Studentenmagazin Grüne Wiese 15

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erste Tag ist geschafft und ich auch. Am nächsten Morgen verschlafe ich, was zum Vorteil hat, dass ich nicht frühstücken kann und somit noch etwas für den Abend habe. Nach den ersten zwei Stunden in der Hochschule meldet sich dann doch wieder mein Magen. Die Fronten zwischen Kopf und Magen verhärten sich. Mein Freund schlichtet durch eine Einladung in die Mensa und ich nehme mir vor, ihn für den Friedensnobelpreis zu nominieren. Am Abend dann blicke ich auf dem Heimweg sehnsüchtig zu Netto rüber, auch wenn dieser geschlossen hat. Irgendwie geht mir das Geld beziehungsweise das Kein-Geld derzeit gar nicht mehr aus dem Kopf. Es ist Freitag und ich kann nicht weg, hab ja kein Geld. Nicht, dass ich an diesem Abend irgendwo hin wollte, aber der Gedanke, ich könnte, wenn ich Geld hätte, beschäftigt mich dann doch. Am nächsten Morgen fühl ich mich wie ein falscher Fuffziger und nur die Aussicht auf ein gutes letztes Frühstück tröstet mich über den schlechten Schlaf hinweg. Ich hole die letzten Reste aus meinem Kühlschrank und freue mich königlich auf diese Mahlzeit. Es klingelt. Seufzend gehe ich zur Tür, schließlich läuft mir ja das Frühstück nicht weg. Doch als ich wiederkomme, ist es weg! Einzig und allein mein Hund liegt auf zwei Zentimeter an den Boden gepresst in der Ecke. Nach dem ersten Schock

mache ich eine Phase der Wut, dann eine der Frustration und danach eine der Verzweiflung durch. Ich beschließe, meinem Hund erstmal die kalte Schulter zu zeigen und das Drama um das Stück Käse und etwas Butter (viel mehr war es ja auch nicht) zu beenden. Am Ende dieses zweiten Tages dämmert mir dann langsam, dass der Rest der Woche doch nicht so einfach wird. Am nächsten Tag gehe ich solidarisch mit meinem Freund einkaufen. Alles um mich herum bettelt mich an, gekauft zu werden. Die Milch schreit „Konsumier mich!“, der Käse johlt „Kauf mich!“ und die Erbsen kichern hämisch. Die nächsten zwei Tage verbringe ich mit den Resten aus Kühlschrank und Speisekammer. Am Mittwoch habe ich dann nur bis mittags Seminar. Eigentlich müsste ich noch ein paar Sachen für die Hochschule kaufen. Stattdessen stehe ich wie ein bettelarmes Kind auf dem Heimweg vor Schaufenstern und drücke mir die Nase platt. Dabei erwische ich mich, wie ich missgünstig ein kleines Kind mit etwas Süßem in der Hand beobachte. Irgendwie bringt mir diese Woche meine Abgründe näher. Allerdings auch die Erkenntnis, dass kein Geld ausgeben auch seine Vorteile hat. Da ich bei allem Studieren esowieso kaum Freizeit habe, verbringe ich diese zumindest nicht mehr vor Regalen und an Kassen. Dennoch entschließe ich mich, mein Pfand in Bares zu verwan67


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