorbereiten. All zu oft ist Geld, das die EU bereitgestellt hat, nicht abgerufen worden oder wurde nicht optimal verwendet. Ich hoffe, dass vor allem die Mittel für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit rasch und effizient eingesetzt werden. Gemeinsam mit Krediten aus dem Bankensektor und Krediten der Europäischen Investitionsbank könnte die Jugendarbeitslosigkeit bald deutlich gesenkt werden. Aber letztendlich nur dann, wenn die unsägliche Austeritätspolitik in Europa gestoppt werden würde. Genau dazu habe ich unlängst gemeinsam mit dem britischen Journalisten David Gow ein Buch veröffentlicht, mit dem Titel : Basta Austerity! (Anm.: Das deutsche Vorwort dazu finden Sie im Anschluss.)

Was die Flexibilität betrifft, so geht es vor allem darum, nicht ausgegebenes Geld nicht mehr an die Finanzminister zurückzugeben, sondern für andere wichtige, aber unterdotierte Aufgaben zu verwenden. Gerade weil viele wachstumsorientierte Ausgaben zu wenig mit Finanzmittel ausgestattet sind, könnte das helfen, diese Lücken zu füllen. In den letzten Jahren sind immer wieder Mittel übrig geblieben, leider sind sie all zu oft nicht umgewidmet worden. Auch wenn jetzt der Gesamtrahmen des Budgets geringer ausfällt, so gehe ich auch jetzt davon aus, dass nicht alle vorgesehenen Ausgaben voll ausgeschöpft werden. Was nun die Revisionsklausel betrifft, so ist es besonders problematisch, den Finanzrahmen für eine so lange Periode wie von 2014 bis 2020 festzulegen. Vor allem kann das 2014 neu zu wählende Europäische Parliament überhaupt zum Finanzrahmen nichts sagen. Daher sind entsprechende Anpassungen notwendig. Zwar können sie nur einstimmig – so wie der Finanzrahmen – festgelegt werden. Aber erstmals gibt es jetzt eine solche Revisionsmöglichkeit.

Straßburg (© European Parliament)


EUROPA ZURÜCKGEWINNEN Hannes Swoboda, Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, legt seine Analyse und Vision dar

Die Rechte ist seit jeher pessimistisch, was die Fähigkeit von Leuten und Gesellschaften angeht, ihre Mängel ohne Zwang und Bestrafung zu überwinden. Die Linke ist hingegen von Natur aus optimistisch hinsichtlich der Fähigkeit der Menschen, für eine bessere Gesellschaft zusammenzuarbeiten. In den letzten fünf Jahren hat die Rechte eine engstirnige, ineffiziente Agenda zur Lösung der Krise Europas vorgestellt, die ausschließlich darauf abzielt, die Staatsverschuldung abzubauen und dafür weit verbreitetes Leid in Kauf nimmt. Im Gegensatz dazu hat die Linke konsequent für eine kombinierte Lösung plädiert. Erstens: koordinierte Maßnahmen, um Investitionen zu fördern, das Wachstum wiederherzustellen und Jobs zu schaffen. Zweitens: weitreichende Reformen, um die Schwächen des europäischen Wirtschaftsmodells anzugehen und die demokratische Rechenschaftspflicht auszubauen. Die ehrgeizigen Pläne, Europa zur wettbewerbsstärksten Wirtschaft und zur umweltfreundlichsten Gesellschaft der Welt zu machen, sind in den letzten Jahren unter der Kontrolle der konservativen Mehrheit aufgegeben worden. Jetzt ist es aber an der Zeit, Europa als eine Quelle der Hoffnung für seine 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger neu zu erfinden und ihnen – vor allem den Jugendlichen – das Gefühl einer besseren Zukunft zu geben. Das ist umso dringender, als das Misstrauen und die Enttäuschung über die Europäische Union und ihre Institutionen ein gefährliches Ausmaß erreicht haben und politische Extremisten des rechten und des linken Spektrums das Gift der Fremdenfeindlichkeit, religiösen Hass und Gewalt verbreiten. Es darf nicht zugelassen werden, dass sich in Europa die Erlebnisse der 1920-er und 1930-er Jahre wiederholen. Vor diesem Hintergrund hat Hannes Swoboda mit David Gow über Wege aus der Krise diskutiert und dessen Fragen beantwortet.

F: Warum haben die Leute das Gefühl, dass die seit Jahren andauernde Krise mit jedem Tag noch schlimmer wird statt besser? A: Es gibt mehrere Gründe, und es wäre naiv und grob vereinfachend, zu sagen, es gibt nur einen. Da ist natürlich die Frage der extremen Liberalisierung der Märkte, insbesondere der Finanzmärkte; mehr Wettbewerb, wobei China und Indien eine Milliarde zusätzliche Arbeitskräfte in einen mehr oder weniger gemeinsamen Markt einbringen. Und da ist die wirklich restriktive, neoliberale Reaktion auf eine solche Entwicklung, und das ist der wesentliche Grund für die Verlängerung der Krise. F: Es handelt sich also nicht um eine spezifisch europäische Krise oder darum, dass es mit Europa dauerhaft abwärts geht? A: Nein. Es geht um die Herstellung eines neuen Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Kontinenten. Wenn wir zurückblicken, sehen wir, dass China vor 150, 200 Jahren einen viel größeren Anteil an der Weltwirtschaft hatte, bevor die USA und Europa dann im 19. und 20. Jahrhundert außerordentliche Fortschritte machten. Mit dem neuen Wachstum Chinas und der BRICS-Länder findet jetzt natürlich eine erneute Anpassung statt, aber das ist nicht das Problem. Der wahre Grund ist die neokonservative Ansicht, dass wir nur konkurrieren können, wenn wir Arbeitskosten, Löhne, Gehälter, Arbeitnehmerrechte verringern.


Wir, die europäische Linke, beharren darauf, dass es auch eine Frage der staatlichen Politik ist: Unser Wettbewerbsvorteil wird durch Investitionen und hochwertige Fähigkeiten garantiert. Wir können nicht gewinnen, indem wir unsere Arbeitsbeziehungen und Löhne auf chinesisches Niveau senken. Wir können diesen Wettbewerb nur gewinnen oder unsere Position in der Welt dauerhaft halten, wenn wir uns auf Qualifikationen und Qualität ausrichten – und das bedeutet Investitionen, öffentliche wie private. F: Jeder Tag bringt neue Hiobsbotschaften, besonders für die Länder „im Programm“. Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels? A: Ich sehe nicht genug Licht am Ende des Tunnels. Wir müssen der Wirtschaft wieder Dampf machen, aber die Wirtschaftspolitik, die die Konservativen heute verfechten, ist falsch. Es gibt kein Land, das die Führung übernimmt oder hilft, die Situation umzukehren. Deutschland und ein paar andere kleinere Länder sind zufrieden, dass sie in einer besseren Lage sind, aber sie versuchen nicht, Impulse oder Anreize für eine verstärkte Wirtschaftstätigkeit zu schaffen. Genau das würde aber andere Länder aus der Krise führen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass es auch gut wäre für Deutschland, das seine eigenen sozialen Probleme hat und noch immer seine Infrastruktur modernisieren und sein stockendes Wachstum wieder ankurbeln muss. F: Tun also die Überschussländer, allen voran Deutschland, nicht genug? Zeigen sie nicht genug Solidarität? A: Natürlich brauchen wir mehr Solidarität, aber gleichermaßen brauchen wir mehr Reformen in den Ländern mit größeren Problemen. Die deutsche Regierung, insbesondere Angela Merkel, vertritt den Standpunkt, dass man die Leute zu Reformen prügeln, gefügig machen und bestrafen muss. Das ist eine moralistische Art des Umgangs mit den Menschen, eine kalvinistische Sichtweise, wonach die Menschen, die wir bestrafen, faul sind, vor allem im Süden… Man muss sie zu Reformen peitschen – und das ist genau die Philosophie, die man jeden Tag in deutschen Medien sieht. Kein Sinn für Anreize oder Transfers von Know-how oder Technologie. Die Maßnahmen für ein auf Investitionen beruhendes Wachstum, die wir uns von Deutschland wünschen würden, sind nicht einfach nur ein Akt der Solidarität, sondern im eigenen Interesse des Landes. Auf diese Weise kann es sowohl seine drängenden Probleme wie die zunehmende Ungleichheit im Inland angehen als auch seine wirtschaftliche Zukunft durch die Förderung von Wachstum und Beschäftigung bei seinen Partnern im Euroraum sichern. F: Wie will die Linke dann die Menschen zusammenbringen, wenn es in Ländern wie Frankreich, wo sie an der Macht ist, oder gar in Italien, nicht rund läuft? A: Die politische Landschaft gerät endlich in Bewegung. Linke Regierungen in Europa – während der Krise eine Minderheit – haben ihre Schwierigkeiten gehabt. Doch jetzt, in eng verflochtenen Volkswirtschaften, erreicht die Möglichkeit, einen echten Wandel herbeizuführen, eine kritische Masse. Zuerst werden die Bürgerinnen und Bürger immer verzweifelter und fordern politische Veränderungen. Für uns ist die Frage jetzt, ob die aktuelle Politik noch demokratisch legitimiert ist. Die Menschen erheben ihre Stimmen, aber sie haben nicht das Gefühl, dass sie gehört werden. Was sie vor allem erkennen, ist, dass es sich hier um eine Sparpolitik handelt, die ihnen von der EU-Kommission und den Troikas auf undemokratische Art und Weise aufgezwungen wird. Die Leute sehen, dass die einseitige Sparpolitik nicht funktioniert, aber wird ihnen keine Alternative geboten. Derzeit gibt es Widerstand und Aufbegehren in den Straßen Bulgariens und Spaniens, und es herrscht Enttäuschung. Das sind die Themen, die die demokratische Linke aufgreifen muss, wie es die neue italienische Regierung jetzt versucht. Wir müssen dafür sorgen, dass dieses zunehmende Verlangen nach Veränderung in Brüssel und Berlin gehört wird. Wir sollten an vorderster Front stehen, um diesen Protest zu steuern und Antworten zu liefern.


Und genau das wollen wir in diesem Buch tun: einige überzeugende Argumente für eine Alternative vorbringen. F: Wie kann die demokratische Linke angesichts der Tatsache, dass fast sechs Millionen Jugendliche arbeitslos sind (in Griechenland und Spanien sind es fast 60%, beinahe in der Größenordnung der 20er und 30er Jahre), Hoffnung bieten? A: Zuallererst muss die demokratische Linke eine umfassende Reformpolitik bieten. Länder wie Griechenland oder Italien brauchen viele Reformen und eine Modernisierung im Sinne einer Umstrukturierung des Staates, damit dieser effizienter und verantwortlicher wird und mehr auf seine Bürger eingeht. Die Gesellschaft voranzubringen, eine Alternative zu der Sparpolitik zu schaffen, das bedeutet öffentliche Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, Infrastruktur und andere Sektoren. Wir sagen nicht, dass wir gegen Schuldenabbau sind, aber dieser muss über einen längeren Zeitraum erfolgen. Es ist unsinnig, zu sagen, wir sind für höhere Schulden, denn eine leichtfertige Verschuldung stellt eine schwere Belastung für den Staat dar. Wir wollen mit dem Geld der Steuerzahler nicht die Anleihegläubiger füttern, sondern wie ein gut geführtes Unternehmen Kredite nur aufnehmen, um zu investieren und Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen. Schuldenabbau ja, aber ohne gleichzeitig unsere Zukunft zu zerstören. Eine drastische Kürzung der Ausgaben für Bildung, Forschung und lebenswichtige Infrastruktur, wie bisher geschehen, wird zukünftigen Generationen ein schreckliches Erbe hinterlassen. Und kein einzelnes Land kann das alleine wiedergutmachen. Wir haben ein Konzept zur Umgestaltung der Wirtschaft durch Einbringen neuer Ressourcen, Chancen für die jüngere Generation, Schaffung neuer Start-ups, Förderung von Innovation. Die gegenwärtige Politik ist dermaßen vereinfachend, so engstirnig, dass sie hinausläuft auf: Lasst uns Löhne, Gehälter, Pensionen, öffentliche Ausgaben kürzen, und alles wird gut! F: Was wäre denn anders, wenn die Alternative der Linken umgesetzt würde? Schließlich reden Rehn und Co. jetzt auch darüber, die Konsolidierung langsamer durchzuführen und sie ‚wachstumsfreundlicher‘ zu machen‘. A: Entscheidend sind nicht Erklärungen, sondern Taten, die den Bürgern Hoffnung geben, dass es besser wird. Wenn sie sehen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt, wenn die Jugendlichen sehen, dass neue Jobs geschaffen werden und dass mehr neue Unternehmen durch junge Menschen geschaffen werden, bringt das den Optimismus, den die Gesellschaft braucht, und die Bürger beginnen zu spüren, dass es tatsächlich aufwärts geht. Die Rechte wird langsam und widerwillig gezwungen, ihre Rhetorik zu ändern und über Wachstum und Arbeitsplätze zu reden, aber sie steckt immer noch in ihrem ökonomischen Gedankengut von der freien Marktwirtschaft der 1990er Jahre fest – zu einem Zeitpunkt, da der Großteil der Wirtschaftswissenschaftler sich davon verabschiedet hat. Man kann nicht einfach ein paar Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf die gleiche alte Defizitabbau-Strategie heften. Das funktioniert nicht. Europa braucht einen radikalen Richtungswechsel, nicht nur äußerliches Flickwerk. Wenn Regierungschefs nur über Kürzungen reden, gibt es keinen Bereich, wo wir sagen können „Wir haben’s geschafft“. Es gibt kein Licht am Ende des Tunnels, weil der Tunnel einfach länger und länger wird, und das ist die aktuelle desaströse Politik. Das ist ein Missbrauch von Ressourcen. Wir haben jetzt eine Generation gut ausgebildeter junger Menschen, aber sie haben keine Arbeit – das ist eine Katastrophe. F: Der Unterschied ist also der Wille zum Handeln, die Bereitschaft, Dinge zu verändern? A: Nun, die derzeitige Ideologie lautet: weniger Staat, weniger öffentliche Einmischung, Liberalisierung – das gibt dem Markt eine dominante Rolle.


Aber wir alle – selbst die Rechte – wissen, dass dieses Modell die Exzesse der Finanzmärkte und die globale Krise hervorgebracht hat, unter der wir immer noch leiden. Aber anstatt von der Krise zu lernen und das Modell zu ändern, steuert die Rechte direkt zurück in die Zukunft und zu den gleichen, alten wirtschaftlichen Patentlösungen. Sie scheinen unfähig, selbstkritische Veränderungen vorzunehmen, zu erkennen, dass wir eine Systemkrise durchmachen. Stattdessen behandeln sie die Rezession, als wäre sie von verantwortungslosen Einzelpersonen verursacht worden und nicht von Bankern oder engstirnigen Politikern. Und wenn Regierungen keine Reformen durchführen, werden ihre Bürger bestraft, oder zumindest deren Löhne gekürzt. F: Welche Rolle sollten die EU-Institutionen, die Kommission, die Europäische Zentralbank, übernehmen? Wo kommt der Impuls her? A: Der wirkliche Missetäter in der gegenwärtigen Sackgasse ist die Troika, wo alle drei Institutionen – Kommission, Europäische Zentralbank (EZB), Internationaler Währungsfonds (IWF) – sich irren und eine lausige Arbeit machen. Wir fordern, dass die Troika gestoppt wird und die Kommission, gewissermaßen als europäische Regierung, die volle Verantwortung übernimmt und sich mit der EZB abstimmt. Es ist wie eine nationale Regierung, wo der Finanzminister die Politik mit der Zentralbank koordinieren muss, und dasselbe sollte auf europäischer Ebene stattfinden. Die Beteiligung des IWF sollte schrittweise beendet werden, weil die ganze Konstruktion nicht demokratisch legitimiert ist und man nicht weiß, wer verantwortlich ist. Die Troika ist ein gescheitertes Konstrukt ohne öffentliche Rechenschaftspflicht, und sie sollte abgeschafft werden. Allerdings teilen wir in vielen Bereichen die Kritik seitens des IWF und der EU-Behörden. Beispielsweise die Ansicht des IWF-Chefökonomen Olivier Blanchard, der der Kommission immer wieder gesagt hat, sie solle den Ländern mehr Zeit für den Defizitabbau gewähren. Was Olli Rehn gerade für Portugal, Frankreich und Spanien getan hat, nämlich ihnen mehr Zeit zu geben, um ihr Haushaltsdefizit zu verringern, ist sehr wenig und sehr spät – es muss viel mehr unternommen werden. F: Was sollte an die Stelle der Troika treten? Und was wäre das Quid pro quo, also die entsprechende Gegenleistung? A: Hier ist es die Kommission, die die Aufgabe erledigen muss, und das zuständige Kommissionsmitglied ist verantwortlich gegenüber dem Parlament und dem Rat, der aus den nationalen Regierungen besteht, die das Geld bereitstellen. Wir haben in der Kommission einen Vizepräsidenten dafür geschaffen. Sie/Er sollte eine starke Position haben, und auf lange Sicht wollen wir sogar, dass sie/er den Vorsitz des Ecofin und der Eurogruppe übernimmt, ob wir sie/ihn nun mögen oder nicht. Wir werden hoffentlich bald den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) haben: Er ist ein Instrument der Eurozone, und die Eurozone muss sich mit diesem Problem auseinandersetzen und es nicht dem IWF überlassen. Wir können nicht ein starkes Europa und eine starke Eurozone errichten aber dann den IWF um Unterstützung und Einmischung bitten. Das entspricht nicht den europäischen Standards. F: Möchten sie, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus zu einem EWF, einem Europäischen Währungsfonds, wird? A: Schlussendlich, nach seiner Ratifizierung und wenn er mittelfristig seine Arbeit aufgenommen hat – und vielleicht mit einer neuen europäischen Verfassung –, sollte er zum EWF werden. Wir müssen unsere eigene Arbeit erledigen und können nicht andere bitten, es für uns zu tun. Es liegt an uns, unsere Probleme zu lösen, mit wirtschaftlichem Selbstbewusstsein und Stolz. F: Sie haben im Zusammenhang mit dem Schritt hin zu einer vollständigen WWU und dem EU-Gipfel im Juni 2013 einen Sozialpakt gefordert. Wie würde ein solcher Pakt funktionieren? A: Die Sparpolitik wird als eine Methode angesehen, um die Bedeutung des Wohlfahrtsstaats zu mindern.



Der Wohlfahrtsstaat hatte ein soziales Element, ein wirtschaftliches Element, er war Teil der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Man kann ihn nicht davon und vom Wettbewerb mit dem Osten, mit der kommunistischen Diktatur, loslösen. Wir sind gegen die Entkopplung von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Natürlich brauchen wir Reformen, wenn die Menschen immer älter werden und wir einen höheren Anteil von Bürgern haben, die auf eine schrumpfende Anzahl Arbeitnehmer angewiesen sind. Unsere Position ist nicht die, dass wir nichts ändern müssen, aber die WWU als fester Kern Europas muss nicht nur auf das Wachstum schauen, sondern auch auf Beschäftigung, auf ein gewisses Niveau der Beschäftigungsquote, besonders für Frauen. Öffentliche Dienstleistungen sind ein wichtiger Gradmesser der wirtschaftlichen Stabilität; sie sind Teil des Kampfes gegen die Armut und zur Verringerung des zunehmenden Gefälles zwischen höheren und niedrigeren Einkommen. Die ansteigende Ungleichheit in den einzelnen Ländern ist ebenfalls ein wirtschaftliches Problem, denn sie bedeutet weniger Kaufkraft für die Menschen, was wiederum die Nachfrage und das Wachstum zügelt und dadurch die Rezession antreibt. Die Europäer waren immer stärker auf Kredite angewiesen, um diese Lücke zu füllen. Ungleichheit war also eines der zentralen Elemente der auf Verschuldung basierenden Wirtschaft, die 2008 schließlich zusammengebrochen ist. Unser Sozialpakt fordert auch sozialpartnerschaftliche Arbeitsreformen – und das ist ein positives Element –, die durch Tarifvereinbarungen beschlossen werden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind Mindestlöhne oder Mindesteinkommen und Mindestrenten – nicht ein einheitlicher Mindestlohn für ganz Europa, sondern eine EU-weite Vereinbarung, damit die Regierungen der Mitgliedsstaaten in jedem Land Systeme schaffen. Soziale Investitionen in Bildung, das bedeutet Ausbildung und Umschulung, und dass ein gewisser Prozentsatz des Nationaleinkommens in die Umschulung der Arbeitslosen fließt. In den nördlichen Ländern sieht man im Vergleich zum Süden einen großen Unterschied beim Anteil am BIP oder am Haushalt, der in Umschulungsmaßnahmen fließt. Dies sind einige der Elemente, die im Sozialpakt enthalten sein sollten. Wir brauchen also Reformen, aber nicht um den Preis der Zerstörung des gesellschaftlichen Gefüges, sondern vielmehr, um dieses zu unterstützen. Dazu zählt eine höhere Beschäftigungsquote von Frauen, die ein enormes Potenzial haben, aber leider oft immer noch eine größere Last der Kindererziehung tragen. Daher müssen wir in Kinderbetreuung investieren. Wirtschaftliches Wachstum und die volle Beteiligung der Arbeitskräfte und der potenziellen Arbeitskräfte sind ohne Sozialausgaben nicht möglich. Ein Sozialpakt im Rahmen der WWU ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Gerechtigkeit ist ein Kernelement der am besten funktionierenden Volkswirtschaften; sie geht einher mit Wettbewerbsfähigkeit. Wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Fortschritt sind eng verbunden. F: Kritiker werden aber sagen, das ist doch alles dieselbe alte Geschichte; es ist, als hätte es die Krise nie gegeben, man kann sich nicht aus der Krise befreien, indem man mehr ausgibt, und Europas Sozialausgaben sind nicht aufrechtzuerhalten. A: Das Konzept mag zwar alt sein, aber, aber es war lange Zeit auch sehr erfolgreich. Ich wiederhole, der Unsinn der Ideologie hinter solchen Kommentaren ist, dass Sozialausgaben schlecht für die Wirtschaft sind und irgendwie private Investitionen verdrängen. Es geht nicht um soziale Ausgaben kontra wirtschaftliches Wachstum, sondern um Sozialausgaben zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums. Niemand sagt „Konzentriert euch auf Sozialausgaben, und alles wird gut“. Es ist klar, dass es Rentenreformen geben muss und dass eine Rente heute nicht mehr das sein kann, was sie vor 20 Jahren war. Die Bevölkerungsentwicklung in Europa zwingt uns, die aktuellen Rentensysteme zu überprüfen.


Man kann nicht wesentlich mehr Menschen in das Erwerbsleben bringen und Arbeitsplätze schaffen ohne ein gewisses Maß an Sozialausgaben… Denken wir an die Migration – es gibt viele Migranten, die diskriminiert und schlecht behandelt werden, obwohl sie zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen könnten. Ich bin mir absolut sicher, dass mit einer besseren Integrationspolitik mehr Migranten wichtige und verantwortungsvolle Jobs haben und mehr zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen könnten. Wir müssen also die Beziehung zwischen Sozialausgaben, Integrationspolitik und Wirtschaftswachstum aufzeigen. F: Wollen Sie damit sagen, dass sich das auf gewisse Weise selbst finanzieren könnte? Dass der derzeitige Weg einfach kein Wachstum und höhere Schulden bedeutet, mit katastrophalen Ergebnissen? A: Der aktuelle Weg ist eine Sackgasse, und wir sind knapp davor, gegen die Wand zu fahren. Ein tragfähiges Pensionssystem könnte in einem soliden Wachstumsumfeld tatsächlich großteils aus eigener Kraft finanziert werden. Dafür müssen wir aber die Beschäftigungskrise überwinden und die Leute in Arbeit bringen. Sicherlich hat das Ausgeben Grenzen: man kann nicht sagen, je mehr man ausgibt, umso besser. Vielmehr muss man sich auf solche Ausgaben konzentrieren, die einen positiven wirtschaftlichen Beitrag leisten. Man denke beispielsweise an den zunehmenden Wohnungsmangel in der EU. 30 Millionen Menschen in der EU leben in schlechten Wohnverhältnissen1. Fast eine halbe Million sind obdachlos2. Wir fordern die EU auf, ein europaweites, groß angelegtes Programm für Wohnungsbau zu fördern und zu koordinieren, das den höchsten Umweltnormen entspricht. Das ist eine Initiative, die einen dringenden gesellschaftlichen Bedarf angeht und gleichzeitig Hunderttausende Arbeitsplätze in der Bauernschaft schafft, in der die Arbeitslosigkeit am schlimmsten ist. F: Die Alternative würde also auf Investitionen beruhen - unabhängig davon, ob private oder öffentliche? A: Es muss investitionsgestütztes Wachstum sein. Wir reden über soziale Investitionen und ihren möglichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum. Es geht weniger um individuelle Vorteile für die Bürger, sondern mehr um soziale Investitionen in Wohnbau, Bildung und mehr Beschäftigung. F: Sie sagen, es muss mehr strukturelle Reformen geben, aber welche? Und wie würden sie zustande kommen? A: Das erste Element sind staatliche Investitionen – ein mächtiges Instrument, um unsere Wirtschaft ins Lot zu rücken, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und dabei zu helfen, die Industrien der Zukunft zu beflügeln. Doch die Investitionsquote geht enorm zurück, sogar in reicheren Ländern wie Deutschland, und die Infrastruktur verkommt dermaßen, dass womöglich Brücken geschlossen werden müssen, weil es gefährlich ist, sie zu passieren. Wir unterstützen daher Breitbandinvestitionen und Investitionen in notwendige Infrastrukturen – alles Investitionen, die helfen, moderne Arbeitsplätze, Bildung, Ausbildung und Wohnraum zu schaffen. Das Verlangsamen der Schuldenrückzahlung schafft Spielraum für vernünftige Investitionen auf nationaler und europäischer Ebene, um die Wirtschaft zu modernisieren und sie international wettbewerbsfähiger zu machen. Strukturelle Reformen sind dringend notwendig, um die Mängel der letzten zwei oder drei Jahrzehnte zu reparieren, die die tiefste und längste Rezession seit den 1930er Jahren verursacht haben. Dafür aber braucht es nicht nur eine strengere und intelligentere Regulierung des Finanzsektors, sondern auch eine Reform der Unternehmensführung, der Corporate Governance.


Europa muss die Kultur des kurzfristigen Denkens in der Wirtschaft beenden und die Unternehmen mit Anreizen ermutigen, langfristig in die Zukunft zu investieren, durch Innovation, Forschung und Entwicklung. Eine Reform des Arbeitsmarkts ist sicherlich notwendig, aber für uns muss der Zweck darin bestehen, eine gut ausgebildete und anpassungsfähige Arbeitnehmerschaft zu schaffen und eine Partnerschaft zwischen der Unternehmensleitung und den Arbeitnehmern zu fördern. Wir können mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zustimmen, wenn sie mit mehr Sicherheit kombiniert wird – die berühmte „Flexicurity“ in den nordischen Ländern, wo ein höherer Prozentsatz der öffentlichen Ausgaben in Ausbildung und Umschulung fließt. Das kann auf lange Sicht selbsttragend sein, denn so würde weniger Geld für Arbeitslosenunterstützung ausgegeben und mehr für Ausbildung und Umschulung. Das Verhältnis von Ausgaben für Unterstützungsleistungen zu Ausgaben für Umschulungsmaßnahmen muss sich ändern. Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen sich auf Entwicklungen wie Kurzarbeit einigen, um die Menschen in einer Krise im Job zu halten, damit sie dann wieder zur Vollzeitarbeit zurückkehren können, was auch wieder für beide Seiten Vorteile bringt. Die Leute behalten ihre Jobs, und die Arbeitgeber behalten qualifizierte Arbeitskräfte. Für beide Seiten gibt es viele Möglichkeiten, sich auf Maßnahmen zu einigen und vor allem die Jugendarbeitslosigkeit so zu bekämpfen. F: Nach fünf Jahren „kapitalistischer“ Krise sollte doch eigentlich die Zeit reif sein für die demokratische Linke. Dennoch bleibt sie hinter den Erwartungen zurück. Warum ist das so, und was kann dagegen unternommen werden? A: Es ist traditionell so, dass die Linke während einer Krise keine vermehrte Unterstützung genießt, zumindest nicht zu Beginn der Krise. Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise ist die Unterstützung für die Linke zurückgegangen. Warum? Weil die Menschen in einer Krise instinktiv zum Selbstschutz neigen, nationalistischer und engstirniger werden. Das Ergebnis ist, dass beim Versuch, sich zu verteidigen, die ‚anderen‘ beschuldigt werden. In der Zwischenkriegszeit in Deutschland waren es die Juden, heute sind es die Ausländer oder die Muslime, die herausgegriffen werden. Aber die Leute sehen, dass derartige rechtsextreme nationalistische Rhetorik und Politik sie nicht aus der Krise führen, im Gegenteil. Die demokratische Linke, Tony Blair und Gerhard Schröder, hatte ein Konzept, das ich nicht als völlig falsch bezeichnen möchte: Sie wollten die sozialdemokratische Gesinnung ändern. Aber sie haben es übertrieben und die Mängel der Marktreform oder der Arbeitsmarktreform – Stichwort Hartz – nicht erkannt. Nicht alles war schlecht, aber man hätte die Schwachstellen dieser Reformen sehen und sich die Zeit nehmen müssen, sie gemeinsam mit der Liberalisierung der Finanzmärkte zu korrigieren. Insbesondere nach dem Zusammenbruch des Kommunismus lautete die Philosophie: Jetzt müssen wir alles streichen, was mit Sozialismus zu tun hat, und modernisieren. Das hat es problematisch gemacht, einen ausgewogenen sozialdemokratischen Ansatz zu wählen – ein Problem, das in einigen Ländern immer noch besteht. Ein dreißig Jahre lang wirksamer wirtschaftspolitischer Konsens ist am Ende angelangt. Die Unterschiede zwischen Sozialdemokraten und Konservativen sind heute viel größer. Unsere Visionen von Europa gehen stark auseinander. F: Ist mehr Gerechtigkeit für alle eine Möglichkeit, den Aufstieg von Extremisten zu verhindern? A: Um Extremismus zu verhindern, müssen wir liefern. Und dafür müssen wir zuerst zu einer soliden Wirtschaftspolitik zurückkehren. Mit der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung werden die Menschen auch aufgeschlossener sein für den Mehrwert von Migration und Vielfalt.


Wir können keine Politik der offenen Türe für alle machen, aber in einer gesunden Wirtschaft werden zusätzliche Arbeitskräfte von außerhalb Europas benötigt werden. Das ist gleichzeitig der einzige Weg, um die demographischen Entwicklungen auszugleichen, die ansonsten zu Instabilität führen werden. Wenn die Leute den Nutzen einer vernünftigen Migration und Integration erkennen, kann man den Rechtsextremisten, die häufig grundsätzlich ausländerfeindlich sind und den europäischen Grundwerten der Nichtdiskriminierung, Integration und Vielfalt oft diametral entgegenstehen, etwas entgegensetzen. F: Welche Art von Gesellschaft schwebt Ihnen vor? A: Wenn wir beispielsweise nur 20 Prozent der Steuern nehmen, die derzeit hinterzogen und in Steueroasen versteckt werden – Schätzungen zufolge sind das jährlich eine Billion Euro –, könnten wir öffentliche und private Investitionen haben, um Arbeitsplätze zu schaffen und unsere Wirtschaft umweltfreundlicher zu gestalten, für einen ökologischen Umbau unserer Gesellschaft. Der falsche Weg, den Europa in dieser langen Periode konservativer Vormachtstellung eingeschlagen hat, zeichnet sich dadurch aus, dass man das wirtschaftliche Ergebnis über alles andere stellt. Das ist eine armselige Auffassung gegenüber dem Leben, und selbst als Wirtschaftsphilosophie ist es, wie wir gesehen haben, schwach und nicht zielführend. Es ist gut möglich, dass der nächste Aufschwung nicht unter den alten Bedingungen stattfindet – also das wirtschaftliche Ergebnis über alles andere zu stellen –, sondern ein neues, modernes Modell hervorbringt, das für andere – die USA, China – beispielgebend sein kann. Man kann sich im Wettbewerb behaupten und Wirtschaftswachstum und Beschäftigung haben und gleichzeitig seinen ökologischen Fußabdruck auf der Erde und im Ökosystem verringern. Manche nennen das eine realistische Utopie. Wir sind die einzige Fraktion, die die Schaffung von Arbeitsplätzen, die soziale Dimension und die ökologische Erneuerung miteinander verbinden können.

Koautoren: Hannes Swoboda, Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament David Gow, freier Journalist und ehemaliger EU-Wirtschaftsredakteur der Tageszeitung The Guardian ISBN: 978-92-823-4523-8 © Europäische Union 2013. Druck und Veröffentlichung: S&D-Gruppe im Europäischen Parlament, Wiertz 60, 1047 Brüssel Kostenlose Bestellung unter sonja.kothe@spoe.at Download: http://www.socialistsanddemocrats.eu/newsroom/basta-ouralternative-vision


Willkommen Kroatien Montag, 1. Juli 2013

Der 1. Juli 2013 ist für mich ein besonderer Tag. Kroatien ist seit heute offiziell Mitglied der Europäischen Union. Als Kroatien-Berichterstatter des Europäischen Parlaments von Beginn bis zum Ende der Verhandlungen habe ich diesen Beitrittsprozess intensiv begleitet. Ich habe die Kroaten immer davor gewarnt, in der EU ein Paradies zu sehen, wo alle Probleme automatisch gelöst werden. Aber ich habe immer die Meinung vertreten und in vielen Interviews deutlich gemacht, dass das Land den Beitritt zu seiner Modernisierung und zur Beschleunigung der notwendigen Reformen braucht. Und das Land hat sich auch angestrengt und viele Schritte zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption unternommen. Es hat sein Justizsystem und die Verwaltung einer dringend notwendigen Reform unterworfen. Es wäre einfältig zu behaupten, dass das Land optimal auf den Beitritt vorbereitet ist und es keine fundamentalen Probleme mehr gebe. Aber ich kenne viele Mitgliedsländer, sogar Gründungsmitglieder der EU, die massive politische, wirtschaftliche und soziale Probleme haben.

Brüssel (© European Parliament)

Immerhin ist das Land ein exzellentes Beispiel für seine Nachbarn am Balkan, für die Möglichkeit, Reformen mit Tatkraft umzusetzen. Vor allem die Rückkehr der kroatischen Serben und die politische Integration der vor allem von diesen Serben gewählten Partei ins politische System und in die verschiedenen Regierungen ist ein positives Zeichen. Kroatien wird so wie die EU den Reformprozess fortsetzen müssen. Es muss erst die Voraussetzungen schaffen, um zu einem späteren Zeitpunkt der Eurozone beitreten zu können. Und vor allem muss es seine Wirtschaft diversifizieren. Es hat einen hochqualifizierten Tourismussektor. Aber der kann nicht alleine die wirtschaftliche Zukunft des Landes voll ausfüllen. Nach den berechtigten Feiern kommt nun der Alltag. Es bleibt zu hoffen, dass man in Kroatien den Mut und die Kraft finden wird, ihn europäisch zu gestalten und das Land bei Bewahrung der Traditionen und Eigenheiten in die europäische Gemeinschaft zu integrieren.


PRESSE Euroraum braucht mehr Zeit, um die öffentlichen Schulden und Defizite zu verringern 30.11.2012 Die Kommission verlässt sich auf ein unzeitgemäßes Wirtschaftsmodell, das die negativen Auswirkungen der Sparhaushalte auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsplätze stark unterschätzt hat. Der Euroraum braucht mehr Zeit, um seine öffentlichen Schulden und Defizite zu verringern“, erklärte heute der Vorsitzende der S&D Fraktion Hannes Swoboda vor der Veröffentlichung der wirtschaftlichen Empfehlungen der EUKommission. „Übermäßige Ausgabenkürzungen, die ohnehin schwachen Volkswirtschaften aufgezwungen werden, stürzen die europäischen Volkswirtschaften einfach noch tiefer in die Rezession und machen noch mehr Menschen arbeitslos“, fügte er hinzu. Swobodas Warnung folgt auf die alarmierenden Befunde eines unabhängigen Berichts, der von der Sozialdemokratischen Fraktion in Auftrag gegeben und von drei bekannten Wirtschaftsinstituten erstellt worden ist: das Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE) in Paris, das Macroeconomic Policy Institute (IMK) in Düsseldorf und der Economic Council of the Labour Movement (ECLM) in Kopenhagen. Der Bericht wurde heute im Europäischen Parlament in Brüssel der internationalen Presse vorgestellt. Hannes Swoboda übernahm die Präsentation, assistiert von Philippe Weil (Präsident des OFCE), den beiden Verfassern des Berichts Xavier Timbeau und Jérôme Creel, Andrew Watts (stellvertretender Direktor des IMK) und Lars Andersson (Direktor des ECLM). In ihrem Bericht sagen die Experten voraus, dass Europa im kommenden Jahr ein weiteres Rezessionsjahr mit einem Rückgang von 0.3% des Bruttoinlandsprodukts und einem neuerlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit aufgrund der derzeitigen Sparmaßnahmen in den meisten EU-Ländern bevorsteht. Die EU-Kommission prognostizierte im vergangenen November hingegen ein moderates Wachstum von 0,1% des BIP in der Eurozone. Die unabhängigen Wirtschaftsexperten sagen, dass die EU-Kommission die negativen Auswirkungen von Sparmaßnahmen in ganz Europa unterschätze. Sie schlagen vor, die Haushaltskonsolidierung unter Beachtung der derzeitigen EU-Haushaltsregeln zu verschieben und zu verlängern.

„Anstelle von Sparmaßnahmen von beinahe 130 Milliarden Euro für den gesamten Euroraum würde eine ausgewogenere Haushaltskonsolidierung von 0,5 Prozent des BIP in Übereinstimmung mit den Verträgen und dem Fiskalpakt einen Handlungsspielraum von über 85 Milliarden Euro alleine für das Jahr 2013 bewirken. Außerdem würden dadurch 1,5 Millionen Arbeitsplätze gerettet“, schreiben die Experten. Hannes Swoboda sagte abschließend: „Zahlreiche Wirtschaftler in der ganzen Welt, einschließlich Experten des Internationalen Währungsfonds, haben anerkannt, dass diese Kur im Euroraum zu brutal ist. Dieser Bericht zeigt, wie wichtig es ist, eine Alternative zu den wirtschaftlichen Analysen und Empfehlungen der EU-Kommission zu haben. Die Kommission hat eine zu orthodoxe Position eingenommen und sollte in diesem Bereich kein Monopol haben. Es ist höchste Zeit, dass die Kommission ihre Fehler einsieht und wirtschaftspolitische Empfehlungen gibt, die die Eurozone aus der Krise herausführen. Jeder weitere Zeitverlust wird die Lage lediglich verschlimmern.“ Die S&D Fraktion ist bereit, im Europäischen Parlament mit der Kommission zu debattieren. Die sozialdemokratische Abgeordnete Elisa Ferreira wird den Parlamentsbericht über den Jahreswachstumsbericht ausarbeiten.


PRESSE Die Sozialdemokratische Fraktion begrüßt Palästinas Anerkennung durch die UNO 10.12.2012

Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament begrüßt das positive Abstimmungsergebnis in der UNO-Generalversammlung bezüglich Palästinas und fordert Israelis und Palästinenser erneut auf, für eine dauerhafte und friedliche Lösung zusammenzuarbeiten. S&D Fraktionspräsident Hannes Swoboda und die für Außenpolitik verantwortliche Fraktionsvizevorsitzende Véronique De Keyser sagten dazu: „Wir sind erleichtert über das Abstimmungsergebnis in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Wir nehmen die Zusicherungen der Palästinenser zur Kenntnis, dass die Aufwertung des Status Palästinas zum Beobachterstaat dazu beitragen wird, den Nahost-Friedensprozess zu retten. Dies wird im Gegenzug jene in Palästina unterstützen, die seit Jahrzehnten eine auf dem Verhandlungsweg erzielte politische Beilegung des Konflikts herbeisehnen. Wir fordern Israel und Palästina auf, an den Verhandlungstisch zu kommen und auf eine nachhaltige Lösung hinzuarbeiten. Um diese dauerhafte Lösung zu erreichen, sind direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen notwendig.“

Brüssel (© European Parliament)


PRESSE S&D Abgeordnete fordern eine starke Europäische Jugendgarantie 10.12.2012

Die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament reagierten heute mit gemischten Gefühlen auf die Jugendgarantie, die heute als Teil des Beschäftigungspakets der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. S&D Fraktionschef Hannes Swoboda sagte dazu: „Ich begrüße es, dass die EU-Kommission die Idee einer Jugendgarantie aufgreift, für die wir seit über einem Jahr kämpfen. In der vorliegenden Form wird sie der Herausforderung jedoch nicht gerecht. Wir würden eine echte Europäische Jugendgarantie bevorzugen, die mit einer eigenen Finanzierung ausgestattet ist. Eine starke Jugendgarantie wäre ein mächtiges Instrument, um die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen zu bekämpfen. Sie würde garantieren, dass jungen Arbeitslosen geholfen werden muss, eine Ausbildung oder einen Job zu finden oder ihr Studium weiterzuführen. Österreich hat dieses System bereits erfolgreich eingeführt und weist eine der niedrigsten Arbeitslosigkeitsraten Europas auf. Angesichts des Tons, der bei den jüngsten Diskussionen über den zukünftigen EU-Haushalt geherrscht hat, mache ich mir Sorgen, dass die Jugendgarantie ein leeres Versprechen bleiben und von den Mitgliedsstaaten einfach geopfert werden könnte.“

Relaunching Europe Lyon

Der sozialpolitische Sprecher der S&D Fraktion Alejandro Cercas sagte: „In mehreren EU-Ländern sind bis zur Hälfte der Jugendlichen arbeitslos, in der gesamten EU jeder vierte. Daher müssen wir jetzt starke Maßnahmen ergreifen. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte können junge Menschen nicht einem besseren Leben als ihre Eltern entgegensehen. Eine echte Europäische Jugendgarantie könnte ein Teil der Lösung im Kampf gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit sein.“ Die sozialdemokratische Vorsitzende des Beschäftigungs- und Sozialausschusses Pervenche Berès erklärte: „Die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds sollten auf nationaler Ebene wirksam eingesetzt werden, um Jugendliche wieder in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir fordern die EU-Staats- und Regierungschefs auf, bei den Diskussionen über die zukünftige Finanzierung des EU-Haushalts ein solides Budget für den Europäischen Sozialfonds zu beschließen. Mindestens 25% der Kohäsionspolitik sollte ausschließlich für den Europäischen Sozialfonds bestimmt sein. Das System der Jugendgarantie ist Teil des Jahreswachstumsberichts geworden. Die EU-Kommission muss nun die wirksame Umsetzung dieses Systems in den länderspezifischen Empfehlungen gewährleisten.


PRESSE Bekämpfung des Extremismus in Europa: „EU muss bei Demokratie, Einbeziehung und Zusammenhalt stark bleiben“ 12.12.2012

Der Urheber der Anschläge von Utøya hat allein agiert, aber seine extremistischen Ideen sind in der EU und im Internet weit verbreitet. Akademiker, Journalisten und Opfer der Anschläge schlugen heute bei einer internationalen Konferenz über Extremismus und Demokratie diesbezüglich Alarm. Die Veranstaltung im Europäischen Parlament in Brüssel wurde von der Sozialdemokratischen Fraktion organisiert. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion, sagte dazu: „Die Zeit wird knapp. Die EU war angesichts des zunehmenden gewalttätigen Extremismus viel zu lange selbstgefällig. Jetzt müssen wir die Bedrohung anerkennen, die von gewalttätigen rechtsextremen Netzwerken und Bewegungen in Europa ausgeht. Wir brauchen eine schärfere Überwachung des gewalttätigen politischen Extremismus und stärkere europäische Instrumente, um die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten zu beschützen.

Natürlich ist das keine leichte Aufgabe, und wir erkennen an, dass in der Vergangenheit viele Fehler begangen worden sind. Als Vertreter der Bürger ist es jedoch unsere Verantwortung, dabei zu helfen, das Gefühl der Isolation zu beenden, das oft hinter gewalttätigem Widerstand gegen die Demokratie steckt. Die wirtschaftliche Situation verstärkt dieses Gefühl. Deshalb liegt ein Teil der Antwort in stärkerem sozialem Zusammenhalt, Unterstützung für die Zivilgesellschaft und europäischen Investitionen in diesem Bereich. Eine weitere Lösung besteht darin, jungen Menschen beizubringen, beim Surfen im Internet kritischer zu sein. Die norwegischen Bürgerinnen und Bürger haben sich von dieser Tragödie und dieser wahnsinnigen Ideologie nicht verändern lassen. Auf Hass und Extremismus haben sie mit mehr Demokratie, mehr Offenheit – aber nicht Naivität – und mit einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl reagiert. Das ist eine großartige Lehre für ganz Europa.“

Der Anstieg des gewalttätigen Rechtsextremismus wird heute durch die Folgen der Sparmaßnahmen gefördert, die für die Bewältigung der Wirtschaftskrise verhängt werden. Er gedeiht auf den Ängsten und Leiden der Menschen, benutzt Europa und Migranten als Sündenböcke und stellt eine Bedrohung für die Demokratie und den Zusammenhalt Europas dar.“ Die Vizevorsitzende der S&D Fraktion Sylvie Guillaume erklärte: „Was am 22. Juli 2011 in Utøya und in Oslo geschah, ist leider kein isolierter Einzelfall. Die Zahl der gewalttätigen Angriffe und der Morde durch Rechtsextremisten steigt dramatisch an. Die heutige Debatte hat unterstrichen, dass dieses Phänomen in besorgniserregendem Ausmaß zunimmt. Um das ‚Monster‘ zu besiegen, müssen wir jedoch zuerst den Mut haben, es kennenzulernen und seine Entwicklung zu kontrollieren.

Relaunching Europe Linz


PRESSE „Wir sind stolz auf den Friedensnobelpreis, aber jetzt muss der EUGipfel liefern“ 12.12.2012

Bei der heutigen Pressekonferenz der S&D Fraktion in Straßburg betonte der sozialdemokratische Fraktionschef Hannes Swoboda, dass der EU-Gipfel in dieser Woche mit echten Lösungen aufwarten müsse. Zu Recht wurde die Europäische Union gestern mit dem Friedensnobelpreis geehrt, doch jetzt ist es Zeit, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs Maßnahmen zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme beschließen, denen Europa gegenübersteht. Hannes Swoboda kommentierte den bevorstehenden EU-Gipfel und sagte: „In krassem Gegensatz zur lobenswerten Leistung, Frieden für den europäischen Kontinent zu erreichen, sind die Vorschläge der europäischen Politiker zur Lösung der dringenden Probleme in Europa eine absolute Katastrophe. Wir können nicht hinnehmen, dass EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schöne Reden halten, aber ihre Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger nicht einlösen. Der EU-Gipfel muss diese Woche Maßnahmen bezüglich der Europäischen Währungsunion und der Bankenunion ergreifen, um Europa wieder auf Kurs zu bringen. Europa ist nicht nur ein technokratischer Plan; es braucht eine langfristige Vision und praktische wirtschaftliche und politische Maßnahmen für die Umsetzung dieser Vision.

Olli Rehns jüngster Kommentar, dass die Sparpolitik wirke, ist in einem gewissen Sinne richtig – leider aber nur in dem Sinn, dass sie dahingehend wirkt, mehr Arbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit zu schaffen. In ihren Berechnungen verschweigt die Kommission die Auswirkungen der Austeritätspolitik auf das Leben der Menschen, und das ist für uns inakzeptabel.“ Bezüglich der Debatte über die Bankenunion sagte Hannes Swoboda: „Der Rat muss seine Hausaufgaben erledigen, um die dringend erforderliche Bankenunion zu vollenden. Wir im Europäischen Parlament haben unseren Beitrag erbracht und das Dossier im Juni abgeschlossen. Der Rat verzögert jedoch weiterhin die Vollendung. Ich fordere die Finanzminister auf, bei ihrem Treffen in dieser Woche eine Lösung zu finden.“ Im Zusammenhang mit der Eigenkapitalrichtlinie betonte Swoboda: „Dies ist ein weiteres Dossier, bei dem der Rat mit absurden Vorschlägen weitere Fortschritte blockiert. Wir haben eine BonusObergrenze von 100% vorgeschlagen, und der Rat will diese Schwelle auf bis zu 500% eines normalen Gehalts erhöhen. Das ist weit von einem für uns akzeptablen Kompromiss entfernt.“


PRESSE Das EU-Parlament wird gemäß der Forderung der S&D Fraktion das Handelsabkommen mit Kolumbien und Peru überwachen 12.12.2012

Das Europäische Parlament stimmte heute einem Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kolumbien und Peru zu. In den jahrelangen intensiven Verhandlungen haben die Sozialdemokraten eine Hauptrolle gespielt. Der Vorsitzende der S&D Fraktion Hannes Swoboda begrüßte den Ausgang der Abstimmung und kündigte an, dass eine S&D Delegation* vom 16. bis 20. Dezember Bogotá und Lima besuchen werde. Im Anschluss an die heutige Abstimmung sagte Hannes Swoboda: „Kolumbien und Peru haben beim Schutz der Menschenrechte und der Sozialrechte Fortschritte gemacht. Die Lage ist nicht perfekt, aber das ist nicht das Ende unserer Arbeit, sondern erst der Anfang. Wir Sozialdemokraten wollen uns aktiv an diesem Prozess beteiligen. Deshalb möchten wir unsere Beziehungen mit den Regierungen, den Gewerkschaften und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft intensivieren.“ Bernd Lange, außenhandelspolitischer Sprecher der Sozialdemokratischen Fraktion, sagte: „Mit dem neuen Handelsübereinkommen haben wir viel Einfluss in beiden Ländern erlangt. Das hat bereits die Hoffnung auf weitere Verbesserungen für die gesamte Gesellschaft durch wirtschaftliches Wachstum und bessere Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte geschürt.

In der im Oktober 2012 vorgelegten Roadmap verpflichtet sich Kolumbien, die Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Anwendung des Handelsabkommens, die Erhöhung des Budgets für den Schutz von Gewerkschaftern und die Erhöhung der Zahl der Arbeitsinspektionen zu gewährleisten. Ich war auch der Berichterstatter für die bilaterale Schutzklausel und den Stabilisierungsmechanismus für Bananen im Handelsabkommen. Zum ersten Mal haben wir die Kommission verpflichtet, Fragen der Nachhaltigkeit zu überwachen und dem Parlament regelmäßig darüber Bericht zu erstatten. Außerdem wird das Parlament auf Wunsch der S&D Fraktion zum ersten Mal eine Überwachungsgruppe einsetzen, um in enger Zusammenarbeit mit den Parlamenten und der Zivilgesellschaft Kolumbiens und Perus sicherzustellen, dass die Fahrpläne vollständig umgesetzt werden. Ich bin sicher, dass dieses Abkommen Kolumbien und Peru wie auch Europa wirtschaftlichen Fortschritt bringen wird. Es wird uns aber auch bei der gemeinsamen Verteidigung der Menschen- und Arbeitsrechte näher zusammenführen.“

Um dieses Handelsabkommen als Werkzeug zur Erreichung von Verbesserungen– vor allem für die Gewerkschaften in Kolumbien – zu nutzen, hat die S&D Fraktion eine Entschließung eingebracht und durchgesetzt, in der gefordert wird, dass die beiden Regierungen transparente und verbindliche Fahrpläne für Menschenrechte, Arbeits- und Umweltnormen ausarbeiten, bevor die Abkommen in Kraft treten können.“ Als Verfasser der Resolution, die das Europäische Parlament im Juni verabschiedet hat, fügte Bernd Lange hinzu: „Wir haben viel erreicht: Zum ersten Mal haben zwei souveräne Regierungen sich verpflichtet, vom Europäischen Parlament geforderte Politiken durchzuführen.

Straßburg (© European Parliament)


PRESSE „Finanztransaktionssteuer rückt einen Schritt näher“

„Weiterer Schritt zur Annäherung zwischen EU und Russland“

13.12.2012

13.12.2012

Das Europäische Parlament hat heute dem Verfahren zur verstärkten Zusammenarbeit von elf Mitgliedsstaaten* für die Einführung der Finanztransaktionssteuer zugestimmt.

EU-Parlament verlangt von Russland klares Bekenntnis zu Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

„Die Verwirklichung der Finanztransaktionssteuer ist damit einen Schritt näher gerückt“, sagte der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion Hannes Swoboda im Anschluss an die Abstimmung in Straßburg. „In den letzten zwei Jahren haben die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament die Initiative ergriffen, um auf die Einführung dieser Steuer auf EU-Ebene zu dringen. Wir sind jetzt bereit und freuen uns darauf, an einem konkreten Vorschlag der EU-Kommission zu arbeiten. Wir haben die EU-Finanzminister aufgefordert, diese verstärkte Zusammenarbeit so rasch wie möglich zu genehmigen“, betonte Swoboda. „Die Tatsache, dass nur ein Teil der Mitgliedsstaaten mitmacht, darf die Kommission nicht dazu verleiten, ihren ursprünglichen Vorschlag zu verwässern. Die Steuer soll so viele Finanzgeschäfte wie möglich umfassen“, warnte und forderte die S&D Abgeordnete Anni Podimata als Berichterstatterin des Parlaments. „Eine Finanztransaktionssteuer sollte als Beitrag der Finanzmärkte betrachtet werden, um den Schaden wiedergutzumachen, den die Krise angerichtet hat. Sie wird die Marktteilnehmer von besonders spekulativen und riskanten Geschäften abhalten und den Finanzsektor zu seiner ursprünglichen Aufgabe zurückführen, nämlich zur Finanzierung der Realwirtschaft. Mit den erzielten Einnahmen wird die Steuer den teilnehmenden Ländern bei der Verringerung ihrer Schulden und Defizite helfen. Gleichzeitig wird sie die Belastung von den europäischen Bürgern auf den Finanzsektor verlagern“, sagte Podimata abschließend.

Heute Mittag wird über die Empfehlungen des Europäischen Parlaments an den Rat, die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst zu Verhandlungen über ein neues Abkommen EU-Russland abgestimmt. Der Bericht, den der Vorsitzende der Sozialdemokraten im EUParlament, Hannes Swoboda, ausgearbeitet hat, zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland auszubauen und darauf hinzuweisen, dass die Europäischen Grundwerte wie Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Russland verstärkt werden müssen. “Es gibt einige besorgniserregende Themen in Russland und wir werden nicht damit aufhören, diese anzusprechen. Aber wo wir Gemeinsamkeiten finden, werden wir zusammenarbeiten”, so Swoboda gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. “Wir wollen eine strategische Partnerschaft mit Russland, aber Russland muss ebenso seinen Teil dazu beitragen und ein klares Bekenntnis zu Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ablegen. Die derzeitigen Gesetze zu Hochverrat und Spionage sind zutiefst beunruhigend und sie schränken die Meinungsfreiheit ein, da dadurch die Zivilgesellschaft eingeschüchtert wird.” Ebenso nicht hinzunehmen seien die Gesetze gegen “Homosexuelle Propaganda”, denn so Swoboda, “die Diskriminierung von LGBT-Personen ist keine Basis für eine Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland”. Trotz all dieser Kritikpunkte müsse man einen pragmatischen Zugang entwickeln, denn das Verhältnis zu Russland sei von zentraler Bedeutung. “Der Konflikt in Syrien und das iranische Atomprogramm erfordern eine praktische Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland”, betont der Europaparlamentarier. Russlands Versäumnis, seinen Verpflichtungen als WTO-Mitglied nachzukommen, sei eines der Haupthindernisse für den Abschluss des Abkommens. Ebenso weist Swoboda darauf hin, dass das Abkommen nur mit Russland unterzeichnet werde und nicht mit einer von Russland geführten Zollunion. “Wir wollen, dass Russland seine WTO Mitgliedschaft dazu nützt, um seine Wirtschaft zu modernisieren und dadurch der Weg für eine eventuelle spätere Integration in die OECD bereitet wird”, sagt Swoboda. Darüber hinaus wird sich im Bericht für eine Visaliberalisierung mit Russland eingesetzt.


PRESSE S&D Delegation traf heute in Bogotá den kolumbianischen Staatspräsidenten Santos 18.12.2012

Eine Delegation der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament traf heute mit führenden Politikern und Menschenrechtsaktivisten in Kolumbien zusammen, um aus erster Hand Einblicke in die Fortschritte zu erhalten, die das lateinamerikanische Land im Kampf gegen die Gewalt und bei der Förderung der Menschenrechtsstandards gemacht hat.

Der Sprecher der S&D Fraktion für Lateinamerika Luis Yáñez-Barnuevo sagte: „Die regionale Bedeutung und Rolle Kolumbiens wird künftig zunehmen. Diesbezüglich hat das Handelsabkommen eine besondere Bedeutung. Wir werden die Zusammenarbeit mit Kolumbien verstärken, um eine starke und progressive Partnerschaft mit ganz Lateinamerika aufzubauen.“

Im Anschluss an ein Treffen mit dem kolumbianischen Staatspräsidenten Juan Manuel Santos sagte heute der Vorsitzende der S&D Fraktion Hannes Swoboda: „Kolumbien hat noch einen weiten Weg vor sich, aber das vor kurzem abgeschlossene Handelsabkommen zwischen Kolumbien und der EU, das ein Menschenrechtspaket beinhaltet, wird mehr wirtschaftliche Entwicklung, mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Arbeitnehmerrechte bringen.“

Für die S&D Fraktion und für die Interessengruppen in Kolumbien dienen Handelsabkommen wie jenes zwischen der EU und Kolumbien nicht nur dazu, die beiderseitigen wirtschaftlichen Vorteile auszubauen, sondern sie leisten auch einen Beitrag zur sozialen Entwicklung und zur Integration der Ärmsten in die Gesellschaft.

Bernd Lange, außenhandelspolitischer Sprecher der Sozialdemokratischen Fraktion und Verfasser einer Entschließung, die einen Fahrplan für Menschenrechte, Arbeits- und Umweltnormen als Teil der Handelsabkommen mit Kolumbien und Peru forderte, sagte: „Wir wollen mit dieser Mission ein starkes Zeichen setzen: Die Ratifizierung dieses Abkommens ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer zukünftigen engen Zusammenarbeit. Wir werden in enger Partnerschaft mit Menschenrechtsgruppierungen die Umsetzung des gesamten Handelsabkommens einschließlich des Fahrplans überwachen.“

Bogota

Dieses Abkommen kann ein Muster für weitere Abkommen und für die Schaffung einer umfassenden Partnerschaft zwischen der EU und den Entwicklungs- und Schwellenländern sein. Deshalb hat die europäische Delegation das Angebot des kolumbianischen Vizepräsidenten Angelino Garzón für eine gemeinsame Veranstaltung über die Menschenrechtsaspekte von Handelsabkommen begrüßt.


PRESSE „Endlich ein langerwarteter sozialer Fortschritt vom Europäischen Rat!“ 18.12.2012

Sozialdemokraten begrüßen Entscheidung der Kommission, die ACTA-Berufung beim EuGH zurückzuziehen 23.12.2012

Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, kommentierte die Ergebnisse des Europäischen Gipfels: „Es ist höchst erfreulich, dass der Rat endlich auf die Forderungen der Sozialdemokratischen Fraktion eingegangen ist und jetzt die soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion betrachtet, und vor allem die Achtung des sozialen Dialogs. Es ist erstaunlich, dass die Kommission dieses wichtige Thema für die zukünftige wirtschaftliche und politische Union nicht von sich aus aufs Tapet gebracht hat. Wieder einmal mussten sozialistische und sozialdemokratische Staatsund Regierungschefs von Ländern wie Frankreich und Österreich diese Ergänzung fordern. Insbesondere begrüße ich, dass der merkwürdige Prozess der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission jetzt aufgeweicht und die Notwendigkeit einer gemeinsamen Vereinbarung hervorgehoben wird. Die Zeit bis Juni 2013 muss nun optimal genutzt werden, um einen Dialog über ein visionäreres und stärker sozial orientiertes Konzept für Europas Zukunft zu beginnen.“

Fünf Monate nach der Ablehnung des Handelsabkommens gegen Produktpiraterie (ACTA) durch das Europäische Parlament kündigte die EUKommission heute an, ihre Berufung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zurückzuziehen. Die Kommission wollte mit der Berufung eine rechtliche Unterstützung für umstrittene Artikel erhalten, die möglicherweise die Grundrechte der EU-Bürger verletzt hätten. Hannes Swoboda, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion, die bei der Ablehnung von ACTA federführend war, sagte dazu. „Es wurde langsam Zeit, dass die Kommission erkennt, dass ACTA falsch war. Das war die beste Entscheidung, denn der Beschluss des Europäischen Parlaments vom letzten Juli war bereits das Aus für ACTA.“ Der S&D Abgeordnete David Martin, ACTABerichterstatter des Europaparlaments, erklärte: „Ich begrüße die heutige Erklärung der Kommission. Die EU kann einem Abkommen nicht ohne Ratifizierung durch das Europäische Parlament beitreten. Die Europaabgeordneten haben ACTA im Juli mit überwältigender Mehrheit abgelehnt, und es freut mich, dass die Kommission nun anerkannt hat, dass dies dank dem Parlament das Ende des Weges für ACTA in der EU war.“ Der S&D Fraktionssprecher für internationalen Handel Bernd Lange sagte: „Die Mühlen der Kommission mahlen langsam, zu langsam. Offenbar war es für die Kommission ein sehr schmerzhafter Prozess, zu erkennen, dass ihr ACTA-Projekt gescheitert ist. Ansonsten hätte sie für diese Entscheidung nicht bis heute zugewartet. Wir erwarten jetzt einen Kommissionsvorschlag für ein modernes Urheberrechtsgesetz für den digitalen Bereich.“

Straßburg (© European Parliament)


PRESSE 2012 war ein verlorenes Jahr für die europäischen BürgerInnen – 2013 müssen wir soziale Maßnahmen für die Menschen ergreifen und in Wachstum investieren 28.12.2012

Zum Jahresende kommentiert der Vorsitzende der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda, das Jahr 2012 und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr. 2012 war geprägt von harschen Sparmaßnahmen, die die Mehrheit konservativer Staats- und Regierungschefs in Europa durchgesetzt hat. Ihre Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger Europas waren dramatisch. Für sie war es in vielerlei Hinsicht ein verlorenes Jahr. Wir haben 2012 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 10,1% im Vorjahr auf 11,3% erlebt. Das bedeutet, dass wir 2012 fast 26 Millionen Arbeitslose haben, was einer Zunahme der Arbeitslosenzahl von über zwei Millionen im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Besonders ernst ist die Jugendarbeitslosigkeit. Auf EU-Ebene ist jeder fünfte Jugendliche arbeitslos. In einigen Ländern ist die Jugendarbeitslosenquote sogar noch schlimmer und liegt bei über 50%. Das bedeutet, dass dort die Hälfte unserer Jugendlichen ohne Arbeit oder ohne Hoffnung ist. Viele Länder haben ihre Zahlungen für Bildung sowie für Forschung und Entwicklung reduziert – zwei Bereiche, die für die wirtschaftliche Erholung unerlässlich sind. Was die Verringerung der Schulden der Mitgliedsstaaten anbelangt, haben wir nur begrenzte Erfolge gesehen. Sogar bereits vereinbarte Maßnahmen wie der Wachstumspakt haben wenig Wirkung gezeigt, was die Durchführung betrifft. Der Ausblick für 2013 deutet an, dass wir ein weiteres verlorenes Jahr erleben könnten, wenn wir unsere Politik nicht drastisch ändern und mehr in Wachstum investieren.“

Hannes Swoboda kritisiert, dass in sozialen Fragen nur ein Minimum an Maßnahmen ergriffen wurde: „Zahlreiche Gesetze im sozialen Bereich, die EUKommissionspräsident José Manuel Barroso versprochen hat, harren immer noch ihrer Umsetzung. Das bezieht sich vor allem auf den Missbrauch von Arbeitnehmern durch Unterauftragsketten, den Verlust von Rechten für entsandte Arbeitnehmer, untypische Verträge, übermäßige Arbeitszeiten und Diskriminierung. Rechtsvorschriften, die den sozialen Dialog und Kollektivverhandlungen fördern, und eine Gesetzgebung für Umverteilungspolitiken wie ein Mindesteinkommen und Sozialdienstleistungen müssen vorangetrieben werden. Im Hinblick auf den Sozialpakt, den unsere Fraktion im vergangenen Jahr gefordert hat, forderte der Rat Herman Van Rompuy auf, Vorschläge für die soziale Dimension der EU zu machen. Das ist eine positive Entwicklung, doch müssen wir jetzt sicherstellen, dass dies ordentlich umgesetzt wird und 2013 spezifische Maßnahmen folgen. Die Europäische Jugendgarantie, die die S&D Fraktion dringend fordert, ist von der EUKommission ebenfalls aufgegriffen worden. Wir wünschen uns jedoch eine stärkere Garantie auf europäischer Ebene. Die Mitgliedsstaaten haben jetzt ein klares Mandat, um dies voranzutreiben. Es liegt an der Kommission, dafür zu sorgen, dass auf nationaler Ebene einschlägige Maßnahmen folgen. In dieser Hinsicht ist es bedauerlich, dass wir mit einer Verringerung der Mittel für den Europäischen Sozialfonds konfrontiert sind, der das Instrument für die Durchführung dieser Garantie wäre.“ Hannes Swoboda kommentierte die Verhandlungen über den EU-Haushalt und betonte: „Das Europäische Parlament hat gezeigt, dass es am Prozess der Budgetpolitikgestaltung teilnehmen kann. Trotz fehlender Finanzierung für bereits vereinbarte Ausgaben haben wir es geschafft, uns auf einen Kompromiss zu einigen. Ich sehe jedoch nicht, wie wir dem Kompromiss des EU-Rats zustimmen könnten, der die Anforderungen einer effizienten Haushaltspolitik bei weitem nicht erfüllt.“


PRESSE „Wir brauchen einen anderen wirtschaftspolitischen Ansatz“ 16.1.2013

Bei der monatlichen Pressekonferenz der Sozialdemokratischen Fraktion in Straßburg forderte heute Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion, einen Richtungswechsel für die Wirtschaftspolitik der EU. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann wird heute im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg sprechen. Hannes Swoboda sagte dazu: „Österreich ist ein gutes Beispiel für eine andere Wirtschaftspolitik, die die Regierung verfolgt. Werner Faymann steht für eine echte Alternative zur neoliberalen Denkweise der EU-Kommission, und er hat Erfolg damit. Sein Ansatz beruht auf dem sozialen Dialog und auf der Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern. Österreich weist die niedrigste Arbeitslosenrate in Europa auf und hat vor allem eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Das ist zum Teil auf die frühzeitige Einführung einer Jugendgarantie zurückzuführen, die jungen Menschen bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben hilft und sehr effizient funktioniert. Österreich hat die Bedeutung eines ausgeglichenen Staatshaushalts begriffen; aber seine Regierung versucht, dieses Ziel durch einen umfassenden Ansatz zu erreichen, bei dem Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen gegebenenfalls kombiniert werden. Österreich steht an vorderster Front im Kampf für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die unsere Fraktion schon seit langem fordert.“

Relaunching Europe Linz

In Bezug auf die aktuellen Entwicklungen in Frankreich und die jüngste Einigung zwischen der französischen Regierung, den Arbeitgebern und den Gewerkschaften sagte Hannes Swoboda: „Wir begrüßen die Einigung, die der französische Präsident Hollande mit den anderen betroffenen Interessengruppen erreicht hat. Das beweist, dass eine sinnvolle und sozial ausgewogene Lösung gefunden werden kann, wenn alle Beteiligten in die Verhandlungen einbezogen werden.“ Swoboda schloss seine Ausführungen mit einer Forderung nach wirtschaftspolitischen Maßnahmen unter der EU-Ratspräsidentschaft Irlands: „2013 ist das letzte volle Jahr vor den Europawahlen. Es ist Zeit, unsere Arbeit für eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte zu Ende zu bringen. Die europäische Bankenunion muss in diesem Jahr vollendet werden und voll funktionsfähig sein, um Ländern in wirtschaftlicher Not zu helfen, die Stabilität des europaweiten Bankensystems zu gewährleisten und zu verhindern, dass die Steuerzahler die Kosten zukünftiger Bankenzusammenbrüche tragen müssen. Wir brauchen strengere Regeln für Ratingagenturen und die Einrichtung einer unabhängigen Ratingagentur in Europa. Zu guter Letzt fordern wir Fortschritte bei der Eigenkapitalrichtlinie.“


PRESSE „Verbesserung der Beziehungen EU-Ägypten muss auch Fortschritte bei den Menschenrechten umfassen“ 22.1.2013

In einer Rede im Rahmen einer hochrangig besetzten sozialdemokratischen Konferenz am Vorabend des zweiten Jahrestags der ägyptischen Revolution (Kairo, 19. Januar 2013) unterstrich Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, wie wichtig es sei, die Beziehungen der EU zu Ägypten zu verbessern und die Demokratie im Land zu stärken. „Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sind bereit, Ägypten politisch und wirtschaftlich zu unterstützen. Aber der ägyptische Staatspräsident Mohammed Mursi muss eine Atmosphäre des Vertrauens innerhalb wie auch außerhalb des Landes schaffen.“ Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) Sergej Stanischew sagte in seiner Rede vor den ägyptischen Partnern der SPE: „Die Demokratie in Ägypten liegt in den Geburtswehen. Die Parlamentswahlen werden bald stattfinden, und es ist unerlässlich, dass das Gesetz, nach dem sie abgehalten werden, fair ist. Das Wahlgesetz muss wie eine Geburtshelferin sein, die eine gesunde Demokratie hervorbringt. Die Nationale Heilsfront ist in diesem Prozess von entscheidender Bedeutung. Die gemeinsam mit Mohammed El Baradei, Hamdin Sabahi und Mohammed Abulghar geschaffene Plattform ist die richtige Antwort auf die Arroganz der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit.“ Hannes Swoboda fügte hinzu: „Eine Revolution zu inspirieren, ist eine Sache, aber einen funktionierenden demokratischen Staat zu schaffen, ist eine ganz andere. Die S&D Fraktion fordert Präsident Mursi folglich auf, die Notwendigkeit eines integrativen politischen Dialogs in allen Bereichen und mit allen demokratischen Kräften in Ägypten zu akzeptieren. Das ist unerlässlich, wenn die demokratischen Fortschritte der Revolution gefestigt werden sollen und das Land sowohl politisch und wirtschaftlich als auch in Bezug auf seine Menschenrechtssituation ein erfolgreicher Staat werden soll. Das kann nur erreicht werden, wenn ein umfassender Dialog zwischen allen politischen Kräften Wirklichkeit wird. Die Sozialdemokratische Fraktion ist der Ansicht, dass ein Handelsabkommen mit Ägypten für die Wirtschaft des Landes lebenswichtig ist. Ägyptische Erzeugnisse müssen leichter und in größerem Umfang Zugang zu Europas Märkten haben. Deshalb werden wir auf diesbezügliche Verhandlungen dringen.

Die EU sollte Ägypten finanziell unter die Arme greifen, und die S&D Fraktion unterstützt größere wirtschaftliche Chancen für dieses Land. Die uneingeschränkte Achtung der grundlegenden Menschenrechte, insbesondere der Medienfreiheit und der Frauenrechte, ist jedoch eine Vorbedingung für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Ägypten und der EU. Aus finanzieller Sicht sind wir überzeugt, dass die europäischen Banken das gesamte beschlagnahmte Geld aus Mubaraks Konten der ägyptischen Regierung zurückgeben müssen, da dieses Kapital dem ägyptischen Volk gehört. Die Europäische Union sollte das ErasmusProgramm auf ägyptische Studenten ausweiten, um der jüngeren Generation die Gelegenheit zu geben, an europäischen Universitäten zu studieren.“ SPE-Vorsitzender Stanischew sagte abschließend: „Die Konferenz hat auch das ‚Arabische Sozialdemokratische Forum‘ ins Leben gerufen, das als eine regionale Struktur für sozialdemokratische Parteien agieren soll.“

Kairo (© PES)


PRESSE Camerons EU-Rede: „Viel Lärm um Nichts“ 28.1.2013

Nach mehreren Verschiebungen legte der britische Premierminister David Cameron heute seine Vision für die Zukunft der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich dar. Dabei äußerte er seine Hoffnung auf eine „Neuverhandlung“ der Position Großbritanniens innerhalb der EU und kündigte ein anschließendes Referendum über Verbleib oder Austritt aus der EU an. Beides würde erst nach den britischen Parlamentswahlen im Jahr 2015 stattfinden. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, reagierte auf Camerons Rede: „Die tragikomische Rede von David Cameron ist weit hinter allen Erwartungen zurückgeblieben, sei es von rechts oder links, von britischer oder kontinentaleuropäischer Seite. Er hätte weniger Zeit dafür verschwenden sollen, nach Schauplätzen für seine Rede Ausschau zu halten und mehr Zeit darauf verwenden sollen, zu schauen, welche Vorteile die EU-Mitgliedschaft dem Vereinigten Königreich bringt. Herr Cameron hat heute zu einem absurd frühen Zeitpunkt eine Kampagne für seine Wiederwahl gestartet und dabei versprochen, den Platz Großbritanniens innerhalb der EU in zweieinhalb Jahren neu zu verhandeln und den entsprechenden Beschluss anschließend dem britischen Volk zur Abstimmung vorzulegen. Dabei gibt es doch mit Sicherheit jede Menge Probleme, über die Herr Cameron jetzt gleich entscheiden könnte. Mit dem Startschuss für den Wahlkampf für 2015 ist den britischen Bürgern bei der Suche nach Arbeit oder bezahlbaren Wohnungen wohl kaum geholfen. Der britische Premierminister irrt sich auch, wenn er glaubt, dass er die europäischen Institutionen und die EU-Staats- und Regierungschefs erpressen kann, um nicht enden wollende individuelle Ausnahmen für Großbritannien gewährt zu bekommen. Wenn Herr Cameron diese Änderungen unterschriebe, fände er in den progressiven Kräften Europas einen Verbündeten. Für einen echten Wandel wird er jedoch mit anderen europäischen Ländern und mit dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission zusammenarbeiten müssen. Drohungen und Listen mit einseitigen Forderungen werden nicht dazu beitragen, die Unterstützung der Partner zu erlangen, die er überzeugen muss.

Kontinuierliche Entwicklung ist seit jeher ein zentrales Element der EU, und das Interesse Großbritanniens an Veränderungen in Europa ist zu begrüßen. Auch wir wollen, dass Europa sich weiterentwickelt. Wir glauben, dass Europa eine Union mit mehr Solidarität und sozialer Gleichheit wird, ein Europa, wo die Kluft zwischen Reichen und Armen geschlossen und nicht vergrößert wird. Ich bedaure, dass Herr Cameron von seiner eigenen Partei in Geiselhaft genommen worden ist. In meinem Brief habe ich ihn gewarnt, dass ständige Zugeständnisse an die nostalgischen Tagträumereien einiger lautstarker Hinterbänkler Großbritannien zu einem unvermeidbaren Verlust von Einfluss und wirtschaftlichem Gewicht verurteilen werden. In Zeiten von Nullwachstum und echten Problemen, die auf nationaler Ebene bewältigt werden müssen, sind Diskussionen über einen EU-Ausstieg mit Sicherheit nicht das, was die britischen Bürgerinnen und Bürger brauchen, verdienen oder wollen. Die ganze politische Energie dafür aufzuwenden, die antieuropäischen Krankheitssymptome einiger lärmender Hinterbänkler zu lindern, und die antieuropäische Paranoia zu füttern, die die Wähler in die Arme der UKIP treibt, erhöht lediglich die Unsicherheit. Das wiederum kann nur der Wirtschaft schaden, sowohl der britischen als auch der europäischen. Niemand in der Sozialdemokratischen Fraktion möchte einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Wir schätzen die wichtigen Beiträge, die das Vereinigte Königreich in den vier Jahrzehnten seiner EU-Mitgliedschaft beigesteuert hat, vor allem in Bezug auf die Schaffung des Binnenmarkts. Doch die Vollmitgliedschaft in der EU bringt auch Großbritannien große Vorteile. Die britische Industrie, die Verwaltung, eine große Mehrheit der britischen Jugendlichen und viele führende konservative Politiker versuchen, diese Tatsache in David Camerons Denkweise einzuflößen.“


PRESSE Wahl in Israel: „Kein Erfolg für Netanyahu“

„Entschlossene Unterstützung für Griechenland und die südlichen Länder bei Bekämpfung der Krise“

28.1.2013 28.1.2013

Nach den vorläufigen Ergebnissen der israelischen Parlamentswahlen sehen die europäischen Sozialdemokraten die Tatsache, dass die Unterstützung für Premierminister Netanyahus konservative Likud-Partei und ihre Verbündeten schwindet, als Zeichen dafür, dass viele Israelis einen neuen Impuls für den Friedensprozess wünschen. Der Vorsitzende der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda, unterstrich den Handlungsbedarf seitens der EU im israelischpalästinensischen Friedensprozess: „Diese Wahl war alles andere als der große Erfolg für Bibi Netanyahu, den manche erwartet hatten. Das ist ein Zeichen der zunehmenden Unterstützung für einen echten Friedensprozess. Ich möchte all jene, die es satt sind, dass die rechtsgerichtete Regierung die Verhandlungen ständig abwürgt, versichern, dass die Europäische Union neue Verhandlungen mit dem Ziel einer nachhaltigen, friedlichen Lösung für alle Beteiligten uneingeschränkt unterstützt. Nationalistischer Populismus ist nicht die Antwort und wird nicht zum Erfolg führen. Die Europäische Union muss als unabhängiger Akteur mit einer neuen Friedensinitiative aufwarten, für all jene, die gegen Benjamin Netanyahu gestimmt haben, und für alle Menschen in Israel und in Palästina.“

In seiner Rede bei der heutigen Konferenz in Athen zum Thema ‚Der Süden in der Krise: Zeit für eine sozialdemokratische Antwort‘ unterstützte Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, den Dialog, der durch den Internet-Blog ‚Der Süden im Gespräch‘ über die Krise im Süden Europas begann. Er unterstrich die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Strategie im Rahmen der Gemeinschaftsmethode, um die Krise zu bewältigen. Er forderte die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten auf, gemeinsam zu handeln und für Investitionen in Wachstum, Innovation und Beschäftigung zusammenzuarbeiten. Hannes Swoboda bekräftigte, dass Griechenland und das griechische Volk in dieser schwierigen Periode die volle Unterstützung der Sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament haben: „Die Lage in Griechenland bleibt sehr kritisch, insbesondere in sozialer Hinsicht. Wir sind jetzt aber optimistischer und zuversichtlicher, weil die Lage besser ist als im letzten Jahr. Dennoch bleibt die Aufgabe, Griechenland bei der Überwindung seiner wirtschaftlichen Probleme durch wachstumsfördernde Maßnahmen zu helfen, entscheidend. Es ist klar, dass die Bemühungen zur Verringerung des Defizits und der öffentlichen Schulden ohne Wirtschaftswachstum keine Chance haben. Die griechische Regierung muss den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption ernster nehmen. Griechenland braucht sofortig finanzielle Sicherheit, um die notwendigen Reformen fortzusetzen und dem griechischen Volk Vertrauen in die europäische Solidarität zu geben. Die EU muss Griechenland dabei helfen, eine realistische und gerechte Wachstumsstrategie umzusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Unser Ziel bleibt unverändert: Wettbewerbsfähigkeit und Reformen mit Beschäftigung und sozialer Gerechtigkeit zu kombinieren. Griechenland und alle europäischen Länder brauchen mehr denn je eine alternative Politik für Wachstum und Beschäftigung. Wir sind bereit, für ein sozial gerechteres Europa und für eine progressive europäische Zukunft zu kämpfen.“

Jerusalem


PRESSE Hitlers Machtergreifung vor 80 Jahren: „Die Geister der Vergangenheit könnten wiederauferstehen“ 4.2.2013

Am 30. Januar 2013 jährt sich zum 80. Mal der Jahrestag der Machtergreifung Hitlers in Deutschland. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Europaabgeordneten, Hannes Swoboda, warnt davor, dass eine weitere Verschärfung der sozialen Ungerechtigkeiten in Europa erneut zu Unterstützung populistischer, nationalistischer und extremistischer Politik führen könnte. “Nationalistische Kreise hatten Adolf Hitler 1933 bewusst an die Macht gespült, doch seine Machtergreifung war vor allem das Resultat einer horrenden Arbeitslosigkeit, steigender Armut und eines gravierenden sozialen Abstiegs der unteren Mittelklasse. So wurden viele Deutsche anfällig für die nationalistische, antisemitische und ausländerfeindliche Rhetorik und Propaganda der Nationalsozialisten.

Straßburg (© European Parliament)

“In keinem Land Europas ist heute ein neuer Hitler zu finden. Aber in vielen Ländern sehen wir steigende Arbeitslosigkeit und Armut sowie den sozialen Abstieg der unteren Mittelschicht. Wie 1933 ist das fruchtbarer Boden für die nationalistische, antisemitische oder heute vielfach islamophobe Rhetorik der rechten Populisten. Das bringt Gefahren für die Demokratie und für eine zukunftsgerichtete Zuwanderungsund Integrationspolitik. “Europa muss diese Entwicklungen ernst nehmen und seine Wirtschafts- und Sozialpolitik ändern, um die horrende Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und der rechtsextremen Rhetorik zu begegnen. Das kann nicht geschehen, wenn man unter Europa nur einen großen Binnenmarkt versteht. Es bedarf einer fortschrittlichen politischen Union, um die wiederauferstandenen Geister zu verscheuchen.”


PRESSE Sozialdemokraten unterstützen Erweiterungsperspektiven für den westlichen Balkan 4.2.2013

Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament ruft nachdrücklich zu einem erneuerten Bekenntnis der EU zum Erweiterungsprozess für den Westbalkan auf. Bei einem Treffen in Triest (Italien) mit sozialdemokratischen Parlamentsabgeordneten aus Ländern des westlichen Balkans sagte Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion: „Zehn Jahre nach dem historischen Gipfel von Thessaloniki müssen wir den politischen Schwung hinter der Erweiterung auf dem Westbalkan wiedererlangen. Das EU-Projekt selbst braucht einen Neustart, eine neue Dosis an politischer Vitalität und fantasievoller Führung, um wirtschaftlich wieder auf Wachstumskurs zu kommen. Dasselbe gilt für die Erweiterung, denn sie ist ein integraler Bestandteil einer progressiven europäischen Vision. Als europäische Sozialdemokraten werden wir uns weiterhin für die Erweiterung einsetzen, auch in so schwierigen Zeiten wie heute. Der Erweiterungsprozess muss korrekt und fair sein: Die EU verlangt viel von den Kandidatenländern und den Beitrittsanwärtern, aber das ist nur zum Vorteil ihrer Bürger. Allerdings muss natürlich auch die EU ihre eingegangenen Verpflichtungen erfüllen.“ Libor Rouček, Vizevorsitzender der S&D Fraktion und Kroatien-Berichterstatter des Europaparlaments, sagte: „Der Beitritt Kroatiens im Juli 2013 ist eine Botschaft an die anderen Länder, dass die EUIntegration kein abstrakter Begriff ist, sondern eine echte Perspektive, ein Prozess, der die Institutionen und die Wirtschaft modernisiert und das Leben der Bürger verbessert. Das Beispiel Kroatiens zeigt außerdem, dass ein nationaler Konsens über den EU-Beitritt und Reformen – sowohl zwischen den politischen Parteien als auch innerhalb der Gesellschaft als Ganzes – eine unerlässliche Vorbedingung für den Erfolg ist.“ Maria Eleni Koppa, sozialdemokratische Berichterstatterin für die Erweiterung, sagte: „Der Erweiterungsprozess muss am Leben bleiben, denn es wäre ein großes Risiko, die Länder des westlichen Balkans zu verlieren.

Wir müssen sowohl die Bürger der Länder dieser Region als auch die Bürger der EU-Mitgliedsstaaten mit einbeziehen. Wir brauchen eine neue Kommunikationsstrategie, die die Erweiterung sowohl in der EU als auch in den Kandidatenländern und den möglichen Kandidatenländern weiterhin ganz oben auf der Agenda hält.“ Bezüglich des neuen Instruments für Heranführungshilfe für den Zeitraum 2014-2020 unterstrich der Berichterstatter des Europaparlaments Kristian Vigenin, dass das Parlament eine Reihe von Themen aufnehmen wird, die für die Sozialdemokratische Fraktion von hoher Priorität sind, wie z.B. Armutsbekämpfung, Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen, Stärkung des sozialen Dialogs, Minderheitenschutz, Stärkung der Stellung von Frauen, usw. Vigenin betonte zudem, dass es in der Verantwortung der sozialdemokratischen Parteien in Südosteuropa liege, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Länder ihre EU-Integration gegenseitig unterstützen und nicht blockieren. „Die Parteien des rechten Flügels haben gezeigt, dass sie dazu nicht fähig sind“, sagte er. Die S&D Abgeordnete Tanja Fajon, Berichterstatterin für die Visaliberalisierung, hob hervor, wie wichtig es sei, die Reisefreiheit im Schengenraum für die Bürger des westlichen Balkans beizubehalten: „Wir müssen gewährleisten, dass diese Freiheit nie gefährdet wird. Die Visaliberalisierung war einer der wichtigsten und konkretesten Schritte auf dem Weg dieser Länder in die EU. Jede Wiedereinführung von Visa für eines oder mehrere dieser Länder wäre ein schwerer Schlag für den Integrationsprozess. Die Europäische Union muss verantwortungsbewusst und glaubwürdig handeln.“


PRESSE „François Hollande hat den Wandel in Europa eingeleitet“ 6.2.2013

„Der Wandel ist in Frankreich im Gange, und dank ihrer Entschlossenheit und ihrem Durchsetzungsvermögen ist er nun auch in Europa im Gange“, erklärte der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion Hannes Swoboda heute im Rahmen einer Plenardebatte mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande im Europäischen Parlament in Straßburg. Swoboda unterstrich, dass François Hollande innerhalb von acht Monaten sich mit seiner Führungsstärke gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel durchgesetzt und „konkrete Ergebnisse“ erreicht habe: „Frau Merkel ist nicht mehr die Oberkommandierende wie zu Zeiten des Paares Merkozy. Seit der Wahl von François Hollande verfügt Europa nunmehr über einen Wachstumspakt, der die verheerenden Folgen einer blinden und einseitigen Sparpolitik korrigieren soll, eine erste Einigung über die Einrichtung einer europäischen Bankenunion und ein Bekenntnis der europäischen Staats- und Regierungschefs, die soziale Dimension der Eurozone zu stärken“, betonte der S&D Fraktionschef. „Europa steckt aber weiterhin in der Krise. Die EU muss investieren, um zurück auf den Weg zum Wachstum zu kommen. Der Wachstumspakt muss unbedingt mehr Dynamik erhalten. Wir brauchen eine vernünftige Haushaltskonsolidierung, die für die Menschen zumutbar ist“, sagte Swoboda und zitierte den ehemaligen französischen Präsidenten François Mitterrand: „Man muss der Zeit ihre Zeit lassen.“

Straßburg

In zwei Tagen wird der französische Präsident an einem für die Zukunft der Europäischen Union entscheidenden Gipfel teilnehmen. Hannes Swoboda unterstrich diesbezüglich, dass die Sozialdemokraten ein ehrgeiziges und modernisiertes europäisches Budget wollen, das auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet ist. „Dieses Parlament wird nur ein Budget akzeptieren, das Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit verstärkt“, betonte er. Der Vorsitzende der S&D Fraktion ermutigte den französischen Staatspräsidenten, die Reformen fortzusetzen, „um ein Europa zu errichten, das sozial gerechter, solidarischer und weltweit wettbewerbsfähiger ist“. Während derzeit das 50-jährige Jubiläum der deutsch-französischen Freundschaft gefeiert wird, ermutigte Hannes Swoboda den französischen Präsidenten, mit der deutschen Bundeskanzlerin zusammenzuarbeiten. „Sie haben ihren Wahlkampf in Frankreich mit dem Versprechen begonnen, den französischen Traum neu zu erfinden. Jetzt, als Mitglied des Europäischen Rats, können sie uns dabei helfen, den europäischen Traum neu zu erfinden. Sie müssen Frau Merkel sagen: Angela, du bist die Erbin von Konrad Adenauer, von Willy Brandt, von Helmut Schmidt, von Helmut Kohl – alles große Staatsmänner mit einer europäischen Vision. Hilf mir, den europäischen Traum wieder zu beleben“, sagte Swoboda abschließend.


PRESSE „Neustart für Europa“ in Triest 4.2.2013

„Wir kämpfen gegen Populismus und Anstachelung zum Hass und für soziale Eingliederung“ Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament setzte gestern ihre Initiative „Ein Neustart für Europa“ mit einer interaktiven Veranstaltung in Triest (Italien) fort. An der Debatte unter dem Motto Freiheit und Demokratie – Werte an einem Scheideweg, die von der Triester Europaabgeordneten Debora Serracchiani als Gastgeberin moderiert wurde, nahmen Jugendliche und Bürger aus der Region und im Internet teil. Gemeinsam mit Rednern aus Italien, Slowenien und ganz Europa diskutierte das Publikum über die Definition und die Verteidigung von Werten und Bürgerrechten und über die Notwendigkeit, die historische Erfahrung aus zwei Kriegen mit einem klaren Bekenntnis für den Kampf für unsere Rechte und Werte im Europa von heute zu verknüpfen. Zu den Rednern zählten der slowenisch-italienische Schriftsteller Boris Pahor, der Autor und Regisseur Giorgio Pressburger, die stellvertretende S&D Fraktionsvorsitzende Sylvie Guillaume, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Sloweniens Igor Luksic und Hadleigh Roberts von der Labour-Jugend in Großbritannien.

Relaunching Europe Triest

In einem Kommentar über die Debatte sagte der S&D Fraktionsvorsitzende Hannes Swoboda: „Die Geschichte Europas zeigt, wie wichtig es ist, sich zu erinnern, warum die Europäische Union gegründet wurde, und fest hinter unserer Forderung nach einem friedlichen und demokratischen Europa zu stehen. Europa muss auf starken Werten und Grundrechten für alle basieren, unabhängig von der Religion oder der nationalen Herkunft. In verschiedenen Ländern sehen wir einen Anstieg des Populismus und der Anstachelung zum Hass in Form von Hassreden. In Italien haben wir in der letzten Zeit inakzeptable Aussagen von Silvio Berlusconi und vom italienischen Europaabgeordneten Mario Borghezio von der Lega Nord gehört. Grundwerte wie die Religionsfreiheit, die Medienfreiheit und grundlegende Bürgerrechte werden in Frage gestellt. Die anhaltenden Handlungen und Erklärungen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán und seiner Parteikollegen bezüglich der Medienfreiheit oder der Staatsbürgerschaft gehen in die gleiche Richtung. Solche Entwicklungen oder Tendenzen können wir in einem modernen Europa nicht erlauben.“


PRESSE "Keine Zustimmung des Parlaments zu einem Budget, das die Prioritäten außer Acht lässt“ 8.2.2013

Die Teilnehmer der Debatte äußerten den Wunsch nach mehr Europa, und die S&D Fraktion nimmt dies ernst: „Wir haben von zahlreichen Jugendlichen gehört, dass sie ‚mehr Europa‘ wollen. Das ist gut, denn es zeigt, dass Europa ihnen wichtig ist und dass sie die Vorteile verstehen, die es ihnen bringen kann. Allerdings brauchen wir nur in gewissen Bereichen mehr Europa – in erster Linie brauchen wir ein anderes Europa. Unser Europa beruht auf einer fairen und sozial gleichberechtigten Vision, wo die EU in jenen Bereichen Maßnahmen ergreift, wo es erforderlich ist. Das trifft vor allem auf die sozialen Rechte und deren Schutz zu. Doch unsere Forderung nach einem anderen Europa geht über rein wirtschaftliche Fragen hinaus. Die Grundrechte müssen gestärkt werden, beispielsweise das Stimmrecht für alle, die in Europa leben, und die Achtung vor unterschiedlichen Identitäten. Wir müssen den zahlreichen Einwanderern der zweiten Generation, die heute in Europa leben, das Gefühl geben, dass sie dazugehören. Das Wahlrecht und das Recht auf Staatsbürgerschaft sind so wichtig wie die Verteidigung der sozialen Rechte und Normen für alle.“ Hannes Swoboda schloss mit einem Aufruf zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit und des Populismus durch soziale Gleichberechtigung und bessere Chancen, vor allem durch die Schaffung von Arbeitsplätzen für die jüngere Generation: „Der Anstieg der Arbeitslosigkeit und die Zunahme der Armut haben in der Vergangenheit populistische Tendenzen ausgelöst. Diese Gefahr besteht auch heute. Europa ist wieder mit einer dramatisch hohen Arbeitslosigkeit konfrontiert, insbesondere bei der Jugendarbeitslosigkeit. Wir müssen kämpfen, um dafür zu sorgen, dass diese Generation nicht verloren geht, und um den Jugendlichen Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft zu geben. Unsere Forderung nach einer Europäischen Jugendgarantie, die kürzlich von der EUKommission aufgegriffen wurde, ist in dieser Hinsicht entscheidend. Wir werden mit den Jugendlichen zusammenarbeiten, um unseren Kampf für ein faires Europa fortzusetzen, das allen gleiche Chancen bietet. Jetzt ist es Zeit, zu handeln. Wir werden unseren Dialog mit den Bürgern und der jüngeren Generation in den kommenden Monaten fortführen.“

Die 27 Staats- und Regierungschefs des Europäischen Rats stehen offenbar kurz vor einer Einigung über ein Langzeitbudget für die Europäische Union. Der in Umlauf gebrachte Vorschlag beinhaltet Kürzungen in vorrangigen Politikbereichen, die Wachstum und Beschäftigung fördern könnten. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, kommentierte den Vorschlag: „Die Zahlen, die wir hören, gehen in die falsche Richtung. Es sieht danach aus, dass dies eine historische Premiere wird als das niedrigste Budget für die meisten Mitgliedsstaaten in der Geschichte der Europäischen Union. Der Haushaltsentwurf ist weiterhin konservativ strukturiert und lässt die Prioritäten, die wir angehen müssen, völlig außer Acht: Beschäftigung und Wachstum. Der Europäische Rat weiß, dass für die Verabschiedung des mehrjährigen Finanzrahmens die Zustimmung des Europaparlaments erforderlich ist. Für die zur Diskussion stehenden Zahlen ist eine Zustimmung des Parlaments nicht denkbar.“

Straßburg (© European Parliament)


PRESSE Swoboda verurteilt „Armutszuwanderung“-Debatte, fordert EU-Kommissar für RomaFragen 20.2.2013

Hannes Swoboda, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, hat die anhaltende Debatte über ‘Armutszuwanderung’ aus Rumänien und Bulgarien scharf verurteilt:

“Die S&D Fraktion weist seit Jahren auf diese unhaltbare Situation hin. Und die mangelnde Unterstützung aus dem EU-Sparbudget wird in keiner Weise helfen, die Situation zu verbessern.”

“Die neue Debatte in Deutschland und einigen anderen Ländern hinsichtlich der ‘Armutszuwanderung’ hat alte Ursachen. Schwache Kohäsion in Europa, ungelöste soziale Probleme und insbesondere die vielfach mangelnde Integration der Roma sind die Wurzel dieser Wanderungsbewegung. Wir müssen die Ursachen der Probleme lösen und nicht nur die Symptome bekämpfen. Weder neue Grenzziehungen noch Abwehrkampagnen lösen das Problem.

Er erneuerte seine Forderung nach einem EUKommissar für Roma-Fragen: “Es ist an der Zeit, dass die EU Kommission konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die Armut in Ländern wie Bulgarien und Rumänen bekämpft und die Integration der Roma wirksam verbessert werden kann.

“Leider haben die rumänischen und bulgarischen Regierungen in den vergangenen Jahren nicht genug getan um das Wachsen der Armut zu verhindern und beispielsweise die Integration der Roma zu fördern. Dies ist ein Problem für ganz Europa. Die Europäische Kommission sollte sicherstellen, dass die Aktionspläne für Roma in den Mitgliedsstaaten nun auch umgesetzt werden, nachdem sie angenommen worden. Selbstverständlich hilft die harte EU-Sparpolitik nicht bei der Finanzierung neuer Integrationsprogramme.

S&D Kampagne zum Internationalen Roma-Tag

“Ich wiederhole daher meine langjährige Forderung nach einem eigenen Kommissar für die Integration der Roma und einer wahrhaftigen europäischen Strategie für die Roma.”


PRESSE „Zusammenbruch der bulgarischen Regierung logische Folge unsozialer Politik“ 21.3.2013

Die konservative bulgarische Regierung ist heute nach landesweiten Massendemonstrationen gegen ihre einseitigen Sparmaßnahmen zurückgetreten. Die ursprünglich für Juli vorgesehenen Parlamentswahlen könnten auf April vorgezogen werden. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, kommentierte den Zusammenbruch der Regierung: „Der Sturz der bulgarischen Regierung zeigt ganz klar – und nicht zum ersten Mal in Europa – die katastrophalen Folgen der von den konservativen Regierungen durchgedrückten neoliberalen Politik, wenn sie den Menschen ohne Rücksicht auf ihre sozialen Auswirkungen aufgezwungen wird. Die Privatisierung grundlegender Dienstleistungen zugunsten einiger weniger Konzerne ohne Rücksichtnahme auf die Interessen der Bürger hat in Kombination mit extremen Sparmaßnahmen zu Unzufriedenheit und sozialen Unruhen geführt. Die Regierung von Bojko Borissow hat Unrecht, wenn sie einem ausländischen Unternehmen – in diesem Fall ein tschechischer Stromversorger – die Schuld gibt. Die Regierung trägt die Verantwortung für die wirtschaftliche, politische und soziale Krise in Bulgarien, zusammen mit den Sparmaßnahmen, die von der konservativen Mehrheit im Europäischen Rat und in der EU-Kommission gefordert werden.“ Ivailo Kalfin, Leiter der bulgarischen Delegation in der S&D Fraktion, fügte hinzu: „Das ist das Ergebnis der völligen Missachtung sozialer Probleme durch die Regierung Borrisows. Die jungen Menschen auf den Straßen haben ihre Zukunft, ihr Recht auf Arbeit und auf menschenwürdige Lebensstandards verteidigt – und ihr Recht, in einem Land zu leben, wo die Demokratie funktioniert und die Bürger ein Mitspracherecht haben. Deshalb haben sie nur wenige Monate vor den regulären Parlamentswahlen diese Starke Botschaft ausgesandt. Ich erwarte von den politischen Kräften und von Präsident Plewnelijew, dass sie so bald wie möglich Neuwahlen abhalten. Die Sozialdemokratische Fraktion wird die Wahlen genau verfolgen und darauf achten, dass die höchsten Standards angewendet werden, damit die bulgarischen Bürger sicher sein können, dass ihre Stimme zählt.“

Hannes Swoboda sicherte Sergej Stanischew, dem Parteichef der Sozialistischen Partei Bulgariens und Präsidenten der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), seine volle Unterstützung zu: „Die Alternative zu dieser gescheiterten Austeritätspolitik ist klar. Ich bin sicher, dass Sergej Stanischew mit der stetig zunehmenden Unterstützung der bulgarischen Bürger und dem vollen Respekt Europas das Land aus der Krise führen kann. Sergej Stanischew hat die volle Unterstützung der sozialdemokratischen Familie Europas. Es ist besonders wichtig, dass die bevorstehenden Wahlen völlig frei und fair sind. Der jüngste Versuch der Borrisow-Regierung, zusätzlich zu zahlreichen Bemühungen zur Manipulation der Medien auch noch das Wahlgesetz in Bulgarien zu ändern, ist äußerst besorgniserregend, da es zu einem erheblichen Verlust der politischen Unabhängigkeit jener Personen führen könnte, die für den Ablauf der Wahlen verantwortlich sind.“


PRESSE Sozialdemokraten lehnen aktuelles EU-Budget ab

„Wir müssen uns aus der Umklammerung der Austerität lösen“

22.2.2103 28.2.2013

S&D Fraktionschef Hannes Swoboda kündigte heute an, dass seine Fraktion die Vereinbarung der europäischen Staats- und Regierungschefs über den EU-Haushalt für 2014-2020 nicht akzeptieren könne. Um ein angemessenes Rechtsinstrument für den mehrjährigen Haushaltsrahmen der EU werden zu können, sind wesentliche Änderungen an dieser Vereinbarung erforderlich. Das Europäische Parlament bereitet eine Entschließung für die Plenarsitzung im März vor, die die Themenbereiche darlegt, über die mit dem Rat verhandelt werden soll. Wenn der Rat zustimmt, können die Verhandlungen beginnen. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament Hannes Swoboda sagte: „Wir haben unsere erste Diskussion über die Vereinbarung der europäischen Staats- und Regierungschefs über den EU-Haushalt für 20142020 geführt. Unserer Ansicht nach ist die Vereinbarung in dieser Form inakzeptabel. Wir sind bereit, das Europaparlament zu Verhandlungen über ein zeitgemäßes Budget zu führen, um Europa aus der Krise zu helfen. Wir können keinen Haushalt akzeptieren, der uns sieben Jahre Austerität verschreibt. Wir wollen ein Budget, das die sozialen Bedürfnisse unserer Bürger erfüllt und auf Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet ist. Unsere Fraktion wird keine geheime Abstimmung beantragen, wenn das Europäische Parlament um seine Zustimmung gebeten wird. Wir wollen unsere demokratischen Pflichten völlig transparent ausüben.“

Der Euroraum steht vor einem weiteren Jahr der Rezession; die heute von der EU-Kommission vorgelegten Prognosen für 2013 sagen einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,3% und einen erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit von 11,4% auf 12,2% voraus. S&D Fraktionschef Hannes Swoboda sagte dazu: „Diese Voraussagen sind keineswegs überraschend. Im vergangenen Oktober hat ein von der Sozialdemokratischen Fraktion in Auftrag gegebener unabhängiger Bericht bereits richtig vorausgesagt, dass die früheren Prognosen der Kommission zu optimistisch waren. Die derzeitigen Sparmaßnahmen sind einfach unrealistisch, schädlich und unwirksam. Sie schwächen die europäische Wirtschaft und treiben Länder, die ihre Zielvorgaben zum Defizitabbau nicht einhalten können, noch tiefer in die Rezession. Zehntausende Menschen gehen in Europa aus Protest gegen die Sparpolitik auf die Straßen. Es ist Zeit, sich aus der Umklammerung der Austerität zu lösen. Wir begrüßen, die EU-Kommission die Fehler in ihrer Strategie zugibt und sich bereit erklärt, einigen EU-Ländern wie Frankreich, Portugal und Spanien mehr Zeit zu geben, um ihre Schulden und Defizite zu verringern. Eine weitere Dosis Sparmedizin für Länder, die schon in der Rezession sind oder kein Wachstum erwarten, würde deren Lage einfach noch weiter verschlechtern. Die neuen Regeln zur Stärkung der Haushaltsdisziplin innerhalb der Eurozone könnten bedeuten, dass Sanktionen für diese Regierungen fast automatisch ausgelöst werden. Wir sind erleichtert darüber, dass die Kommission keine Eile zeigt, um die Mitgliedsstaaten zu bestrafen. Wir begrüßen diesen Wandel. Was wir aber jetzt brauchen, sind koordinierte Maßnahmen zur Förderung öffentlicher und privater Investitionen. Die Sozialdemokraten sind fest überzeugt, dass alle EU-Länder dem Abbau der Staatsschulden und der Defizite verpflichtet sein sollten. Aber Europa braucht mehr Ausgewogenheit, um Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen anzuregen.“


PRESSE Jugendgarantie wird Millionen Jugendlichen eine Chance bieten 4.3.2013

Die sozialdemokratischen Europaabgeordneten begrüßten die politische Einigung des EUMinisterrats auf eine Jugendgarantie in allen Mitgliedsstaaten. Die Jugendgarantie wird gewährleisten, dass alle Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren spätestens vier Monate nach Abschluss der Ausbildung oder Verlust des Arbeitsplatzes einen hochwertigen Beschäftigungs-, Ausbildungs-, Praktikums- oder Weiterbildungsplatz bekommen. S&D Fraktionschef Hannes Swoboda sagte dazu: „Ich freue mich sehr über die Verabschiedung der Jugendgarantie. Das ist ein sehr positiver Schritt, für den die Sozialdemokraten sich seit über einem Jahr einsetzen. Die Jugendgarantie wird Millionen jungen Menschen einen Neuanfang ermöglichen.“ Der beschäftigungsund sozialpolitische Fraktionssprecher der Sozialdemokraten Alejandro Cercas sagte: „Das ist ein großer Sieg für ein gerechteres Europa und für unsere sozialdemokratische Familie, denn dieser Beschluss folgt dem Weg, den wir vor eineinhalb Jahren beschritten haben. Zweifelsohne ist dies ein Schritt vorwärts, aber wir können hier nicht Halt machen, denn wir stehen vor einem strukturellen Problem. Als nächsten Schritt müssen wir die Garantie auf alle arbeitslosen Einwohner der EU im Alter von bis zu 25 Jahren sowie Studienabgänger unter 30 Jahren ausweiten, wie das Europäische Parlament gefordert hat.

(© PES)

Wir werden die Umsetzung in allen Mitgliedsstaaten genau verfolgen, da die Empfehlung erst noch in Taten umgesetzt werden muss, um das Leben von Millionen europäischer Jugendlicher zu verändern.“ Die sozialdemokratische Vorsitzende des Beschäftigungs- und Sozialausschusses Pervenche Berès sagte: „Es ist sehr erfreulich, dass wir jetzt dieses erste Instrument mit Schwerpunkt auf Jugendliche haben. Das ist ein erster Schritt zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die mit 23,4% fast ein Viertel aller Jugendlichen betrifft. Gleichzeitig ist es auch ein entscheidendes soziales Element der Strategie zur Überwindung der Krise. Das Europäische Parlament wird kämpfen, um sicherzustellen, dass der Europäische Sozialfonds diese Garantie finanzieren kann, ohne anderen Programmen, die die Solidarität in Europa fördern, Geld wegzunehmen. Wir wollen gewährleisten, dass mindestens 25% der Mittel des Kohäsionsfonds dem Europäischen Sozialfonds zugeteilt werden.“ Die EU-Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, sechs Milliarden Euro an EU-Mitteln bereitzustellen (drei Milliarden aus dem Europäischen Sozialfonds und drei Milliarden aus einer neuen Haushaltslinie). Diese Mittel werden es den von der Krise am stärksten betroffenen Ländern ermöglichen, eine Jugendgarantie zu finanzieren.


PRESSE „EU soll ihr Bekenntnis zum Erweiterungsprozess bekräftigen“ 7.3.2013

Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament unterstützt eine europäische Zukunft für die Länder des westlichen Balkans und die Türkei und fordert die EU auf, ihr Bekenntnis zum Erweiterungsprozess zu erneuern. Bei einer Konferenz zum Thema ‚Erweiterung in der Perspektive‘ (Brüssel, 6. März) unterstrichen die Sozialdemokraten die Notwendigkeit einer klaren Botschaft der EU mit Beitrittsaussichten für alle Kandidatenländer. Die Konferenz diente dazu, Perspektiven aus der Zivilgesellschaft und der akademischen Welt hinsichtlich der Auswirkungen der wirtschaftlichen und politischen Krise Europas auf die Erweiterung zu Wort kommen zu lassen und zu versuchen, ein besseres Verständnis für die Frage zu finden, wie die Krise die öffentliche Meinung in den Kandidatenländern im Hinblick auf ihre Beitrittsperspektiven beeinflusst hat.

Die S&D Abgeordnete Maria Eleni Koppa, die diese Konferenz veranstaltet hat, sagte: „Wir unterstützen den Erweiterungsprozess als einen festen und notwendigen Bestandteil unserer progressiven europäischen Vision. Die Krise hat weitreichende Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Bürger in Bezug auf das europäische Projekt. Wir müssen eine lebendige Zivilgesellschaft unterstützen, die sich rund um die Idee der europäischen Integration entwickelt und diese Idee trägt. Wir müssen aber auch das Vertrauen der Menschen darauf stärken, dass die EU positive sozioökonomische Veränderungen in den Erweiterungsländern bewirken kann. Europa beruht auf dem Wert der Solidarität, und Sparmaßnahmen alleine können keine Antwort auf die Wirtschaftskrise sein. Menschenwürdige Arbeit und Sozialstandards im Einklang mit dem EU-Recht sind unsere Forderungen für die Erweiterungsländer.“

Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, sagte dazu: „Auf ihrem Weg in die EU müssen die Türkei und die Balkanländer ihre Anstrengungen zur Anwendung des gemeinsamen Besitzstands und zur Erfüllung der Kopenhagener Kriterien fortsetzen und beschleunigen. Der Erweiterungsprozess ist enorm wichtig, um die Demokratie voranzutreiben und die wirtschaftliche und politische Stabilität zu fördern. Besonderes Gewicht muss auf die Rechtsstaatlichkeit, die freie Meinungsäußerung und die Bekämpfung der Korruption gelegt werden. Die Notwendigkeit struktureller Reformen, vor allem im Bereich der Justiz, ist offensichtlich. Erweiterungsaussichten müssen im Werkzeugkasten der EU bleiben, und das endgültige Kriterium für den Beitritt sollte der Fortschritt des Beitrittskandidaten beim gemeinsamen Besitzstand und bei den Kopenhagener Kriterien sein. Diese klare Botschaft muss an alle Kandidatenländer vermittelt werden, um sie zu ermutigen, auf eine europäische Zukunft hinzuwirken.“

Relaunching Europe Split


PRESSE S&D Fraktion begrüßt Wahlsieg der maltesischen Arbeiterpartei 10.3.2013

Die gestrigen Parlamentswahlen brachten einen Erdrutschsieg für Joseph Muscat und die Arbeiterpartei Maltas. Nach ersten Hochrechnungen erreichte die Labour Party über 55 Prozent der Stimmen. Mit diesem historischen Ergebnis haben die maltesischen Wähler die 15-jährige Regierungszeit der Nationalistischen Partei beendet. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, gratulierte dem designierten Premierminister Joseph Muscat:„Ich gratuliere Joseph Muscat und der Partit Laburista von ganzem Herzen. Das maltesische Volk hat eine klare Entscheidung getroffen, und ich bin sicher, dass ‚Malta für alle‘ ebenso wie ‚Europa für alle‘ unter der neuen Regierung Wirklichkeit werden wird. In einer Zeit, da die Skepsis gegenüber Europa zunimmt, bin ich froh, dass ein proeuropäischer Regierungschef und eine proeuropäische Partei das Land regieren wird. Die Maltesische Labour Party hat jetzt die Chance, die vordringlichen Probleme des Landes anzugehen und gerechte und sozial verantwortliche Politik für die Menschen zu machen, bei der Energie, bei der Beschäftigung und beim Wachstum. Für Europa ist es großartig, eine weitere linke Regierung zu haben, die der Gerechtigkeit, der Gleichheit und wirklich progressiver Politik verpflichtet ist. Die Wahlen in Malta sind das neueste Zeichen dafür, dass die Wähler in Europa die einseitige Sparpolitik der Rechten satt haben und eine echte Veränderung sehen wollen.“

Ungarische Verfassungsänderung „den EU-Werten widersprechend“ 12.3.2013

Das ungarische Parlament hat heute mehrere Verfassungsänderungen verabschiedet, die das Kontrollsystem der Gewaltenteilung verändern, die Macht des Verfassungsgerichts erheblich mindern und die sowohl die Religionsfreiheit als auch die LGBT-Rechte einschränken. Viktor Orbán, der rechtskonservative Premierminister Ungarns, war von den EU-Spitzen und den nationalen Regierungschefs eindringlich aufgefordert worden, die Abstimmung auszusetzen und unabhängigen Rat bezüglich der Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Änderungen mit den EU-Werten einzuholen. Mit dieser Abstimmung ist die Verfassung seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2012 bereits zum vierten Mal geändert worden. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europäischen Parlament, verurteilte den Beschluss: „Ich bedaure zutiefst, dass Premierminister Orbán die angebotenen Ratschläge nicht angenommen und die Abstimmung nicht bis zum Abschluss einer unabhängigen Beurteilung durch die EU-Kommission und die VenedigKommission des Europarats verschoben hat. Die heute unter seiner Verantwortung verabschiedeten Änderungen verstoßen direkt gegen die Grundwerte der Europäischen Union. Als Mitglied der Europäischen Union kann und darf Ungarn die Werte der Rechtsstaatlichkeit, der Freiheit und der Demokratie nicht ignorieren. Eine absolute Mehrheit im Parlament ist keine Lizenz zur Missachtung der grundlegenden Werte und Rechte der europäischen Bürger.“ Er forderte den ungarischen Staatspräsidenten János Áder auf, seine Unterschrift unter die Änderungen zurückzuhalten: „Ich rufe Präsident Áder auf, die Änderungen nicht mit seiner Unterschrift in Kraft zu setzen. Das Zurückhalten der formellen Ratifizierung der Änderungen würde Ungarn eine letzte Chance geben, eine unabhängige Beurteilung der Verfassungsänderungen anzustreben und anzuhören. Ansonsten werden die Institutionen der Europäischen Union sich gezwungen sehen, alle verfügbaren Maßnahmen anzuwenden, um sicherzustellen, dass Ungarn – so wie jeder andere EU-Mitgliedsstaat – die europäischen Grundwerte achtet.“


PRESSE EU-Budget: Jetzt wird verhandelt! 13.3.2013

Das Europäische Parlament hat heute sehr deutlich gemacht, dass es die Vereinbarung der europäischen Staatsund Regierungschefs bezüglich des EU-Haushalts für den Zeitraum 20142020 ablehnt. In einer mit großer Mehrheit (506 dafür, 161 dagegen, 23 Enthaltungen) verabschiedeten Entschließung legte das Europaparlament seine Prioritäten dar, um ernsthafte Verhandlungen mit dem Rat aufzunehmen und die Vereinbarung zu verbessern. S&D Fraktionschef Hannes Swoboda sagte dazu: „Das heutige Abstimmungsergebnis ist ein klares Zeichen, dass das Europäische Parlament die ihm durch den Vertrag übertragene Verantwortung akzeptiert hat und für ein verbessertes Budget für die EU kämpfen wird.

Außerdem wollen wir einen Fahrplan in Richtung eines Eigenmittelsystems für die Finanzierung des EU-Budgets. Das derzeitige System der nationalstaatlichen Beiträge bricht zusammen. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer könnte als Ausgangspunkt dienen.“ Göran Färm, Vizevorsitzender der S&D Fraktion, sagte: „Wir wollen einen Haushalt, der den Bedürfnissen unserer Bürger und der europäischen Wirtschaft in Zeiten der Rezession gerecht wird. Wir wollen ein modernes EU-Budget, das auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet ist. Wir brauchen ausreichende Ausgaben in Bereichen wir Forschung, Jugendarbeitslosigkeit, Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen, um die Ziele der Strategie EU 2020 zu erreichen. Der Haushalt sollte zudem in Zeiten der Krise die Solidarität zwischen den EUBürgern und den Mitgliedsstaaten stärken.

Wir sind zu ernsthaften Verhandlungen bereit, und wir hoffen, dass die Regierungen ebenso ernst und verantwortungsbewusst sein werden wie das Europaparlament. Wir sollten zusammenarbeiten, um ein Ergebnis zu erreichen, das den Bedürfnissen der Bürger und dem globalen Wettbewerb besser entspricht.“

Dies ist ein Budget für die nächsten sieben Jahre, und niemand weiß heute, wie die Verhältnisse 2016 oder 2019 aussehen werden. Deshalb fordern wir eine verbindliche Überprüfung, damit wir gegebenenfalls Anpassungen an zukünftige Herausforderungen vornehmen können.

Der sozialdemokratische Verhandlungsführer Ivailo Kalfin erklärte: „Das Europäische Parlament hat klargemacht, dass es die politische Vereinbarung über den Haushalt in seiner derzeitigen Form nicht akzeptieren konnte.

Wir brauchen außerdem mehr Flexibilität. Wir sollten Gelder sowohl von einem Teil des Budgets in einen anderen als auch im Zeitablauf verlagern können. Wir müssen der Europäischen Union einen Haushalt geben, der flexibel genug ist, um rasch und wirksam auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.“

Der Europäische Rat hat einen Sparhaushalt verabschiedet, und das nicht nur für ein Jahr, sondern für sieben Jahre. Mit 908,4 Milliarden Euro an Zahlungen werden die EU-Ausgaben auf 0,94% des europäischen Bruttoinlandsprodukts begrenzt, was dem Niveau von 1988/89 entspricht. Das ist einfach inakzeptabel. Wir haben vertretbare Forderungen aufgestellt. Zuallererst wollen wir nicht mit enormen Schulden in die Verhandlungen gehen. Die Differenz zwischen Zahlungen und Verpflichtungen in den letzten drei Jahren hat den EU-Haushalt ins Defizit gebracht. Wir müssen eine Lösung für den Berg an unbezahlten Rechnungen finden, der sich vor uns aufgetürmt hat. Das bedroht die Glaubhaftigkeit der EU.


PRESSE EU-Ratsgipfel: „Jetzt wollen wir weißen Rauch über dem Rat sehen“ 18.3.2013

Vor dem Frühjahrsgipfel des Europäischen Rats fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament konkrete Vorschläge zur Beendigung der Krise statt weiterer abstrakter Diskussionen über den Zustand der europäischen Volkswirtschaften. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion, forderte die EU-Staats- und Regierungschefs auf, ein klares Zeichen an Europas Bürger zu senden: „Die Krise ist in ihrem fünften Jahr, die Arbeitslosigkeit wütet, und die Wachstumsaussichten in ganz Europa sind bestenfalls als schwach zu bezeichnen. Wir brauchen nicht noch einen Gipfel, bei dem die EUStaats- und Regierungschefs versuchen, die harte Realität zu schönen und zu leugnen. Wir brauchen Taten und neue Instrumente, um den Europäern wieder zu Arbeitsplätzen zu verhelfen und unsere Wirtschaft wieder in Gang zu setzen. Der Europäische Rat und die EU-Kommission müssen nun zu Ende führen, was sie begonnen haben. Der Wachstumspakt war ein erster Schritt, aber seine Umsetzung hinkt den Erwartungen und Versprechen hinterher. Die Flexibilität der Kommission, die es den Mitgliedsstaaten erlaubt, ihre Defizitziele in einem langsameren Tempo zu erreichen – im Einklang mit den überarbeiteten Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds –, ist ein weiterer erster Schritt, aber nicht ausreichend.

Straßburg (© European Parliament)

Mehr Zeit für den Defizitabbau muss jetzt zu mehr Investitionen in Wachstum und Beschäftigung führen. Die Sparpolitik der rechtskonservativen Regierungen ist offensichtlich gescheitert, und Europa darf seine Bürger nicht im Stich lassen. Den sozialen Niedergang zu ignorieren, der aufgrund der ständig zunehmenden Arbeitslosigkeit ganz Europa erfasst, widerspricht den Zielen einer geeinten Europäischen Union: den Frieden wie auch den gesellschaftlichen Frieden zu erhalten, durch gemeinsamen Wohlstand und Zusammenhalt.“ Hannes Swoboda forderte den Europäischen Rat zudem auf, sich mit den besorgniserregenden Verfassungsänderungen in Ungarn zu befassen: „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz sind die Grundlage für alles, wofür Europa steht. In Ungarn erleben wir einen Angriff auf diese Grundwerte, den wir nicht tolerieren können. Premierminister Orbáns Beschneidung der Rechte des Verfassungsgerichts und die Ernennung eines gefügigen Handlangers an der Spitze der Zentralbank deuten darauf hin, dass er vor nichts Halt machen wird. Nach der Unterschrift von Präsident Áder unter die jüngste Verfassungsänderung – trotz starker internationaler Bedenken – muss der Europäische Rat Viktor Orbán klar machen, dass die Anwendung des Artikels 7 des EU-Vertrags eine Möglichkeit ist.“


PRESSE S&D Fraktion sieht Arbeit mit neuer israelischer Regierung entgegen 18.3.2013

Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament nimmt die neue Regierung in Israel zur Kenntnis, die als Ergebnis einer breiten Koalitionsvereinbarung zwischen mehreren Parteien mit unterschiedlichen Ansätzen gebildet worden ist. Die Sozialdemokraten werden die politischen Maßnahmen dieser neuen Regierung im Hinblick auf die Werte Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte, die Israel und die EU gemein sind, weiterhin genau beobachten. S&D Fraktionschef Hannes Swoboda sagte dazu: „Diese Regierung ist eine Koalition von Parteien mit sehr unterschiedlichen Ansätzen, insbesondere in Bezug auf die Siedlungspolitik und den Friedensprozess. Daher kommt Herrn Yaïr Lapid eine große Verantwortung zu, den Kurs der vorherigen Netanjahu-Regierungen zu ändern, wenn er in die Geschichte Israels eingehen will. Das Gleiche gilt für Frau Tzipi Livni. Trotz zahlreicher positiver Lösungsvorschläge hat aber auch sie es bisweilen unterlassen, mutige Friedensangebote für den Nahen Osten zu machen. Ich hoffe, dass sie diese neue Chance nutzen wird, um neue Ideen zur Förderung des Friedensprozesses vorzulegen.“

Jerusalem

Die für Außenpolitik verantwortliche Vizevorsitzende der S&D Fraktion, Véronique De Keyser, sagte: „Unsere Erwartungen an die israelische Regierung sind unverändert: Wir fordern ein ernsthaftes Engagement für die Friedensbemühungen mit einem sofortigen Ende aller Siedlungsbauten und Erweiterungsarbeiten und -plänen. Die politischen Entscheidungen der neuen Regierung bei Schlüsselthemen in Bezug auf die Zwei-StaatenLösung werden beweisen, ob die israelische Führung ein echter Partner auf dem Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden für Israelis und Palästinenser ist. Ich hoffe, dass dies der Fall ist.“


PRESSE „Finanzminister der Eurozone müssen in Zypernfrage handeln“ 18.3.2013

Bei ihrem heutigen Sondertreffen zu Zypern sollten die Finanzminister des Euroraums konkrete Maßnahmen beschließen, um dem Land dabei zu helfen, seine aktuelle Krise zu bewältigen und Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament fordert die Finanzminister auf, ohne Verzögerung konkrete Maßnahmen zu verabschieden, die die Solidarität der EU zu diesem kritischen Zeitpunkt für Zypern zeigen, indem sie einem Rettungspaket (‚Bailout‘) zustimmen. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion im Europaparlament, sagte dazu: „Zypern braucht die Unterstützung und Solidarität der EU. Dem Land sollte geholfen werden, im Euroraum zu bleiben. Wir kämpfen für ein integratives und faires Europa, ein starkes und gleichberechtigtes Europa, das auf dem Solidaritätsprinzip beruht. Die Eurogruppe sollte auf dieser Grundlage agieren, indem es ein finanzielles Rettungspaket verabschiedet, dass es Zypern ermöglicht, die Krise zu bewältigen, ohne den sozialen Zusammenhalt des Landes zu beschädigen.“ Zu den Vorwürfen der Geldwäsche in Zypern sagte Hannes Swoboda, es sei wichtig, Verallgemeinerungen zu vermeiden. Jede Kritik müsse auf spezifischen Fakten basieren. „Der außerordentlich große Finanzsektor Zyperns muss neu geordnet werden. Bei der Umstrukturierung dieses Sektors müssen weitere Schutzmaßnahmen gegen jegliche Art von Geldwäsche eingeführt werden“, betonte er abschließend.

Brüssel (© European Parliament)

S&D Fraktion fordert den neuen Papst auf, sein Pontifikat für die Stärkung der sozialen Gerechtigkeit und der persönlichen Freiheiten zu nutzen 20.3.2013

Aus Anlass der Messe zur Amtseinführung von Papst Franziskus forderte die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament das neue Oberhaupt der katholischen Kirche auf, seine Macht dafür zu nutzen, Gleichheit und Gerechtigkeit in der ganzen Gesellschaft, einschließlich religiöser und nichtreligiöser Menschen, zu stärken. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion, sagte dazu: „In der Religion wie auch in der Politik hat ein neues Oberhaupt die Chance, eine neue Richtung für seine Organisation vorzugeben. Ich wünsche Papst Franziskus alles Gute mit seinen neuen Verantwortlichkeiten, aber ich rufe ihn auf, sein Amt dazu zu nutzen, die dringenden Probleme anzugehen und zu verbessern, denen die katholische Kirche gegenübersteht. Ich hoffe, dass Papst Franziskus die Bekämpfung der Pädophilie innerhalb der katholischen Kirche zu einer Priorität macht und die Organisation als Ganzes modernisiert. Dazu zählen auch einige ihrer Ansichten über die Rechte der Frauen und Minderheiten, einschließlich Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle. Papst Franziskus hat jetzt die einzigartige Gelegenheit, die katholische Kirche zu einer Kirche für die Menschen, und nicht für die Vergangenheit, zu machen.“


PRESSE Enthüllung von Offshore-Vermögen: „Perversion der sozialen Gerechtigkeit“ 8.4.2013

Die beispiellose Veröffentlichung von über zwei Millionen Dokumenten, die die verborgenen Vermögen von mehr als 130.000 Personen in Offshore-Plätzen detailliert offenlegen, zeigt das enorme Ausmaß der internationalen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Die Internationale Arbeitsgemeinschaft von Enthüllungsjournalisten (International Consortium of Investigative Journalists, ICIJ) hat in Zusammenarbeit mit mehreren internationalen Zeitungen diese Informationen aufgedeckt. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, forderte Justizverfahren und rasche Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, um dieses Verhalten zu kontrollieren und zu bestrafen: „Steuerhinterziehung kostet alleine die EU jährlich eine Billion Euro. Die von der ICIJ aufgedeckten Informationen zeigen, dass hinter diesem Netzwerk organisierter Steuerhinterziehung erhebliche kriminelle Energie steckt und dass einige Superreiche um jeden Preis versuchen, die Zahlung ihres gerechten Beitrags an die Regierungen zu vermeiden. Fairness und soziale Gerechtigkeit müssen in einer Zeit der Krise mit über 26 Millionen Menschen, die keine Arbeit finden, und Tausenden, die ihre Ersparnisse verloren haben oder mit sehr schwierigen Bedingungen zurechtkommen müssen, unser vordringlichstes Anliegen sein. Dass einige extrem reiche Personen dieses System aktiv umgehen, unterstreicht die Notwendigkeit schärferer Gesetze. Wir brauchen rasche Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, um sicherzustellen, dass das System der geheimen Offshore-Vermögen beseitigt wird. Dazu gehören auch Geldstrafen für Personen und Unternehmen, die in Steuervermeidungsaktivitäten involviert sind. Die nationalen Regierungen müssen eng mit der EUKommission zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass diese Leute, die gegen das Gesetz verstoßen, indem sie ihr Vermögen in OffshoreStandorten verbergen, unverzüglich von der Justiz zur Rechenschaft gezogen werden.“

Rekordarbeitslosigkeit: „Wann wacht Europa endlich auf?“ 8.4.2013

Die Veröffentlichung der neuesten Arbeitslosenzahlen für den Euroraum und die Europäische Union brachte erneut einen Negativrekord mit einer Arbeitslosenquote von nunmehr 12% im Euroraum. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, verurteilte die neoliberale Sparpolitik als Ursache der Rekordarbeitslosigkeit: „Die Arbeitslosenzahlen in Europa erklimmen ständig neue Rekordhöhen, aber dennoch können wir bei den EU-Politikern keinen Willen erkennen, den desaströsen extremen Sparkurs zu ändern, der zu dieser entsetzlich hohen Arbeitslosigkeit führt. Die Wirtschaftspolitik der Europäischen Kommission wird weiterhin ideologisch bestimmt, und dies hält die Kommission davon ab, Alternativen zu suchen, die eine wirtschaftlich vernünftige und sozial ausgewogene Entschuldungspolitik ermöglichen könnten. Die Flexibilität, die die EU-Kommission in letzter Zeit im Zusammenhang mit der Erreichung der Ziele zum Defizitabbau an den Tag gelegt hat, ist noch keine Wachstumspolitik, die durch eine Steigerung der Beschäftigung – und folglich der Staatseinkünfte – helfen würde, Defizite und Schulden abzutragen. Es gibt noch immer keine Strategie, um eine langfristig verantwortungsvolle Haushaltspolitik mit Investitionen in Wachstum und Beschäftigung zu kombinieren.“ Hinsichtlich der Frage der Jugendarbeitslosigkeit in Europa fügte Hannes Swoboda hinzu: „Der leichte Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit, der auf eine Verringerung in Italien, Österreich und Deutschland zurückzuführen ist, bedeutet keine Veränderung der katastrophalen Arbeitsmarktsituation für die Jugendlichen. Die Dauer der Arbeitslosigkeit für junge Menschen nimmt zu, und mit ihr auch die dramatischen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Konsequenzen.“


PRESSE S&D Fraktion fordert EU-Kommissar für Roma-Fragen 9.4.2013

Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat heute die Ernennung eines speziell für die Förderung der Integration des Roma-Volks verantwortlichen EU-Kommissionsmitglieds vorgeschlagen. Die Roma sind die größte und am stärksten diskriminierte Minderheit in der Europäischen Union. Aus Anlass des heutigen Internationalen RomaTages sagte der Vorsitzende der S&D Fraktion Hannes Swoboda: „Die Europäische Union hat noch nicht genug getan, um die Diskriminierung und Ausgrenzung der Roma zu beenden. Es ist höchste Zeit, dies zu ändern: Wir brauchen einen europäischen Kommissar für die Roma, um sicherzustellen, dass die Mitgliedsstaaten ihre Verpflichtungen einhalten und dass die EU-Mittel, die sie für die Umsetzung ihrer RomaIntegrationsmaßnahmen erhalten, an die richtigen Ziele gelangen. Rund zehn Millionen Roma leben in der Europäischen Union, mehr als alle Bürger von Slowenien, Litauen, Lettland, Estland, Malta und Luxemburg zusammengenommen. Die Roma sind Europäer. Lebten sie in einem eigenen Land, wäre dieses von der Einwohnerzahl her das zehntgrößte EU-Land – größer als Belgien, Griechenland, Ungarn, Schweden, Dänemark oder Bulgarien. Es wäre aber bei weitem auch das ärmste Land. Ein Roma-Staat hätte Anspruch auf mehr als 20 Europaabgeordnete, Milliarden an EU-Mitteln für soziale Entwicklung und Kohäsion und ein Vetorecht bei so wichtigen Beschlüssen wie dem mehrjährigen EU-Haushalt, der Gesetzgebung im Bereich der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes sowie den EU-Bürgerrechten und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung.

Mit Roma-AktivistInnen in Brüssel

Aber die Roma haben kein eigenes Land, weil ihre Gemeinschaften über zahlreiche EU-Länder verstreut sind. Offiziell sind sie Bürger wie alle anderen Bürger. Doch in Wirklichkeit erleben sie die schändlichste Abgrenzung und werden oft als Bedrohung angesehen und behandelt, als gehörten Die S&D Vizefraktionsvorsitzende Sylvie Guillaume forderte „eine stärkere Einbeziehung von RomaVertretern bei der Umsetzung der europäischen Roma-Politik und Projekte zur gesellschaftlichen Integration auf Basis von Bildung, Beschäftigung und Wohnen“. „Die EU und die nationalen und lokalen Behörden müssen mit Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten, die sich mit Roma-Fragen beschäftigen. Die EU-Kommission muss das Management der Strategien und die Wirksamkeit der Bekämpfung von Diskriminierung und Stigmatisierung genau beobachten“, sagte sie abschließend. Die Sozialdemokraten werden den Internationalen Tag der Roma mit einer Reihe von Veranstaltungen im Europäischen Parlament begehen, an denen Roma-Vertreter aus ganz Europa teilnehmen. Seit 2010 haben acht Roma-Studenten finanzielle Unterstützung erhalten, um ein berufliches Ausbildungsprogramm der S&D Fraktion im Europäischen Parlament zu absolvieren, in dessen Rahmen sie in verschiedenen Politikbereichen arbeiten konnten.


PRESSE „Wir müssen Steueroasen beseitigen – es ist Zeit für Österreich, zu handeln“

Zu Merkel: Kompatible Sozialsysteme in Europa dürfen nicht zu einer Nivellierung nach unten führen

9.4.2013 22.4.2013

Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, kommentierte die jüngsten Erklärungen seitens der Regierungen Luxemburgs und Österreichs zum Bankgeheimnis, nachdem Steueroasen in ganz Europa wieder ins Scheinwerferlicht gerückt sind: „Die Aufdeckung der massiven Transfers von Geldern in verschiedene Steuerparadiese müsste für Europa der letzte Anlass sein, endlich zu handeln und den Kampf gegen die Steuerhinterziehung ernst zu nehmen.“ Hannes Swoboda forderte Österreich auf, in Sachen Bankgeheimnis aktiv zu werden: „Da Luxemburg bereit zu sein scheint, sich in der Frage des automatischen Datenaustauschs zu bewegen, liegt es nun an Österreich, seine Handlungsbereitschaft zu zeigen. Die jüngsten Aussagen des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann gehen in die richtige Richtung, aber den Worten müssen nun auch Taten folgen. Die österreichischen Konservativen müssen sich jetzt auf einen Kurswechsel in dieser Frage einstellen. Österreichs Finanzministerin Maria Fekter muss endlich ihre schützende Hand über die Steuerhinterzieher zurückziehen. Sie schützt durch ihren Widerstand nicht die kleinen Sparer, wie sie vorgibt, sondern diejenigen, die etwas zu verbergen haben. Das sind diejenigen, die große Guthaben vor den Steuerbehörden verstecken wollen. Die Zeche müssen dann diejenigen zahlen, die nichts haben, was sie verstecken könnten. Österreich muss jetzt den europäischen Bürgern sein Engagement zeigen.“ Abschließend betonte Swoboda das Ausmaß der möglichen Einsparungen, wenn ernsthaft gegen die Steuerparadiese vorgegangen würde: „Die S&D Fraktion hat eine Studie in Auftrag gegeben, die aufzeigt, dass jährlich über eine Billion Euro eingespart werden könnte, wenn die Steuerhinterziehung in Europa ernsthaft bekämpft würde. In der Krise könnte dieses Geld verwendet werden, um Wachstum zu fördern und in Bildung und Forschung zu investieren, die so dringend notwendig sind, um Europa wieder auf Kurs zu bringen. Deshalb haben wir zu diesem Thema eine Debatte mit der Kommission und dem Rat bei der Plenartagung des Parlaments nächste Woche in Straßburg beantragt.“

Der Wunsch nach einheitlicheren europäischen Sozialsystemen, den die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel heute geäußert hat, sei prinzipiell zu unterstützen, sagt der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Dennoch müsse man Vorsicht walten lassen, was Vereinheitlichung genau bedeute. "Keinesfalls darf es dazu kommen, dass es in Ländern mit hohen sozialen Standards wie etwa in Österreich, Deutschland oder auch den skandinavischen Ländern zu einer Nivellierung nach unten kommt. Vielmehr sollten diese Staaten als Beispiel herangezogen werden, an denen sich einheitliche Regeln orientieren müssen", betont der EUAbgeordnete. Klar ablehnend steht Swoboda dem Vorschlag Merkels gegenüber, eine Vereinheitlichung auf dem Weg bilateraler Verträge voranzutreiben. "Die Europäische Union hat ein klares Regelwerk, wie Vereinbarungen zu Stande kommen sollen. Es ist respektlos, das von den Bürgern gewählte Parlament zu umgehen und nur mehr auf zwischenstaatlicher Ebene gemeinsame Politik zu machen. Es kann nicht das Ziel von einem gemeinsamen Europa sein, dass die Staats- und Regierungschefs ohne ausreichende demokratische Kontrolle durch das EU-Parlament Entscheidungen treffen", erläutert der Fraktionsvorsitzende.

Brüssel (© European Parliament)


PRESSE S&D Fraktion gratuliert Barroso, der aus seinem fünfjährigen Koma erwacht ist und endlich die Realität der Austerität anerkennt 23.4.2013

Der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso ist endlich aufgewacht und hat anerkannt, dass die harten Sparmaßnahmen, die in Europa und in seinen Krisenländern verfochten wurde, kontraproduktiv sind. Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament betont seit langem hartnäckig die Notwendigkeit, die Sparmaßnahmen zu mildern und die Zielvorgaben zur Verringerung der Defizite zeitlich auszuweiten, um zu verhindern, dass die Wirtschaft erstickt und die Lebensstandards sich weiter verschlechtern. Dieser Ansatz wird auch von führenden Akademikern und Wissenschaftlern vertreten. Hannes Swoboda, Vorsitzender der S&D Fraktion, sagte dazu: „Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Krise hat Kommissionspräsident Barroso die Realität endlich anerkannt: Austerität ist weder wirksam noch sozial tragbar. Die Proteste der Menschen, die unter den harten Sparmaßnahmen leiden, werden endlich gehört. Die Verschuldungsniveaus haben Herrn Barroso davon überzeugt, dass für den Abbau der Defizite mehr Zeit gewährt werden muss. Ich fordere ihn auf, nach Griechenland, Portugal, Spanien und in andere Länder zu gehen, um zu sehen, wie die Realität der Menschen vor Ort aussieht. Dann wird Herr Barroso vielleicht auch verstehen, wie dringend notwendig es ist, die Rettungspakete für die Krisenländer komplett zu überarbeiten, die Sparpolitik zu beenden und sozial ausgewogene Maßnahmen zu beschließen, die den Menschen ihre Würde lassen und angemessene Lebensbedingungen ermöglichen. Ich hoffe aufrichtig, dass die Kommission nicht weitere fünf Jahre braucht, um das zu kapieren.“

Frühjahrsprognose: „Wie viele Beweise brauchen sie noch, dass die Sparpolitik Europas Wirtschaft zerstört?“ 7.5.2013

Die EU-Kommission hat heute ihre Frühjahrsprognose für die Wirtschaft präsentiert und dabei ein drittes Rezessionsjahr angekündigt. Die Kommission sagt für 2013 eine stärkere Schrumpfung der Wirtschaft voraus als zunächst erwartet. Demnach soll das Bruttoinlandsprodukt im Euroraum um 0,4% und in der gesamten EU um 0,1% zurückgehen. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, kommentierte die Befunde der Frühjahrsprognose: „Immer wieder bekommen wir zu hören, dass der Aufschwung eines Tages kommen wird, wenn die harte Sparpolitik nur beibehalten wird. In Wirklichkeit ist die Austerität aber gescheitert, und die jüngsten Prognosen beweisen dies einmal mehr. Was bisher unternommen wurde, funktioniert schlicht und einfach nicht. Wir müssen die europäische Wirtschaftspolitik komplett überdenken und die aktuelle neoliberale Ideologie beenden, um in Europa Wachstum zu erzeugen und Arbeitsplätze zu schaffen. Kommissionsvizepräsident Olli Rehn musste – einmal mehr – seine Vorhersagen korrigieren und nach unten revidieren. Er sagt selber, dass für dieses Jahr keine Verbesserung am Arbeitsmarkt zu erwarten ist. Die übermäßige Arbeitslosigkeit, und vor allem die entsetzlich hohe Jugendarbeitslosigkeit, muss unsere oberste Sorge sein. Um Arbeit zu schaffen, müssen wir in nachhaltiges Wachstum investieren anstatt uns nur auf den Defizitabbau zu fixieren. Wir begrüßen die Zusagen von immer mehr europäischen Spitzenpolitikern – darunter François Hollande, Enrico Letta, Robert Fico, Michael Higgins und sogar José Manuel Barroso – den trüben Aussichten mit echten, europäischen Wachstumsmaßnahmen entgegenzuwirken. Was Europa vor allem braucht, sind Jobs, um den Menschen Hoffnung und Würde zurückzugeben und Europas Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.“ Über die zeitliche Verlängerung der Defizitabbauziele für Frankreich und Spanien sagte Swoboda: „Die Entscheidung, die Defizitabbauziele für Frankreich und Spanien um zwei Jahre zu verlängern, kommt spät, ist aber dennoch begrüßenswert. Eine Verlängerung behandelt aber nur die Symptome der Krankheit und nicht die Ursache des Problems, nämlich das Ausbleiben des Wachstums in Europa.“


PRESSE An Orban: „Gegen Antisemitismus braucht es konkrete Maßnahmen und nicht nur leere Worte“ 7.5.2013

Der Jüdische Weltkongress wurde gestern in Budapest mit einer Rede des ungarischen Premierministers Viktor Orbán eröffnet. Die Eröffnung wurde durch eine antijüdische Kundgebung der rechtsextremen Partei Jobbik gestört, die über mehr als zehn Prozent der Sitze im ungarischen Parlament verfügt. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, verurteilte die antisemitischen Demonstrationen und Tendenzen im aktuellen politischen Klima Ungarns: „Europa ist auf den Ruinen des Zweiten Weltkriegs aufgebaut worden. Wir sind es den Millionen Juden, die umgebracht wurden, schuldig, nie mehr zuzulassen, dass der Antisemitismus in Europa die Oberhand behält. Das gegenwärtige politische Klima in Ungarn unter der Fidesz-Regierung, die weiterhin enge Beziehungen zur offen antisemitischen Jobbik-Partei unterhält, lässt die ungarischen Juden im Stich und unterminiert das europäische Grundprinzip der Nichtdiskriminierung.

Budapest

In seiner enttäuschend vagen Rede vor dem Kongress hat Viktor Orbán es einmal mehr verabsäumt, sich von den antisemitischen Tendenzen in Ungarn zu distanzieren – wahrscheinlich, um einige seiner politischen und persönlichen Freunde nicht zu vergrämen. Meine Fraktion hat schon früher den zunehmenden Antisemitismus in Ungarn kritisiert, der ein Ergebnis der Weigerung Orbáns ist, eine feste Haltung bezüglich der Situation in seinem Land einzunehmen. Ich fordere ihn auf, gegen die zunehmenden antijüdischen Strömungen in Ungarn echte Entschlossenheit zu zeigen. Wenn seine Regierung, wie er gestern gesagt hat, angesichts solcher Bedrohungen nicht untätig bleibt, müssen seinen leeren Worten jetzt Taten folgen. Die politische Lage in Ungarn ist in vielerlei Hinsicht labil, wobei der Anstieg des Antisemitismus nur eine von vielen besorgniserregenden Entwicklungen ist. Der Ausschuss des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten wird morgen eine erste Debatte über seinen Bericht zur Lage der Grundrechte, Standards und Praktiken in Ungarn abhalten. Antisemitische Strömungen und Diskriminierung werden im Bericht eine wichtige Rolle einnehmen.“


PRESSE Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament tritt neuer Initiative “Progressive Alliance” bei – “Netzwerk der progressiven Kräfte für das 21. Jahrhundert” 22.5.2013

Am 150. Jahrestag der SPD wird heute die “Progressive Alliance” der sozialdemokratischen Parteien und progressiven Kräfte weltweit in Leipzig gegründet. Im Hinblick auf die “Progressive Alliance” und die Rolle der S&D Fraktion, sagte der Fraktionsvorsitzende Hannes Swoboda: “Wir begrüßen die Gründung dieser großen Allianz von progressiven Kräften auf internationaler Ebene. Wir unterstützen diese Initiative in vollem Umfang und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gruppen, die hierbei beteiligt sind. “Wir stehen heute vor großen Herausforderungen und befinden uns in einer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise nicht nur in Europa, sondern weltweit. Die strikten Maßnahmen, die Europa und Staaten weltweit im Rahmen der strikten Sparpolitik auferlegt werden, haben zerstörerische Wirkung und es zeigt sich, dass wir auf dem falschen Weg sind. Stattdessen müssen wir in Wachstum, Arbeitsplätze und Bildung investieren.

Wenn jedoch ein solcher Reformbedarf wie heute besteht, ist es Zeit, noch mehr gemeinsame Kräfte zu vereinen und unsere Bündnisse zu verstärken. Die Gründung dieser Allianz sollte von der Sozialistischen Internationale als Ermutigung für interne Reformen und eine gesteigerte Effektivität genutzt werden. “Mit der Unterstützung dieser Allianz wollen wir das Engagement Europas in der Zusammenarbeit mit Parteien auch außerhalb Europas stärken, um so globale Entwicklungen mit zu beeinflussen. Europa kann dies nicht alleine tun, sondern muss sich mit anderen internationalen Kräften, die dieselben Ziele verfolgen, zusammenschließen, um eine bessere Zukunft für die Menschen zu ermöglichen”.

“Der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und andere internationale Institutionen sowie renommierte Akademiker sind sich einig, dass es Zeit ist, aufzuwachen und den Menschen wieder das Vertrauen in und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. “Die Herausforderungen reichen von der Zusammenarbeit im Finanzsektor – ein Bereich, in dem ein Handeln so dringend notwendig ist – bis hin zu einer Zusammenarbeit im Bereich Umwelt, im Bereich der Entwicklungspolitik, dem Internet und am wichtigsten bei sozialen Standards. Durch den Kampf gegen die Steuervermeidung zum Beispiel, könnten jedes Jahr €1 Trillion eingespart werden. Geld, das in die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum investiert werden könnte. Vor diesem Hintergrund stimmt unsere Fraktion voll und ganz dem Ziel zu, das 21. Jahrhundert zu einem “Jahrhundert des demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritts” zu machen”. Hannes Swoboda endete mit einem Ausblick auf das weiterhin bestehende Bekenntnis der S&D Fraktion zu der Sozialistischen Internationalen: “Als Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament möchte ich betonen, dass diese Allianz nicht als Alternative zu der Sozialistischen Internationale gedacht ist.

Leipzig (© SPD Hans Christian Plambeck)


PRESSE Swoboda und Weidenholzer begrüßen neuen kroatischen Verbraucherschutzkommissar Mimica

Ehrung für Hannes Swoboda "Aktivster Europäischer Politiker auf dem Balkan" 14.6.2013

12.6.2013

Hannes Swoboda, Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und SPÖ-Europaabgeordneter Josef Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments, begrüßen den heute in Straßburg gewählten neuen EU-Kommissar für Verbraucherschutz, den Kroaten und Sozialdemokraten Neven Mimica. "Ich erwarte mir, dass die europäischen Verbraucherschutzstandards mit der Schaffung eines eigenen EU-Kommissars aufgewertet werden und die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten Vorrang haben. Dafür ist eine enge Kooperation mit den gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentariern wichtig", sagt Weidenholzer gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Swoboda freut sich auf eine gute und intensive Zusammenarbeit mit Mimicas offiziellem Amtsantritt am 1. Juli: "Kroatien bringt als 28. EU-Mitgliedsland wichtigen neuen Schwung und Impulse für ein gemeinsames Europa mit."

Bled, mit Kroatiens Ex-Premierministerin Jadranka Kosor und IFIMES-Chef Zijad Becirovic (© 2004 IFIMES)

Im slowenischen Bled erhielt der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, gemeinsam mit deutschen Außenminister Guido Westerwelle, dem bosnischen Präsidenten Zeljko Komsic und dem Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil El Araby gestern einen Preis des renommierten Instituts für den Balkan und den Nahen Osten (IFIMES). Hannes Swoboda wurde als "aktivster Europäischer Politiker auf dem Balkan" ausgezeichnet. Die Laudatio hielt die frühere kroatische Präsidentin Jadranka Kosor, die unter anderem Swobodas historisches Verdienst um den Beitritt Kroatiens hervorhob. In seiner Dankesrede unterstrich Hannes Swoboda einerseits die Dringlichkeit von durchgreifenden Reformen in den Balkanländern und anderseits die Notwendigkeit, diese Länder schrittweise an die Europäische Union heranzuführen. "Wir müssen verhindern, dass die Staaten des Balkans durch eine Abwanderung der jungen aktiven Generation ausgehöhlt werden und sich dadurch in eine wirtschaftliche und politische Richtung entwickeln, die wir als Nachbarn nicht wollen", so der Fraktionsvorsitzende.


PRESSE Kroatienbeitritt stärkt Stabilität der Balkanregion 1.7.2013

Utl.: Reformprozess muss weitergeführt werden – Durch EU-Beitritt werden nicht automatisch alle Probleme gelöst „Wir heißen Kroatien herzlich in der Europäischen Union willkommen und sind überzeugt, dass die Mitgliedschaft Kroatiens zu mehr Stabilität im Land und in der Region führen wird“, so der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda, am Montag gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. „Das Land hat sich sehr angestrengt und viele Schritte zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption unternommen. Darüber hinaus hat es sein Justizsystem und die Verwaltung einer dringenden Reform unterworfen“. Swoboda, der als Kroatienberichterstatter des EUParlaments die Verhandlungen vom ersten Tag an begleitet hat, weist aber auch darauf hin, dass der Reformprozess weitergeführt werden müsse, der EU-Beitritt alleine werde nicht alle Probleme lösen. So müssten erst die Voraussetzungen geschaffen werden, um zu einem späteren Zeitpunkt der Eurozone beitreten zu können. „Kroatien muss vor allem seine Wirtschaft diversifizieren. Es hat zwar einen hochqualifizierten Tourismussektor, dieser kann aber nicht alleine die wirtschaftliche Zukunft des Landes sicherstellen“, sagt der Fraktionsvorsitzende.

Straßburg (© European Parliament)

Der Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abgeordneten, Jörg Leichtfried, betont, dass der Beitritt Kroatiens auch für Österreich wichtig sei. „Österreichs Wirtschaft ist Kroatien engagiert, durch den Beitritt werden sich die wirtschaftlichen Beziehungen noch weiter verfestigen. Ebenso ist es für uns von enormer Bedeutung, wenn sich die Balkanregion weiter stabilisiert. Kroatien ist ein gutes Bespiel für all jene Staaten, die den Beitritt zur Europäischen Union anstreben. Es hat vorgezeigt, dass die Bemühungen der vergangen Jahre zu einem guten Ergebnis geführt haben“, betont Leichtfried abschließend.


REDEN Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates (13./14. Dezember 2012) 12.12.2012

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Präsident Barroso und Präsident Van Rompuy haben bei der Verleihung des Nobelpreises ausgezeichnete Reden gehalten – vor allem über die Vergangenheit der Europäischen Union. Und ich frage mich, Herr Präsident Barroso, warum haben Sie die Visionen, die Sie dort gezeichnet haben, nicht in die Zukunft weitergeführt? Warum glauben Sie, dass man mit einem technokratischen Etappenplan die heutige Krise lösen kann? Welche Differenz zwischen dem, was wir am Montag und vielleicht auch heute Früh gehört haben, und dem, was Sie uns vorlegen! Es geht aber auch um den Geist, in dem dieser Etappenplan geschrieben worden ist – dieser Blueprint . Und wenn ich gestern in der Financial Times Olli Rehn lese, der meint: Austerity works – for whom ? Für die Millionen Arbeitslosen, für die Millionen jugendlichen Arbeitslosen, für die Firmen, die keine Nachfrage haben und daher zugrunde gehen? Es kann doch nicht wahr sein, dass es der Ausdruck der Selbstgefälligkeit der Kommission ist, der dem hier zugrunde liegt. Und selbst Henry Kissinger – wahrlich kein Linker – hat kürzlich gemeint, wenn diese Politik fortgesetzt wird, dann ist die Union in Gefahr zu zerbrechen. Nichts kommt in diesem Blueprint vor von einer sozialen Union; politische Union – ja, Wirtschaftsunion – ja, soziale Union – nichts! Und, Herr Präsident Barroso, Sie haben heute wieder von den sozialen Aufgaben gesprochen. Ja, warum findet sich das dann nicht in diesem wesentlichen Dokument der Kommission? Sie haben den Bericht Thyssen erwähnt. Aber vieles, das im Bericht Thyssen steht, das Mehrheitsmeinung in diesem Parlament ist, findet sich überhaupt nicht in dem Blueprint , der von Ihnen vorgelegt worden ist! Und ich rede schon gar nicht von den Schlussfolgerungen des Rates, die sind ja noch viel schlimmer. Oder wenn Sie den Bericht von Pervenche Berès nehmen, den Finanzkrisenbericht: ebenfalls mit einer großen Mehrheit beschlossen. Ja, Sie haben von der Jugendgarantie gesprochen. Da bin ich sehr dafür und begrüße das. Nur leider kommt es zu einem Zeitpunkt, wo viele im Rat meinen, es ist ohnedies schon zu viel Geld im Europäischen Sozialfonds vorhanden, und wir können sogar diese Mittel kürzen.

Unsere Meinung als Sozialdemokraten: Nicht weniger Geld für den Europäischen Sozialfonds, sondern mehr Geld für den Europäischen Sozialfonds, um die Probleme lösen zu können. Das ist notwendig. (Beifall) Und was die wirtschaftliche Union betrifft, sind es vor allem noch zwei Dinge, die sehr wichtig sind. Sie haben ein bisschen darauf hingewiesen: Investitionen. Wir brauchen Investitionen auch bei aller Sparsamkeit bei den Budgets, um aus der Krise herauszukommen. Und die Frage der Entschuldung: Da machen Sie es sich ein bisschen zu leicht, wenn Sie von der Kommission sagen: Ja, da gibt es rechtliche Hindernisse. Es geht darum, die rechtlichen Hindernisse zu überwinden, damit wir zu einem brauchbaren Schuldentilgungsfonds gelangen. Und beide Dinge – und das möchte ich gleich sagen – sind auch wichtig für das Twopack . Denn, wie Minister Mavroyiannis gesagt hat, wir wollen das Twopack . Aber wir wollen auch klare Aussagen, was die Entschuldung und was die Investitionen für Europa betrifft. Und was die politische Union angeht: Ich bekenne, ja, Sie sind da auf dem richtigen Weg, wenn Sie sagen, das Europäische Parlament hat eine große Rolle zu spielen. Das begrüßen wir natürlich. Aber wenn Sie gleichzeitig von einer fiscal capacity und vom Eurozonenbudget sprechen, dann möchte ich ein klares Bekenntnis von Kommission und Rat, dass jegliches Budget, auch ein Eurozonenbudget, nur unter Mitbestimmung des Europäischen Parlaments beschlossen werden kann, und nicht ohne Europäisches Parlament. Dieses klare Bekenntnis brauchen wir von Ihnen. Und wir brauchen natürlich auch etwas zur Steuerpolitik. Sie haben heute einen Ansatz vorgelegt – das begrüße ich. Aber die großen Differenzen in der Steuerpolitik zwischen den einzelnen Mitgliedsländern verzerren und zerren die Europäische Union ja noch auseinander und gefährden auch die Gemeinschaft.


REDEN Was ich aber überhaupt nicht verstehe: Wieso stimmen Sie als Kommission und Kommissionspräsident zu, dass wir in Zukunft an individuellen Verträgen zwischen der Kommission und einzelnen Ländern arbeiten sollen, was gewisse wirtschaftliche Fragen betrifft? Sie sind der Verfechter und müssen der Verfechter der Gemeinschaftsmethode sein, und nicht dazu beitragen, dass sich die Europäische Union in Einzelverträge zwischen der Kommission und einzelnen Mitgliedsländern auflöst. Das ist für uns nicht machbar.

Wenn Sie das ernst nehmen würden, wenn Sie wirklich auf das Parlament hören und nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben würden, dann würden wir zu einem besseren Ergebnis kommen. Ich glaube, das, was vorliegt, und insbesondere auch die Ratsschlussfolgerungen sind nicht das Papier wert. Es kann doch nicht wahr sein, dass wir am Montag diese feierlichen Bekenntnisse abgeben, sie heute in diesem Parlament wiederholen – und dann beschließt der Rat am Freitag ein dünnes, nichtssagendes Papier über die Zukunft Europas!

(Beifall) Ja, wir sind für eine verstärkte und überwachte Koordinierung der Fiskalpolitik, aber wir brauchen auch Anreize für strukturelle Investitionen. Ja, wir sind für eine Bankenunion mit gemeinsamen Haftungsregeln. Und ich hoffe, der Rat verzögert das nicht noch mehr. Wir sind für mehr soziale und steuerliche Gerechtigkeit und gegen ein Auseinanderklaffen von Reich und Arm. Aber wir sind auch für eine koordinierte Entschuldung und wollen niedrige Zinsen haben, damit die Länder von Griechenland bis Portugal und Irland und Spanien aus ihrer Schuldenkrise herauskommen können. Und wir sind für eine gesamteuropäische Wettbewerbs- und Industriepolitik und nicht für ein Niederkonkurrieren der einzelnen Länder untereinander.

Straßburg (© European Parliament)

Wir brauchen wieder Visionen. Wir haben sie in diesem Parlament erarbeitet – bei allen Differenzen zwischen den einzelnen Fraktionen. Wenn Sie gemeinsam mit dem Parlament daran arbeiten würden, Visionen für Europa zu entwerfen, dann könnte das gelingen. Ich bitte Sie, fangen gemeinsam mit uns! (Beifall)

Sie

noch

einmal

an,


REDEN Aussprache über die Zukunft der Europäischen Union – Erklärung von Werner Faymann, Bundeskanzler der Republik Österreich 15.1.2013

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, Sie haben durch diese Rede bewiesen, dass Sie in Ihrem Amt gewissermaßen nach dem Motto „learning by doing “ ein begeisterter und überzeugter Europäer geworden sind. Dies ist vor allem auch eine nachhaltige Art und Weise, Europäer zu werden, weil Sie gesehen haben, dass man nur gemeinsam die Krisen lösen kann und nicht jeder für sich allein. Da ist Österreich vielleicht besonders prädestiniert, weil Österreich ja doch – eingespannt zwischen Ost und West und Nord und Süd – wahrscheinlich am meisten darunter leiden würde. Aber Sie haben richtig dargestellt, dass wir alle darunter leiden werden, wenn es so weiter geht, dass sich – wie wir in den letzten Statistiken gesehen haben – die Armut bzw. auch die Arbeitslosigkeit auseinander bewegt. Wir können nicht stolz darauf sein, dass wir als Österreicher oder als Deutsche in einer relativ guten Lage sind, denn letztendlich wird es uns alle betreffen. Aber wir haben auch eine soziale Haltung, eine soziale Einstellung, die das nicht toleriert. In gewissem Sinn unterstütze ich, was Sie zur unerträglichen Zinsspanne gesagt haben: Sie haben gesagt, dass diese Zinsspanne, die wir seit vielen Monaten, vielleicht sogar seit Jahren in Europa haben, nicht akzeptabel ist. Sie haben sich zu Eurobonds und jedenfalls auch im Detail zum Schuldentilgungsfonds bekannt. Das ist etwas, was wir in diesem Parlament gemeinsam vertreten und wo wir von der Kommission und auch vom Rat erwarten, eine positive Antwort zu bekommen, und dass wir uns zumindest überlegen, wie und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schuldentilgungsfonds entstehen kann. Das eine ist, generell darüber zu reden, dass die Zinsspanne zu hoch ist. Aber es geht hier nicht ums Reden, es geht ums Tun. Das haben Sie klar gesagt, und das unterstützen wir vollkommen. In gewissem Sinn – und das ist eine Gemeinsamkeit, die die Mehrheit dieses Parlaments trägt – ist Österreich ein Gegenmodell zum neoliberalen Modell, ein Gegenmodell zum Modell, dass man nur durch den Abbau des Sozialstaates wettbewerbsfähig wird. Manche werden sagen, ich sage das aus einem Patriotismus heraus, aber ich sage das vor allem als Sozialdemokrat. Der Fall Österreich und einige andere Länder beweisen, dass Sozialstaatlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit Hand in Hand gehen, sie können durchaus und sie sollen sogar miteinander gehen. Wir sind nicht die Insel der Seligen in Österreich, wie es ein Papst einmal gemeint hat.

Aber es ist eine konkrete politische Haltung, die dazu führt, dass der wirtschaftliche und soziale Ausgleich und dass auch Sozialpartnerschaft eine Rolle spielen. Es hat sich jetzt auch in Frankreich auf Antrag von Präsident Hollande und Jean-Marc Ayrault gezeigt, dass es gut und möglich ist, dass Sozialpartner gemeinsame Lösungen z. B. zur Reform des Arbeitsmarkts finden. Sie haben von Investitionen gesprochen. Investitionen sind nur möglich, wenn nicht eine primitive, extreme Austeritätspolitik betrieben wird, wenn Sparpakete gemacht werden durch die Ausgaben-, aber auch durch die Einnahmenseite, und wenn mehr Einnahmen kommen, um Investitionen zu tätigen. Und natürlich besonders der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die Jugendgarantie. Das ist etwas, was wir jetzt für Europa einfordern. Und das nicht nur als freiwillige Maßnahme einiger Länder. Es muss eine gemeinsame europäische Aktion sein! Das, was die Kommission vorgeschlagen hat, ist gut. Wir müssen aber noch einen Schritt weiter gehen. Es muss auch durch den Europäischen Sozialfonds die Mittel dafür geben. Darum ist dieses Budget auch so wichtig. Es macht keinen Sinn, sich für die Jugendgarantie auszusprechen, aber die Mittel für den Europäischen Sozialfonds zu kürzen. Wir wollen mehr Geld im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, das ist, was wir fordern. (Beifall) Zur Finanztransaktionssteuer: Sie sind oft belächelt worden, in meinem eigenen Land und im Ausland. Schon wieder kommt er mit der Finanztransaktionssteuer! Jetzt stehen wir vor dem endgültigen Beschluss des Rates, hoffentlich einem positiven Beschluss. Ich werde das auch morgen von der irischen Präsidentschaft einfordern, dass es dazu kommt. Aber, Herr Bundeskanzler, Sie werden es mir verzeihen, dass ich so wie der Kollege Daul auch darauf hinweise, dass der Kampf gegen die Steuerhinterziehung auch einen aktiven Beitrag Österreichs braucht. Die beiden großen Länder Österreich und Luxemburg müssen jetzt den Schritt tun, dass wir gemeinsam den Kampf gegen die Steuerhinterziehung bestreiten können. Da könnte Österreich sogar das Bankgeheimnis für die Österreicher behalten. Aber die Auskunftspflicht muss gegeben sein.


REDEN Bitte nehmen Sie auch von hier mit: Wir wollen einen gemeinsamen europäischen Kampf gegen die Steuerhinterziehung, ein gemeinsames europäisches Abkommen mit der Schweiz, um wirklich zu zeigen, dass auch in diesem Fall Österreich und die gesamte Europäische Union hier gemeinsam vorgehen. Der letzte Punkt, Herr Bundeskanzler. Es ist ganz wichtig, was Sie auch grundsätzlich in Ihren letzten Worten gesagt haben: Sie haben sich seit Jahren – auch hier gab es einige kritische Stimmen – immer klar abgegrenzt vom Rechtsextremismus, auch vom Rechtspopulismus. Das ist in diesem Haus nicht immer selbstverständlich, sondern es gibt auch Regierungschefs, die sich zumindest vom Rechtspopulismus, vor allem in der eigenen Partei, nicht abgrenzen können. Vielleicht könnte Herr Cameron auch einmal in dieses Parlament kommen. Er könnte eine große europäische Rede in diesem Parlament halten. Das wäre sehr gut, dann würde er viel Gehör finden. Allerdings auch viel Widerspruch. Aber es ist wichtig, diesen Kräften nicht nachzugeben, sondern eine klare Trennlinie zu ziehen. Ihre Trennlinie, insbesondere gegen rechtsextremistische Parteien, ist etwas, was für die Zukunft Europas ganz wichtig ist, und alle europäischen Politiker – es hat ja einige gegeben, die mit Rechtsextremen gepackelt haben – sollten sich das zu Herzen nehmen. Es kann nur eine klare Linie geben gegen Rechtsextremismus in Europa. (Beifall)

Straßburg (© European Parliament)


REDEN Vorbereitung auf die Tagung des Europäischen Rates (7.-8. Februar 2013) 23.10.2012

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Ich kann dem, was Präsident Barroso gesagt hat, zustimmen und auch dem, was Kollege Daul heute und gestern gesagt hat, voll zustimmen. Aber leider, lieber Joseph, gibt es in deiner Fraktion Leute, die immer wieder das Klima vergiften. Wenn ich beispielsweise denke, was Frau Gräßle über die vielen überblähten Beamtenapparate in Brüssel sagt – das ist genau das, was Stimmung macht. Natürlich gefällt das Herrn Cameron und Herrn Callanan, und ich bin Vizepräsident Maroš Šefčovič sehr dankbar, dass er das korrigiert hat. Wir haben hier eine Berichterstatterin. Man kann ja sagen, wir wollen noch mehr haben. Aber die Regierungen, die kritisieren, kommen ja nicht einmal an den Verhandlungstisch, weil sie nicht bereit sind, zu verhandeln. Das ist der Skandal, den man hier bekämpfen muss. (Beifall) Weil ich Cameron erwähnt habe: I shall now switch to English to address perhaps some of the few friends of Mr Cameron who are present here today. Mr Cameron had a vision. The vision was not the same as when the Conservatives were pleading to join the European Union, because at that time it was not the vision merely of a big market. If you only have the vision of a big market you do not need a budget, or only a very small budget. You do not need investment, you do not need to fight unemployment – that is not for the internal market; but we have a vision of solidarity, of a Europe of solidarity, and not everybody in Britain shares Mr Cameron’s vision. I was in Nottingham where I met young people who have been unemployed. I met 17-year-old Leigh. He has already been in prison, he is from a broken family. How did he get a job? It was through European money, through European support, and he was not the only one, there were many others as well. The Mayor of Dover recently said that we can only get out of the crisis with European money. The British Academy is sending us letters saying, ‘please fight for a budget for research and innovation because we need that also in Britain’. I was recently in Italy visiting the people in the area of the earthquake. They said ‘thank you’ to Europe for helping them but they knew also about the shameful way in which many Finance Ministers wanted to block the money going to them.

I was recently in Craiova in Romania and they told me there that Europe is the only way to get investment in their poor region. This is our Europe. This is another vision of Mr Cameron’s, but this is a vision which is closer to the citizen. Therefore, we need a budget. It is not a big budget – do not exaggerate, do not be so scandalised, it is a very small budget – but it must be an efficient budget. I can therefore only agree with what Mr Barroso said. First of all we need adequate financing for the job we have to do, jobs for young people. Yesterday Mr Hollande was here and Mr Barroso made a reference to him. I fully agree that this is the future of our Europe and we are letting them down, we are not giving them the means for jobs, for education and for research. Therefore, we need an adequate budget. But we need to close the gap between commitments and payments – it is like a game: big commitments and small payments afterwards. Every year, we have to fight for that. We need more flexibility because money which is not spent should not go back home as a surplus for the Finance Minister, but should be used for those important issues we have to do. We want a strong Europe, strong internationally – globally – but we do not provide enough money for a global economy and a global foreign policy. Finally, we also need own resources. We need some steps towards own resources because this shameful game – country against country, rebate against rebate – this should stop. Therefore I think we need, and this is in the interests of our governments and our citizens too, own resources. Now how will Parliament react? I want to address the Council and the Minister. Tell your colleagues in the Council that we will react responsibly, but that does not mean we will accept anything that comes. The principle of ‘take it or leave it’? It may be that we will leave it. Therefore it is important to tell the Council that we take this seriously because we are responsible. We will act in a way which is responsible to our citizens. President Hollande and Mrs Merkel are meeting tonight in Paris; I think they will watch the football match. I do not know who will win or should win – Europe will win anyway; this is football, either Germany or France.


REDEN But as for the budget, I do not know who will win. For the budget to be agreed in this Parliament, Europe must win in the talks tonight and the talks at the weekend. A responsible Parliament will reject any agreement which does not respond to citizens’ demands and because we are responsible, we will say ‘No’. We can say no and we will say no if we do not get a budget which meets the demands of our citizens. Be sure of this: this is our answer today and will be the answer after the meeting this weekend. (Applause)

Straßburg (© European Parliament)


REDEN Aktueller Stand der Verfassungsänderungen in Ungarn 17.4.2013

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Das ungarische Volk war immer ein Volk, das die Freiheit geliebt hat. Es hat sich gewehrt gegen die österreichische Dominanz, es hat sich gewehrt gegen die sowjetische Besatzung und gegen das kommunistische Regime. Einer, der sich gegen die Unfreiheit gewehrt hat, war Viktor Orbán in seinen frühen Jahren. Warum Viktor Orbán diesen Weg verlassen hat und wann genau der Sinneswandel gekommen ist, weiß ich nicht. Das ungarische Parlament hat selbstverständlich das Recht, die Verfassung und die Gesetze zu beschließen. Aber in keinem Land, jedenfalls in keinem Rechtsstaat der Europäischen Union, dürfen beliebig Gesetze beschlossen werden. In keinem Rechtsstaat ist es zulässig, einfache Gesetze in den Verfassungsrang zu erheben, um zu verhindern, dass der Verfassungsgerichtshof tätig wird. In keinem Rechtsstaat ist es zulässig, dass Richter einfach frühzeitig pensioniert werden. Der Europäische Gerichtshof hat das festgestellt und Ungarn hat noch immer nicht den Erkenntnissen des Europäischen Gerichtshofs Genüge getan. In keinem Rechtsstaat ist es zulässig, den Bürger dem Gericht je nach Gutdünken der Behörden zuzuteilen und den gesetzlichen Richter zu verwehren. In keinem Rechtsstaat ist es zulässig, die Wahlwerbung – wie die Frau Kommissarin gesagt hat – unzulässig einzuschränken. Und in keinem Rechtsstaat ist es zulässig, den Bürger dafür zu bestrafen, dass eine Regierung das Recht verletzt und vielleicht vor den Europäischen Gerichtshof gebracht werden kann. Ich weiß, viele Bürgerinnen und Bürger Ungarns sehen das nicht als das Hauptproblem an. Sie haben große wirtschaftliche und soziale Probleme. Aber die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in Ungarn werden nicht dadurch gelöst, dass man den Rechtsstaat verletzt, genauso wenig wie das Problem der Obdachlosigkeit gelöst wird, indem man die Obdachlosen diskriminiert und verfolgt. (Beifall) All die Kritik, die vorgebracht wird, wird zurückgewiesen als eine Kritik der Linken. Präsident Barroso – ein Linker? Frau Vizepräsidentin Reding – eine Linke? Außenminister Spindelegger, der Vorsitzende der Österreichischen Volkspartei – ein Linker? Es ist doch grotesk, das zu behaupten. Meine Damen und Herren von der Europäischen Volkspartei, Sie haben gestern Orbán empfangen. Ich sehe einige hier, die ihn kritisiert haben, wie ich gehört habe. Ich sehe auch viele, die ihm applaudiert haben.

Aber Sie müssen sich letztendlich entscheiden: Stehen Sie auf der Seite der Kommission, der Vizepräsidentin Reding, oder auf der Seite von Orbán und der Verletzung des Rechts? Stehen Sie auf der Seite der Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit oder nicht? Ich würde auch den Rat bitten, eine klare Position einzunehmen. Denn was ich heute gehört habe, war nicht klar. Unterstützen Sie die Kommission bei ihrer rechtlich einwandfreien Tätigkeit! Wir haben manche Auseinandersetzung gehabt, gerade auch was z. B. Rumänien betrifft, wo die Situation ganz anders ist, aber darum geht es heute nicht. Heute geht es darum – und ich habe damals noch gesagt, ich unterstütze die Kommission –, ob wir der Kommissarin das Vertrauen geben, damit Sie dem Recht zum Durchbruch verhilft. Das ist die entscheidende Frage! Und da kann sich die Europäische Volkspartei nicht herumdrücken. Wir als Sozialdemokraten stehen jedenfalls auf der Seite des Rechts. Und lassen Sie mich zuletzt noch eine Bemerkung machen: Ronald Lauder hat namens der jüdischen Gemeinschaft in den USA sehr kritische Worte gefunden, zuletzt auch das Internationale Auschwitz-Komitee. Ich mache Orbán nicht verantwortlich für den wachsenden Antisemitismus, aber Sie können nicht zuschauen, meine Damen und Herren der Europäischen Volkspartei, wenn heute ungestraft in Ungarn auf die Namenstafeln von Professoren an Universitäten geschrieben wird „Jude“, „Jude“, „Jude“ und das Hakenkreuz draufgemalt wird. Da erwarte ich mir eine klare Stellungnahme auch des ungarischen Premierministers und von Fidesz. Der Antisemitismus muss aufhören in Ungarn! Da muss es eine klare Position geben! (Beifall)


REDEN Vorbereitung auf die Tagung des Europäischen Rates am 22. Mai 2013 - Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steueroasen - Jährlicher Steuerbericht: Wege zur Freisetzung des Wachstumspotenzials der EU 21.5.2013

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Ich weiß, der Rat wird sich mit zwei sehr konkreten Fragen auseinandersetzen müssen. Ich glaube aber, der Rat darf doch nicht vorbeigehen an der Krise, die derzeit in Europa so sichtbar ist. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit, insbesondere für die Jugend. Von der Jugend spricht man heute als „Generation Praktikum“ oder „Generation Altersarmut“. Die Staatsverschuldung, die wir mit Austerität bekämpfen wollen, ist ebenfalls gestiegen. Die Verteilung der Einkommen und Vermögen gestaltet sich immer ungleicher. Viele Menschen fühlen sich nach Meinungsumfragen von der Mittelklasse deklassiert. In Frankreich spricht man inzwischen von einem descenseur social . Sogar Obdachlosigkeit und Selbstmordrate steigen, wie die Statistiken zeigen. Und die Ausgaben für Gesundheit, Erziehung und Bildung werden zum Teil dramatisch gekürzt. Immer mehr Menschen drücken in Umfragen ihre Angst aus, dass sie im Alter nicht mehr gut versorgt werden und dass die Kinder eine schlechte Zukunft haben. Und immer mehr Bürger sind von der EU enttäuscht. Europa wird als Teil des Problems gesehen, nicht als Teil der Lösung. Das darf man doch nicht einfach so akzeptieren, wie sich Europa heute darstellt! Kürzlich hat jemand im Guardian gemeint: Recession hurts, but austerity kills . Aber das ist das, was wir tun. Die Austerität tötet heute Arbeitsplätze, soziale Gerechtigkeit, und sie tötet die Zustimmung zur Europäischen Union. Wir vergessen immer wieder, was John Maynard Keynes gesagt hat: Der Boom, nicht die Krise ist der richtige Zeitpunkt der Austerität. Deshalb müssen wir trotz mancher kleiner Anzeichen, dass die Situation sich etwas verbessert, grundsätzlich an die Frage herangehen und dürfen nicht nur bei Spezialproblemen versuchen, Lösungen zu finden, sondern der Kurs, den Europa treibt, muss geändert werden. Die große Gefahr ist – da komme ich jetzt auch auf die Investitionen –, dass, selbst wenn wir Wachstum bekommen, wir ein Wachstum ohne Beschäftigung bekommen, wie das derzeit auch in den USA sichtbar ist. Das ist die Herausforderung, dass das Wachstum, das wir hoffentlich wieder bekommen, verbunden ist mit mehr Beschäftigung.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch die irische Präsidentschaft direkt ansprechen. So möchte ich mit der verstorbenen Premierministerin Margaret Thatcher sagen: We want our money back, but not in the sense Margaret Thatcher meant. We want the money back which is in tax havens, Mr Farage and Mr Cameron. That is the money we want to have back. It is unacceptable that EUR 1 000 billion every day, every year – that means EUR 2 000 per citizen – is not invested in Europe but goes to tax havens and tax evasion. This is unacceptable. Is it not a shame – I say this to the Irish Presidency – that even in the Ecofin Council it has been said that we have to ask the International Consortium of Investigative Journalists to supply us with the names and details of EU citizens in Offshore Leaks? This is the obligation of the countries and governments of Europe. We need investigative journalists to get the money back, and that is very sad. (Applause) Citizens feel that these journalists have more power – or perhaps more willingness – to fight tax evasion than the public authorities, and that is not acceptable. I must say that in this case the Commission was quite helpful because they took up the challenge some time ago, and we have to support them. Therefore I ask the Irish Presidency and the Council to listen very carefully and to read Parliament’s reports very carefully, especially Mojca Kleva Kekuš’s report, which states very clearly what has to be done, including the blacklisting of tax havens. We have to penalise all those who do business with this kind of tax haven. This also means that Luxembourg and Austria finally have to agree to the full package in the fight against tax evasion, including of course automatic data exchange. This also means that Mr Cameron should not only tell the islands to put their houses in order, but he has to do his job as well. He knows perfectly well what Apple and others are doing or not doing. They do business but do not pay taxes where they do business. So we have to fight against tax evasion.


REDEN This also concerns energy. Again, the Council will be speaking about energy, but this Parliament has been speaking to the formal energy community for years already. The Commission President is right: we have to invest publicly and privately in order to make the energy market and the energy community workable. I am a bit more cautious about the shale gas initiative. Whatever you do, consider the environmental question, because we are much more concerned about the environmental damage it could cause. We come again to the question of investment. Yes, we need investment, especially for the younger generation. I know it is not the Council’s top priority, but many of the current discussions about Europe relate to youth unemployment and investment against youth unemployment, which may include energy policy. If Mrs von der Leyen is now turning round and doing something positive about youth unemployment in Europe, this is a good thing because, unfortunately, the German Government has very often, as with the banking union, tended to put a foot on the brake instead of the accelerator. But youth unemployment cannot be accepted as it is today in such numbers. We have the money. The money is here, and it has to come from tax evasion and the tax havens. This is the policy we have to adopt.

Straßburg (© European Parliament)

Therefore I think there are two major tests for the Council and also for the Irish Presidency. Can we bring forward a budget which really fights youth unemployment? Are you ready for – I think the technical term is frontloading – to start at the end of the year, in 2014, with enough money to fight youth unemployment? EUR 6 billion for seven years is not enough. This is peanuts for the problem we have to fight, and therefore we need more money. We also need more flexibility in the budget, and in the coming budget negotiations it is very important for the Irish Presidency to go forward in that direction. The second test, of course, is whether we really have the courage and the willingness to fight tax evasion and tax havens. We need – and I fully agree this time with the Commission President – strong action and not just declarations. We need action to go forward – including the necessary directives, of course – because I do not like the idea that we would once again have to call the young people of today the generation of unemployment, the generation of part-time workers and the generation of poverty in old age. The money is here. Let us use it to fight youth unemployment. (Applause)


REDEN Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates (27.-28. Juni 2013 12.6.2013

Im Namen der S&D-Fraktion – Herr Präsident! Überall, wo man heute in Europa mit ganz normalen einfachen Menschen spricht, scheint Wut und Ärger über Europa auf. Ob es der griechische Taxifahrer war, mit dem ich zum Flughafen gefahren bin, um in die Niederlande zu fliegen, ob es die Niederländerin war, die mich in Utrecht durch ein Problemviertel geführt hat – Ärger über nationale Regierungen, aber letztendlich auch über Europa. Ich bin überhaupt nicht der politischen Meinung des griechischen Kollegen, der sich vorhin gemeldet hat. Aber ich bin schockiert darüber, dass in Griechenland von heute auf morgen öffentliche Radio- und Fernsehstationen geschlossen werden, und schockiert darüber, dass das wieder auf die Troika zurückzuführen ist, zumindest in den Augen der Öffentlichkeit. (Beifall) Therefore, Vice-President Rehn, stop the Troika. Stop the Troika, this is the best thing you can do for Europe and for the image of Europe. Stop it now. Der IWF entschuldigt sich ohnedies immer mehr für das, was Sie in der Troika machen. Wozu haben Sie noch die Troika? Sie haben doch eh keine Einigkeit, Sie haben doch eh unterschiedliche Meinungen! Hören Sie doch auf damit! Übernehmen Sie die Verantwortung, Sie sind der verantwortliche Kommissar, Sie sind dem Parlament gegenüber verantwortlich! Das hat nichts mit Demokratie zu tun. Ich sage noch einmal: Ich bin solidarisch mit den Leuten, die heute in Griechenland auf die Straße gehen wegen dieser Schließung. Was hat das mit Demokratie zu tun, wenn die Leute mehr oder weniger das Gefühl haben, da kommen welche aus Brüssel und sperren uns Radio und Fernsehen zu? Das ist aber die Realität, die Sie sehen müssen, die Sie aber leider nicht sehen wollen! Aber es gibt ein anderes Europa! Das ist ein Europa, das eine soziale Dimension hat. Ich hoffe, dass die Kommission in wenigen Tagen auch mit sehr konkreten Vorschlägen kommt. Denn es ist nur dieses andere Europa, das zusätzlich zur Wirtschafts- und Währungsunion auch eine soziale Dimension hat, das den Menschen wieder Hoffnung gibt, dass ein Europa kommt, das ihnen auch die Wünsche befriedigt, die sie berechtigterweise haben.

Der Präsident hat einige Dinge über die Jugendarbeitslosigkeit gesagt. Ja, da sind einige gute Dinge drin. Wir brauchen mehr. Wir müssen den Menschen das Gefühl geben, dass wir nicht nur Budgetdefizite betrachten, dass wir nicht nur die ökonomischen und makroökonomischen Gleichgewichte und Ungleichgewichte betrachten – das ist wichtig –, sondern dass es auch soziale Ungleichgewichte gibt. Europa ist heute sozial ungleichgewichtiger, als es noch vor fünf Jahren war. Das ist auch ein Grund, Herr Präsident Barroso, warum die Leute mehr sparen, weil sie keine Hoffnung und kein Vertrauen in Europa haben, dass ihnen Europa hilft, wieder zu Wachstum und zu Beschäftigung zu kommen. So überraschend ist das auch gar nicht. Dies müssen wir in den nächsten Tagen angehen. Ich bedaure auf der einen Seite, dass der Rat nicht fähig ist – man wusste ja, dass in Deutschland Wahlen anstehen –, diese Tagesordnung zu erfüllen im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion. Aber es gibt zumindest die Möglichkeit, dass wir, wenn wir wirklich dazu kommen, auch die soziale Dimension integrieren können und auch die Frage der Beschäftigungspolitik entsprechend integrieren können. Denn eine wirkliche Wirtschafts- und Währungsunion ohne soziale Dimension ist nicht machbar! In this connection I want to address the Irish Presidency. They are not listening now, but perhaps they could listen, because I want to address the Irish Presidency, not you personally but as a representative. We are deeply disappointed by the way the budget discussion is taking place. We are also deeply disappointed by the Irish Presidency. Perhaps it is not your personal mistake, perhaps there are some Member States which do not give you the leverage and the possibility to act. Yesterday was the same old story: the Irish Presidency wanted to adopt a conclusion and we said at the beginning that it is not possible. You are not moving towards a compromise with the European Parliament; that is true. We accept the numbers, we accept so many conditions against our resolutions, but you are not moving.


REDEN You have to move if you want to finalise negotiations; you have to move otherwise there can be no agreement. There can certainly be no agreement on the basis of what you have presented until now. This Parliament cannot accept, for example, youth unemployment, a subject so dear to us all. I agree with the President: there are many meetings being held now, but where is the action? So we demand a frontloading, we demand that special funding is given for 2014 and 2015, but we have to have flexibility for the subsequent period. We cannot say that we will spend all of this small sum of EUR 6 billion in two years, and then for the rest say ‘we will see’. We need the flexibility, we need a revision clause to ensure funding for the subsequent period, because I cannot believe – and nor can you – that after two years we will no longer have major unemployment in Europe. What we are doing now is just a drop in the ocean – important drops maybe – but we need a real fight against youth unemployment, and therefore we need a real budget. Be sure of one thing: this Parliament will not find a majority. I must say that you do a good job with many legislative acts, but until now you have failed on the budget. I hear that there will be last chance on 18 June, let us take it, and let us do so very seriously.

Straßburg (© European Parliament)

There are many other issues, and I agree with Mr Daul and the President with regard to banking union. We have an important job to do here because we have to provide credit to the SMEs, the EIB has to make a real change, and we have to have a reasonable budget, in particular for the fight against youth unemployment. Otherwise, all we will do to fight against youth unemployment is make yet more declarations. We do not want words; we want action. Many citizens feel that Europe is broken, but we have to fix it. We can fix it, but only with a reasonable budget. We are ready. I hope that the Council is ready too.


REDEN Lage der Grundrechte: Standards und Praktiken in Ungarn 2.7.2013

Im Namen der S&D-Fraktion - Herr Ministerpräsident, Sie sind gekommen, das finde ich gut. Das ist ein Zeichen, dass Sie zumindest im Grundsatz zum Dialog bereit sind. Dennoch hat mich Ihre Rede enttäuscht, weil Sie die üblichen Mythen geprägt haben: Die Linken stimmen gegen Ungarn. Wir stimmen nicht gegen Ungarn. Wer für den Bericht Tavares stimmt, stimmt für die Freiheit der Bürger in Ungarn und für die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Das ist zu sagen. (Beifall) Sie haben ja nicht nur den Bericht Tavares zurückgewiesen, sondern de facto auch die Kommissionsarbeit. Ich möchte Sie fragen, warum Sie nicht mehr unternehmen dagegen, dass Frau Reding in Ungarn zur Unperson erklärt worden ist, weil sie für das Recht und für die Freiheit kämpft. Wenn Sie dafür kämpfen, dann müssten Sie eigentlich Frau Reding in Ungarn verteidigen. Sie haben gesagt, Sie müssten Ungarn verteidigen und schützen. Ich weiß nicht gegen wen, denn sie sind Mitglied der Europäischen Union und ein Teil dieser Union, die für Rechtsstaatlichkeit sorgen muss. Wenn alles in Ungarn blühendes Leben ist, dann frage ich Sie: Warum verlassen so viele junge, gut ausgebildete Ungarn das Land? Warum gibt es viele Investoren, die heute nicht nach Ungarn kommen, wenn alles so blühend ist? Warum stellen Sie die Demokratie und auch die Rolle der Parteien, vor allem auch der Oppositionsparteien, in Frage, wenn Sie so sehr für Demokratie und Freiheit sind? Warum haben Sie die Medienvielfalt in Frage gestellt und mussten das Gesetz ändern, wenn Sie so sehr für die Freiheit sind? Und warum kommen immer mehr Vertreter auch der jüdischen Gemeinschaft zu uns, wenn es keinen Antisemitismus in Ungarn gibt? Warum sind Sie nicht klar dagegen? Nicht, dass ich Sie beschuldige, dass Sie ihn fördern, aber wer mehr und mehr Horthy-Statuen aufstellt, darf sich nicht wundern, wenn gleichzeitig der Antisemitismus in seinem Land zunimmt, was ich sehr bedauere.

Aus all diesen Gründen – Sie sind nämlich nicht auf die einzelnen Punkte von Herrn Tavares eingegangen, Sie haben den Bericht nur generell abgelehnt, Sie haben gesagt, wer für Tavares ist, ist gegen Ungarn – nein! Nochmals: Wer für Tavares ist, hat sehr wohl die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Ungarns im Kopf. Denn eines verwundert mich bis heute – und ich habe Sie schon das letzte Mal danach gefragt und keine Antwort bekommen: Sie haben Ihre politische Karriere als Kämpfer für die Freiheit begonnen, das muss ich respektieren. Das war wirklich eine große Tat, die Sie als junger Mann gesetzt haben. Und ich verstehe bis heute nicht, warum Sie heute die Freiheit in Ungarn einschränken wollen, anstatt sie zu verteidigen. Verteidigen Sie mit uns gemeinsam die Rechtsstaatlichkeit, mit uns gemeinsam die europäischen Werte und Rechte! Denn darum geht es. Und solange die Kommission das vertritt, werden wir die Kommission voll unterstützen. Kein einziges Land in der Europäischen Union, Herr Viktor Orbán, musste so viele Gesetze, die mit Demokratie und Freiheit zu tun hatten, ändern. Viele Länder müssen etwas ändern, aber dass ein Land permanent seine Gesetze ändern muss, weil sie gegen europäische Werte und Rechte verstoßen, das ist leider Ihrer Regierung überlassen, und das tut uns leid! (Beifall)

(Beifall) Ja, Sie haben das Recht, dafür einzutreten, dass Fidesz immer in der Regierung bleibt. Aber dafür gibt es Grenzen in einer Demokratie. Denn Demokratie heißt auch Abwechslung von politischen Parteien in der Führung der Regierung. Das ist, was wir unter Demokratie verstehen. Und ich glaube, das sollten Sie auch akzeptieren. Straßburg (© European Parliament)




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