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Am 1. Digitalen HandelsDialog wagten die Experten Manuela Kägi, Andreas Burgener, Prof. Dr. Reto Föllmi sowie die Nachwuchstalente Julia Bucher, Guillaume Baldi und Tabea Hofer mit Input-Statements einen Blick in die Zukunft des Handels.

Julia Bucher, eine der Besten Lernenden KV Branche Handel 2019 «Der Schweizer Handel ist Vorreiter in der Nachhaltigkeit. Wir haben sehr gute Innovationen und tolle neue Produkte. Doch in der Vermarktung sind wir zu zurückhaltend. Zum Teil werden die Risiken übergewichtet und die grossen Chancen verpasst. Im Ausland werden manchmal ähnliche Produkte eingeführt, aber in der Vermarktung fährt man viel grösser auf. Es wäre gut, wenn die Kunden online bereits sehen könnten, was im Laden vorhanden ist. Sonst ist man im Laden enttäuscht. Und nur die glücklichen Kunden kommen wieder.»

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Guillaume Baldi, einer der Besten Lernenden KV Branche Handel 2021 «Das Einkaufsverhalten ändert sich. Immer mehr Menschen meiden die grossen Shoppingzentren und bevorzugen die kleinen Läden, die ihnen Geselligkeit bieten. Dieser Trend verstärkt sich mit dem Homeoffice. Mehr Händler werden die für sie teureren Einkaufszentren verlassen und sich zum Beispiel in den Dörfern niederlassen. Zu den grossen Herausforderungen zählt auch die Ökologie. Das hat mit dem Transport zu tun wie auch mit der Rückverfolgbarkeit oder den eingesetzten Materialien. In Zukunft wird die virtuelle Realität eine immer grössere Rolle im Schweizer Handel spielen.»

Tabea Hofer, eine der Besten Lernenden KV Branche Handel 2021 «In der Digitalisierung sind andere Länder der Schweiz voraus. Ein weiteres Thema sind die Öffnungszeiten. Die jungen Leute planen heute weniger als früher. Spontan fällt ihnen abends um zehn Uhr oder sonntags ein, noch einkaufen zu wollen. Darin steckt eine Herausforderung. Denn gleichzeitig möchten sie nur von 9 Uhr bis 16 Uhr arbeiten und viel Freizeit haben. Woher kommen also die Mitarbeitenden? Hätte ich ein Geschäft im Handel, so würde ich für faire Arbeitszeiten sorgen, die auch in den Alltag der Mitarbeitenden und Kunden passen. Mein Anliegen ist ausserdem, dass alle in der Lieferkette fair bezahlt werden und nicht nur die grossen Marken.»

Prof. Dr. Reto Föllmi, SIAW Universität St. Gallen, Lehrstuhl für Internationale Ökonomie mit Schwerpunkten Aussenhandel und Makroökonomie «Der Welthandel stagniert seit der Finanzkrise, obwohl die Freihandelsabkommen zwischen 1990 und 2016 stark zugenommen haben. Dies macht die Sache für die Händler und Exporteure immer komplizierter. Darum nutzen nur die Hälfte der Händler die Handelsabkommen – wie unsere Daten zeigen. Für die Schweiz ist der Marktzugang nach wie vor ein zentrales Thema. Denn wir sind globaler ausgerichtet als ein durchschnittliches europäisches Land. Die europäischen Nachbarn sind uns jedoch am nächsten und unsere wichtigsten Handelspartner. Zukünftige Chancen sehe ich in den unaufhaltsamen technologischen Entwicklungen. Mit Data Analytics können wir die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten viel besser spüren und die personalisierte Kundenansprache beherrschen. Wir werden schneller merken, ob das Produkt fliegt oder floppt. Anhand des Mobilitätsverhaltens der Kunden werden zudem optimale Verkaufsstandorte gewählt.» Direkt zum Video

Andreas Burgener, Direktor auto-schweiz «2030 sitzen Sie vielleicht in einem Personenwagen und kommunizieren mit dem Bus, dass Sie jetzt dann bald an einen Verkehrsknotenpunkt kommen und einsteigen möchten. Möglicherweise fährt der ÖV dann wirklich, wenn er Kunden hat, und nicht einfach leer durch die Welt. Sie haben ein Human Machine Interface, mit dem Sie verschiedene Dienste abrufen können. So kommunizieren Sie auch mit Ihren Werkstätten. Der Lieferwagen könnte in Zukunft den letzten halben Kilometer anders erledigen als heute. Ihren Kofferraum würden Sie vom Büro aus mittels einer App öffnen. Das ist Ihr neuer Briefkasten. Irgendwann nach 2030 könnte das robotisierte Palett bis zum Endkunden fahren.»

Manuela Kägi, Vorsitzende der Geschäftsleitung Bio Partner Schweiz AG «Der Handel muss bis 2030 mehr Verantwortung für die Produktion übernehmen. Sich mit den Herausforderungen auseinandersetzen und echte Partnerschaften leben: zusammen planen und zusammen Lösungen suchen. Bei Wetterbedingungen wie in diesem Jahr auch Waren abnehmen, die vielleicht nicht den gängigen Standards entsprechen. Nicht nur wird dadurch Food Waste vermieden. Wir achten so auch wieder vermehrt die Arbeit von Menschen und sichern ihr Einkommen. Neben Selbstbedienungsformaten, durchgängiger Automatisierung und Onlineshopping braucht es individuelle Formate. Diese lassen Begegnungen und Austausch zu. Sie steigern die Wertschätzung von Lebensmitteln in ihrer Vielfalt und ermöglichen, die Geschichten und Menschen hinter den Nahrungsmitteln besser zu kennen und stärker wertzuschätzen.»

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