WIR BLEIBEN DRAN. Wahlprogramm Bremen 2011

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WIR BLEIBEN DRAN. WAHLPROGRAMM BREMEN 2011.


Das Wahlprogramm 2011 wurde auf der Landesmitgliederversammlung von Bündnis 90/DIE GRÜNEN am 7. November 2010 in Bremen, beschlossen.

Herausgeberin: Bündnis 90/DIE GRÜNEN Landesverband Bremen Schlachte 19/20 28195 Bremen Tel.: 0421/30 11-100 Fax: 0421/30 11-250 lv.bremengruene.de www.gruene-bremen.de Titel: MKK, Hamburg Druck: www.diedruckerei.de März 2011


Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Inhalt Präambel: GRÜNE für Bremen

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Nachhaltige Stadt Energie & Klimaschutz Stadtentwicklung – Stadt der kurzen Wege Verkehr: Mobilität nachhaltig und bürgernah gestalten Stadt im Grünen – grüne Stadt

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Nachhaltige Finanzen Säulen grüner Haushaltspolitik Schuldenbremse Öffentlicher Dienst Sparen Nachhaltig einkaufen – Marktmacht nutzen

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Wissen – der unbegrenzte Rohstoff Schule/Weiterbildung Hochschule/Wissenschaft/Forschung Kultur Medien- und Netzpolitik

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Soziales – alle Menschen einbeziehen Teilhabe statt Ausgrenzung Behindertenrechte sind Menschenrechte Politik für Ältere

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Kinder und Jugendliche Gesundheit

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Nachhaltiges Wirtschaften und gute Arbeit Ökologischer Strukturwandel Maritime Wirtschaft Gute Arbeit

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Bürgerstädte Bremen und Bremerhaven Vertiefung der Demokratie Teilhabe/bürgerschaftliches Engagement Frauenpolitik Integration und Vielfalt Inneres Justiz Lesben und Schwule Verbraucherschutz Tierschutz Sport

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Europa/Internationales/ Entwicklungszusammenarbeit

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Unsere KandidatInnen für die Bürgerschaftswahl 2011 Wahlkreis Bremen Wahlkreis Bremerhaven

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Präambel

GRÜNE für Bremen Nach vier Jahren grüner Regierungsbeteiligung hat sich Bremen verändert. Wir machen Politik in Verantwortung für nachfolgende Generationen. Wir treten für Schwächere ein. Wir haben die Folgen unserer Lebensweise für Menschen in den ärmeren Regionen der Welt im Blick. Grüne zeigen, dass diese Politik auch unabhängig von der Kassenlage umgesetzt werden kann. Grüne Politik berücksichtigt die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger. Wir lassen keinen Zweifel daran, dass wir dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet sind. Unsere Städte werden nur dann lebens- und liebenswert bleiben, wenn es gelingt, das Bedürfnis nach sauberer Luft, Grünflächen und möglichst wenig Lärm mit dem Bedürfnis nach einem Arbeitsplatz und einer guten Politik für die wirtschaftliche Entwicklung in Einklang zu bringen. Das verlangt von uns die Bereitschaft zuzuhören, unsere Entscheidungen sorgfältig begründet und transparent zu treffen und natürlich auch den Mut, sich am Ende Widerstand und Kritik zu stellen. Unser Bundesland und unsere Städte Bremen und Bremerhaven bieten eine große Chance für

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 bürgernahe Politik. Moderne parlamentarische Demokratie ist transparent, nachvollziehbar und trifft politische Entscheidungen von Anfang an unter Beteiligung der Betroffenen. Diesen Politikansatz wollen wir weiter ausbauen und Beteiligungsmodelle erproben. Grüne kennen Bremen. Wir machen Politik für unser Bundesland unter Berücksichtigung seiner Tradition als wichtiger Hafen-, Handels- und Industriestandort, der durch Wissenschaft und Forschung modernisiert wird. Neue Branchen wie die Windkrafttechnologie, die Informationstechnologien, aber auch das Handwerk und die Kreativwirtschaft tragen zum Strukturwandel bei. Trotzdem ist es bisher nicht gelungen, die hohe Arbeitslosigkeit im Land Bremen abzubauen. Nach wie vor lebt jedes dritte Kind in Armut. Der Staat kann die fehlenden Arbeitsplätze nicht schaffen, wohl aber die Rahmenbedingungen gestalten. Dazu gehört das Eintreten für einen Mindestlohn ebenso wie eine Arbeitsmarktpolitik, die arbeitslose Menschen nicht in unnötige Warteschleifen schickt, sondern sie möglichst schnell wieder in normale Arbeitsverhältnisse vermittelt. Grüne Politik ist ökologisch. Dabei geht es um Lebensqualität heute und Verantwortung für nachfolgende Generationen. Klimaschutz und ökologische Ausrichtung sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und seiner Unternehmen. Das Bundesland Bremen wird seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das heißt, uns so schnell wie möglich unabhängig von Öl, Kohle und

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Atom zu machen. Unsere nachhaltige Klimapolitik steht auf drei Säulen: Energiesparen, Energieeffizienz und Ausbau erneuerbarer Energien. In der Verkehrspolitik setzen wir konsequent auf gute Bus- und Bahnverbindungen, einen hohen Anteil an Radverkehr sowie den Ausbau von Car-Sharing und Elektromobilität. Die Grünen werden sich in allen Politikfeldern für Frauen stark machen und geschlechtsspezifische Benachteiligungen abbauen. Wir sind davon überzeugt, dass Geschlechtergerechtigkeit Chancen in allen gesellschaftlichen Bereichen schafft. Unser Ziel ist ein selbstbestimmtes und partnerschaftliches Miteinander von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen in allen Lebensbereichen. Grüne rücken die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund. In den vergangenen vier Jahren wurden Kindergartenplätze ausgebaut und die Bedingungen dort verbessert. Im Schulkonsens ist die Einführung der Oberschule verabredet worden. Damit wird allen Kindern, gleich welcher Herkunft, die Möglichkeit zu allen Schulabschlüssen eröffnet. Hier setzen wir auf Sprachförderung und konsequente Inklusion behinderter Kinder. Auch wenn es Anfangsschwierigkeiten gibt und manche Umstellung nötig sein wird, am Ende werden alle davon profitieren. Grüne Politik ist bunt. Die heutige Stadtgesellschaft ist eine Gesellschaft der Vielfalt. Das ist keine Träumerei, sondern Realität. Wir wollen sie gestalten: Mit Respekt und Anerkennung, mit sachlicher

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Diskussion und Lösung von Konflikten innerhalb der Gesellschaft, mit Regeln und Partnerschaft auf Augenhöhe, mit einer Einwanderungs- und Integrationspolitik, die an den Menschenrechten orientiert ist. Grüne Politik ist gerechter. Auch in der nächsten Legislaturperiode wird ein Schwerpunkt unserer Arbeit darin liegen, Benachteiligungen auszugleichen. Projekte im Stadtteil, die bürgerschaftliches Engagement ermöglichen, Ausbau der Ganztagsschule und ein soziales Sicherungssystem, das in Nachbarschaften erreichbar ist, sind wichtige Bestandteile des Sozialstaates. Das bestehende Sozialsystem ist teuer und reformbedürftig. Denn bei den Menschen, die Hilfe brauchen, kommt nicht genug an. Dringend muss die Kooperation der Akteure verbessert werden. Der Staat muss verantwortlich steuern. Grüne Politik ist glaubwürdig. Wir legen Ihnen ein Programm ohne teure Versprechungen vor. Zu den größten Problemen Bremens zählt die hohe Staatsverschuldung. Sie zwingt uns, immer mehr Geld für Zinsen auszugeben. Dieses Geld müssen wir zwar als Steuern einnehmen, können es aber nicht für die Weiterentwicklung Bremens ausgeben. Damit wirken die Schulden gegen den Sozialstaat, gegen eine gute Bildungspolitik und gegen die langfristigen Interessen der Wirtschaft. Wir werden uns bemühen, den notwendigen Sparkurs gerecht und möglichst schonend zu gestalten. Aber wir erklären auch, dass wir jede Geldausgabe auf ihre

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Notwendigkeit und Wirksamkeit prüfen. Am Ende werden wir uns auch von Gewohntem verabschieden müssen. Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Mitteln ist für uns keine Zumutung oder ein Mangel an Gestaltungsmöglichkeiten, sondern eine erstrebenswerte und fortschrittliche Grundhaltung, die Kreativität freisetzt. Auf Bundesebene werden wir uns für ein auskömmliches Steueraufkommen insbesondere für die Kommunen einsetzen und allen weiteren unverantwortlichen Steuersenkungen entgegentreten. Grüne wollen einen handlungsfähigen Staat. Unser Grundgesetz will keinen Nachtwächterstaat, der möglichst alles dem angeblich freien Spiel der Kräfte überlässt. In der Vergangenheit hat Bremen fast alles an öffentlichem Vermögen veräußert. Das Geld ist ausgegeben, der Verlust an Handlungsmöglichkeiten und von Einnahmen ist dauerhaft. Wir werden unsere Unternehmen wie die GEWOBA mit Augenmaß steuern und ihre hohe Bedeutung für die Lebensqualität in Bremen wertschätzen. Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut. Wir wissen, dass dafür Polizei und Justiz personell ausreichend ausgestattet sein müssen. Dort, wo Menschen wegen ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft, ihres Alters, ihres Glaubens, ihrer religiösen oder politischen Anschauungen, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung wegen benachteiligt werden, ist es Aufgabe des Staates, dem gezielt entgegenzuwirken. Der öffentliche Dienst hat dabei eine Vorbildfunktion.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bremen ist Teil der Nordwestregion und kann viele Vorteile aus guter Kooperation gewinnen. Unsere Krankenhäuser versorgen PatientInnen aus der ganzen Region, unsere kulturellen Angebote und Museen werden von vielen Menschen besucht. Hafenkooperation und eine integrierte Verkehrsentwicklung, gemeinsames Agieren auf Bundesebene als Nordwestregion bis hin zu gemeinsamer Beschaffung stärken unser politisches Gewicht und helfen Geld sparen. Von besonderer Bedeutung sind für uns auch der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Klima- und Küstenschutz. Unsere Rolle in Europa werden wir wie in der Vergangenheit in dem Bewusstsein wahrnehmen, dass die europäische Integration der wichtigste Garant für Frieden und Wohlstand auch für Bremen ist. Um diese Ziele zu erreichen, wollen Grüne weiterregieren – und stärker werden. Wir haben die uns von den Wählerinnen und Wählern gegebene Regierungszeit nicht mit unnötigen Streitereien verschwendet. Rot-Grün arbeitet im Senat und auf der Ebene der Fraktionen gut zusammen, Meinungsverschiedenheiten werden sachbezogen gelöst. Wir werben um Ihre Unterstützung für stärkere Grüne in der nächsten Regierung. Mit uns wird Bremen ökologischer, solidarischer, kreativer, transparenter und sparsamer – GRÜNER.

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Nachhaltige Stadt Energie & Klimaschutz Wir wollen die Strom- und Wärmeversorgung für das Land Bremen bis spätestens 2050 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme umstellen. Nur so kann Bremen einen angemessenen Beitrag dazu leisten, den Klimawandel zu bremsen. Anspruchsvolle Klimaschutzziele können nur erreicht werden, wenn Energie eingespart und effizienter genutzt wird: durch intelligente Technik und besBremen: Reich an seres Energiemanagement. LetztKlimaschutz endlich müssen wir aber auch unsere Lebensstile, unser Mobilitäts-, Ernährungs- und Konsumverhalten ändern. JedeR kann einen Beitrag dazu leisten – daher fördern wir Klimaschutzkampagnen und wollen den Klimaschutz als Bildungsziel etablieren. Auch die Beiräte sollen künftig verstärkt in Energie- und Klimaschutzfragen einbezogen werden. Klimaschutz, Energieeinsparung und der Ausbau erneuerbarer Energien sind in der vergangenen Legislaturperiode ein Schwerpunkt grüner Politik gewesen. Wir haben dazu beigetragen, dass der

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 geplante Bau eines Mega-Kohlekraftwerks in Bremen verhindert wurde. Wir haben ein integriertes Klimaschutz- und Energieprogramm 2020 (KEP) vorgelegt, das den CO2-Ausstoß im Land Bremen bis 2020 um 40 Prozent verringern soll. Wir haben den Ausbau der Windenergie, der Wasserkraft, der Solarenergie und der Kraft-Wärme-Kopplung konsequent und sichtbar vorangetrieben. Wir haben die Stromversorgung sämtlicher öffentlicher Gebäude auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt und für den Neu- und Umbau öffentlicher Gebäude sehr hohe Energiestandards festgeschrieben. CO2-Ausstoß in Bremen bis 2020 Außerdem konnte der Bau des Weserkraftwerkes endlich beginum 40 Prozent nen. verringern Trotzdem gibt es noch viel zu tun, wenn wir unser gestecktes Klimaziel erreichen wollen. Die Maßnahmen aus dem Klimaschutzund Energiekonzept müssen jetzt kontinuierlich umgesetzt werden. Dazu gehört auch, dass wir ein Kohlekraft-Ausstiegsszenario für Bremen entwickeln. Für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude wollen wir verstärkt externe Dienstleister beauftragen, die Energiesparmaßnahmen durchführen und ihre Investitionen über einen vertraglich begrenzten Zeitraum aus den eingesparten Energiekosten refinanzieren (Contracting). Von wesentlicher Bedeutung ist die umweltfreundliche Wärmeversorgung der Bremer Haushalte und Unternehmen. Es gibt große Potenziale für Solar- und Abwärme, für deren Nutzung die Rahmenbedingungen verbessert wer-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 den müssen. Für die Fernwärmenutzung in Bremen und Bremerhaven soll ein Fernwärmeatlas erstellt werden, auf dessen Basis das Netz weiter ausgebaut und ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Fernwärmenetzen ermöglicht wird. Wir wollen auch die Rekommunalisierung der Gas-, Wärme- und Stromnetze in Bremen und Bremerhaven prüfen. Darüber hinaus muss die Bauleitplanung die verschiedenen Formen umweltfreundlicher Energienutzung in den Vordergrund stellen. Wir wollen anspruchsvolle energetische Standards für Neubaugebiete festlegen. Im Landesrecht soll festgelegt werden, dass auch bei Gebäudesanierungen erneuerbare Energien zu nutzen sind. Zudem ist die Einhaltung der EnergieeinsparEnergieeinverordnung bei Neubauten wie sparung durch Altbausanierungen auf geeignete GebäudesanieWeise sicherzustellen. rung Die Bundesregierung fordern wir auf, die Förder- und Kreditmittel für den energetischen Umbau des Wohn- und Gebäudebestandes zu erhöhen, denn solche Sanierungen schützen MieterInnen vor überhöhten Kosten. Die Energieberatung für VerbraucherInnen muss weiter ausgebaut und der Verbraucherschutz in der Energieversorgung berücksichtigt werden. Dabei bedarf es in den Stadtteilen einer zielgruppenspezifischen und alltagstauglichen Aufklärung für MigrantInnen. Vor allem durch die energetische Gebäudesanierung können im Baugewerbe und den damit verbundenen Gewerken in den nächsten Jahren zahlreiche neue Arbeitsplätze

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 entstehen. Diese Entwicklung wollen wir durch Förderprogramme wie das erfolgreiche Bremer Wärmeschutzprogramm und Beratung sowie durch entsprechende Initiativen im Bundesrat unterstützen, um die Sanierungsquote mindestens zu verdoppeln. Schon heute sind im Land Bremen mehr als 10.000 Menschen im Bereich der Umweltwirtschaft beschäftigt. Diese Zahl muss in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden. Dazu tragen auch Netzwerke wie die Windenergieagentur Bremerhaven/ Bremen, die „partnerschaft umwelt unternehmen“ sowie die „Klimafreunde Bremen“ bei. Durch diese Vernetzung kann die Umweltkompetenz der bremischen Wirtschaft verbessert und ihr Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele vergrößert werden. Bremen und Bremerhaven gehören in Deutschland und Europa schon heute zu den Top-Standorten für Windenergie, vor allem für Offshore-Windkraft. Die Bandbreite reicht hier von Forschung und Entwicklung über industrielle Fertigung und Montage bis hin zu den verschiedensten Dienstleistungen rund um die Windenergie. In den vergangenen Jahren hat sich die Windenergie zum Jobmotor der Region entwickelt. Diese Stärken wollen wir ausbauen. Aber nicht nur die Windenergie soll gefördert werden, sondern wir wollen unser Augenmerk auch auf die Potenziale im Bereich Biogas, Erdwärme sowie Solarenergie legen. So sollen möglichst viele der vorhandenen Dach- und Nutzflächen für Wärme- und Stromgewinnung aus der Sonne genutzt werden.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke (AKW) und den Bau neuer Kohlekraftwerke lehnen wir auch deshalb entschieden ab, weil sie uns vom Pfad des Klimaschutzes und der sicheren Energieversorgung abbringen. Bremen liegt Atomkraftwerke im Schnittpunkt der AKWs Esensso schnell wie hamm, Grohnde, Lingen, Brokdorf, möglich abschalBrunsbüttel und Krümmel. Wir ten wollen, dass die Atomkraftwerke so schnell wie möglich abgeschaltet werden. In den engen Grenzen, die uns das Bundesrecht zieht, werden wir alles tun, gefährliche Atomtransporte über Bremens Häfen, Straßen und Schienen zu verhindern. Zugleich sind wir gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke und die unterirdische Ablagerung von abgeschiedenem Kohlendioxid (CO2). Hier entstehen lediglich neue Risiken, die dem Klimaschutz in keiner Weise helfen. Wir wollen ein Landesklimaschutzgesetz erarbeiten, in dem die einzelnen Aspekte des Klimaschutzes und der Energieversorgung und die Ziele des Klimaschutz- und Energieprogramms 2020 (KEP) für das Land Bremen verbindlich festgesetzt werden. Unsere Strategie im Bereich von Klimaschutz und Energiepolitik setzt auf die drei E: die Förderung der Energieeinsparung, die Verbesserung der Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Weg nicht nur besser für das Klima, für uns und unsere Kinder, sondern auch wirtschafts- und beschäftigungspolitisch vernünftig ist.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Stadtentwicklung – Stadt der kurzen Wege Die Stadt Bremen hat eine hohe Lebensqualität mit ihren bunten Stadtteilen sowie einem hohen Anteil an Grünflächen und Parks. Für uns gehören Urbanität, Lebensqualität und Umweltqualität zusammen. Wir Grünen stehen für einen schonenden Umgang mit Bremens Flächenressourcen. Für uns gilt die Devise: Brachenrecycling und Innenentwicklung statt Flächenfraß am Stadtrand. Sanierung, Umbau, Ergänzung und Umnutzung im Gebäudebestand müssen der Schwerpunkt der Ökologische Stadtentwicklung sein. Stadtentwicklung Wir wollen der energetischen – Bürgerfreundund barrierefreien Sanierung des liche Planung vorhandenen Gebäudebestandes den Vorrang vor Neubau einräumen. Da, wo Neubau erforderlich ist, richten wir uns nach drei Prinzipien: Baulücken schließen, Brachen neu beleben, neue Wohnbauflächen an vorhandene Wohngebiete anschließen. Die Zersiedelung der Landschaft werden wir stoppen. Die Bebauung der Osterholzer Feldmark haben wir bereits verhindert. Eine Bebauung des Hollerlandes, der Ochtum-Aue in Huchting und der Binnendüne in Blumenthal wird es mit uns nicht geben. Wir setzen uns für den Erhalt der noch nicht erschlossenen Flächen in der Arberger und Mahndorfer Marsch ein. Die grünen Ränder Bremens müssen grün bleiben.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Die ökologische, ökonomische und soziale Weiterentwicklung der Stadt als Ganzes basiert wesentlich auf den Stadtteilen und den dort aktiven BürgerInnen. Jeder Stadtteil muss auch weiterhin einerseits Heimat für seine verschiedenen Bewohnergruppen sein, gleichzeitig aber auch eine spezifische Rolle in einer vernetzten Stadt spielen. Während besonders die InnenBenachteiligte stadt und deren angrenzende Stadtteile besonStadtteile von der Reurbanisierung ders unterstützen profitieren und neue aktive EinwohnerInnen sowie InvestorInnen gewinnen, drohen einzelne Stadtteile an den Rändern Bremens von dieser Entwicklung abgehängt zu werden, obwohl sie schon große Anstrengungen unternehmen. Die Weiterentwicklung und der Umbau der besonders benachteiligten Stadtteile muss daher auch weiterhin besonders unterstützt werden. Neben den benachteiligten Gebieten muss daher insbesondere Bremen-Nord größere Aufmerksamkeit auf allen Feldern der Stadtentwicklung erfahren. Ein Schlüsselprojekt kann die Wiederbelebung des Baumwollkämmerei-Geländes und seine Öffnung zum Stadtteil und zur Weser sein. Mit der Umgestaltung des Weserufers im Bereich der BWK wird nicht nur ein weiterer wichtiger Baustein zur „Stadt am Fluss“ hinzugefügt. Darüber hinaus kann auch vorbildlich gezeigt werden, wie eine zukunftsweisende Stadtentwicklung wirtschaftliche und ökologische Anforderungen und die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung vor Ort miteinander verknüpft. Der weitere

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Betrieb zweier Sondermüllverbrennungen auf dem BWK-Gelände ist aus unserer Sicht kontraproduktiv für die Umsetzung des BWK-Masterplans. Bei der notwendigen Innenentwicklung Bremens werden wir darauf achten, dass vorhandene Freiund Grünflächen erhalten, aufgewertet und ergänzt werden. Insbesondere in sozial benachteiligten oder bereits verdichteten Stadtteilen wollen wir mehr attraktive Grünanlagen schaffen, um die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu verbessern. Auch aufgrund des Klimawandels mit zunehmenden Temperaturen ist das ein Muss. Wir werben dafür, dass auch die BürgerInnen Bäume pflanzen und deren Pflege übernehmen. Im Wohnungsbau werden wir verstärkt darauf achten, dass ökologisches und energieeffizientes Bauen von der Ausnahme zur Regel wird. Besonders in der Überseestadt, am Klinikum Mitte und auf dem Gestra-Gelände in Findorff wollen wir dafür sorgen, dass neben hochwertigem auch bezahlbarer Wohnraum angeboten wird. Vor allem jungen Familien, die innerstädtische Wohnungen in attraktiver Lage suchen, wollen wir in Bremen und Bremerhaven Alternativen bieten. Wohnungsbaupolitik darf aber nicht auf „Leuchtturmprojekte“ beschränkt bleiben. Vielmehr werden wir darauf achten, dass auch für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen bezahlbarer Wohnraum entsteht bzw. erhalten bleibt. Eine Privatisierung der GEWOBA lehnen wir ab, da sie ein wichtiges Instrument der sozialen und ökologischen Stadtentwicklung ist. Gegen „Heu-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 schrecken“, die in Bremen und Bremerhaven Wohnungsbestände herunterkommen lassen, werden wir entschieden vorgehen. Unterstützen wollen wir innovative Projekte wie gemeinschaftliche Wohnformen, bauträgerfreies Wohnen, Ressourcen sparende Wohnkonzepte und Zwischennutzungen. Unser Ansatz der Stadtentwicklung ist ganzheitlich: Wir wollen die Stadt der kurzen Wege und der funktionalen Durchmischung, wo Wohnen, Arbeiten, Bildung, Erholung und Einkaufen dicht beieinander liegen. Solche Siedlungsstrukturen bieten nicht nur hohe Lebensqualität, sonGrüne Stadt der dern vermeiden auch unnötige Verkurzen Wege kehre. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung. Da kurze Strecken ideal mit dem Rad, zu Fuß oder mit dem ÖPNV zurückgelegt werden können, sind kompakte Siedlungsstrukturen auch ein wesentlicher Baustein unseres Klimaschutzkonzepts. Entsprechend werden wir bei der Weiterentwicklung des ÖPNV darauf achten, dass Gebiete mit hoher Siedlungsdichte optimal angeschlossen werden. Im Flächennutzungsplan und im Landschaftsprogramm werden wir die planerischen Voraussetzungen für die grüne Stadt der kurzen Wege schaffen. In der Bauleitplanung wollen wir das Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigen. Denn Frauen haben häufig andere Ansprüche an städtebauliche Planung als Männer. Planungsprozesse laufen selten konfliktfrei ab. Dafür mögen in Bremen die verschiedenen Ausein-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 andersetzungen am Stadtwerder und in Bremerhaven die Deponie Grauer Wall stehen. Wir befürworten ein hohes Maß an frühzeitiger Bürgerbeteiligung und setzen uns für Lösungen ein, die breit getragen werden. Der demokratische Streit in der Sache bringt uns im Regelfall weiter und sorgt letztlich für tragfähige Lösungen. Das gilt auch für die Innenstadtentwicklung. Wir begrüßen es, dass sich Einzelhändler, Wirtschaftsund Baubehörde auf ein grundsätzliches Vorgehen bei der weiteren EinzelhandelsInnenstadt-Ententwicklung in der Innenstadt wicklung: Vielfalt geeinigt haben. Wir sind der Aufstatt Einfalt fassung, dass der Innenstadthandel eine qualitative Aufwertung erfahren muss. Nicht zuletzt, weil in den Zeiten der großen Koalition unverhältnismäßig hohe Einzelhandelskapazitäten auf der grünen Wiese geschaffen wurden. Wir sind aber gegen eine klassische Shopping-Mall mitten in der Innenstadt, die ein Fremdkörper wäre und gewachsene Strukturen zerstören könnte. Wir setzen auch beim Einzelhandel auf Vielfalt statt auf Einfalt, auf behutsame Entwicklung statt auf brachiales Wachstum. Eine wichtige Rolle zur Stärkung der Stadtteile und Quartiere spielt der kleinteilige Einzelhandel vor Ort und in den Nebenzentren. Beim Einzelhandel suchen wir ebenso wie beim Verkehr und der Raumplanung den engen Kontakt mit unseren niedersächsischen Nachbarn. Wir wollen Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit im Kommunalverbund Bremen-Niedersachsen und ihn

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 perspektivisch zu einem Planungsverband ausbauen. Die räumlich weitergehende Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten sehen wir als guten Ansatz für regionale Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien, Klimaschutz, Elektromobilität, Tourismus, Verkehrsplanung, Hafenentwicklung und Hochschulkooperation. Wir wollen sie als klima- und umweltgerechte Region mit mehr Partizipationsmöglichkeiten weiterentwickeln. Im Bereich der kommunalen Nachhaltige AbAbfallwirtschaft sind mit der im fallwirtschaft neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgesehenen Einführung einer Wertstofftonne und der Ausweitung der gewerblichen Sammlung für Wertstoffe aus Haushalten erhebliche Umbrüche absehbar. Diese können zu einer für BürgerInnen unzumutbaren Zersplitterung der Abfallsammlung durch eine Vielzahl von Entsorgungsfirmen und Gebührenerhöhungen für den verbleibenden Restabfall führen. Wir halten es für erforderlich, die Verantwortung und Steuerung für die Sammlung sämtlicher Abfälle aus privaten Haushalten im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge beim öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger (Umweltbetrieb Bremen, Entsorgungsbetriebe Bremerhaven) zusammenzuführen. Private Dritte können von diesen weiterhin beauftragt werden. Damit wird sichergestellt, dass künftig wieder nur ein Ansprechpartner für Problemlösungen zuständig ist und absehbar notwendige Änderungen am Sammelsystem und an der Gebührenstruktur aus einem Guss verwirklicht

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 werden können. Die Abfallsammlung kann dadurch praxisgerechter organisiert und den unterschiedlichen lokalen Bedürfnissen der beiden Städte besser und mit klarer Verantwortung auch für die Kosten angepasst werden. Einnahmen aus dem Verkauf von Wertstoffen kommen den GebührenzahlerInnen zugute und nicht gewerblichen Rosinenpickern, so dass auch langfristig stabile Abfallgebühren gewährleistet werden können. Wir wollen prüfen, ob nach Auslaufen der Privatisierungsverträge 2018 eine Rekommunalisierung der Abfallsammlung in Bremen und Bremerhaven Vorteile bieten könnte.

Verkehr: Mobilität nachhaltig und bürgernah gestalten Bremen und Bremerhaven sind Städte der kurzen Wege, wo Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Lernen und Erholung oft dicht beieinander liegen. Diesen Vorteil gilt es auch für die VerVorfahrt für den kehrspolitik und die VerkehrsverUmweltverbund meidung zu nutzen. Motorisierter in der Stadt der Individualverkehr trägt mit seinen kurzen Wege Emissionen erheblich zum Klimawandel bei. Viele Menschen leiden unter der Lärmund Luftbelastung, die durch den motorisierten Verkehr verursacht wird. Im Mittelpunkt unserer Verkehrspolitik steht daher, die gesundheitlichen Belastungen der Bevölkerung konsequent zu ver-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 ringern bzw. zu vermeiden und die Umwelt zu schützen. Daher setzt grüne Verkehrspolitik auf den Umweltverbund, also auf die Stärkung des Fußgängerverkehrs, des Radverkehrs und der öffentlichen Verkehrsmittel. Unser Ziel ist es, den Anteil dieser umweltfreundlichen Mobilität am Gesamtverkehr deutlich zu erhöhen und den Autoverkehr in den Innenstädten und Wohngebieten durch das verstärkte Angebot von Alternativen (z. B. mehr Car-Sharing, bessere Kommunikation über ÖPNV-Angebote, sicheres Fahrradfahren und Fußverkehr) allmählich zu verringern. Mit grüner Regierungsbeteiligung sind wichtige Weichen für eine grüne Verkehrswende gestellt worden: Bremen hat endlich ein S-Bahn-Netz, das einer 550.000-Einwohner-Stadt Bedingungen für angemessen ist. Der Ausbau des FußgängerInnen Straßenbahnnetzes schreitet ebenund Radfahreso voran wie die Modernisierung rInnen weiter der Busflotte mit schadstoffarmen verbessern Fahrzeugen. Das Radverkehrsnetz wird weiter ausgebaut und besser beschildert. Zunehmend werden jetzt Radstreifen auch auf die Fahrbahnen verlegt, um die Achtsamkeit gegenüber RadfahrerInnen zu erhöhen. Ampelschaltungen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen sind, wie etwa an der Brillkreuzung, verbessert worden. An anderen Stellen, etwa an der Richard-Boljahn-Allee oder der Kurfürstenallee, wurden durch Ampeln barrierefreie Querungsmöglichkeiten für FußgängerInnen geschaffen. Die Anzahl der Mobilpunkte für

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Car-Sharing ist seit 2007 von zwei auf zehn erhöht worden. Mit der Einrichtung der Umweltzone und der Einführung von Tempolimits haben wir wichtige Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Lärmbekämpfung und für die Verkehrssicherheit umgesetzt. Wir sind uns aber bewusst, dass wir erst am Anfang der Verkehrswende stehen. Unser vorrangiges Ziel ist es daher, den Anteil des Fußgänger- und des Radverkehrs in Bremen beständig zu erhöhen. Das sorgt für mehr Klimaschutz, mehr Lärmschutz und mehr Lebensqualität für die Menschen in der Stadt. Wir wollen die Bedingungen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen weiter konsequent verbessern. Ihre Belange und Interessen müssen im Zentrum der städtischen Verkehrspolitik und -planung stehen. Bei allen Straßenbaumaßnahmen muss der Rad- und Fußverkehr planerisch und baulich umfassend berücksichtigt werden. Dazu gehören verbesserte Ampelschaltungen, Radverkehrsführungen und Fußwegenetze. Erforderlich sind ausreichende Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und mehr Sitzgelegenheiten für FußgängerInnen. Wir wollen mehr Fahrradstraßen ausweisen und Verkehrsknoten radfahr- und fußgängerfreundlich gestalten. Wir setzen uns dafür ein, im öffentlichen Raum konsequent Barrierefreiheit zu schaffen. Partnerschaftliches Verhalten aller VerkehrsteilnehmerInnen soll gefördert werden. Modellversuche wie die Einrichtung von Begegnungszonen oder Shared Spaces – in denen es keine Vorfahrt für Autos mehr gibt, sondern wechselseitige Rücksichtnahme zum Grundprinzip

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 werden soll – unterstützen wir. Wo es erwünscht oder notwendig ist, soll das Queren der Fahrbahnen auch außerhalb der Knotenpunkte durch zusätzliche Querungsmöglichkeiten (z. B. Zebrastreifen) erleichtert und gesichert werden. Die Erfahrungen mit dem autofreien Sonntag in Bremen waren durchweg positiv. Daher sollte er langfristig etabliert und häufiger durchgeführt werden. Für viele Menschen im Land Bremen ist der Lärmschutz ein zunehmend wichtiges Thema. Sie haben ein Anrecht, von krank Lärm machendem Lärm verschont zu flächendeckend werden. Durch den Lärmschutzbekämpfen Aktionsplan sind erste Maßnahmen realisiert worden. Weitere müssen folgen, damit überall die Grenzwerte eingehalten werden. Dazu gehören Tempolimits, Lkw-Durchfahrtsverbote und Lärmschutzmaßnahmen an den Straßen sowie beim Schienenverkehr. Auf Autobahnabschnitten der A 1 und A 27 ohne ausreichenden Lärmschutz soll es Temporeduzierungen geben, bis ein lückenloser und ausreichender Lärmschutz erreicht ist. Zur Verkehrsberuhigung wollen wir generell Tempo-30-Zonen in Wohngebieten einrichten. Wir wollen das Lkw-Führungsnetz überarbeiten mit dem Ziel, Schwerlastverkehr in Straßen mit Wohnbebauung zu verringern. Der Umbau des Straßennetzes, aber auch die Instandhaltung und Erneuerung der Infrastruktur kosten viel Geld. Wir wollen deshalb die behutsame Einführung einer City-Maut oder andere Finanzierungsmöglichkeiten prüfen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Zentral ist für uns der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auf der Schiene und auf der Straße in Bremen und Bremerhaven. Wir setzen uns für landesweite Barrierefreiheit genauso ein wie für kurze Umsteigewege zu Straßenbahnen und Bussen. Wir kümmern uns um Mitwirkung der Fahrgäste bei der Fahrplangestaltung, um bezahlbare Fahrpreise und um die Wahrung sozialer Standards für die Beschäftigten. Um Umweltfreundden Pendler- und Freizeitverkehr lichen ÖPNV ökologisch zu optimieren, wollen weiter ausbauen wir den Verkehrsverbund stärken. Wir wollen die Erreichbarkeit unserer Städte durch mehr Regionalverkehrsangebote mit Bus und Bahn in Absprache mit den Umlandgemeinden verbessern. Außerdem setzen wir auf mehr Parkand-Ride-Standorte und den weiteren Ausbau von Bike-and-Ride. In Zusammenarbeit mit unseren niedersächsischen Umlandgemeinden und großen Bremer Unternehmen wollen wir prüfen, ob professionelle Beratungsagenturen zu mehr Fahrgemeinschaften führen. Ferner wollen wir Modellversuche für BerufspendlerInnen initiieren, um die Nutzung von Elektrofahrzeugen, die mit Naturstrom betrieben werden, zwischen Wohn- und Arbeitsstätte zu beschleunigen. Die Machbarkeit eines einheitlichen Tarifs im VBN für Bremen und Bremen-Nord soll fortlaufend geprüft werden, um auf eine zeitnahe Umsetzung hinzuwirken. Wir wollen in Verhandlungen mit der Deutschen Bahn erreichen, dass alle Bahnhöfe in unseren bei-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 den Städten bis 2015 modernisiert sind und weitere attraktive Zustiegspunkte für die Bahn schaffen. Die Verbindung Bremen – Bremerhaven muss verbessert werden. Wir setzen uns dafür ein, Bremerhaven wieder an das Fernverkehrsnetz der Bahn anzubinden und die für Bremen vorhandenen IC(E)-Verbindungen nicht zu kürzen. Bremen muss wieder an das Nachtzugnetz angeschlossen werden. Die Straßenbahn ist die ökologischste Form des ÖPNV. Beim notwendigen Ausbau des Straßenbahnnetzes in Bremen wollen wir sicherstellen, dass die Eingriffe in die Natur und die Belastungen für die AnwohnerInnen so gering wie möglich ausfallen. Wir wollen, dass unsere Verkehrsgesellschaften nicht nur mit sauberem Strom fahren, sondern so schnell wie möglich auch verstärkt umweltfreundliche Hybridbusse und Elektrofahrzeuge in ihre Fahrzeugflotte aufnehmen. Dabei kommt dem öffentlichen Fuhrpark eine besondere Vorbildfunktion zu. Mobilität und Sicherheit für alle soll durch eine familiengerechte Nahverkehrsplanung mit verbesserten Taktfrequenzen in den Morgen- und Abendstunden, dem möglichen Einsatz von FahrgastbegleiterInnen in den Abendstunden sowie der Verstetigung von Nachttaxen für Frauen gewährleistet werden. Wir werden das Car-Sharing in Bremen weiter unterstützen. Denn wir wollen erreichen, dass die Zahl der NutzerInnen von heute 7.000 bis zum Jahr 2020 auf 20.000 ansteigt. Wir setzen uns für mehr Stationen auch außerhalb der bisher erschlossenen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bremer Stadtteile ein. Zudem wollen wir Parkflächen im öffentlichen Straßenraum verstärkt für CarSharing-Stellplätze nutzen. Dabei ist es unser Ziel, dass auch beim Car-Sharing mehr mit Naturstrom betriebene Elektrofahrzeuge eingesetzt werden. Elektrofahrräder können den Mobilitätsmix wirksam ergänzen. Die notwendigen Voraussetzungen für Elektrotankstellen im öffentlichen Raum und in Parkhäusern werden wir zügig schaffen. Wir wollen erreichen, dass die A 281: AnwohZeit des überdimensionierten Stranerschutz größtßenbaus in Bremen und Bremerhamögliche Priorität ven zu Ende geht. Uns ist bewusst, einräumen dass der Bau der A 281 vor allem in Kattenturm, Arsten, Huckelriede und Seehausen für die Betroffenen ein erheblicher Eingriff ist. Deshalb setzen wir uns bei der Bundesregierung dafür ein, die negativen Folgen dieser Bundesautobahn so gering wie möglich zu halten und dem Anwohnerschutz größtmögliche Priorität einzuräumen. In Kattenturm wird mit uns der Bau einer Querspange zur Kattenturmer Heerstraße im Bereich des Bauabschnittes 2.2 der A 281 nicht möglich sein. In der Konsequenz muss auch die Verkehrsführung auf mehreren Ebenen vor dem Wohngebiet Huckelriede dringend überdacht werden. Die Wolfskuhle wollen wir in ihrer jetzigen Form erhalten. Daher setzen wir uns auf allen Ebenen für den nicht-ebenerdigen Verlauf des Bauabschnittes 5 Richtung Brinkum – wie ihn der Runde Tisch vorgeschlagen hat – unter dem Flughafen hindurch ein.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Mit dem Ringschluss der A 281 in Seehausen wollen wir den innerstädtischen Verkehr erheblich zurückdrängen, so dass hier Rückbaumöglichkeiten entstehen. Im Zusammenhang mit der Schließung des Autobahnrings wollen wir die Hochstraßen am Breitenweg und an der Wallkreuzung/Bürgermeister-Smidt-Straße abreißen oder umwidmen. Eine städtebauliche Entwicklung der Bahnhofsvorstadt und des Stephaniviertels wird so erst möglich. Dabei setzen wir auf einen Ideenwettbewerb unter Einbeziehung der Bevölkerung. Der Gütertransport auf der Schiene ist sinnvoller und umweltverträglicher als der auf der Straße. Die Bahn muss aber mehr für den Lärmschutz tun, um die hohe Umweltakzeptanz, die sie heute in der Bevölkerung genießt, nicht zu verspielen. Wir setzen uns bei der Deutschen Bahn und den anderen Bahngesellschaften dafür ein, dass sie den Schienenlärm in Bremen deutlich verringern. Wir werden uns auch auf Bundesebene für die Abschaffung des sogenannten Schienenbonus einsetzen. Genauso wichtig wie Lärmschutzwände und Schallschutzfenster ist die Lärmbekämpfung an der Quelle durch angepasste Geschwindigkeiten, lärmarme Schienenfahrzeuge, moderne Bremstechnik und lärmorientierte Trassenpreise für die Bahnunternehmen. Wir halten es langfristig nicht für vernünftig, sämtliche Schienengüterverkehre der Häfen Bremerhaven und Wilhelmshaven durch den Bremer Hauptbahnhof zu leiten. Deshalb müssen auch Ausweichstrecken und Umfahrungsmöglichkeiten unter-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 sucht und entwickelt werden. Solche Investitionen hätten für Bremen einen ungleich höheren Nutzen als die geplante Y-Trasse, die ohnehin nicht vor dem Jahr 2020 realisiert und Milliarden Euro verschlingen würde. Potenziale in der Zu- und Ablieferung von Containern beispielweise zwischen Bremen und Bremerhaven bietet die Binnenschifffahrt. Wir müssen aber auch im Güterverkehrsbereich daran arbeiten, Verkehre überflüssig zu machen. Der quasi-innerstädtische Bremer Flughafen bietet manchen Reisenden wegen seiner guten Erreichbarkeit zwar durchaus Vorteile, bringt aber für die anliegende Bevölkerung Nachtflugerhebliche Belastungen mit sich. verbot konseEin Ausbau des Flughafens kommt quent einhalten für die Grünen deshalb nicht in Frage. Die Lage in der Stadt zwingt zu strengen Auflagen sowohl beim Lärmschutz wie bei den Flugzeiten. Eine achtstündige Nachtruhe ohne Fluglärm muss wiederhergestellt und konsequent eingehalten werden. Sondergenehmigungen für Nachtflüge sollen nur in Notfällen erteilt werden. Wir setzen uns weiterhin für größtmögliche Transparenz der Sitzungen der Lärmschutzkommission des Flughafens ein. Start- und Landegebühren sollten nach Lärm und Schadstoffemmissionen der Flugzeuge stark gespreizt gestaffelt werden, um ein finanzielles Anreizsystem für Fluggesellschaften zu schaffen, emissionsarme Maschinen einzusetzen. Wir setzen uns für eine deutliche Erhöhung der Start- und Landeentgelte in der Nacht ein.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Stadt im Grünen – grüne Stadt Der Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt ist zentrale Grundlage grüner Politik. Wir wollen unsere Naturräume und Kulturlandschaften dauerhaft erhalten und entwickeln. Der Feuchtwiesengürtel um Bremen, die Weseraue oder die Luneplate in Bremerhaven, die vielen Parks in Bremen, BremenNord und Bremerhaven, die unzähligen Kleingärten, aber auch die wertvollen Altbaumbestände in den Stadtteilen tragen dazu bei, dass Bremen und sich nicht nur die Menschen hier Bremerhaven: wohlfühlen, sondern auch die Tiermehr Grün und Pflanzenwelt sich entwickeln kann. Die Qualität des inner- und außerstädtischen Grüns ist längst auch zu einem wichtigen Faktor der Lebensqualität geworden. In der vergangenen Legislaturperiode sind viele naturschutzpolitische Akzente gesetzt worden. Die Baumschutzverordnung in Bremen wurde verschärft. An der Weser wurden in Rablinghausen, in Hemelingen und am Peterswerder Renaturierungen durchgeführt oder begonnen. Durch unsere beharrliche Arbeit konnten wir erreichen, dass das industriepolitisch sinnvolle Offshore-Terminal in Bremerhaven nicht auf der ökologisch äußerst wertvollen Luneplate gebaut wird. Die großen Naturschutzgebiete im Blockland, im Hollerland, in den Borgfelder Wümmewiesen, im Niedervieland, im Werderland und in der Weseraue konnten europarechtlich abgesichert werden, so dass das Land Bremen heute

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 unter allen Bundesländern den höchsten Anteil an Naturschutzflächen aufweist. Durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr haben wir erreicht, dass Flächenentsiegelung belohnt wird. Diese Politik wollen wir fortsetzen und den Hochwasserrückhaltepolder am Neustädter Hafen als Naturschutzgebiet ausweisen. Die städtebaulich wie ökoloUniwildnis als gisch einmalige Achse und FrischLandschaftsluftschneise vom Bahnhof über schutzgebiet Bürgerpark, Stadtwald und Uniausweisen wildnis ins Holler- und Blockland wollen wir erhalten. Das geplante „City Resort“ ist auf das Gebiet des alten Campingplatzes zu beschränken, das Naturschutzgebiet ist zu erhalten und die Uniwildnis als Landschaftsschutzgebiet festzusetzen. Einen wichtigen Schwerpunkt unserer Naturschutzpolitik sehen wir darin, der Weser, die in Bremen und Bremerhaven über Jahrzehnte hinweg kanalisiert wurde, wieder eine natürliche Gestalt zu geben. Wir wollen den Fluss und seine Ufer für die BremerInnen wieder zugänglich machen. Baden am Weserstrand soll vielerorts wieder möglich werden. Wir werden das Programm „Lebensader Weser“ fortsetzen und noch mehr Flussabschnitte der Weser und ihrer Nebenflüsse renaturieren und Strände schaffen. Einen weiteren Ausbau der Weser halten wir für falsch und werden ihm klare ökologische Grenzen setzen. Eine Bebauung der Flussaue soll unterbleiben. Wir setzen uns dafür ein, dass die

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Luneplate zum Naturschutzgebiet erklärt und zum Naturerlebnisraum entwickelt wird. Der Deich- und Küstenschutz im Lande Bremen wird in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren gewaltige Summen erfordern. Wir werden mit Unterstützung des Bundes sicherstellen, dass die notwendigen Finanzmittel bereitstehen. Wir werden darauf achten, dass beim Deichbau hohe ökologische Standards eingehalten werden. Alle Überschwemmungsgebiete werden wir planerisch absichern. Wir setzen uns dafür ein, dass die bäuerliche Landwirtschaft in Bremen erhalten bleibt. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Nahversorgung und zum Erhalt von Kulturlandschaft und biologischer Vielfalt. Wir setzen dabei vor allem „Gentechnikfreie auf den biologischen Landbau, die Region Bremen“ Regionalvermarktung und darauf, dass die Landwirtschaft sich durch Naherholung und Tourismus ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein erarbeiten kann. Wir wollen als erstes Bundesland die Einrichtung einer „Gentechnikfreien Region Bremen“ vorantreiben, um ein deutliches Zeichen für eine Landwirtschaft ohne Gentechnik zu setzen. Auch setzen wir uns weiter dafür ein, gemeinsam mit den niedersächsischen Nachbarkreisen und -gemeinden Möglichkeiten zur Gestaltung einer Biosphärenregion im Einzugsbereich des wertvollen Feuchtwiesengürtels um Bremen zu finden, die als Modellgebiet für eine nachhaltige Regionalentwicklung dienen soll.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Naturschutz ist gerade auch in der Stadt wichtig. Wir wollen die Bestimmungen der Baumschutzverordnung konsequent umsetzen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass der Baumschutz auch beim Bauen mehr berücksichtigt wird. Dach- und Gebäudebegrünung sowie Flächenentsiegelung sollen vor allem durch Beratung systematisch verbessert werden. Auch die Begrünung von Verkehrswegen wollen wir weiter vorantreiben. Bei der baulichen Innenentwicklung wollen wir darauf achten, dass der vorhandene Grünbestand so gut wie möglich geschützt wird. Wo es dennoch zu Baumfällungen kommen muss, ist adäquater Ersatz in der näheren Umgebung zu schaffen, so dass die Grünqualität insgesamt erhalten bleibt. Beim Ausgleich für Eingriffe in die Natur wollen wir in Zukunft ermöglichen, dass dieser auch innerstädtisch stattfinden kann. So streben wir etwa an, dass brachliegende Kleingartenanlagen im Bremer Westen aus Kompensationsmitteln landschaftsplanerisch neu strukturiert werden. Dabei achten wir sorgfältig auf die Interessen der KleingartenbewohnerInnen und -pächterInnen. Unser Ziel ist eine hohe Aufenthaltsqualität im Grünen. Wir wollen die dezentrale Umweltbildung fördern. Den Umbau der „botanika“ im Rhododendronpark zu einer Bildungs- und Forschungsstätte, in der die biologische Vielfalt untersucht wird, unterstützen wir.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Nachhaltige Finanzen Säulen grüner Haushaltspolitik Die Grünen stehen für eine soziale und generationengerechte Haushalts- und Finanzpolitik, die dem Staat ausreichend Einnahmen für seine verfassungsmäßigen Aufgaben sichert. Mit dem anvertrauten Geld wollen wir sparsam und verantwortlich umgehen. Nur so können wir die sich immer schneller drehende Schuldenspirale anhalten. Die Schuldenspirale bedeutet nicht nur einen ständig wachsenden Schuldenberg. Sie bedeutet auch, dass wir immer mehr Geld für Zinsen ausgeben müssen und immer weniger ausgeben können für Schulen, Klimaschutz, Sicherheit und Hilfe für all diejenigen, die staatliche Hilfe brauchen. Das süße Gift der Schuldenmacherei ist deshalb am Ende zutiefst unsozial. Die vier Säulen der grünen Finanzpolitik sind Sparsamkeit, Transparenz, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Auch in den schwierigen Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise haben wir uns an diesen Grundsätzen orientiert. Sämtliche Schwerpunkte der rot-grünen Regierung wie Bildung, kostenloses Mittagessen für Kinder aus armen Familien, Ausbau der Kindertages-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 betreuung, Wissenschaft und Polizei wurden durch Kürzungen in den anderen Bereichen finanziert und nicht durch zusätzliche Kreditaufnahme. Im öffentlichen Dienst wurde weiter Personal abgebaut. Trotzdem haben wir die Ausbildungszahlen gerade in den Bereichen Polizei und SteuerverSparsam, transwaltung erhöht und verstetigt. Die parent, nachhalsehr hohen Investitionshaushalte tig und generatizu Zeiten der großen Koalition onengerecht haben wir schrittweise auf das Niveau Hamburgs zurückgefahren. Wir arbeiten intensiv am Vergleich Bremens mit anderen Ländern und Städten. Daraus gewinnen wir Anhaltspunkte und Ideen für Verbesserungen. Wir erhöhen die Transparenz des Bremer Haushaltes. Dazu gehört auch beurteilen zu können, welche Wirkung die Ausgaben auf die Geschlechter haben können. Wir haben das Instrument des „GenderBudgeting“ eingeführt und wollen es weiter ausbauen. In den vergangenen Jahren haben wir die Kontrolle und Steuerung über die zahlreichen bremischen Gesellschaften in privater Rechtsform zurückgewonnen. Kreditaufnahmen außerhalb des Haushaltes haben wir beendet und für Transparenz bei den Gehältern der GeschäftsführerInnen gesorgt. Fusionen von Gesellschaften, im Einzelfall auch ihre Rückführung in die Verwaltung und die Gründung einer staatlichen Immobilien-Gesellschaft als Anstalt Öffentlichen Rechts sind weitere Bausteine zur Stärkung der politischen Steuerung. Mit gezielten Schu-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 lungen der Aufsichtsräte und klaren Regeln für die Aufgaben der Geschäftsführung wollen wir dafür sorgen, dass bremische Unternehmen professioneller geführt werden.

Schuldenbremse Im Jahr 2009 ist im Grundgesetz verankert worden, dass die Länder ab 2020 grundsätzlich keine neuen Schulden machen dürfen. Um dieses Ziel erreichen zu können, erhalten fünf Länder zusätzliche Hilfen. Für Bremen sind dies neun Jahre lang je 300 Millionen Euro. Die Hilfen verfallen jedoch, wenn Bremen den Sanierungsweg nicht einhält. Diese Vereinbarung wird die Politik in Bremen in den nächsten zehn Jahren stark prägen. Die Faustformel für den Sanierungsweg ist, dass Bremen sein Haushaltsdefizit von über einer Milliarde Euro in zehn gleichen Schritten auf null zurückfahren muss. Bei den von Bund und Ländern gemeinsam prognostizierten steigenden Steuereinnahmen bedeutet das ein Stabilhalten der Ausgaben zehn Jahre lang auf dem heutigen Stand. Da aber Zinsen, Preisentwicklung, Sozialleistungen und Tarifsteigerungen für höhere Ausgaben sorgen, müssen diese Beträge woanders eingespart werden. Die Grünen haben der Schuldenbremse und den Regeln ihrer Umsetzung durch Bund und Länder zugestimmt. Wir stehen dafür, dass sie auch eingehalten werden. Wir wissen, dass Bremen das nur unter der Bedingung steigender Steuereinnahmen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 schaffen kann, weil die gesetzlichen Leistungen einen großen Teil unserer Ausgaben ausmachen. Aber wir müssen uns auch hier anstrengen und in allen Politikbereichen Kürzungsmöglichkeiten identifizieren, mit vorhandenen Mitteln bessere Ergebnisse erzielen und uns auch von Gewohntem trennen. Die Grünen sagen vor der Wahl, dass die Haushaltslage es in den nächsten Jahren Haushaltsunumgänglich machen wird, auch sanierung im berechtigte Interessen, Wünsche Interesse aller und Ideen nicht zu berücksichtigen, weil es im Interesse aller ist, den Haushalt in den Griff zu bekommen. Wir haben die Grunderwerbssteuer erhöht. Wir müssen in den kommenden Jahren sorgfältig prüfen, wo wir die wenigen Möglichkeiten von Ländern und Städten zur Gestaltung von Steuern und Gebühren für höhere Einnahmen nutzen können. Es wird nicht möglich sein, höhere Ausgaben für Sozialleistungen, den notwendigen Ausbau der Kindertagesbetreuung oder neue politische Schwerpunkte durch zusätzliche Kredite zu finanzieren. Wenn wir diese Schwerpunkte wollen, müssen wir an anderer Stelle dafür sparen. Jedes Senatsressort, jede Verwaltung, aber auch alle BürgerInnen müssen einen Beitrag leisten – jedoch sehr unterschiedlich nach Leistungsfähigkeit. Intelligentes Sparen, nachdem jahrelang die leichter zu hebenden Reserven ausgeschöpft wurden, muss sich auch um Kleinigkeiten bemühen, tief in Verwaltungsabläufe begeben und Gewohntes in Frage stellen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Öffentlicher Dienst Wir machen in allen Politikbereichen Vorschläge für Einsparungen. Einen Anteil davon werden die Beschäftigten im öffentlichen Dienst erbringen müssen. Schon beschlossen ist ein Abbau von 950 Stellen bis zum Jahr 2014. Wir werden dafür arbeiten, dass die Bereiche, die im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen, möglichst wenig belastet werden, dafür aber die innere Organisation stärker beiträgt. Auch die ausgegliederten Gesellschaften und Sonderhaushalte müssen ihre Personalausgaben begrenzen. Wir setzen uns dafür ein, dass niedrigere Tarifabschlüsse für die Konsolidierungsländer abgeschlossen werden. Zu weiteren Bausteinen von Personalkosteneinsparungen gehören die schrittweise Erhöhung der Pensionsgrenze für BeamtInnen (entsprechend dem Renteneintrittsalter), eine Stärkung der Sachbearbeitung und eine geringere Anzahl an Beförderungen. Der demografische Wandel führt u. a. dazu, dass in den kommenden Jahren die Zahl der SchülerInnen sinken wird. Ein Teil der sich daraus ergebenden Entlastung soll für die Verbesserung der Qualität der Schulen und für Inklusion eingesetzt werden. Der öffentliche Dienst soll ein vorbildlicher Arbeitgeber sein. An diesem Grundsatz halten die Grünen ausdrücklich fest: Verlässliche Ausbildung, Gesundheitsförderung, familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung und erleichterter Arbeitsplatzwechsel beim gleichen Arbeitgeber sind dafür wichtige

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bausteine. Wir bekennen uns zur Mitbestimmung. Sie ist kein Hemmschuh oder Bleigewicht am Fuße der Menschheit – wie von CDU und FDP gerne behauptet –, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Unternehmenskultur. Ein besonderes Augenmerk grüner Personalpolitik liegt auf der gezielten Förderung von Frauen, deren Anzahl in Leitungsfunktionen wir im Land Bremen deutlich erhöht haben. Insgesamt sind mittlerweile im öffentlichen Dienst über 35 Prozent aller Leitungsfunktionen mit Frauen besetzt. Wir setzen uns für die Neubewertung sogenannter (noch) frauenspezifischer Berufe ein. Dazu gehört in erster Linie die bessere Bezahlung von z. B. ErzieherInnen, Pflegekräften und anderen weiblich geprägten Berufen. Die Verwaltung soll ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Bremen hält seine Verpflichtung ein, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen, und hat sich gezielt und mit Erfolg um die Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund bemüht. Das werden wir verstärkt fortsetzen.

Sparen Die notwendigen Einsparungen in allen Bereichen können nur fachpolitisch und dezentral angegangen werden. Ressourcenverantwortung muss zum selbstverständlichen Teil aller fachpolitischen Überlegungen werden. Dann wird es auch möglich sein, z. B. weitere Polizeireviere nur tagsüber zu öffnen, Sportvereine beim Zusammenschluss zu unterstüt-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 zen, verstärkt auf Kooperation und Arbeitsteilung mit anderen Hochschulen in der Metropolregion zu setzen und Kultureinrichtungen zum Zusammenschluss von personellen, räumlichen und strukturellen Ressourcen zu motivieren und zu unterstützen. Wir werden Finanzämter zusammenlegen, um Leitungskosten zu sparen, Zuschüsse an freie Träger unter die gleichen Kürzungsbedingungen wie den öffentlichen Dienst stellen und weiter an einer möglichst großen Transparenz des öffentlichen Haushaltes arbeiten. Die Begrenzung des Kostenanstiegs bei der sozialen Sicherung wird zu einem der wichtigsten politischen Ziele der nächsten Jahre. Wir wollen die Hilfen so organisieren, dass nicht für Koordination und Verwaltung unnötig Geld ausgegeben wird. Die bessere Verzahnung von Kindergarten und Schule, der Vorrang ambulanter Hilfe gegenüber stationärer Unterbringung, konsequentes Aktivieren der eigenen Fähigkeiten und eine Arbeitsförderung, die möglichst wenig auf aussondernde Maßnahmen setzt, sind Bausteine einer fortschrittlichen und kostenbewussten Sozialpolitik. Auch die Investitionen des Staates werden in den nächsten Jahren zur Sanierung der Finanzen beitragen müssen. Deshalb setzen sich die Grünen dafür ein, dass das Gebot „Substanzerhalt vor Neubau“ konsequent auf öffentliche Gebäude und Straßen angewandt wird. Die Grünen wenden sich ausdrücklich gegen den Verkauf wertvoller und erfolgreicher Unternehmen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bremens wie der GEWOBA, der Bremer Landesbank oder der BLG Logistics Group. Die Unternehmen gehören dem Staat, sie werden nach marktwirtschaftlichen Regeln geführt und führen Gewinne an den Haushalt ab. Wir wollen Bremens SanieKein Verkauf der rungsweg gestalten. Aber der GEWOBA Erfolg liegt nicht allein in unserer Hand: Wir erteilen allen Versuchen auf Bundesebene, weitere Steuersenkungsgeschenke zu vergeben, eine Absage. Jeden Euro weniger müssen wir bei der Kindertagesbetreuung, den Kultureinrichtungen und bei der Polizei einsparen. Auf Bundesebene setzen wir uns im Gegenteil für ein gerechteres Steuersystem ein, das Vermögende und den Verbrauch von Ressourcen stärker belastet und endlich über eine Finanztransaktionssteuer den Finanz- und Bankenbereich zur Mitfinanzierung des Staates verpflichtet. Das Steuerrecht muss vereinfacht werden. Wir wollen als Bürgerinnen und Bürger verstehen, was, wie viel und wofür wir bezahlen.

Nachhaltig einkaufen – Marktmacht nutzen Bremen hat beim Einkaufsverhalten der öffentlichen Hand in den vergangenen vier Jahren eine Vorreiterrolle übernommen. Genau wie private Haushalte tragen auch Ämter Verantwortung, beim Einkauf darauf zu achten, unter welchen Bedingungen die

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Waren hergestellt werden. Ökologische und soziale Produktionsbedingungen spielen eine zentrale Rolle bei der Beschaffung der Bremer Verwaltung. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz geschaffen worden. Zugleich wurden Verwaltungsabläufe so geändert, dass die ökologischen und sozialen Leitlinien umgesetzt werden können. Dafür erhalten wir bundesweit Lob und Anerkennung. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist ins Zentrum gerückt: Der Kauf scheinbar billiger Produkte, die schnell kaputt gehen, rechnet sich unterm Strich nicht. Gleiches gilt für umweltbelastende Materialien, die irgendwann teuer entsorgt werden müssen. Künftig gilt es, diese neuen Einkaufsvorgaben bei noch mehr öffentlichen Aufträgen zu berücksichtigen. Insbesondere sollen auch die bremischen Gesellschaften sozial und ökologisch einkaufen und zugleich in die zentrale Beschaffung der Verwaltung einbezogen werden. Durch eine stärker gebündelte Nachfrage lassen sich auch bessere Konditionen erreichen. Die wachsende Nachfrage nach ökosozialen und fairen Produkten führt zu einem größeren Angebot an solchen Produkten. Zugleich ist uns die rechtssichere Überprüfung der Einhaltung dieser ökologischen und sozialen Anforderungen ein großes Anliegen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Wissen – der unbegrenzte Rohstoff Schule/Weiterbildung Bremen braucht alle Talente – von Anfang an. Kindergarten und Schule müssen Spaß machen, herausfordern und fördern. Wir setzen uns für gerechte Lernmöglichkeiten für alle ein. Mit dem Bildungskonsens haben wir eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, dem grünen Ziel der „Schule für alle“ ein Stück näher zu kommen. Die Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler haben einen verlässlichen Zeitrahmen, in dem sich ihre Schule entwickeln kann. Viele neue Oberschulen entstehen und moderne Lernformen können sich darin entwickeln. Wir Grünen wollen ein inklusives Bildungssystem und lebensbegleitendes Lernen. Eine Gesellschaft, in der mittlerweile jedes dritte Schulkind einen Migrationshintergrund hat, muss sich auf diese Bedingungen einstellen. Bildung ist für uns Grüne mehr als die bloße Gewinnung von Qualifikationen für den Arbeitsmarkt. Sie ist die Basis, auf der jeder Mensch selbstständig und verantwortungsvoll sein Leben gestalten kann. Bildung umfasst für uns Verantwortung und Autonomie, Vielfalt und Differenz, Individualität und Solidarität, Demokratie und Freiheit.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bildung ist der Schlüssel zu einem aktiven und selbstbestimmten Leben, zu Beschäftigung und Innovation. Gute Bildungspolitik ist immer auch präventive Sozialpolitik und trägt entscheidend dazu bei, Auswege aus der Armut zu schaffen. Bildung ist ein Schlüssel für die Entfaltung der BildungsgerechPersönlichkeit und eine wichtige tigkeit steht an Voraussetzung dafür, das eigene erster Stelle Leben gestalten zu können. Eine verlässliche frühkindliche Bildung und Betreuung ermöglicht Kindern soziale Teilhabe und vermeidet einen frühen sozialen Ausschluss. Für eine verbesserte frühkindliche Bildung ist es unerlässlich, entsprechende Fachkräfte zusätzlich zu den ErzieherInnen einzusetzen. Die Grünen unterstützen den Einsatz von universitär ausgebildeten ElementarpädagogInnen. Dabei steht für uns die Bildungsgerechtigkeit an erster Stelle. Niemand darf verloren gehen. Wir wollen alle fördern, egal ob sie schnell oder langsam lernen und ob sie beeinträchtigt sind oder nicht. Mit dem neuen Schulgesetz hat Rot-Grün die Weichen für ein leistungsstarkes und gerechteres Bildungssystem gestellt. Der Schulkonsens bietet eine gute Grundlage zur Verbesserung aller Schulen. Das Recht der Kinder und Jugendlichen auf ein inklusives Bildungssystem, wie es die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Beeinträchtigung beschreibt, setzen wir mit einem verbindlichen Inklusionsplan um. Jetzt kommt es darauf an, dass die Schulen ihre Qualitäten entwickeln und ausbauen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Dazu gehört die flächendeckende Entwicklung zu Ganztagsschulen mit gesundem Mensaessen und Bewegung. Diese Lernorte bieten allen Kindern und Jugendlichen die Chance, nach ihren Fähigkeiten individuell gefördert zu werden. Die an Bremer Schulen eingesetzten Lehrmittel All inclusive: sollen hinsichtlich der von ihnen Recht auf gevermittelten Geschlechterrollenmeinsamen Unmodelle und der interkulturellen terricht umsetzen Ausrichtung überprüft werden. Wir setzen auf eine kontinuierliche Förderung unserer Unterrichtssprache Deutsch von Anfang an. Gleichzeitig wollen wir die Mehrsprachigkeit der SchülerInnen anerkennen und als mitgebrachte Ressource aufgreifen sowie das Prinzip Mehrsprachigkeit fördern. Wir brauchen eine von Respekt und Wertschätzung getragene Lernkultur, die Lust auf Leistung macht. Schulen brauchen Autonomie und Freiheit, um individuell auf ihre SchülerInnen einzugehen und ihnen ein bestmöglichstes Angebot zu machen. Wir wollen die Autonomie der Schulen stärken und unnötige Verwaltung zurückfahren. Mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen kann die Arbeit der Schulen überprüft und begleitet werden. Wir wollen die Berufliche Bildung in Bremen aufwerten, weil sie viele Bildungswege zulässt und die Chance auf vielfältige und höhere Bildungsabschlüsse bietet. An Berufsschulen erworbene Qualifikationen sollen künftig beim Zugang zu den Hochschulen angerechnet werden können. Ausländische

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Berufsabschlüsse sollen leichter als bisher anerkannt werden. Um den Anschluss an die anderen Bundesländer nicht zu verlieren und den Rückstand aufzuholen, braucht Bremen eine ausreichende Bildungsfinanzierung. Wir werden den Rückgang der Schülerzahlen nutzen, um einen Teil der frei werdenden Mittel für die Verbesserung der Qualität in den Schulen einzusetzen. Wir wollen die vorhandenen Mittel effektiver einsetzen. Schulverwaltungen sollen sich als Coach und Dienstleister verstehen und In die Zukunft bürokratische Lasten verringern. unserer Kinder Jede Schule soll ein Qualitätsinvestieren management einführen. Die Schülerinnen und Schüler sollen regelmäßig die Qualität des Unterrichts und das Schulklima bewerten. Wie die Freien Schulen brauchen auch die staatlichen Schulen die nötige Freiheit und Verantwortung. Denn sie wissen oft am besten, wie sie ihre Leistungen verbessern können. Die Umsetzung der Schulreform braucht gut ausgebildete multiprofessionelle Teams. Sonderpädagogik sowie Interkulturelle Kompetenz und Genderkompetenz muss ein fester Bestandteil der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung werden. Eigenständige Schulen sollen selbst entscheiden, wie ihr Personal auf diese Aufgaben vorbereitet werden kann. Wir wollen ein Miteinander von Bund und Ländern in Sachen Forschung, Wissenschaft und Bil-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 dung. Deshalb setzen wir uns für die Abschaffung des Kooperationsverbotes ein. Der Beamtenstatus für Lehrkräfte ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß. Der bremische Unterricht im Fach „Biblische Geschichte“ auf allgemein christlicher Grundlage ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen Gemeinsamer deshalb, dass in Zukunft alle SchüUnterricht über lerinnen und Schüler einen Unteralle Religionen richt über Religionen erhalten, der ihre Geschichte, ihre großen Erzählungen, ihre Fragen, ihre Kritik und ihre bis heute fortdauernde Wirkung zum Gegenstand hat. Dieser Unterricht soll alle Religionen im Grundsatz gleich behandeln. Für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft brauchen wir auf Kenntnissen beruhenden Respekt für die kulturellen und religiösen Traditionen aller Menschen in Bremen. Dazu sollen Schulen als Orte der Integration umfassend beitragen. Es braucht eine ganze Stadt, um ein Kind richtig auszubilden. Bildung und Ausbildung sind im Kern staatliche Aufgaben. Aber sie müssen vom EngaViele engagieren gement der ganzen Gesellschaft getragen werden. Es gibt schon sich heute viele Initiativen engagierter BürgerInnen, die persönlich dazu beitragen, dass niemand verloren geht und vor allem jene zusätzlich unterstützt werden, die unter schwierigen Bedingungen lernen müssen. Dieses Engagement wollen wir fördern und auf noch mehr Füße stellen – auch um die Gesellschaft besser zusammenzuführen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 In einer Welt, deren Wissensgrundlagen sich ständig tiefgreifend wandeln, ist Weiterbildung eine große politische und gesellschaftliche Herausforderung. Heute reicht eine Berufs- oder Hochschulausbildung nicht mehr für ein ganzes Leben. Deshalb entscheidet Lernen im Lebenslauf über individuelle Perspektiven, gesellschaftliche Teilhabe und beruflichen Erfolg. Gegenwärtig ist der Bildungsurlaub die zentrale Möglichkeit für alle gesellschaftlichen Gruppen, sich weiterzubilden. Um den Zugang Weiterbildung zum Bildungsurlaub zu erleichtern, besser zugänglich haben wir in dieser Legislaturperimachen ode den Bildungsurlaub reformiert. ArbeitnehmerInnen können jetzt bereits ab einem Tag Bildungsurlaub nehmen und auch private Anbieter auswählen. In den kommenden vier Jahren wollen wir uns verstärkt um die Weiterbildungsbeteiligung von sogenannten bildungsbenachteiligten Menschen kümmern. Um gerade bildungsferne Zielgruppen für Weiterbildung zu gewinnen, soll der Hinweis auf Weiterbildungsangebote zum selbstverständlichen Bestandteil von Sozialarbeit werden. Gleichzeitig müssen wir wegen der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels den beruflichen Aufstieg durch Weiterbildung besser organisieren. Dafür werden wir unsere Hochschulen beim Aufbau weiterer Weiterbildungsstudiengänge sowie Dualer Studiengänge unterstützen. Die Kooperation zwischen Weiterbildungseinrichtungen,

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Betrieben und Hochschulen ist dabei der richtige Weg, um einer größeren Zielgruppe den Hochschulzugang zu ebnen. Um ein differenziertes Angebot für möglichst viele Zielgruppen sicherzustellen, ist eine plurale Trägerlandschaft notwendig, die kontinuierlich ihr Angebot weiterentwickelt. Dafür benötigen wir eine mittelfristige Weiterbildungskonzeption, die sich am Europäischen Referenzrahmen für lebenslanges Lernen orientiert. Wir werden prüfen, ob es sinnvoll ist, die über mehrere Senatsressorts verteilte Weiterbildungsverantwortung in einem Ressort zu bündeln.

Hochschule/Wissenschaft/ Forschung Die Hochschulen sowie die regionalen und überregionalen Forschungsinstitute im Land Bremen haben eine herausragende Bedeutung für die wissenschaftliche Kompetenz Bremens und Bremerhavens, für die Ausbildung von über 30.000 Studierenden, die wirtschaftliche Standortentwicklung, die Entwicklung von Arbeitsplätzen und die kulturelle Vielfalt. In den vergangen Jahren haben wir viele grüne Ziele umgesetzt. Für die Verbesserung der Lehre haben wir den Hochschulen jedes Jahr zusätzlich 7,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und die Studienkapazitäten mit Hilfe des Hochschulpaktes ausgebaut. Wir haben die Härten der Tarifsteigerungen abgefedert und die Studiengebühren – die

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 sogenannte Landeskinderregelung – abgeschafft. Darüber hinaus haben wir einen Darlehensfonds aufgelegt, um in Not geratene Studierende zu unterstützen. Und wir haben den Hochschulen in Bremen und Bremerhaven im Rahmen des Konjunkturprogramms II 8,7 Millionen Euro für energetische Gebäudesanierung zur Verfügung gestellt. Ein Großprojekt war die Novellierung von vierzehn Hochschulgesetzen und Verordnungen. Zentrale Neuerungen sind: Mehr Chancen für Frauen u. a. durch die Einführung einer Quote, erleichterter Hochschulzugang ohne Abitur, Anerkennung von migrantischen Kompetenzen beim Hochschulzugang sowie Erleichterungen bei Prüfungen, Mobilität und Übergängen beim Bachelor und Master. Wir haben damit auch den hochschulinternen Dialog unterstützt. In der Forschung ist es uns u. a. finanziell gelungen, die Universität in der Exzellenzinitiative zu unterstützen, das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Bremerhaven anzusiedeln, die Gründung des Instituts für Marine Ressourcen (IMARE) zu ermöglichen und das Medizindiagnostik-Institut MeVis Research in ein Fraunhofer-Institut zu überführen. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass ein wesentlicher Teil der Fördermittel aus dem Europäischen Strukturfonds (EFRE) für die Kofinanzierung der Forschung genutzt werden konnte. Für die nächsten vier Jahre geht es darum, diese Erfolge zu verstetigen und neue Herausfor-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 derungen zu bewältigen. Insbesondere werden wir unsere Hochschulen dabei unterstützen, sich in der Nordwestregion sowie national und international weiter zu verankern sowie ihre Lehre und Forschung zukunftsgerecht weiter zu entwickeln. Auch wenn wir keine künstlichen Differenzierungen vornehmen wollen, sehen wir dennoch Akzentuierungen: Während die Universität mit der Exzellenzinitiative und ihren internationalen Forschungsbeziehungen eher ein nationales und internationales Wirkungsfeld hat, wollen wir bei den Fachhochschulen neben dem Erhalt von deren anerkannter Internationalität auch Bemühungen in der Weiterentwicklung von Studiengängen stärken, die auf den regionalen Arbeitsmarkt mit einer anwendungsorientierten Forschung in ausgewählten profilbildenden Wissenschaftsbereichen und den Wissenstransfer mit der regionalen Wirtschaft ausgerichtet sind. Die Hochschule für Künste – einem Ideal der Freiheit der Kunst verpflichtet – hat die Chance, mit ihren Studierenden aus aller Welt in Bremen und Bremerhaven und darüber hinaus kulturelle Spannung und Vielfalt zu erzeugen. Die Jacobs University Bremen und die Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft als auch weiterhin privat finanzierte WissenschaftsEinrichtungen runden die hochstandort Bremen wertige Hochschullandschaft im und Bremerhaven Land Bremen ab. fördern Wir Grünen stehen zum engen Zusammenhang von Forschung und Lehre, denn beide befruchten sich gegenseitig. Wir werden

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 die Universität weiter in ihren Bemühungen, sich erfolgreich in der Exzellenzinitiative zu positionieren, unterstützen sowie die herausragende Drittmittelstärke der Hochschulen absichern. Wir wollen zu den wissensstärksten Regionen Deutschlands gehören. Deshalb werden wir besondere Anstrengungen unternehmen, um den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven sowie in der Metropolregion zu unterstützen. Wir werden die erfolgreichen Forschungsinstitute innerhalb und außerhalb der Hochschulen weiter nach unseren Möglichkeiten fördern. Ihre Kompetenz ist für die Wissenschaftsstandorte Bremen und Bremerhaven von besonderer Bedeutung. Um ihre Potenziale besser nutzen zu können, werden wir regionalen Instituten dabei helfen, in die überregionale Forschungsförderung zu gelangen bzw. andere bei der Wiedereingliederung in eine Hochschule unterstützen. Wir werden insgesamt die Potenziale des Hochschulstandorts Bremen/Bremerhaven weiter fördern. Zur notwendigen Schwerpunktsetzung und zur Verbesserung von Kooperationen und Arbeitsteilungen mit Hochschulen der Nordwestregion können wir uns die Einrichtung einer Expertenkommission vorstellen. Unsere besondere AufmerkQualität der samkeit gilt der Lehre. Sie ist der Lehre weiter Schlüssel für die Zukunftschancen steigern junger Menschen, aber auch für vitale und kreative Städte durch den Zuzug und regelmäßigen Austausch von Studierenden. Wir

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 werden das Sonderprogramm „Gute Lehre“ verstetigen und uns aktiv am Hochschulpakt II und der sogenannten dritten Säule des Hochschulpaktes zur Verbesserung der Lehre beteiligen und für Qualitätssicherung sorgen. Vor dem Hintergrund der doppelten Abiturjahrgänge, der demografischen Entwicklung und des bereits existierenden Fachkräftemangels werden wir unsere Studienplätze für die kommende Legislaturperiode auf hohem Niveau halten. Allerdings kann es nicht um schlichte Fortschreibung des Ist-Zustands gehen. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass ein Drittel der Stellen mit HochschulQualifikationsanforderungen in Bremen und Bremerhaven nicht besetzt werden kann. Deshalb ist zu überprüfen, ob der Hochschulbereich auf diese „Mismatch Situation“ Antworten finden kann. Wir gehen davon aus, dass das Interesse an dualen Studiengängen und die Bedeutung der Hochschulen für lebensbegleitendes Lernen weiter zunehmen werden. Wir erwarten von den Hochschulen, dass sie sich diesen Herausforderungen stellen und werden sie in ihren Bemühungen unterstützen. Nach wie vor haben wir zu Mehr Frauen in wenige Frauen in natur- und die Natur- und ingenieurwissenschaftlichen StuIngenieurwissendiengängen. Nicht nur unter schaften Gendergesichtspunkten, sondern auch wegen der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels wollen wir prüfen, ob im MINT-Bereich (Mathematik, Ingenieur- und Natur-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 wissenschaften, Technik) Frauenstudiengänge oder zumindest Studienmodule hilfreich sein können. Die Erfolge des Frauenstudiengangs Informatik sprechen dafür. Des Weiteren werden wir prüfen, ob die Einführung einer Ombudsperson für Studierende hilfreich sein kann. Denn wir wollen ihnen dabei behilflich sein, ihre Rechte im Lehr-veranstaltungs- und Prüfungsbetrieb repressionsfrei wahrzunehmen. Wir unterstützen die Universität und Hochschulen auf ihrem weiteren Weg, familienfreundliche Einrichtungen für Studierende, Lehrende, MitarbeiterInnen zu sein. Hochschulen brauchen Planungssicherheit, denn Studierende müssen sich darauf verlassen können, ein begonnenes Studium qualifiziert zu beenden. Deshalb setzen wir uns für mehrjährige Hochschulverträge ein. Wir erwarten allerdings auch, dass die Hochschulen künftig vermehrt für wissenschaftliche, gutachterliche Unterstützung der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehen. Die soziale Situation von Studie- Zwei-Säulen-Morenden ist nicht zufriedenstellend. dell für sichere Deswegen werden wir uns auf Bun- Studienfinanziedesebene für eine gesicherte Sturung nötig dienfinanzierung einsetzen. Dabei bevorzugen wir ein Zwei-Säulen-Modell. Sämtliche Familienbeihilfen – wie z. B. Kindergeld und Steuerfreibeträge – sollen den Studierenden künftig von ihren Eltern unabhängig direkt ausgezahlt werden. Gleichzeitig wollen wir das BAFöG elternabhängig weiterentwickeln.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Wir werden uns ebenfalls auf Bundesebene für die Abschaffung des Kooperationsverbotes – welches der Bundesregierung untersagt, Investitionen in die Bildung zu tätigen – sowie für eine gerechtere Lastenverteilung bei der Hochschulfinanzierung in Deutschland einsetzen. Investitionen in die Bildung sind eine gesamtstaatliche Aufgabe, mit der die Länder und insbesondere ein Haushaltsnotlageland wie Bremen nicht allein gelassen werden dürfen.

Kultur Die Kultur der Moderne ist eine urbane Kultur, in der soziale und ästhetische Ansprüche immer wieder aufs Neue mit politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen verbunden werden müssen. Auch das Land Bremen ist ohne seine vielfältigen kulturellen Einrichtungen, ohne seine Künstlerinnen und Künstler nicht denkbar. Kunst und Kultur schaffen Grundlagen für Offenheit, Toleranz und Kreativität. Sie bringen Menschen über soziale und ethnische Grenzen hinweg in den Dialog und schärfen Wahrnehmung sowie Diskurs von gesellschaftlich relevanten Zukunftsthemen. Deshalb sind Kunst und Kultur für uns Grüne ein Wert an sich. Daraus leiten wir einen politischen Auftrag ab, gemeinsam mit den vielen AkteurInnen in diesem Bereich für den Erhalt und die Weiterentwicklung des kulturellen Lebens in Bremen und Bremerhaven zu streiten. Kulturelle Vielfalt ist ein besonderes Merkmal unserer beiden Städte. Die Basis dafür ist Planungs-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 sicherheit und Verlässlichkeit bei der Finanzierung der großen und kleinen Kultureinrichtungen. Wir haben Folgendes erreicht: Die „Breminale“ wurde erfolgreich wieder gestartet. „La Strada“ als beliebtes „Umsonst und Draußen“-Festival konnte sich weiter profilieren. Projektmittel wurden für die freie Szene bereitgestellt. Neue Ideen oder zeitlich begrenzte Projekte aus dem Kulturbereich brauchen zum Teil Raum, um sich zu entfalten. Wir setzen uns auch in Zukunft dafür ein, leer gewordene Flächen und Räumlichkeiten zur Zwischennutzung freizugeben. Der Anbau der Kunsthalle wurde auf den Weg gebracht. Das Theater Bremen, als eine der wichtigsten Kultureinrichtungen in unserer Stadt, erhält durch das Konsolidierungskonzept eine neue Zukunftsperspektive. Dank privater Sponsoren und mit neuen Konzepten wurden die Weserburg, das Überseemuseum und die Schwankhalle neu aufgestellt. Das Klimahaus hat sich zu einem wichtigen Bestandteil der Havenwelten in Bremerhaven entwickelt. Die wichtige Arbeit der Volkshochschule konnte durch Umstrukturierungen erfolgreich gesichert werden. Die überfällige Sanierung des Theaters der Shakespeare Company wurde auf den Weg gebracht. Mit der Einführung eines Kulturtickets ist der Einstieg gemacht, um Menschen mit kleinem Geldbeutel die Teilhabe an Kultur zu ermöglichen. Wir wollen das Kulturticket noch bekannter machen, die Handhabung einfacher gestalten, einen vertraulichen Erwerb und eine praktikable Mitnahmeregelung gewährleisten.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Es gilt, sich sowohl aus städtischer Sicht als auch aus Sicht der Kultureinrichtungen und der Kulturschaffenden gesellschaftlichen Veränderungen zu stellen und auch neue Wege zu beschreiten. „Altes“ muss sich verändern und „Neues“ muss in einer sich wandelnden Gesellschaft seinen Platz erobern können. Daher wird es unser vorrangiges Anliegen sein, die Zugänge zu Kunst und Kultur deutlich zu verbessern. Das gilt insbesondere auch für zeitlich befristete Projekte. Sie können erhebliche Impulse für die Kultur- und Stadtentwicklung geben, ohne institutionalisiert werden zu müssen. Wir setzen neue Schwerpunkte auf den Zugang zu Kultur von Anfang an. Kulturelle Bildung in Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen muss in Zukunft eine größere Rolle spielen, denn sie sind für uns auch ein Lernort für Kunst und Kultur. Wir wollen die Verzahnung dieser Kultur von beiden Bereiche auf allen Ebenen Anfang an fördern. Musik und Theater müssen einen größeren Anteil des bisherigen Unterrichts ausmachen. Theater-, Museums- und Konzertbesuche gehören wie Sportangebote zu einem umfassenden Bildungsangebot. Wir erwarten von den Schulen, dass sie zusätzlich zu den Fachlehrern die Fähigkeiten und Angebote von Künstlerinnen und Künstlern in ihren Ganztagsbetrieb integrieren. Deswegen wollen wir entsprechende Modellprojekte vorantreiben und Patenschaften zwischen KünstlerInnen und Kreativen sowie öffentlichen Kultureinrichtungen mit Kindergärten, Schulen und Jugend-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 einrichtungen voranbringen. Wir wollen prüfen, ob freie Museumseintritte für Schulklassen ein angemessener Beitrag für junge Menschen sein können. Die Stadtbibliothek bildet einen festen Bestandteil des kulturellen Lebens in Bremen. Wir Grünen wollen mit einem Bibliotheksgesetz den Schutz- und Förderauftrag der Verfassung untermauern. Dazu gehören für uns auch Sonntagsöffnungen der Stadtbibliothek als erfolgreiche und familienfreundliche Erweiterung des bisherigen Angebotes. Die Bürgerhäuser und -zentren wollen wir weiterhin fördern und in der kulturellen Arbeit stärken. Die Selbstverwaltung und eigenverantwortliche Profilschärfung der Einrichtungen im soziokulturellen Bereich unterstützen wir. Eine erfolgreiche Arbeit in den Einrichtungen braucht auch ehrenamtliches Engagement. Um dies weiter zu fördern, wollen wir prüfen, ob eine kostenlose Unfall- und Haftpflichtversicherung für ehrenamtlich Tätige eingerichtet werden kann. Wir Grünen sind davon überzeugt, dass eine erfolgreiche Zukunft unserer Stadt auch davon abhängt, ob es gelingt, die kreatiKreative Köpfe ven Köpfe zu mobilisieren, sie zu unterstützen unterstützen und damit in Bremen zu halten. Die Kreativwirtschaft ist mittlerweile ein bedeutender Standortfaktor in Bremen. Die kreative Szene in Bremen braucht vor allem unsere politische Unterstützung und eine verlässliche Förderung für ExistenzgründerInnen. Sie braucht Orte, um sich regional und überregional

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 sichtbar zu machen, einen Treffpunkt für Netzwerke und Veranstaltungen. Sie benötigt Orte, die Instrumente und Serviceleistungen für junge Startup-Unternehmen bieten und dabei preiswerte und temporäre Arbeitsplätze bieten. Wir wollen Kreativwirtschaft, Kunst und Stadtentwicklung noch besser als bisher verbinden. Bei vielen Kunstwerken in unseren Museen ist noch nicht erforscht, ob sie in der Nazi-Zeit unrechtmäßig in die Sammlungen gelangt sind. Um die Herkunft jüdischer Alt-EigentümerInnen zu ermitteln (Restitutionsansprüche), mangelt es dem Haushaltsnotlageland Bremen an Mitteln. Für uns Grüne ist allerdings klar: Das Bremer Gemeinwesen muss sich seiner historischen Verantwortung stellen. Wir werden auch bei den BürgerInnen, Unternehmen und KunstmäzenInnen darum werben, finanzielle Mittel zum Ankauf unrechtmäßig angeeigneter Kunstwerke bereitzustellen – sofern eine Rückgabe nicht in Frage kommt. Um die Vielfalt des kulturellen Lebens zu erhalten, müssen alle einen Beitrag leisten. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass zukünftig auf alle Übernachtungen in Bremer Hotels eine Abgabe erhoben wird. Damit können zusätzliche Einnahmen erschlossen werden, so dass auch weiterhin ein attraktives Kulturangebot ermöglicht werden kann.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Medien- und Netzpolitik In der Wissensgesellschaft ist der diskriminierungsfreie, barrierefreie und einfache Zugang zu allen Medien eine grundlegende Voraussetzung, um eine weitere Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Das digitale Zeitalter schafft innovative neue Angebote und ein Mehr an persönlichen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Diese neuen Potenziale wollen wir aktiv nutzen. Wir setzen uns für Vielfalt im Netz ein, dazu zählt für uns auch „User Generated Content“. Nutzerinnen und Nutzer dürfen nicht unnötig für fremde Inhalte haften, wenn sie dadurch in ihrer MeiDigitales nungsfreiheit eingeschränkt werBremen den. Unter anderem dafür machen wir uns bei einer Reform des Telemediengesetzes stark. Der unbeschränkte Zugang zu Informationen und die Möglichkeit, Informationen frei verbreiten zu können, sind zentrale Grundrechte. Sie müssen selbstverständlich auch im Netz gelten. Die Digitalisierung hält nicht nur viele Möglichkeiten bereit, sondern birgt auch viele Untiefen und Fallstricke für die NutzerInnen. Ein Mehr an Medienkompetenz sowie gesicherter Daten- und Verbraucherschutz sind notwendig, um vor diesen Fallen zu schützen. Wir wollen, dass gerade in Bildungs- und Jugendeinrichtungen das Thema Medienkompetenz stärker vermittelt wird. Es bedarf einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte über die Gewährleistung von Jugend-, Verbraucher- und Datenschutz sowie

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 der informationellen Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter. Dabei müssen auch die Fragen von Urheberrechtsschutz und Freiheit des Internets eine große Rolle spielen. Diese Debatte wollen wir in der nächsten Wahlperiode in Bremen möglichst breit angelegt führen. Wir Grünen stehen für den umfassenden Schutz der Daten von BürgerInnen. Datenschutz ist ein Bürgerrecht genauso wie der Schutz Medienkompeder Persönlichkeit oder das Posttenz und Datenund Fernmeldegeheimnis. Deshalb schutz stärken gehört der Datenschutz ins Grundgesetz, wofür wir uns in der kommenden Wahlperiode erneut einsetzen werden. Wir Grünen finden es wichtig, dass sowohl KünstlerInnen als auch publizistisch Tätige von dem, was sie erschaffen, ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Deshalb müssen die Urheberrechte von KünstlerInnen und Kreativen auch in der digitalen Welt geschützt werden. Wir brauchen neue Geschäftsmodelle, die Inhalte zu fairen Preisen anbieten. Wir Grünen streiten für einen gerechten Ausgleich zwischen den Nutzerinteressen auf einfachen Zugang und den Künstlerinteressen auf faire und angemessene Bezahlung. „Fair Trade“, ein UrAnliegen grüner Politik, muss auch für digitale Inhalte im Internet gelten. Nur so können perspektivisch kulturelle und mediale Vielfalt gesichert und die Unabhängigkeit von Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft und Medienbranche im digitalen Zeitalter gestärkt werden.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Große Sorgen macht uns Grünen die Aufweichung der Netzneutralität, deshalb unterstützen wir alle Bestrebung zum Erhalt der Neutralität der Netze. Aus rein marktwirtschaftlicher Logik heraus geänderte Kartell- und Konzentrationsregelungen im Medien- und Pressebereich lehnen wir strikt ab. Der Umstieg auf Open Source Produkte in der öffentlichen Verwaltung sollte immer dann vorgenommen werden, wenn er wirtschaftlich vertretbar ist. Auf dem Weg hin zur DigitaÖffentlich-Rechtlisierung des Rundfunks und der licher Rundfunk fortschreitenden Reduzierung von Nachrichtendiensten und Redaktionen wird die Rolle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten immer wichtiger. Wir sprechen uns für eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland aus. Wir stehen dazu, dass im Internetzeitalter auch ein öffentlich-rechtliches digitales Vollangebot im Internet als „dritte Säule“ selbstverständlich komplett werbefrei gebührenfinanziert wird. Wir unterstützen die Abschaffung der jetzigen GEZ-Gebühr und Einführung einer Haushaltsabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Datenschutz und das Gebot der Datensparsamkeit müssen dabei stets gewahrt bleiben. Sowohl die GEZ als auch die Landesrundfunkanstalten sollen nach der Umstellung über weniger personenbezogene Daten verfügen als jetzt. Wir fordern vom öffentlich-rechtlichen System, sich einer neuen und scharfen Qua-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 litätsdebatte zu stellen. Eine Anpassung aus finanziellen Gründen an die privaten Rundfunkanbieter ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar. Angebote für hör- und sehbehinderte Menschen müssen weiter ausgebaut werden. Radio Bremen hat einen harten Sparkurs hinter sich und wir sind überzeugt, dass auch andere ARD-Anstalten, das Deutschlandradio und das ZDF ihre Sparleistung noch erbringen müssen, um den Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern. Wenn innerhalb der ARD keine Einigung über eine gerechte Finanzverteilung zwischen den Sendern möglich ist, muss zur Not auch der Rechtsweg beschritten werden, um den Erhalt von Radio Bremen zu sichern. Durch die Schließung des Studios Bremen des Bürgerrundfunks sind jetzt die Kapazitäten in Bremerhaven gebündelt worden. Die Möglichkeiten für NutzerInnen, sich einzubrinLandesmediengen, sind durch eine Vielzahl von anstalt und Kooperationen in Bremen eher Bürgerrundfunk gewachsen als geschrumpft. Bei der weiteren Digitalisierung kommt der Landesmedienanstalt eine besondere Bedeutung zu. Sie muss den Transformationsprozess in die Digitale Welt für die BürgerInnen erklären und sichtbar begleiten. Bei der heutigen Angebotsvielfalt wird die Kontrolle der privaten Anbieter immer wichtiger. Die Hauptaufgabe der Landesmedienanstalt wird aus grüner Sicht in der Koordination der Medienkompetenzvermittlung in Bremen und Bremerhaven liegen. Hierzu muss auch der Bürgerrundfunk einen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 finanziellen Teil beitragen. Perspektivisch muss sich der Bürgerrundfunk auf den Weg ins digitale Zeitalter machen. Die Möglichkeiten der audiovisuellen Verbreitung im Internet sind so vielfältig und günstig geworden, dass sich die Beibehaltung der bisherigen Strukturen überlebt hat. Das bisherige Nebeneinander von verschiedenen Angeboten der Medienkompetenz-Vermittlung ist ineffektiv und nicht mehr zeitgemäß. Für die Zukunft müssen die Kräfte gebündelt werden, um jedem Jugendlichen und jedem Kind die Möglichkeit zu bieten, entsprechende Kenntnisse zu erwerben. Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Altersgruppen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Soziales – alle Menschen einbeziehen Teilhabe statt Ausgrenzung Lebenschancen sind ungleich verteilt. Grüne Sozialpolitik greift überall dort ein, wo Menschen in ihren Lebenschancen beeinträchtigt oder sie von Teilhabe ausgeschlossen werden. Unser Ziel ist es, allen Menschen die gesellschaftlichen Zugänge zu ermöglichen. Wir setzen uns daher für eine Sozialpolitik ein, die alle einbezieht und ein Auseinanderdriften der Lebenslagen verhindert. Die Armut von allein erziehenden Müttern mit Kindern ist besonders hoch. Mehr als jede zweite allein erziehende Mutter im Land Bremen ist von staatlichen Leistungen abhängig. Auch viele Beschäftigte können nicht von ihrem Lohn leben. Die rot-grüne Koalition hat einen „Armuts- und Reichtumsbericht – Lebenslagen im Land Bremen“ vorgelegt, der die Problemlagen von Menschen in schwierigen Lebenslagen beschreibt. Jedoch ist die Lage der von sehr hohen Armutsrisiken betroffenen MigrantInnen im Kinder- und Rentenalter bislang noch nicht ausreichend erfasst. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine existenzsichernde Grundsicherung ein. Daher fordern wir bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder,

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Jugendliche und Erwachsene. Wir setzen uns dafür ein, dass der Regelsatz für Erwachsene auf das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband empfohlene Niveau von 420 Euro angehoben wird. Gleich nach dem Regierungsantritt 2007 Gesellschaftliche haben wir dafür gesorgt, dass die Teilhabe stärken Höhe der akzeptierten Mieten für Arbeitslosengeld II-Beziehende an die marktüblichen Mieten angepasst und regelmäßig überprüft wird. Durch entsprechende Zuschläge können sie auch in Stadtteilen mit höheren Durchschnittsmieten wohnen. So wird einer sozialen Entmischung vorgebeugt. Darum werden wir uns auch weiter kümmern. Wir haben für Menschen, die von Grundsicherung leben, das Stadtticket Bremen geschaffen. Dieses Angebot soll noch verbessert werden. Wir streben an, den Preis des Stadttickets zu verringern. Ebenso wird das von uns eingeführte Kulturticket weiterentwickelt. Immer mehr Menschen geraten in die Schuldenfalle und andere prekäre Lebenslagen – sie müssen ausreichend beraten werden. Für Menschen mit psychischer Erkrankung, geistiger oder körperlicher Behinderung müssen individuelle Zugänge zur gesellschaftlichen Teilhabe eröffnet werden. Wir setzen uns für die Unterstützung dieser Menschen durch unabhängige Beratungsstellen wie die Arbeitslosen-, Sozial- und Schuldnerberatung ein. Menschen, die obdachlos geworden sind, müssen Essen, Wohnung und medizinische Versorgung erhalten.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Soziale Netze sind in der Gesellschaft das Bindeglied zwischen den verschiedenen Erfahrungen, Kulturen, Generationen und Lebensstilen. Sie unterstützen die Bürgerinnen und Bürger und ermutigen sie zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Wir fördern Selbsthilfegruppen und -projekte, denn sie erreichen aufgrund ihrer Niedrigschwelligkeit Menschen, die sich durch staatliche Angebote nicht angesprochen fühlen. Nötig sind verlässliche Rahmenbedingungen. Ihr Expertenwissen soll bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Mit dem Koalitionsvertrag haben wir einen Schwerpunkt auf die Überwindung der sozialen Spaltung gelegt. Für dieses Ziel haben wir eine ganze Reihe von Vorhaben angepackt und erledigt. Gerade wegen der immer enger werdenden finanziellen Spielräume können viele Probleme jedoch nur durch eine längerfristige Umsteuerung beseitigt werden. Dafür soll auch im Sozialbereich bei allen Zuwendungen verstärkt sichergestellt werden, dass der mit der Vergabe verfolgte Zweck auch tatsächlich erreicht wird. Inhaltliche Vorgaben müssen konkret sein und ihre Einhaltung muss überprüft werden – alle ZuwendungsempfängerInnen müssen sich den gesellschaftlichen Veränderungen immer wieder neu stellen. Außerdem streben wir eine stärkere Hinwendung zu nachfrageorientierten ambulanten Angeboten an. Mit den Anbietern sollen Zielvereinbarungen und langfristige Kontrakte abgeschlossen werden, mit denen stationäre Plätze abgebaut und dafür ambulante Angebote geschaffen werden.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Behindertenrechte sind Menschenrechte Behindertenrechte sind Menschenrechte. Die Vereinten Nationen haben mit der Behindertenrechtskonvention diese Rechte konkretisiert. Alle Gesetze müssen nun daraufhin überprüft werden, ob sie mit der Konvention im Einklang stehen. In Bremen betrifft das das Gesetz über die Unterbringung psychisch kranker Menschen, Regelungen zum Betreuungsrecht, die Landesbauordnung, Vorschriften über Straßen und Plätze, die Anforderungen an die Verkehrsmittel und die sozialen Angebote sowie Bildungseinrichtungen. Niemand darf künftig wegen eines Hilfebedarfes gezwungen werden, in einer besonderen Einrichtung zu leben. Damit behinderte Menschen ihre Selbstbestimmung auch leben können und ihre Würde gewahrt bleibt, sind barrierefreie Wohnungen und ein Bedarf deckendes System von ambulanten Hilfen erforderlich. Deshalb sollen teure Plätze in Einrichtungen abgebaut und mehr barrierefreie Wohnungen geschaffen werden. Ambulante Hilfen – insbesondere in Form der persönlichen Assistenz – sollen das Wohnangebot mit flexiblen und bedarfsgerechten Hilfen in den Quartieren ergänzen. Menschen mit einer geistigen oder psychischen Behinderung bzw. mit Lernschwierigkeiten haben besondere Probleme beim Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt. Gegenwärtig arbeiten in Bremen und

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bremerhaven über 2000 behin-derte Beschäftigte in einer „Werkstatt für behinderte Menschen“. Mit dem „Budget für Arbeit“ soll deren Förderung in Arbeitgeberzuschüsse umgewandelt werden, um auch Menschen mit erheblichen Leistungseinschränkungen Chancen auf dem Übergänge in allgemeinen Arbeitsmarkt zu eröffallgemeinen nen. Mit dem Ausbau der „UnterArbeitsmarkt stützten Beschäftigung“ und der verbessern „Arbeitsassistenz“ soll am Arbeitsplatz die notwendige Anleitung und Hilfe erfolgen. Wir wollen mit Integrationsfirmen weitere Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen, die berufliche Qualifizierung in der Werkstatt verbessern, Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern und die Zahl der Arbeitsplätze für behinderte Menschen in den Betrieben erhöhen. Der öffentliche Dienst in Bremen soll die Ausbildung schwer behinderter Menschen erweitern. Wir haben zu Beginn der Wahlperiode die unsozialen Kürzungen beim Fahrdienst für behinderte Menschen zurückgenommen, ihn auch für Menschen mit eigenem Einkommen zugänglich gemacht und eine flexible Nutzung von Taxen mit einer Geldkarte ermöglicht. Der ÖPNV mit barrierefreien Bussen und Bahnen und ein neues barrierefreies S-Bahn-System sollen in Zukunft die Mobilität behinderter und alter Menschen verbessern. Ebenso wird die barrierefreie Infrastruktur mit barrierefreien Geschäften, Postagenturen und Gaststätten weiter ausgebaut. Dafür haben wir verbindliche Vorschrif-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 ten für barrierefreies Bauen von Straßen, Plätzen und Gaststätten verabschiedet und die freiwillige Gestaltung von barrierefreien Einkaufsmöglichkeiten durch ein Qualitätssiegel „Ausgezeichnet Generationenfreundlich“ unterstützt. Mit dem Projekt „Nette Toilette“ wird die Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Toiletten auch für Rollstuhlnutzende gefördert. Mit der Weiterführung und Ausweitung des Stadtführers für behinderte Menschen sollen nicht nur mobilitätseingeschränkten TouristInnen, sondern auch den BremerInnen Informationen zu barrierefreien Hotels, Kulturangeboten, Arztpraxen und öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Politik für Ältere Wir wollen ein Bündnis der Generationen, um die Bedürfnisse der heutigen mit den Lebenschancen der kommenden Generationen zu verbinden. Das gesamte soziale Netz Bremens – Gesundheit, Pflege, kommunale Selbstverwaltung, privates freiwilliges Engagement, Wohlfahrtsverbände, gemeinnützige Vereine etc. – soll stärker auf Nachbarschaften ausgerichtet werden. Dabei steht für uns eine aktive Gemeinschaftsförderung im Vordergrund, um der Vereinzelung entgegenwirken zu können. Wir fördern die Dienstleistungszentren als vorbildliche, dezentral organisierte Unterstützungseinrichtungen. Allerdings wollen wir auch Anforderungen an ihre Arbeit stellen und die Einhaltung überprüfen. Wir

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 haben damit bereits begonnen, indem wir darauf hinarbeiten, dass sie „neutral“ auftreten und Unterstützung vermitteln sowie noch mehr mit anderen Beratungsstellen wie z. B. der Beratungsstelle für Wohnungsanpassungsmaßnahmen Präventive Hausund den Pflegestützpunkten sowie besuche: BeraEinrichtungen in den Stadtteilen tung und Hilfe im zusammenarbeiten. Wohnquartier Die zwei von uns initiierten Modellversuche zur Aufsuchenden Altenarbeit sind ein voller Erfolg: Neben der konkreten Unterstützung für viele alte Menschen haben sie durch die Förderung der Vernetzung und der Zusammenarbeit auch einen Gesamtnutzen für den Stadtteil. Diese Modelle wollen wir verstetigen und auf andere Stadtteile ausweiten. Die Begegnungsstätten wollen wir dabei unterstützen, sich zu offenen Treffpunkten und selbstorganisierten Angeboten im Stadtteil zu entwickeln. Dazu gehört auch die Einbeziehung von älteren MigrantInnen durch geeignete Angebote im Stadtteil. Durch die Förderung neuer Wohnformen (z. B. Mehrgenerationenwohnungen, Seniorenwohngemeinschaften), aber auch durch neue Pflege(zeit)konzepte für Angehörige (z. B. Anerkennung für die Rente) wollen wir Grünen der Lebenssituation älterer Menschen gerecht werden. Wir halten es für erforderlich, eine kultursensible Pflege zu entwickeln und einzuführen, weil immer mehr Migrantinnen bis ins hohe Alter in Bremen leben und teilweise auch auf Pflege angewiesen sind.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Das neue Bremer Heimgesetz schützt bundesweit vorbildlich Menschen in allen Wohnformen, bei denen eine besondere Abhängigkeit durch die feste Verknüpfung von Wohnen und sonstigen Unterstützungsleistungen entstehen kann. Neues Bremer Wir Grünen sind maßgeblich dafür Heimgesetz verantwortlich, dass die Sicherung schützt der Würde und der SelbstbestimMenschen mung alter und behinderter Menschen sowie der Verbraucherschutz wichtige Ziele des Gesetzes sind. Die Umsetzung werden wir kritisch begleiten. Die Seniorenvertretung ist eine wichtige Interessenvertretung für ältere Menschen. Im Dialog mit Seniorinnen und Senioren setzen wir uns dafür ein, dass alle gesellschaftlichen Gruppen repräsentativ vertreten sind.

Kinder und Jugendliche Wir Grünen setzen uns für individuelle Förderung und Chancengleichheit ein, um junge Menschen stark zu machen und eine bessere gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen. Die schrittweise quantitative und qualitative Ausweitung der Kinderbetreuung hat hohe Priorität. Eine verlässliche frühkindliche Bildung und Betreuung ermöglicht Kindern soziale Teilhabe und vermeidet einen frühen sozialen Ausschluss. Wir haben dafür gesorgt, dass in Kitas in sozialen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Brennpunkten eine zweite pädagogische Fachkraft pro Gruppe eingesetzt wird. Auch in Zukunft sollen alle Kinder aus Familien mit geringem Einkommen in der Kita- und im Hort ein kostenloses und gesundes Mittagessen bekommen. Das Förderung und Lernen und Lehren der deutschen Bildung von Sprache ist ein zentraler BildungsAnfang an auftrag für Kindergärten. Hinzu kommen muss die Förderung der Erstsprache. Wer seine Muttersprache nicht beherrscht, lernt auch nur mit Schwierigkeiten Deutsch. Die Frühförderung soll in den Kitas selbst erfolgen und mit der allgemeinen Förderung verbunden werden. ErzieherInnen sollen die Möglichkeit haben, sich regelmäßig weiterzubilden und eine Qualifikation bis zum Hochschulniveau zu erreichen. Die Vermittlung von Gender- und interkultureller Kompetenz ist ein wichtiger Teil der Ausbildung. Die Integration von Kindern verschiedener Herkunft und Kindern mit unterschiedlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten gehört zur alltäglichen Arbeit. Wir wollen zudem Männer dazu ermutigen, sich in diesem Berufsfeld zu betätigen, da vor allem Jungen auch eine männliche Bezugsperson brauchen. Der Übergang von der Kindertagesstätte in die Schule muss verbessert und fließend gestaltet werden. Dafür bedarf es enger Kooperation beider Institutionen. Familienhebammen, die früh und intensiv Kinder- und Elternarbeit leisten, bringen deutliche Erfolge für den Lebensweg der Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Krippen und Kitas sollen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 sich zu Eltern-Kind-Zentren weiterentwickeln, wo alle für Kinder und Eltern notwendigen Unterstützungsangebote unter einem Dach verfügbar sind. Mütterzentren und das Kinder- und Jugendschutztelefon sollen weiterentwickelt werden. Ziel ist es, ein soziales Frühwarnsystem zu entwickeln, um riskante Lebenssituationen bei Kindern und Familien frühzeitig zu erkennen. Das Kindeswohl hat für uns hohe Priorität. Um die Vernachlässigung von Kindern frühzeitig zu erkennen und den Kinderschutz zu stärken, haben wir den Bereich Kindeswohl personell ausgebaut. Wesentliche Bedeutung hat die Kindeswohl hat Vernetzung verschiedener Berufshohe Priorität gruppen, die mit Kindern arbeiten. Inzwischen gibt es klare Zuständigkeiten, verbindliche Kooperations- und Meldestrukturen. Die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder haben wir verbindlich gestaltet. Familien, die mit ihren Kindern nicht daran teilnehmen, werden aufgesucht. Die Verzahnung von Schule und Jugendhilfe gewinnt mit dem Ausbau von Ganztagsschulen zunehmend an Bedeutung. In diesem Rahmen hat die Jugendhilfe eine wichtige Funktion bei der Begleitung von Kindern und Jugendlichen, um frühzeitiges und präventives Eingreifen zu ermöglichen. Dies ist auch hilfreich für eine gelingende Integration. Im Bereich der stationären Unterbringung wollen wir die Bedingungen für eine Aufnahme betroffener Kinder und Jugendlicher bei Pflegeeltern als eine gute Alternative zur Heimunterbringung verbessern.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Das dichte Netz an Spielplätzen in Bremen soll erhalten werden. Durch verstärkte Beteiligungsverfahren können sie bedarfsgerechter gestaltet werden. Die Einrichtung von naturnahen Spielplätzen wollen wir unterstützen. Diese sind Spielleitplanung bis zu fünfzig Prozent kostengünsausweiten tiger. Für die Erhaltung werden in der Regel ein Viertel weniger Mittel benötigt. In Bremen wurde das innovative Konzept der Spielleitplanung erprobt. Die Anwendung der Spielleitplanung gewährleistet die Interessen von Kindern und Jugendlichen bei allen Planungs- und Umsetzungsschritten und beinhaltet intensive Beteiligung. Dieses erfolgreich erprobte Konzept auf die anderen Stadtteile zu übertragen, ist ein wichtiger Baustein zu einer noch familienfreundlicheren Stadt. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass öffentlich geförderte Sportplätze auch für Nichtvereinsmitglieder geöffnet werden. Jugendliche sind im besonderen Maße auf Mobilität jenseits des Autos angewiesen. Das Stärken des Radverkehrs führt nicht nur zu einem geringeren C02-Ausstoß, sondern ist die Voraussetzung für viele junge Leute, um sich frei und unabhängig in der Stadt bewegen zu können. Wir wollen das Radverkehrsnetz weiter ausbauen und mehr Radfahrstreifen auf die Fahrbahn verlegen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Außerdem sollen die Ampelschaltungen für RadfahrerInnen angepasst werden. Auch der ÖPNV spielt für die Mobilität von Jugendlichen eine große Rolle. Hier gilt es vor allem

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 die Taktzeiten in der Nacht zu erhöhen. Die Nachtlinien haben in der Regel eine hohe Auslastung. Es ist deshalb zu prüfen, ob der Nachtzuschlag in seiner jetzigen Form noch sinnvoll ist. Wir wollen, dass alle Kinder zukünftig beim Fahrradfahren einen Helm tragen, um ihre Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Jugendliche brauchen mehr Partizipationsmöglichkeiten, Anerkennung und Akzeptanz. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen regt zum Dialog der Generationen an. Ein zentrales Kinderrecht laut UNKonvention ist das der MeinungsKinder und äußerung. Das Kind hat das Recht, Jugendliche mehr sich in allen das Kind berührenden beteiligen Angelegenheiten frei zu äußern und angemessen berücksichtigt zu werden. Kinder und Jugendliche wollen mitreden, wo sie unmittelbar betroffen sind. Eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu schaffen und zu erhalten, ist zentrale Aufgabe kommunaler Entwicklung. Sie steigert die Lebensqualität und bereichert das Gemeinwesen. Ein kinderfreundlicher mit Kindern geplanter und gestalteter Spielraum bietet meist auch allen Generationen eine hohe Aufenthaltsqualität. Ein kinderfreundlich gestalteter Verkehrsraum unter Beteiligung der Kinder ist auch für andere sicherer. Beteiligung kann über punktuelle Aktionen, repräsentative Formen wie den Jugendbeirat, offene Versammlungsforen oder projektorientierte Angebote erfolgen. Die positiven Ansätze im projektorientierten Bereich in unserem Bundesland lassen sich aus-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 weiten. Erfahrungen aus besonders kinderfreundlichen Kommunen wie z. B. Nürnberg mit seinen sehr gut frequentierten Kinderversammlungen sollten dabei einfließen. Bei geeigneten Projekten sollte von vornherein eine Planungssumme für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eingestellt werden, wie es in einigen Kommunen bereits üblich ist. Wir Grünen wollen Jugendliche zu politischer Arbeit motivieren und das Recht junger Menschen auf Mitsprache stärken. Das Herabsetzen des Wahlalters im Land Bremen auf 16 Jahre war in diesem Prozess ein großer Schritt. Wir unterstützen die Projekte „Jugend im Parlament“, „Jugendbeirat“, „Jugendforen“ und setzen uns für deren Weiterentwicklung ein. Für politische Teilhabe wichtig ist auch, die Medienkompetenz zu schulen. Jeder und jede Jugendliche Neue Kultur der muss eine Chance auf einen AusAusbildung nötig bildungsplatz bekommen. Wir brauchen eine neue „Kultur der Ausbildung“, in der die duale Ausbildung mehr Integrationskraft für Jugendliche ohne oder mit schlechten Schulabschlüssen entwickelt. Statt teurer berufsvorbereitender Maßnahmen, die zu häufig Warteschleifen ohne Ausbildungsperspektive sind, wollen wir an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf echte Übergänge in die duale Berufsausbildung schaffen. Auch das ist ein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Grüne werben dafür, dass sich die bisher oft sehr auf Geschlechterrollen festgelegte Berufswahl von

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Jugendlichen verändert. Wir wünschen uns mehr Altenpfleger, Erzieher und Grundschullehrer. Mädchen und junge Frauen sollen für die immer noch überwiegend männlich besetzten naturwissenschaftlich-technische Berufsfelder begeistert werden. Es ist unter anderem Aufgabe der Jugendpolitik, positive Rahmenbedingungen für das Aufwachsen und die Entwicklung der jungen Menschen zu gestalten. Darunter fällt auch, Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle, zielgerichtete Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Insbesondere für Kinder und Jugendliche können Sportvereine – in Ergänzung zu Familie und Schule – ein wesentliches Element zum Erlernen sozialer Kompetenzen sein und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Darum wollen wir, dass sich Kinder und Jugendliche auf unseren öffentlichen Sportanlagen zu Hause fühlen und diese ausgiebig nutzen Sportliche – unabhängig davon, ob sie MitAktivitäten unterglied eines Sportvereins sind. Wir stützen setzen uns dafür ein, dass Kindern und Jugendlichen aus Familien mit geringem Einkommen eine Mitgliedschaft in einem Sportverein ermöglicht wird. Das Programm „Kids in die Clubs“ muss dafür unbedingt fortgesetzt und weiter ausgebaut werden. Dadurch geben wir jungen Menschen die Möglichkeit, sich sportlich zu engagieren und können so weitere Anreize für sportliche Aktivitäten schaffen. Freie Sportparks wie zum Beispiel der Bremer Sportgarten, die besonders für Jugendliche sehr

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 attraktiv sind, unterstützen wir. Wir werden uns bemühen, Investoren für weitere Parks zu finden. Wir Grünen treten für eine umfassende Präventionsstrategie ein, um das Risiko zu verringern, dass aus Kindern gewalttätige Jugendliche werden. Dazu gehört an erster Stelle ein Bildungssystem, das Benachteiligungen ausgleicht und durch gute Lebensperspektiven die Entstehung von Gewalttätigkeit vermeidet. Das Jugendstrafrecht darf Normübertretungen nicht bagatellisieren. Nur schnelle und ausreichende Reaktion kommt bei den Jugendlichen auch an. Im Vordergrund stehen jedoch Hilfestellungen für ein straffreies Leben. Das Jugendstrafrecht muss noch stärker seinen Erziehungsauftrag wahrnehmen. Bei einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe soll über den Wohngruppenvollzug in der Haftanstalt soziales Verhalten eingeübt und über eine Berufsausbildung sollen Integrationsperspektiven eröffnet werden. Außerdem soll durch schnelle und unbürokratische Anordnung von sozialer Arbeit und Maßnahmen zum Täter-Opfer-Ausgleich möglichst eine Inhaftierung vermieden werden. Bremen hat sich erfreulicherweise an die Spitze der Initiative gesetzt, Kinderlärm nicht mit anderen Geräuschimmissionen gleichzusetzen. Die Akzeptanz für altersgerechte Entfaltungsmöglichkeiten von Jugendlichen ist verbesserungswürdig. Sie brauchen Orte, an denen sie sich selbstbestimmt treffen können, Freiräume und Orte der Selbstdarstellung. Die Belange von Jugendlichen werden wir künftig in unserer Stadtplanung besser berücksichtigen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Gesundheit Alle Menschen haben das gleiche Recht auf Gesundheit. Dies ist für uns Grüne die Basis eines solidarischen Gesundheitssystems in Form einer Bürgerversicherung. Damit die Beiträge nicht immer weiter steigen und nur noch Besserverdienende sich gute Gesundheitsversorgung leisten können, kämpfen wir für die Bürgerversicherung. Wir treten für eine integrierte Versorgung und eine bessere Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten ein. Die Hausärzte spielen eine Schlüsselrolle, um die PatientInnen kontinuierlich auf dem Weg durch den Versorgungsdschungel zu begleiten. Neben einer flächendeckenden Versorgung durch AllgemeinmedizinerInnen (primärärztliche Versorgung) ist für uns auch die wohnort- und zeitnahe psychotherapeutische Behandlung wesentlich. Dass sich Kinder- und JugendtherapeutInnen vorwiegend in gut situierten Stadtteilen ansiedeln, ist nicht sachgerecht. Wir werden weiterhin auf die Kassenärztliche Vereinigung einwirken, niederlassungswillige KinderpsychologenInnen dazu zu veranlassen, auch in bislang unterversorgte Stadtteile zu gehen. Wir haben den Protest der Hebammen gegen die Erhöhung der Haftpflichtprämie und ihre Forderung nach einem Vergütungsausgleich unterstützt. Das zu versteuernde Einkommen freiberuflicher Hebammen liegt häufig unter dem Existenzminimum. Bremen und Bremerhaven können es sich nicht leisten, auch

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 nur eine Hebamme zu verlieren. Frauen müssen auch künftig die Möglichkeit haben, sich wohnortnah von einer Hebamme ihres Vertrauens begleiten zu lassen. Nur mit verständlichen Informationen und durch Einbeziehung in Behandlungsabläufe werden Menschen befähigt, mitzuentscheiden und sind dem Versorgungssystem nicht hilflos ausgeliefert. Ein gut ausgebautes und unabhängiges Gesundheitsberatungssystem ist dafür notwendig. Die Unabhängigen Patientenberatungsstellen in Bremen leisten hierzu einen wichtigen Beitrag und werden weiterhin von uns unterstützt – ebenso wie Selbsthilfegruppen und -organisationen, die wir im Bereich der gezielten Hilfen für unentbehrlich halten. Selbstund Mitbestimmung möchten wir möglichst bis ans Lebensende erhalten. Menschen sollen so lange wie möglich im häuslichen Umfeld leben können. Wir unterstützen weiterhin die Hospizbewegung und machen uns dafür stark, dass in GesundheitsBremen-Nord und Bremerhaven versorgung vor auch eine spezialisierte, ambulante Ort sichern Palliativ-Versorgung etabliert wird. Arme Menschen sind öfter krank und sterben früher. Die Gesundheitsberichterstattung in Bremen bestätigt, dass der Gesundheitszustand der BürgerInnen in den Stadtteilen stark auseinanderklafft. Für uns ist es wichtig, die Gesundheitsförderung, -beratung und -versorgung an den Bedürfnissen der Menschen in den Stadtteilen auszurichten. Kinder aus Stadtteilen mit sozialen Problemen können häu-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 fig nicht gesund aufwachsen, leiden an schlechter Ernährung, Übergewicht und mangelnder Bewegung. Daher setzen wir uns dafür ein, dass Gesundheitserziehung bereits in den Kitas und an Schulen beginnt – z. B. in Kooperation zwischen KinderärztInnen, Pro Familia, Schulen, Kindergärten und anderen Institutionen. Wir freuen uns, dass Bremen Teil der Initiative „Regionen mit peb“ (plattform ernährung und bewegung) geworden ist. Wir setzen uns dafür ein, dass auf Bundesebene eine Regelung zur Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel geschaffen wird. Familienplanung darf nicht an der finanziellen Situation scheitern. Ehemalige Werftarbeiter in Bremen und Bremerhaven haben immer noch mit den Folgen der Asbestbelastung zu kämpfen. Viele Betroffene müssen vor Gericht darum kämpfen, eine Rente als anerkannte Opfer einer Berufskrankheit zu erhalten. Der Nachweis einer Berufskrankheit gegenüber der Berufsgenossenschaft ist derzeit wegen fehlender Daten der Unternehmen oder auch eines Berufs- und Ortswechsels schwer. Auf grüne Initiative will Bremen über den Bundesrat eine Umkehr der Beweislast erreichen und sich für eine neutrale Gutachterstelle einsetzen. Nicht zuletzt sichern wir eine Beratungsstelle für Betroffene im Land Bremen ab. Bisher noch unbekannten Umweltgiften muss in Zukunft deutlich aufmerksamer begegnet werden als in der Vergangenheit. Viele Erkrankungen können durch Gesundheitsförderung und Prävention verhindert oder ihre

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Verschlimmerung vermieden werden. Aber nicht alle Angebote der Prävention nehmen wir kritiklos hin. Am Beispiel der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs (HPV) und Schweinegrippe haben wir deutlich gemacht, dass umfassende Information die Voraussetzung ist, sich für oder gegen ein Angebot zu entscheiden. Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten sind für uns Grüne unabhängig von wirtschaftlichen Interessen zu untersuchen. Mit der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes haben wir den Schutz von NichtraucherInnen verbessert. Wir streben einen konsequenten Nichtraucherschutz ohne Ausnahmereglungen an. Um die wohnortnahe Behandlung von psychisch Kranken möglichst in ihrem Umfeld zu gewährleisten, ist die konsequent fortgeführte Regionalisierung der Psychiatrie in Bremen ein wichtiger Prozess in der Entwicklung des Versorgungssystems. Die weitere Verlagerung bzw. Umwandlung von Behandlungsbetten/-ressourcen in die Stadtteile und Bremerhaven soll fortgesetzt werden und zum verstärkten Ausbau von ambulanten Behandlungs- und Kriseninterventionsmöglichkeiten dienen. Diese Fortsetzung der Bremer Psychiatriereform soll unter Einbeziehung von PsychiatrienutzerInnen, mithilfe von Qualitäts- und Steuerungsinstrumenten und nach dem Bremer Landespsychiatrieplan erfolgen. Unser Ziel ist ein integratives, an den Bedürfnissen der Menschen orientiertes Versorgungssystem. Der Missbrauch von Drogen, legal oder illegal, tritt in allen Altersgruppen auf. Alkohol in Medi-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 kamenten für Kinder und werdende Mütter sollte in Apotheken nicht mehr frei verkäuflich sein. Suchtkrankheiten sind eine unübersehbare gesellschaftliche Tatsache, die ihre Auswirkungen in allen sozialen Schichten zeigt. MitentDrogenpolitik: scheidend für den Erfolg gegen Suchthilfe und die Sucht ist eine niedrigschwellige Prävention im Präventionsarbeit, die schon im Mittelpunkt Schulkindalter beginnen muss. Dafür ist ein enges Zusammenspiel von Kitas und Eltern nötig. Besonders für Heranwachsende stellt der Missbrauch von Drogen ein erhöhtes gesundheitliches Risiko dar. Soziale Verwahrlosung sowie fehlende Strukturen, zu wenige sinnvolle Freizeitbeschäftigungen und AnsprechpartnerInnen können Gründe für einen Weg in die Sucht sein, denen wirksam vorgebeugt werden kann. Wir Grünen fordern daher die verstärkte Unterstützung sozialer Projekte und kultureller Angebote, die speziell für Jugendliche organisiert und zugänglich gemacht werden. Es gibt nicht wenige Jugendliche, die in einer Sucht gefangen sind. Wir Grünen sind uns dessen bewusst und appellieren an die Gesellschaft, in so einem Fall den Blick nicht abzuwenden. Um professionelle Hilfe leisten zu können, darf es nicht nur vereinzelte Beratungseinrichtungen geben. Vielmehr bedarf es auch in Bildungs- und Freizeitinstitutionen geschulter und ausgebildeter BeraterInnen. Abhängigen Jugendlichen wird somit ein Raum geschaffen, in dem ihre Ängste und Sorgen ernst genommen werden und besonders in persönlichen Gesprächen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 daran gearbeitet wird, individuelle Lösungen zu finden. Drogenabhängigkeit kann mit polizeilichen und strafrechtlichen Mitteln nicht bekämpft werden. Ein wirksames Drogenhilfesystem spielt bei der Bekämpfung von Drogenabhängigkeit und -kriminalität eine wichtige Rolle. Wichtig sind eine sinnvolle Vernetzung der Angebote zur Beratung, Behandlung und Unterstützung von Betroffenen sowie die Entwicklung von Qualitätskriterien. Wir unterstützen die Hilfeeinrichtungen bei ihrem Wunsch, DrogenkonsumentInnen besser zu schützen, indem bei in Bremen beschlagnahmten Drogen die Messergebnisse über Reinheitsgrad und festgestellte Beimengungen anonymisiert und zeitnah veröffentlicht werden. Eine Sucht kann nicht nur durch Drogen ausgelöst werden. Auch neue Suchterscheinungen im Zusammenhang mit modernen Medien – beispielsweise die Abhängigkeit von Computerspielen oder Internet – müssen verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden, so dass auch darauf entsprechend reagiert werden kann. Die Ausgestaltung des medizinischen Angebots und die Bewertung von Krankheitserscheinungen sind in vielfacher Hinsicht an der männlichen Norm orientiert. Es bedarf einer medizinischen und therapeutischen Versorgung, die auf die spezifischen Bedarfslagen von Frauen und Männern ausgerichtet ist – insbesondere auch bei Präventionsangeboten. Wir wollen dafür sorgen, dass Angehörige aller Gesundheitsberufe in Bremen und Bremerhaven

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 verstärkt für geschlechtsspezifische Unterschiede sensibilisiert werden. Auch in der Psychiatrie und in der Suchthilfe wollen wir zu einer gendersensiblen Behandlung und Betreuung kommen. Vorhandene Ansätze werden wir weiterhin unterstützen. Menschen mit Migrationshintergrund werden im Gesundheitssystem häufig unter- und fehlversorgt. Für viele der in Deutschland lebenGesundheitsden MigrantInnen ist aufgrund system eines niedrigen Sozial- und Bilinterkulturell dungsstatus der Zugang zu Inforöffnen mationen, Versorgungsangeboten und -einrichtungen erschwert. Sprach- und Verständigungsprobleme und vor allem die mangelnde interkulturelle Öffnung des deutschen Gesundheitssystems verschärfen dieses Defizit. Kulturspezifische Versorgung muss ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung im Gesundheitssektor werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Ansätze für eine interkulturelle Öffnung der Krankenhäuser weiter vorangetrieben werden. Eine flächendeckende, wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu sichern, ist das Ziel grüner Gesundheitspolitik. Um diese zu ermöglichen, wollen wir alle vier kommunalen Kliniken in Bremen als eigenständige Häuser erhalten. Wir wissen, dass die Sanierung des Klinikverbundes viel von den Beschäftigten abverlangt. Aber wir sehen keine Alternative, diesen Weg weiter zu gehen. Wir setzen weiterhin auf die Mithilfe der Beschäftigten, denn nur mit ihnen gemeinsam wird

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 das Sanierungsziel gelingen. Aber auch die freigemeinnützigen Krankenhäuser behalten wir im Blick: gemeinsam mit den kommunalen Kliniken sind sie ein wichtiger Bestandteil für die Gesundheitswirtschaft und den Gesundheitsstandort Bremen. Auch die drei Kliniken in Bremerhaven sind ein wichtiger Bestandteil für die Gesundheitsversorgung des niedersächsischen Umlands. Deshalb werden wir sie in ihren Kooperationsverhandlungen und medizinischen Schwerpunktsetzungen unterstützen. In vielen Kliniken ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein fester Bestandteil. Wir empfehlen den kommunalen und freigemeinnützigen Kliniken vor dem Hintergrund sich verändernder Lebensrealitäten die Etablierung von Genderbeauftragten, um die Belange der Beschäftigten besser zu unterstützen und durchzusetzen. Die Vielzahl von Krankenhäusern sowie Einrichtungen und Praxen der ambulanten Versorgung bildet einen bedeutenden ArbeitsPflegeberufe markt in Bremen und Bremerhaaufwerten ven. Wir wollen dazu beitragen, in diesem Sektor zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Die Qualität eines Gesundheitswesens ist nicht zuletzt auch von den Arbeitsbedingungen von Beschäftigten abhängig. Eine Entwicklung, bei der Dienstleistungen im Gesundheitsbereich ausgelagert und über Personaldienstgesellschaften oder Zeitarbeitsfirmen erbracht werden, nehmen wir nicht hin. Pflegeberufe und nicht-medizinische Heilberufe müssen aufgewertet werden. Wir unter-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 stützen die derzeit stattfindende Debatte zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe. Eine angemessene Entlohnung für gesundheits- und pflegebezogene Dienstleistungen, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind für uns von zentraler Bedeutung.

Nachhaltiges Wirtschaften und gute Arbeit Ökologischer Strukturwandel Die Zukunft vieler Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven hängt davon ab, dass Unternehmen auf mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz sowie Ressourcen- und Energieeffizienz setzen. Entscheidend sind zunehmend auch die kleinen und mittelständischen Betriebe. Sie haben mit ihren Dienstleistungsangeboten vor Ort sowie ihren ressourcen- und energiesparenden Techniken, Innovationen und Produkten in den weltweit wachsenden Märkten hervorragende Chancen. Bremen ist trotz des Strukturwandels der vergangenen Jahrzehnte weiterhin einer der größten und produktivsten Industriestandorte Deutschlands. Wirtschaftspolitik, die mit ihrem Willen zum ökologischen Strukturwandel an den Stärken des

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Landes anknüpft, muss dies berücksichtigen. Am Beispiel der Stahlwerke kann man die Rolle stetiger Innovation für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung gut beobachten. Nach der Modernisierung der Produktionsmittel und -abläufe hat es bereits Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen gegeben, denen weitere folgen werden. Dies soll in Zukunft die Staubbelastung der AnwohnerInnen auf beiden Seiten der Weser deutlich verringern und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. In der zurückliegenden Legislaturperiode haben wir die Wirtschaftsförderung umgestaltet. Wir haben die Förderung per Gießkanne beendet und weniger Schwerpunktbereiche Nachhaltige und in den Mittelpunkt gestellt. Leittransparente projekte haben wir insbesondere Wirtschaftsin den Bereichen Erneuerbare förderung statt Energien/Windenergie, Luft- und Subventionitis Raumfahrt, Automobil- und Zulieferindustrie, Maritime Wirtschaft und Logistik definiert. Gleichzeitig wollen wir durch verstärkte Förderung und Transfer von Innovationen die bestehenden Schlüsselindustrien Ernährungswirtschaft, Stahlerzeugung, Maschinenbau, Elektrotechnik und Meerestechnik an den Standort Bremen binden. Ein Zusammenspiel von Ökonomie und Ökologie ist dabei unerlässliche Voraussetzung für die Zukunftssicherung. Die meisten Programme zur Wirtschaftsförderung haben wir auf Darlehensfinanzierung

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 umgestellt. Die Unternehmen erhalten von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) und der Bremer Aufbau Bank (BAB) dann Geld, wenn sie es brauchen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen oder alte zu erhalten. Die Unternehmen müssen aber das Geld wieder zurückzahlen, so dass es für neue Projekte zur Verfügung steht. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass kein Geld der Wirtschaftsförderung für Rüstungsim- und -exporte oder Rüstungsproduktion ausgegeben wird. Wir werden prüfen, ob das 2001 beendete Bremer Rüstungskonversionsprogramm in veränderter Form wieder aufgenommen werden kann. An die Stelle einer Gewerbeflächenentwicklung auf Vorrat ohne Rücksicht auf ökologische und fiskalische Nebenwirkungen ist eine Konzentration auf eine bedarfsgerechte Flächenentwicklung getreten. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung von wenigen und zum Teil schon erschlossenen Flächen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung der Überseestadt. Mit dem hohen Anteil an Dienstleistungen entstehen hier zukunftsfähige und moderne Arbeitsplätze. Die Überseestadt ist aber auch ein Beispiel für eine lebendige Kreativwirtschaft in Bremen. Hier wird Strukturwandel mit Stadtentwicklungspolitik verbunden. Zusammen mit der Stadt Bremerhaven werden wir nach einer bedarfsgerechten Lösung zur Erschließung des bereits planungsrechtlich als Gewerbefläche ausgewiesenen Bereichs auf der nördlichen Luneplate bei Sicherung der angrenzenden Naturschutzflächen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 suchen. Dies kann aber nur vor dem Hintergrund des Konsolidierungskurses erfolgen. Die Entwicklung der Offshore-Industrie in Bremerhaven ist eine Erfolgsgeschichte, die neue zukunftsfähige und industrielle Arbeitsplätze schafft. Die attraktiven Standortbedingungen für die Entwicklung und Produktion von OffshoreWindanlagen haben wir weiter verbessert. Wir Grünen sind für den konzentrierten Ausbau der Aktivitäten im Bereich der Offshore-Windenergie, vor allem am Standort Bremerhaven. Dazu gehört auch der private Bau und Betrieb Bremen und einer Schwerlastverladeplattform Bremerhaven: für diese Branche. Hier zeigt sich Top-Standort der exemplarisch, wie sich grüne OffshoreInnovationspolitik positiv auf den Windkraft Strukturwandel auswirkt und sich gleichzeitig ökonomisch und ökologisch konsequent der Umbau einer klassischen Industriepolitik hin zu einer Innovationspolitik vollziehen lässt. Grüne Wirtschaftspolitik verfolgt das Ziel, Bremen und Bremerhaven lebendiger, ökologischer und auch sozialer zu gestalten. Wir wollen es mehr Menschen ermöglichen, ihren Lebensunterhalt durch gute Arbeit selber bestreiten zu können. Ein besonderer Handlungsbedarf besteht bei der Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, die ihnen eine eigenständige Existenzsicherung ermöglicht. Nur wenn es gelingt, den Abbau sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze zu stoppen und neue entstehen zu lassen, haben wir unser Ziel erreicht.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Wir wollen die Potenziale von Frauen in der Wirtschaft stärken und fördern. Im Bundesrat werden wir uns für ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft und eine Quotierung von Aufsichtsräten in börsennotierten Unternehmen einsetzen. In Bremen wollen wir Maßnahmen ergreifen, um eine geschlechterparitätische Besetzung Gleichstellung im von Aufsichts- und VerwaltungsBeruf stärken räten in landeseigenen sowie kommunalen Betrieben und Gesellschaften zu erreichen. Wir Grünen unterstützen in diesem Sinne die „Nürnberger Resolution“. Wirtschaftspolitik soll einen Beitrag zur Sanierung der bremischen Haushalte leisten. Die notwendige Konsolidierung kann nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Entwicklung Bremens und Bremerhavens gesehen werden. Die Einnahmen Bremens sind abhängig von der Zahl der Arbeitsplätze und der EinwohnerInnen. Deshalb wollen wir Bremen attraktiv für Unternehmen machen. Dafür wollen wir aktiv an den Standortbedingungen arbeiten. Angesichts des demografischen Wandels ist vor allem das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften entscheidend. Durch die Qualität der Bildung, betrieblichen Ausbildung und Qualifizierung wollen wir für ein gutes Angebot an Arbeitskräften sorgen. Die Wirtschaftsförderung soll Ansprechpartner für bremische und ansiedlungswillige Unternehmen sein. Es ist unser ständiges Anliegen, die Servicequalität zu erhöhen. Unternehmen müssen bei einer Anlaufstelle alle Leistungen aus einer Hand erhalten.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Als „weicher“ Standortfaktor hat die Lebensqualität in Bremen und Bremerhaven eine wachsende Bedeutung. Ein weltoffenes und liberales Umfeld am Standort befördert Innovationen und Investitionen. Einen sehr wichtigen Beitrag für den Erhalt von Arbeitsplätzen aber auch für die Qualität unserer Stadtgesellschaft leisten die Kooperation Klein- und Kleinstbetriebe. Wir von Klein- und wollen standortorientierte (z. B. Kleinstunterneh- BID), brancheninterne wie branmen unterstützen chenübergreifende Kooperationen dieser Betriebe fördern. Wir wollen Menschen bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen. Besonders für Frauen ebenso wie für MigrantInnen kann der Weg in die Selbstständigkeit berufliche Perspektiven bieten, die der Arbeitsmarkt sonst nicht hergibt. Eine umweltverträgliche Wirtschaft mit minimalem Ressourcenverbrauch, maximaler Energie- und Materialeffizienz und vielen neuen Ideen ist die Zukunft für Unternehmen und Beschäftigungsentwicklung. Ob es um Umwelttechnologien wie regenerative Energien oder energiesparende Innovationen im Fahrzeugbau geht: Wettbewerbsfähigkeit und ökologische Ausrichtung lassen sich nicht mehr trennen. Wissensbasierte Arbeitsplätze versprechen ein höheres Einkommen und eine größere Sicherheit vor Arbeitslosigkeit. Bremen und Bremerhaven haben für diese Entwicklung sehr gute Voraussetzungen. Es gibt in den Hochschulen sowie den regionalen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 und überregionalen Forschungsinstituten viele hochwertige Arbeitsplätze. Allein in Bremerhaven sind ein Drittel aller Arbeitsplätze wissensbasiert. Diverse mittelständische Unternehmen haben Forschungsund Entwicklungsabteilungen. Die Umweltwirtschaft in Bremen wird im Bundesvergleich als hervorragend bewertet. Durch Programme innerhalb des beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms, wie z. B. die Fachkräfteinitiative, werden wir diese Zukunftsbereiche aktiv fördern. Darüber hinaus werden wir den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft optimieren.

Maritime Wirtschaft Bremen und Bremerhaven sind stark von der maritimen Wirtschaft geprägt. Neben den traditionell starken Wirtschaftsbereichen Schifffahrt, den bremischen Häfen, dem Schiffbau, der Fischwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung und den maritimen Dienstleistungen sind in den vergangenen Jahren neue Kompetenzbereiche hinzugekommen. Übergreifende Logistik und ergänzende Wertschöpfungsfunktionen im Hafen, erneuerbare Energien wie z. B. Offshore-Windenergieindustrie, maritime Forschungstechnik mit ihrer Bedeutung für Umweltüberwachung, Klimaschutz und Küstenzonenmanagement, marine Biotechnologie, die Lebensmitteltechnologie, maritimer Tourismus und der Wandel ehemaliger Hafenquartiere in prosperierende neue Wirtschaftszonen sowie Quartiere am Wasser für

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Freizeit und Wohnen machen bereits heute einen großen Teil einer erweiterten maritimen Kompetenz aus. Aufgrund ihrer engen Verflechtungen ist die maritime Wirtschaft darüber hinaus auch von zentralem Interesse für die Metropolregion und für exportorientierte Unternehmen in ganz Deutschland und Europa. Auch der Werftenstandort Bremerhaven ist ein Beispiel für den Strukturwandel. Obwohl der Markt härter umkämpft ist, hat sich Bremerhaven mit seinen Reparaturwerften zu einem zentralen Standort an der Nordseeküste entwickelt. Die von uns begonnene und weiter verfolgte „Clean-Ship-Strategie“ und das „Green Port“-Konzept im Rahmen einer integrierten Meerespolitik sind Ansätze, die wir weiter vertiefen werden. Bremerhaven ist ein bedeutender Standort der fischverarbeitenden Industrie. Wir wollen, dass die hiesige Fischwirtschaft eine beispielgebende Rolle für den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Fisch übernimmt. Unser Ziel ist es, im Wege einer Selbstverpflichtung zu einer vollständigen MSCZertifizierung der Bremerhavener Fischprodukte zu kommen. Aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen treten wir Grünen seit langem für eine enge Kooperation der norddeutschen Häfen ein, um Investitionen sinnvoll zu steuern und Natureingriffe so weit wie möglich zu beschränken. Deshalb haben wir die Beteiligung Bremens am Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven unterstützt und setzen auf eine

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 gute Zusammenarbeit. Darüber hinaus fordern wir den Bund auf, sich stärker an den Kosten der Häfen zu beteiligen. Wir schlagen vor, eine gegenseitige Eigentumsbeteiligung der Länder und des Bundes an den Häfen zu prüfen. Ein solches Modell soll der notwendigen Zusammenarbeit und Koordinierung eine materielle Basis geben. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass die stadtbremischen Häfen in Bremerhaven in Landeshäfen umgewandelt werden.

Gute Arbeit Grüne Arbeitsmarktpolitik orientiert sich an den Grundwerten Gerechtigkeit, Teilhabe und Selbstbestimmung. Wir wollen für ArbeitnehmerInnen die Beschäftigungssituation verbessern und Arbeitslosen neue Einstiegsmöglichkeiten eröffnen. Unser Ziel ist, die Familienarbeit gerecht auf Männer und Frauen zu verteilen. Voraussetzung dafür sind eine Arbeitskultur und Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit erleichtern. Männer müssen weiter ermutigt werden, Familienzeiten in Anspruch zu nehmen. Um die Auszeiten von Müttern und Vätern durch Erziehungsarbeit zu verringern, soll die öffentliche Verwaltung – auch als Vorbild für private Unternehmen – flexible Arbeitszeitmodelle und -orte anbieten. In der Arbeitsmarktpolitik hat Rot-Grün viel erreicht und auf den Weg gebracht. Unser besonderes Augenmerk gilt den Langzeitarbeitslosen. Wir

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 haben unsere Mittel im Europäischen Sozialfonds (ESF) zu Gunsten der Qualifizierung, Vermittlung und Betreuung Langzeitarbeitsloser umgeschichtet. Wir haben auf Projekte in sozialen Brennpunkten einen Schwerpunkt gesetzt. Wir haben die Zahl der Ein-Euro-Jobs deutlich verringert und die Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (BAgIS) veranlasst, ihr Budget zu Gunsten von Qualifizierungsmaßnahmen zu verändern. Diesen Weg werden wir mit Augenmaß fortsetzen. Wir setzen uns für die weitere Umwandlung von Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze ein. In den Arbeitsmarkt-Programmen haben wir für eine gleichberechtigtere Teilhabe von Frauen gesorgt und ein Chancengleichheitsprogramm aufgelegt. Um die Ausbildungschancen von Jugendlichen zu verbessern, haben wir im Rahmen der Bremer Vereinbarung zum Beispiel damit begonnen, das Übergangssystem zu reformieren und Jugendliche, die bisher keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, besser in die Ausbildung zu integrieren. Wir haben ein Tariftreuegesetz verabschiedet, das bei öffentlichen Auftragsvergaben Mindestlöhne und Sozialstandards vorsieht. Auf Bundesebene haben wir Initiativen zum Mindestlohn, zur Gleichstellung von LeiharbeiterInnen mit der Stammbelegschaft und Eingrenzung der Leiharbeit sowie gegen unbezahlte Dauerpraktika gestartet. Nicht zuletzt haben wir dazu beigetragen, die Jobcenter abzusichern. Die Arbeitsmarktpolitik wird auch weiterhin vor großen Herausforderungen stehen. Das Land

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Bremen hat die höchste Arbeitslosenquote aller westlichen Bundesländer und der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist viel zu hoch. Gleichzeitig zeigt sich ein erheblicher Fachkräftemangel. Trotz hoher Arbeitslosigkeit kann ein Drittel bis Qualifizierung ein Viertel der offenen Stellen nicht von arbeitslosen besetzt werden. Die Bewältigung Menschen steht dieser Probleme wird eine wichim Mittelpunkt tige Aufgabe der nächsten Jahre sein. Dabei werden für uns die Qualifizierung von Arbeitslosen, Weiterbildung sowie Berufsausbildung in Zukunftsbranchen im Zentrum stehen. Ergänzend dazu brauchen wir eine Einwanderungspolitik, die den Zuzug von Fachkräften erleichtert und flexiblere Anerkennungsverfahren von im Ausland erworbenen Qualifikationen in Bremen umsetzt. Wir brauchen eine regional ausgestaltete Arbeitsmarktpolitik, welche die differenzierten Probleme Bremens und Bremerhavens wahrnimmt und zielgenaue Antworten gibt. Das erfordert eine Verknüpfung mit anderen Politikfeldern und eine hohe Verantwortungsbereitschaft der Jobcenter. Deshalb müssen die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven darauf bestehen, bei der Ausgestaltung der Arbeitsmarktprogramme Partner auf Augenhöhe mit der Bundesanstalt für Arbeit zu sein. Nur so kann eine Strategie entwickelt werden, die an den Kompetenzen der Menschen und der Region ansetzt und es ermöglicht, das Arbeitsmarktprogramm intelligent mit den Förderprogrammen des Europäischen Sozialfonds zu verknüpfen. Ein besonderes Augenmerk

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 wollen wir dabei auf die Gewinnung von MigrantInnen legen, die bislang kaum erreicht werden. Deren Selbsthilfeorganisationen müssen dafür fester Bestandteil der Kooperationen in Beschäftigungsprogrammen sein. Wir stehen für das Fördern von Arbeitslosen und wollen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Deshalb werden wir das Beschäftigungspolitische Aktionsprogramm weiterentwickeln und dabei weiterhin einen Schwerpunkt auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Arbeit statt abschlussbezogene Qualifizierung Arbeitslosigkeit legen sowie die Beratung von finanzieren Arbeitslosen und Jugendlichen sicherstellen. Wir werden uns auch noch stärker auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen, MigrantInnen sowie Behinderten in diesen Programmen konzentrieren. Aber auch denjenigen, die keine Chance auf dem 1. Arbeitsmarkt haben, wollen wir faire Beschäftigungschancen auf dem 2. Arbeitsmarkt ermöglichen. Nach wie vor leiden viele Menschen unter gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen. Den Schutz vor krankmachenden Stoffen wie z. B. Asbest, Glas- und Mineralwolle wollen wir Grünen durch Gewerbeaufsicht und Vorgaben des Arbeitsschutzes stärken. Wir werden aktiv Fördermittel aus Bundesprogrammen einwerben, um damit unsere Arbeitsmarktpolitik zu ergänzen. Die „bremer und bremerhavener arbeit GmbH“ (bba) soll spätestens zum Ende der ESF-Förderperiode 2013 aufgelöst

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 werden, um sie kostengünstiger in einem Eigenbetrieb oder im Arbeitsressort zu organisieren. Auch wer Arbeit hat, kann immer seltener davon leben. Der Anteil Beschäftigter in unsicheren und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen hat in den vergangenen Jahren extrem zugenommen – mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Die unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte im NiedLohndumping riglohnsektor gehört genauso dazu beenden – wie der Diplom-Designer im ewiexistenzsicherngen Praktikum oder die Leiharbeiden Mindestlohn terin, die nur bezahlt wird, wenn einführen ein Entleihbetrieb sie anfordert. Wir werden deshalb weiterhin auf Bundesebene für einen existenzsichernden Mindestlohn, die Gleichstellung von LeiharbeitnehmerInnen mit Stammbelegschaften sowie für faire Praktikumsrichtlinien streiten. Das Zerlegen von Vollzeit- in Teilzeittätigkeiten sowie in nicht sozialversicherungspflichtige Minijobs kann zu einer Prekarisierung und zum Unterlaufen von Tarifverträgen führen. Deshalb setzen wir uns für Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen in gefährdeten Branchen, zunächst im Einzelhandel, ein. Den unsozialen Abbau von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen wollen wir stoppen. Damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigem Gehalt möglichst geringe Gehaltseinbußen haben, werden wir uns für eine Progression in der Sozialversicherung – vergleichbar der Lohn- und Einkommenssteuer – mit

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 entsprechenden Freibeträgen für Geringverdienende einsetzen. Wer gearbeitet hat, muss wieder bessere Chancen auf Arbeitslosengeld I haben. Gerade prekär Beschäftigte haben diese Möglichkeit immer seltener. Deshalb werden wir auf Bundesebene dafür eintreten, dass eine sechsmonatige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit in einem Dreijahreszeitraum wieder für den Arbeitslosengeld-I-Bezug ausreichen muss. Und wir werden dafür eintreten, dass die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen Kürzungen der Programme für Beschäftigung und Qualifizierung zurückgenommen werden.

Bürgerstädte Bremen und Bremerhaven Vertiefung der Demokratie Die Menschen in Bremen und Bremerhaven wollen sich stärker politisch beteiligen und mehr Einfluss ausüben. Eine lebendige Demokratie lebt genau von diesem Willen der BürgerInnen zu mehr Engagement. Wir Grünen haben die Vision einer lebendigen Bürgerstadt. Denn wir wissen: Je mehr Menschen sich an Entscheidungen beteiligen und diese miteinander diskutieren, desto höher ist in aller Regel die Chance, gute Ergebnisse zu erzielen. Gleichzei-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 tig werden die Resultate der Politik so von mehr Menschen gemeinsam getragen und akzeptiert. Auf diese Weise werden Konflikte bereits frühzeitig angegangen und oft konstruktiv gelöst. Wir halten die Weiterentwicklung der lokalen Demokratie daher für eine große Herausforderung in Zeiten von schwindender Akzeptanz und schwindendem Vertrauen in die Politik. Seit wir Grünen im Land mitregieren, hat sich bereits einiges verbessert. Wir haben uns in der abgelaufenen Wahlperiode konsequent für mehr Transparenz und Öffentlichkeit, Demokratie und Teilhabe in der Stadt eingesetzt. Unsere Bilanz auf dem Weg zur Bürgerstadt kann sich sehen lassen. Wir haben Volksabstimmungen durch die Absenkung der Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide deutlich erleichtert, das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt, Stadtteilparlamente durch mehr Entscheidungs- und Mitspracherechte gestärkt und das Petitionsrecht unter anderem durch Einführung von öffentlichen und Online-Petitionen reformiert. Wir haben die Öffentlichkeit von Ausschuss- und Deputationssitzungen sowie den Zugang zu Senatsbeschlüssen und anderen wichtigen Dokumenten durchgesetzt. Zudem haben wir die Abgeordnetenbezüge transparent gemacht, steuerfreie Pauschalen und Aufwandsentschädigungen sowie den Dschungel von zahlreichen Sonderzulagen abgeschafft. Wir ruhen uns nicht auf dem Geleisteten aus, sondern wollen zielstrebig weitere Schritte in Richtung Beteiligungsdemokratie gehen. Außerdem

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 muss geprüft werden, inwieweit sich die bisherigen Reformen in der Praxis bewährt haben und wie sie in der kommenden Wahlperiode verbessert werden können. Wir haben uns daher für die kommenden Jahre einiges vorgenommen. Die Vorgänge um die Neuwahl des Bremerhavener Oberbürgermeisters haben Zweifel an einer effektiven Kontrolle des Magistrats geweckt. Wir wollen daher prüfen, wie dieses Demokratiedefizit künftig beseitigt werden kann. Dies kann durch die gesetzliche Schaffung einer Klageberechtigung einzelner Stadtverordnetenfraktionen oder durch die Verabschiedung klarer Bestimmungen zur Kommunalaufsicht geschehen. Die formalen Hürden für direkte Mitwirkung der BürgerInnen, vor allem bei verfassungsändernden Gesetzen, sind auch nach den Direkte DemoReformen der abgelaufenen kratie stärken Wahlperiode noch zu hoch. – BürgerbeteiliUm auch hier die Möglichkeit gungsverfahren zu verbessern, durch Volksausbauen begehren und Volksentscheid Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, wollen wir die benötigte Unterschriftenzahl für das Zustandekommen eines verfassungsändernden Volksbegehrens auf zehn Prozent und das benötigte Zustimmungsquorum beim entsprechenden Volksentscheid auf ein Drittel der Wahlberechtigten senken. Ferner wollen wir prüfen, ob bei Volksbegehren elektronische Unterschriften ermöglicht werden können. Da wir den Willen der BürgerInnen als ein

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 hohes Gut der Demokratie ansehen, können wir uns vorstellen, große Projekte oder zentrale (Gesetzes-) Vorhaben der Bevölkerung zum Volksentscheid vorzulegen. Es gibt darüber hinaus eine Vielzahl von Möglichkeiten, die BürgerInnen an politischen Entscheidungen und Planungen teilnehmen zu lassen. Dies gilt sowohl auf Stadtteil- als auch auf gesamtstädtischer Ebene. Unser Ziel ist die Einführung, Erprobung und Entwicklung von weiteren Bürgerbeteiligungsverfahren auf allen Ebenen. Dazu zählt neben der Ausweitung der bestehenden Business Improvement Districts auf weitere Stadtteile auch die Prüfung, ob das Konzept auch auf die Verbesserung des Umfeldes in Wohnstraßen übertragbar ist (Housing Improvement District). Darüber hinaus wollen wir Beteiligungsverfahren wie Bürgerhaushalte, Bürgerpanels, Zukunftskonferenzen, Mediationsverfahren und moderierte Adhoc-Beteiligungsverfahren erproben – z. B. beim Um- und Ausbau von Schwimmbädern, Spielplätzen und anderen öffentlichen Bauprojekten in den Stadtteilen. Städte wie Köln und Freiburg haben gute Erfahrungen mit Bürgerhaushalten und anderen Bürgerbeteiligungsformen gemacht. Ein wichtiges Beteiligungsprojekt der nächsten Jahre wird der Umbau des Klinikums Bremen-Mitte sein. Hier werden große, qualitativ hochwertige innerstädtische Flächen frei. Wir Grünen wollen, dass die Planung und Entwicklung des Geländes unter Beteiligung der BewohnerInnen und Organisationen des Stadtteils, der zukünftigen NutzerInnen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 und des Beirates geschieht. Wir wünschen uns einen ökologisch hochwertigen Stadtteil, der die vielfältigen Lebensentwürfe und finanziellen Möglichkeiten seiner BewohnerInnen widerspiegelt. Die Beteiligungsprozesse sollen mit professioneller Unterstützung geplant, begleitet und evaluiert werden. Wichtig ist der Austausch von Erfahrungen, Informationen und guten Beispielen zwischen den Beteiligten. Wir wollen, dass lernende und nachhaltige Strukturen der Beteiligung in Bremen entstehen, die selbsttragende und von den Bürgern akzeptierte Beteiligungsprozesse ermöglichen. Bürgerbeteiligung kann oft die Gestalt von Unmutsäußerungen und Protest über Entscheidungen der Politik annehmen. Der Unmut mündet dann oft in lokalen Initiativen und Protestaktionen. Wir Grünen finden, dass demokratischer Protest angehört und ernst genommen werden soll. Dabei müssen lokale, oft partikulare Interessen und Gemeinwohlinteressen miteinander abgewogen werden. Durch professionell begleitete Mediationsverfahren wie Runde Tische streben wir konstruktive Konfliktlösungen und einen sinnvollen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen an. Nach der großen Reform des Beirätegesetzes wollen wir in der nächsten Wahlperiode evaluieren, wie die neuen Rechte und Möglichkeiten der Beiräte genutzt wurden und welche Nachbesserungen im Gesetz oder in der täglichen Anwendungspraxis eventuell nötig sind. Im Dialog mit den Beiräten, der Bevölkerung in den Stadtteilen und den Koopera-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 tionspartnern der Beiräte wollen wir herausfinden, ob wesentliche Korrekturen vorgenommen werden müssen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das den Beiräten zustehende Recht, das für die Besetzung der Stelle der Ortsamtsleitung Beirätereform ausschlaggebende Votum abzuweiterentwickeln geben, noch nicht ausreichend rechtssicher konstruiert ist. Nachdem ein Beirat eine Entscheidung für eine/n OrtsamtsleiterIn getroffen hat, müssen diese auch sofort mit der Arbeit beginnen können. Das Wahlrecht der Beiräte darf nicht durch die Regelungen des Beamtenrechts ausgehebelt werden. Hierzu werden wir alle praktikablen Möglichkeiten prüfen. Mit der neuen Beirätekonferenz wollen wir die vielfältigen Möglichkeiten eines demokratischen und transparenten Erfahrungsaustausches über Beirätegrenzen hinweg nutzen. Politik ist in Zeiten des Wahlkampfs einem starken Wettbewerb um die Gunst der WählerInnen ausgesetzt, der dann allzu oft zu Stillstand und gegenseitiger Blockade führt. Wahlkampf ist wichtig für die Demokratie. Er sollte allerdings in zeitlich engen Grenzen verlaufen. Wir wollen die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängern, um mehr Zeit für sachorientierte Entscheidungen zu bekommen. In allen deutschen Kommunalparlamenten und in 14 Bundesländern wurden gute Erfahrungen mit einer fünfjährigen Legislaturperiode gemacht. Sowohl die Kontrolle der Verwaltung als auch die Zusammenarbeit zwischen den Abgeordneten und der Verwaltung wird in Bremen durch eine Vielzahl

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 von verschiedenen Ausschüssen gewährleistet. Wir Grünen wollen das Ausschusswesen transparenter und übersichtlicher machen. Für eine effektive Arbeit haben wir zurzeit zu viele Deputationen und Parlamentsausschüsse mit ihren jeweiligen Unterausschüssen. Dort wo es sinnvoll ist, sollen in Zukunft Deputationen durch Parlamentsausschüsse ersetzt werden und die Anzahl der Parlamentsausschüsse erheblich verringert werden.

Teilhabe/bürgerschaftliches Engagement JedeR dritte BremerIn engagiert sich, beispielsweise in Bürgerinitiativen, Sportvereinen, Selbsthilfegruppen, Kulturprojekten, Leseprojekten in Kindergärten und Schulen, bei der Freiwilligen Feuerwehr, den Rettungsdiensten oder in der Tafelbewegung. Das Engagement ist bunt und vielfältig. Unbestritten ist: Viele Aufgaben und Probleme unseres Zusammenlebens blieben ohne das freiwillige Mitwirken so vieler Menschen unerledigt und ungelöst. Gemeinschaft und Teilhabe sind ohne Engagement nicht denkbar! Gleichzeitig ist das Engagement Voraussetzung für eine lebendige Demokratie. Gerade politisches Engagement folgt einem Eigensinn, der manchmal unbequem und sperrig ist. Wir wünschen und fordern die Unabhängigkeit des Engagements von staatlicher Bevormundung. Freiwilliges Engagement ist daher

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 kein Lückenfüller für staatliche Leistungen in Zeiten knapper Kasse. Wir erkennen das Potenzial privater Stiftungen für die Förderung des Gemeinwohls. BremerInnen wollen sich über die Gründungen privater Stiftungen auch finanziell vor Ort engagieren. Allerdings darf der Staat nicht unbegrenzt seine Aufgaben auf Stiftungen übertragen. Wir wollen deshalb das gewinnbringende wie auch kritische Potenzial privater Stiftungen in Bremen feststellen und Vorschläge erarbeiten, wie diese noch besser soziale und kulturelle Aufgaben erfüllen können. Wir Grünen wollen die Bedingungen für das Engagement und die Engagement fördernden Organisationen in unseren Städten verbessern. Gemeinsam mit Organisationen wie etwa Das zivilgeder Freiwilligen-Agentur, der Bürsellschaftliche gerstiftung und der SelbsthilfekonEngagement in taktstelle sollen die Ziele der EngaBremen und Bregementpolitik der nächsten Jahre merhaven fördern stärker abgestimmt und koordiniert werden. Dabei ist die zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre, mehr Arbeitslose, MigrantInnen und junge Menschen für das Engagement zu begeistern. Dafür brauchen wir starke und unabhängige, das Engagement fördernde Organisationen in Bremen. Durch sie soll ein flächendeckendes Informations- und Beratungsangebot für Freiwillige und Ehrenamtliche im Land bereitgestellt werden. Sie sollen Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote für Vereine und Initiativen, Schulen und

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Hochschulen im Umgang mit Freiwilligen anbieten. Neben den Engagement fördernden Organisationen spielen staatliche Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Kultur- und Freizeiteinrichtungen in den Stadtteilen für das Erlernen und die Verbreitung des Engagements eine wichtige Rolle. Die bestehende Förderung durch den Senat muss auf ihre Ziele, die entsprechenden Maßnahmen und Wirkungen hin geprüft werden. Eine konzeptionelle Neuausrichtung der Förderpolitik ist vonnöten. Die Anerkennungskultur des Bürgerengagements soll durch verbesserte formale Anerkennung und Würdigung der im Engagement erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen in Schulen und Hochschulen gestärkt werden. Das Freiwillige Politische Jahr soll ausgebaut und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus setzen wir uns für den generellen Ausbau und Umbau der Freiwilligendienste im Bund ein. Hier soll ein attraktiver Lerndienst entstehen, der das Potenzial hat, den eventuell wegfallenden Zivildienst zu ersetzen.

Frauenpolitik Wir wollen Bremen und Bremerhaven zu geschlechtergerechteren Städten entwickeln. Hierzu brauchen wir eine Modernisierung in allen Politikfeldern. Frauenpolitik begreifen wir deshalb sowohl als eigenständiges Politikfeld als auch als Querschnittsaufgabe. Unsere Forderungen zur Geschlechtergerechtigkeit sind auch in die einzelnen Kapitel dieses Wahlprogramms integriert.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Durch grüne Regierungsbeteiligung sind in den vergangenen vier Jahren mehrere Leitungspositionen im öffentlichen Dienst mit Frauen besetzt worden. Wir haben zudem das Landesgleichstellungsgesetz auf die Bremer Gesellschaften ausgeweitet. Auch sie müssen nun Frauenförderpläne aufstellen, bei gleicher Eignung Bewerberinnen bevorzugt einstellen und die Ausbildungsplätze quotieren. Zudem haben wir ein Chancengleichheitsprogramm aufgelegt, das Frauen mehr Chancen in zukunftsweisenden Berufen der IT- oder auch Umweltbranche ermöglicht. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist aber auf vielen Gebieten bis heute nicht erreicht. Ein wesentliches Thema ist noch immer die eigenständige Existenzsicherung. Häufig rächt sich im Alter die durchwachsene Berufsbiografie, oft unterbrochen durch FamilienzeiEndlich ten und nicht selten geprägt von Lohngerechtigschlecht bezahlten, „typischen keit schaffen Frauenberufen“. Prekäre Beschäftigung, Nachteile für Frauen auf dem Arbeitsmarkt vor allem beim Wiedereinstieg nach Familienzeiten und die ungeklärte Pflegefrage – das sind die Hauptursachen für Altersarmut von Frauen. Zentrales Anliegen zur Gleichberechtigung muss daher sein, Frauen eine eigene Existenzsicherung zu gewährleisten. Die Integration in den Arbeitsmarkt mit wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit im Alter ist eine wichtige Voraussetzung dafür. Wir kämpfen für Lohngerechtigkeit!

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Trotz sehr guter Bildungsabschlüsse werden Frauen noch immer systematisch schlechter bezahlt. Frauen sind in einem höheren Maße als Männer im Niedriglohnsektor beschäftigt. Nicht zuletzt durch das Ehegattensplitting rutschen sie staatlich gefördert in die finanzielle Abhängigkeit in der Partnerschaft. Deshalb setzen wir uns bundesweit für die Abschaffung des Ehegattensplittings ein. In Kooperation mit den Tarifpartnern wollen wir eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zur Entgeltgleichheit starten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein unabdingbares Ziel. Wir wenden uns gegen ein „Leben am Limit“ mit unbegrenzter Verfügbarkeit von Frauen und Männern für den Arbeitsplatz. In dieser Hinsicht setzen wir uns ein Vereinbarkeit von für die Sicherung und Schaffung Beruf und Familie von Arbeitsplätzen mit intelligenweiter verbessern ten Arbeitszeitmodellen. Die Ausweitung und Sicherstellung von Kinderbetreuung – auch für Kinder unter drei Jahren –, die spezifische Unterstützung von Alleinerziehenden und Migrantinnen sowie die Verbesserung und Sicherstellung von Pflege im Alter müssen gewährleistet werden. Wir fordern die geschlechtergerechte Teilung von Erziehungs- und Pflegearbeit sowie deren Anerkennung durch Anrechnungszeiten für die Rente, auch bei Männern. Gewalt gegen Frauen muss geächtet werden! Sie ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen. Hilfe für die Opfer solcher Gewalt muss selbstverständlich werden. Jeder von Gewalt betroffenen Frau und

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 jedem ihrer Kinder soll kostenlos Zuflucht in einem Frauenhaus möglich sein, unabhängig von Herkunft, Wohnort, Einkommen, Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung oder Behinderung. Um dieses Ziel zu erreichen, soll Bremen eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung von FrauenGegen Gewalt, häusern mit ihrer Aufgabenvielfalt Frauenhandel verankern und sicherstellen, dass und Zwangsprosallen betroffenen Frauen ein Platz titution garantiert wird. Die Beratungsstellen für Frauen in unterschiedlichen Belastungssituationen und Lebensphasen sind uns sehr wichtig. Dazu gehört auch die Beratungsstelle für Prostituierte, die den Frauen in Krisensituationen, in Fragen der Gesundheit und Altersvorsorge hilft sowie Ausstiegsmöglichkeiten aufzeigt. Wir haben den Erhalt der Beratungsstelle für Zwangsprostituierte sichergestellt, die den Frauen dabei hilft, das Erlebte zu verarbeiten und zurück in ein normales Leben zu finden.

Integration und Vielfalt Jedes dritte neu in Bremen geborene Baby hat einen Migrationshintergrund. Vielfalt ist daher heute und in Zukunft das entscheidende Merkmal unserer Gesellschaft. Wir Grünen stehen für eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Vielfalt der in Bremen und Bremerhaven lebenden Menschen. Wir meinen: Es ist Zeit für ein verändertes Miteinander auf der Grundlage der Chancengleichheit! Zeit für mehr

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Teilhabe aller Menschen in Bremen am gesellschaftlichen Leben! Zeit für die Überwindung der Konfrontation „Wir“ und „die Anderen“! Integration in einer Einwanderungsgesellschaft ist keine Einbahnstraße, sondern eine übergreifende Aus VerantworAufgabe, zu der wir alle beitragen tung zum „Wir“: müssen. Das wollen wir weiter Vielfalt gestalten voranbringen. Durch die grüne Regierungsbeteiligung hat Bremen einen Perspektivwechsel vollzogen. Mit uns zählt das Land Bremen heute mehr auf die Fähigkeiten von MigrantInnen und auf ihre Beiträge zur Weiterentwicklung des Gemeinwesens. Mit praktischen, konkreten und stadtteilbezogenen Vorschlägen und Konzepten haben wir vieles erreicht. Unsere Bilanz: Wir haben die menschenunwürdigen Zustände in der Ausländerbehörde beendet. Wir haben die Kettenduldungen spürbar verringert, indem Ermessensspielräume für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen genutzt wurden. Außerdem hatte unser kontinuierlicher Einsatz für eine echte Bleiberechtsregelung aus humanitären Gründen für integrierte Kinder und Jugendliche Erfolg. Die konsequente Umsetzung der politischen Vorgaben werden wir einfordern. Darüber hinaus haben wir die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse im Lehramt und in sozialen Berufen ermöglicht, die humanitäre Sprechstunde für Papierlose eingerichtet und eine Einbürgerungskampagne gestartet sowie die Abschaffung des Optionszwangs auf die politische Agenda gesetzt. Zudem haben wir in der Integ-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 rationsarbeit eine ehrliche Debatte angeschoben, die die tatsächlichen Erfolge messen soll. Eine Bestandsaufnahme des Miteinanders gehört für uns zu einer nachhaltigen Integrationspolitik ebenso wie unsere Forderung und unser Einsatz für einen Staatsvertrag mit den Bremer Muslimen. Auf unserem Weg zu einer offenen Stadtgesellschaft der Vielfalt sind wir in den vergangenen vier Jahren wichtige Schritte gegangen. Doch: Es ist noch ein weiter Weg zu einer Gesellschaft der Chancengleichheit. Nachhaltige grüne Integrationspolitik verfolgt dabei konkrete Ziele: das Wahlrecht auch für Nicht-EU-BürgerInnen ab 16 Jahre, die interkulturelle Öffnung des Für eine humane öffentlichen Dienstes, bundes- und Flüchtlingspolitik europapolitische Impulse für ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht einschließlich Doppelstaatsbürgerschaft, eine konsequent humane Flüchtlingspolitik – auch von behördlicher Seite – insbesondere für Papierlose, Geduldete und Asylsuchende, Chancengleichheit in der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt. Wir wollen eine Bildung auf Grundlage von Mehrsprachigkeit, die Gleichbehandlung und den Dialog mit allen Religionen auf Augenhöhe und auf Grundlage der Menschenrechte. Rassismus und jegliche Form von gesellschaftlicher Diskriminierung lehnen wir ab. Deshalb sind wir gegen pauschale Kopftuchverbote und für zuverlässige Einzelfallentscheidungen. Integration ist für uns, die Vielfalt der Gesellschaft als Querschnittsaufgabe und wichtige Res-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 source aller öffentlichen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Strukturen anzuerkennen.

Inneres Der Staat muss die Bürgerinnen und Bürger schützen. Sicherheit darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Unter dem Deckmantel der Sicherheit darf aber auch nicht unverhältnismäßig in die Freiheitsrechte Einzelner eingegriffen werden. Grüne Innenpolitik zeichnet sich daher durch eine ausgewogene Balance zwischen den Sicherheitsbedürfnissen der Menschen und der Wahrung ihrer Bürgerrechte aus. Die beste Bekämpfung der Kriminalität ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Mit dem über viele Behörden vernetzten Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ soll die kriminelle Entwicklung junger Menschen frühzeitig erkannt und unterbrochen werden. Hier ist in der Umsetzung noch eine Menge zu tun. Grundlage einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik ist eine gut ausgestattete Polizei. Wir haben die Ausbildungszahlen drastisch erhöht und damit dazu beigetragen, dass nicht weiter Personal bei der Polizei abgebaut wird. Wir wollen auch in den nächsten Jahren die Arbeit der Polizei durch bedarfsgerechte Ausbildung sichern. Die Polizei soll ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Wir setzen uns daher dafür ein, mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen und mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in die Polizei zu integrieren. Wir Grünen wollen die Stärken der Polizei Bremen und

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 der Ortspolizei Bremerhaven in einer gemeinsamen Polizei bündeln und so vorhandene Doppelstrukturen einsparen. Die personelle Belastung der Polizei bei kommerziellen GroßveranstalAngemessene tungen muss minimiert werden. Ausstattung der Die Veranstalter sollen sich künftig Polizei sichermehr einbringen und ihrer Verantstellen wortung gerecht werden. Schwarze Schafe bringen eine ganze Gruppe in Verruf. Wir wollen die Kennzeichnungspflicht bei der Polizei weiter ausbauen. Schon jetzt tragen PolizistInnen im Alltagsdienst freiwillig ihren Namen auf der Uniform. Für Großeinsätze soll darüber hinaus eine individuelle Kennzeichnung auf der Basis von Zahlen eingeführt werden. Die Feuerwehren in Bremen leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Deswegen steht auch für sie eine angemessene Ausstattung nicht zur Diskussion. Gleichzeitig müssen sie auf dem Weg zur Gewinnung von mehr Frauen und MigrantInnen beispielsweise durch eine entsprechende Kampagne unterstützt werden. Die Länder tragen aufgrund der Föderalismusreform nun Verantwortung für das hohe Gut der Versammlungsfreiheit. Die Bremer Grünen wollen ein Versammlungsgesetz, das diesem Verfassungsgrundsatz gerecht wird, eine anlasslose Videoüberwachung ausschließt und keine hohen bürokratischen Hürden aufbaut. Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus dürfen in unserer Gesellschaft keine Chan-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 ce haben. Überlegungen der Bundesregierung, Programme gegen Rechtsextremismus zu kürzen, lehnen wir ebenso ab wie die Gleichsetzung mit anderen Extremismusformen. Bei Rechtsextremismus entschieden der Bekämpfung des Rechtsextremismus setzen wir auf eine starke bekämpfen Bürgergesellschaft. Dazu bedarf es einer umfassenden Aufklärung und der Unterstützung aller gesellschaftlichen Akteure, die sich gegen rechtsextremistische Tendenzen in unserer Gesellschaft engagieren. Das Stadtamt ist die Visitenkarte der öffentlichen Verwaltung in Bremen – mit diesem Amt kommen alle BremerInnen regelmäßig in Kontakt. Lange Schlangen vor der Ausländerbehörde oder bei der Kfz-Zulassung gehören der Vergangenheit an. Durch gezielte Personalsteuerung muss dieser Zustand auch für die Zukunft erhalten werden. Die Zahl der sogenannten Kettenduldungen ist stark zurückgegangen, aber immer noch leben in Bremen zu viele Menschen ohne einen sicheren Aufenthaltsstatus. Das Innenressort hat begonnen, die Ermessensspielräume stärker auszuschöpfen und bundesweit eine Vorreiterrolle bei Zukunftspersder Einführung eines Bleiberechts pektiven durch eingenommen. Familien, deren dauerhaftes einziges Vergehen es war, vor vieBleiberecht len Jahren bei ihrer Einreise falsche Angaben zur Nationalität gemacht zu haben, erhalten nun dauerhaftes Bleiberecht. Das eröffnet den Menschen eine echte Zukunftsperspektive. Wir set-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 zen uns dafür ein, dass das Bundesland Bremen sich auch weiterhin auf Bundesebene für eine entsprechende Regelung einsetzt. Daneben treten wir dafür ein, die Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften stufenweise abzuschaffen. Bordelle und Model-Wohnungen sind immer wieder Anlass für öffentliche Aufregung. Wir Grünen plädieren für einen unaufgeregten Umgang mit dem Thema. Wir wollen, dass das „älteste Gewerbe der Welt“ sich auch als solches anmelden muss, dass es wie ein Gewerbebetrieb überwacht werden kann und ArbeitnehmerInnen wie ArbeitgeberInnen steuerpflichtig sind. Populistische Forderungen, die das Milieu in die Illegalität drängen und damit auch Menschenhandel und Zwangsprostitution fördern, lehnen wir ab. Rechtsstaatlichkeit muss auch im Internet gewährleistet werden. Die Verfolgung von Straftaten im Internet ist in erster Linie ein Problem der Durchsetzung des geltenden Rechts. Hierfür muss die Polizei technisch wie fachlich immer auf dem aktuellen Stand sein. Kinderpornographie und NaziPropaganda müssen auch im Internet scharf verfolgt werden.

Justiz Deutschland profitiert vom hohen Standard der Rechtsprechung. Der Unabhängigkeit der Gerichte kommt dabei eine große Bedeutung zu. Allerdings geht die Autonomie der Justiz in den meisten euro-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 päischen Staaten wesentlich weiter als in Deutschland. Es soll modellhaft geprüft werden, inwieweit eine Selbstverwaltung der Justiz und die organisatorischen Angelegenheiten der Justizverwaltung auf die Gremien wie Richterauswahl, Präsidial-, Richterund Personalrat übertragen werden können. Viele Streitigkeiten des Alltags sollten nicht durch Gerichte, sondern durch außergerichtliche Mediation geschlichtet werden. Mehr Gewicht Andere Bundesländer haben dafür auf außergerichtSchiedsämter eingerichtet oder liche Streitbei Nachbarschaftsstreitigkeiten schlichtung einen außergerichtlichen Streitschlichtungsversuch vor dem gerichtlichen Verfahren verbindlich vorgeschrieben. Die Grünen wollen diesen Formen der Streitschlichtung auch in Bremen ein größeres Gewicht verleihen und damit auch die Justiz entlasten. Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst regeln zu können, haben einen Anspruch auf Betreuung. Dabei sollen alle Entscheidungen mit der bzw. dem Betreuten zusammen erfolgen und der persönliche Kontakt im Vordergrund stehen. Der Gesetzgeber hat daher der ehrenamtlichen Betreuung durch Angehörige oder nahestehende Personen bzw. durch engagierte BürgerInnen den Vorrang eingeräumt. Die Grünen wollen die Zahl der ehrenamtlichen und Vereinsbetreuungen erhöhen. Wir wollen die Betreuungsvereine stärker dabei unterstützen, ehrenamtliche Betreuungspersonen zu finden, zu schulen und zu

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 beraten, und dafür sorgen, dass dem Gericht engagierte BürgerInnen als Betreuungspersonen vorgeschlagen werden. Rot-Grün hat mit der umfassenden Sanierung der Haftanstalten im Land begonnen, damit ein modernerer und humanerer Strafvollzug möglich wird. Insbesondere für Jugendliche Resozialisierung soll der Strafvollzug in Wohngrupim Vollzug pen erfolgen. Ziel muss neben umsetzen der Auseinandersetzung mit der Schuld die Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit sein. Dafür müssen die Möglichkeiten des offenen Vollzugs und ein rechtzeitiger Beginn der Resozialisierungsmaßnahmen sichergestellt werden. Erfolgreiche Anstrengungen vor der Haftentlassung sind wesentliche Voraussetzung, um das Rückfallrisiko zu verringern. Wir Grünen wollen durch eine weitere Zusammenführung und Vernetzung der Sozialen Dienste der Justiz die soziale Eingliederung der Haftentlassenen weiter verbessern.

Lesben und Schwule Zukunftsfähige Politik lässt sich nur mit einem differenzierten Blick auf die Geschlechter gestalten. Gleichberechtigte Politik muss sich an den Ausgangslagen und Lebenswünschen von Frauen und Männern aller Altersstufen, unterschiedlicher ethnischer und sozialer Herkunft, verschiedener sexueller Identitäten sowie ihren körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten orientieren. Nur so schaffen

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 wir eine Gesellschaft, in der alle gleiche Chancen und Rechte haben. Dazu gehört neben der Gleichstellung von Lesben und Schwulen auch der sensible und wertschätzende Umgang mit verschiedenen sexuellen Identitäten wie Transgender, Intersexuellen und Bisexuellen. Wir Grünen haben in Bremen die Gleichstellung von Lesben und Schwulen entscheidend vorangetrieben. Als erstes Bundesland haben wir in Bremen die eingetragene Lebenspartnerschaft in der Landesverfassung mit der Ehe gleichgeGleichstellung stellt. Indem wir die Lebenspartvon Lesben und nerschaften in der LandesverfasSchwulen voransung verankert haben, erhalten bringen diese den gleichen Anspruch auf Schutz und Förderung wie Menschen, die in einer herkömmlichen Ehe leben. Im Beamtenrecht bekommen schwule und lesbische Hinterbliebene jetzt ebenso wie Verheiratete den Familienzuschlag und die Hinterbliebenenversorgung. Auf Bundesebene werden wir uns weiterhin für die vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften, insbesondere im Steuer- und Adoptionsrecht, für die Öffnung der Ehe und in Art. 3 Grundgesetz für die Einfügung des Merkmals „sexuelle Identität“ einsetzen. Trotz der großen gesellschaftspolitischen Erfolge sehen sich viele Lesben und Schwule im Alltag wieder stärker bedroht, in Teilen der Gesellschaft nimmt Homophobie zu. Wir unterstützen nachhaltig Projekte, die sich gegen Homophobie wenden.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Das Rat & Tat-Zentrum für Schwule und Lesben in Bremen leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Wir werden alles unternehmen, damit Jugendlichen ein Coming-out an ihrer Schule möglich wird, ohne körperliche oder verbale Gewalt befürchten zu müssen. Dazu gehört auch, dass in Schulen in Bremen und Bremerhaven unterschiedliche sexuelle Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt und wertneutral erörtert werden.

Verbraucherschutz Ohne effektiven Verbraucherschutz ist eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise undenkbar. Wir wollen eine verbraucherfreundliche Marktgestaltung und den Schutz vor unredlichen Geschäftspraktiken sowie gefährlichen oder schädlichen Produkten. Das Ziel grüner Verbraucherpolitik ist – neben der optimalen staatlichen Kontrolle – gut informierte und selbstbestimmte VerbraucherInnen. Dafür ist eine starke unabhängige Verbraucherzentrale von immenser Bedeutung. Wichtige staatliche Aufgabe des Verbraucherschutzes ist die Überwachung und Kontrolle. Die BürgerInnen sollen vor Gesundheitsgefahren und Täuschungen durch Einfuhr-, Betriebs- und Lebensmittelkontrollen geschützt werden. Solche Kontrollaufgaben werden vom Land Bremen wahrgenommen. An einer Verbraucherschutzstrategie wurde mit Hochdruck gearbeitet. Es ist der rotgrünen Regierung gelungen, bereits „messbare“

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Erfolge im Verbraucherschutz zu erzielen. Im aktuellen Verbraucherschutzindex, dem bundesweiten Länderranking, hat sich Bremen von Platz 16 auf Platz 6 verbessert. Wir peilen den ersten Platz an. Künftig wollen wir aktiver über die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen informieren und einen verpflichtenden „Smiley“ als Kennzeichnung für die Gastronomie einführen. Schutz durch Kontrolle ist notwendig und wichtig. Aber die VerbraucherInnen müssen auch aktiv VerbraucherInnen gestärkt und mächtig gemacht werden. Information, Transparenz mächtig machen und unabhängige Beratung sind hier die Stichworte. Nur so werden die VerbraucherInnen nicht – wie z. B. bei Bankprodukten – „über den Tisch gezogen“. Nur so können sie sich bewusst für Waren entscheiden, die klimafreundlich, biologisch und fair sind. Wir haben dafür gesorgt, dass die unabhängige Beratung der Verbraucherzentrale für Finanzmarktprodukte gestärkt wurde und der Handel generationenfreundlicher wird. Wir haben das Konzept „Biostadt Bremen“ auf den Weg gebracht. Unter diesem Label soll die regionale, umweltbewusste und gesunde Ernährung vorangetrieben werden. Anknüpfend an bereits vorhandene Netzwerke wie z. B. die Marke „Weserklasse“ und unsere Initiative für eine „Gentechnikfreie Region Bremen“ soll der Anteil biologisch erzeugter Produkte vor allem im öffentlichen Bereich deutlich gesteigert werden. Wir werden darauf achten, dass das von der Bremischen Bürgerschaft beschlosse-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 ne Konzept in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt wird. Auch die auf der Ressort- und Verwaltungsebene verankerten Neuerungen müssen zu Ende gebracht werden. Die Verbraucherschutzklausel ist nach der Pilotphase ggf. festzuschreiben, die Verbraucherschutzstrategie muss gelebt werden und nicht zuletzt muss der Verbraucherschutz einen Namen bekommen. Dies soll durch das Zusammenführen der Zuständigkeiten beim „Senator für Wirtschaft, Häfen und Verbraucherschutz“ erreicht werden. Im Bundesrat werden wir uns für eine verbraucherfreundliche Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes, für eine schriftliche Bestätigungslösung bei Telefonwerbung und eine „Button“-Lösung gegen Internetabzocke sowie Transparenz und Schutz der VerbraucherInnen bei Finanzmarktprodukten einsetzen.

Tierschutz Tierschutz ist ein wichtiger Bestandteil unserer Politik. Wir wollen Tieren eine Lobby geben. Deswegen hat Bremen als erstes Bundesland das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände eingeführt. Künftig wollen wir uns noch stärker für den Tierschutz einsetzen. Wir wollen, dass die ökologische Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung in Bremen Vorrang erhält. Die Haltungsbedingungen für Nutztiere wollen wir verbessern und mit stärkeren Kontrol-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 len dafür sorgen, dass bestehende Bestimmungen eingehalten werden. Massentierhaltung lehnen wir ab. Durch Aufklärung wollen wir erreichen, dass der Fleischkonsum verringert wird. Dafür ist der „Veggiday“ – ein fleischloser Tag pro Woche – ein guter Ansatz, den wir ausbauen wollen. Wir machen uns dafür stark, dass es in Bremen eine allgemeine Sachkundeprüfung („Hundeführerschein“) für HundehalterInnen gibt. Das Hunde/ Halter-Gespann ist nachweislich ausschlaggebend für das Verhalten eines Hundes. Es gibt keine pauschal gefährlichen Hunderassen, aber jeder Hund kann potenziell eine Gefahr darstellen. Gerade auf dem begrenzten Raum im innerstädtischen Gebiet muss ein friedliches Miteinander gewährleistet werden. Wir Grünen setzen uns für eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen ein, wie sie viele Kommunen bereits eingeführt haben. Freigängerkatzen, die nicht kastriert sind, paaren sich mit wilden Katzen und sorgen dafür, dass sich die Anzahl der Streunerkatzen explosionsartig vermehrt. Die Tiere auf der Straße übertragen Krankheiten und verhungern, die Tierheime sind überfordert. Eine artgerechte Haltung von Wildtieren in Zirkussen ist nicht möglich, die Dressur geht oftmals mit Tierquälerei einher. Die großen und aktiven Tiere verbringen den überwiegenden Teil ihres Lebens in kleinen Transportkäfigen. Arttypische Verhaltensweisen werden unterbunden. Haltungsmängel wer-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 den in der Regel nicht geahndet, da der Zirkus ständig auf Reisen ist und die Zuständigkeit permanent wechselt. Körperliche Bestrafung der Tiere ist noch immer eine gängige „TrainingsmeWildtiere raus thode“, zum Teil stehen die Tiere aus dem Zirkus unter Medikamenteneinfluss oder ihnen werden die Zähne entfernt. Die Kunststücke sind unnatürlich und werden nur unter Zwang absolviert. Der Zirkus als Kulturgut kann auch ohne Wildtiere erhalten bleiben, wie z. B. Roncalli und Cirque du Soleil beweisen. Wir wollen, dass Bremen dem Beispiel von Heidelberg, Köln sowie anderer Städte folgt und künftig Zirkusse mit Wildtieren auf öffentlichen Flächen nicht mehr auftreten dürfen. Die Affenversuche, die an der Universität Bremen durchgeführt werden, halten wir für ethisch nicht vertretbar. Insbesondere lehnen wir ab, dass die Tiere mit einem Metallbolzen in der Schädeldecke über Stunden so fixiert werden, dass sie ihren Kopf nicht bewegen können. Bereits 2007 hat die rot-grüne Regierung den Ausstieg aus den AffenExperimenten beschlossen. Im Mai 2010 wurde gerichtlich entschieden, dass die Versuche vorerst fortgeführt werden dürfen, bis weitere „Sachaufklärung“ erfolgt ist. Es werden weitere Gutachten eingeholt und wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass die Tierversuche beendet werden.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Sport Ohne Sport wären Bremen und Bremerhaven ärmer. Sport macht Freude und hält fit. Er stärkt das gesellschaftliche Miteinander, erzieht zur Einhaltung von Regeln, fördert den fairen Umgang miteinander und trägt maßgeblich zu einer gesunden Stadtgesellschaft bei. Rückgrat des organisierten Sports in Bremen sind die vielen ehrenamtlichen Übungslei-terInnen und all diejenigen, die in ihrer Freizeit mithelfen, dass in Vereinen und Gruppen Sport getrieben werden kann. Trotz aller Sparmaßnahmen in den vergangenen Jahren ist es gelungen, die Übungsleiterpauschale nicht anzugreifen. Wir wollen auch in Zukunft diesen bescheidenen Beitrag des Staates zur Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements bewahren. Höher, schneller, weiter – das sind die Maßgaben für SportlerInnen. Die städtische Sportförderung wird hier nicht mithalten können. Wir wollen die vorhandenen Mittel für die Sanierung und Instandhaltung von Vereinsanlagen und städtischen Sportanlagen einsetzen. Neue Bauprojekte können nur in geringem Umfang und auch nur da, wo sie unabweisbar sind, realisiert werden. Der Ausbau des Weserstadions zu einer modernen Arena ist nahezu abgeschlossen. Wir können uns gut vorstellen, nun Ruhe in die Pauliner Marsch und die angrenzenden Wohngebiete einkehren zu lassen und nicht nach der Fertigstellung in erneute Diskussionen über Veränderungen an Bremens schickem Stadion einzutreten.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 Mit einem finanziellen Kraftakt wurde die städtische Bädergesellschaft in ruhigeres Fahrwasser gelenkt. Wir wollen auch weiterhin die Bäderlandschaft in Bremen erhalten und die bestehenden Bäder im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten sanieren. Die Bremer Sportvereine brauchen eine fitte Sportverwaltung. Wir erwarten, dass das Sportamt noch mehr Ansprechpartner für Vereine und Verbände in Fragen des Vereinsmanagements, finanzieller Fördermöglichkeiten und der Gewinnung ehrenamtlicher HelferInnen wird.

Europa/Internationales/Entwicklungszusammenarbeit Das Land Bremen versteht sich nach seiner Verfassung als ein „Glied der deutschen Republik und Europas“. Wir sehen dies als Verpflichtung, an der Entwicklung einer immer engeren Union der Völker Europas mitzuwirken. Was vor Ort, in der Stadt und im Land, am besten entschieden werden kann, muss auch hier entschieden werden. Aber gerade die Klima- und die Finanzkrise führen uns dramatisch vor Augen, dass lokale und auch nationale Lösungen nicht mehr aus-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 reichen. Notwendig ist gemeinsames Handeln, um überhaupt handlungsfähig zu bleiben. Wir treten dafür ein, dass sich Bremen weiterhin aktiv an der Ausgestaltung der europäischen Integration beteiligt. Die Strategie „Europa2020“ sehen wir dabei als eine noch verbesserungsfähige Basis für die Aufgabe an, auch ökologische und soziale Ziele auf europäischer Ebene Bremen in Europa zu verfolgen. Ein Schwerpunkt und der Einen muss dabei die Diskussion um die Welt Ausgestaltung der EU-Förderprogramme ab 2014 sein, an der wir uns mit grünen Vorschlägen beteiligen werden. Wir wollen die anerkannte Leistungsfähigkeit der bremischen Landesvertretung in Brüssel erhalten, auch um die Förderprogramme intensiv nutzen zu können. Hochschulen, Unternehmen und Verbände profitieren davon, wenn ihre Förderanträge durch qualifizierte Beratung gut begründet sind. Insgesamt wollen wir die „Europafähigkeit“ der senatorischen Dienststellen weiter verbessern. Die erfolgreiche Arbeit des EuropaPunktBremen, der öffentlicher Informations- und Diskussionspunkt für alle BürgerInnen ist, soll fortgesetzt werden. Wir wollen den intensiven Dialog mit der EUKommission und dem Europaparlament ebenso fortsetzen wie die aktive Mitarbeit Bremens im Ausschuss der Regionen. Ein wichtiges Ziel ist es dabei, die Zusammenarbeit im Raum Nordsee/Ärmelkanal zu verbessern. Grüne Europapolitik in und für Bremen orientiert sich vor allem am Leitbild der Nach-

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 haltigkeit. Konkret geht es uns um den Schutz der Nordsee als intaktem Ökosystem, um sicheren und umweltfreundlichen Schiffsverkehr, um die geordnete Nutzung des enger „besiedelten“ Meeresraumes, um Offshore-Windenergie und ihre Netze, um den Schutz der Fischbestände und darum, die Folgen des Klimawandels für die Küstenregion in engen Grenzen zu halten. Für uns Grüne fußt Bremens Entwicklungszusammenarbeit auf drei Säulen, die es zu erhalten und zu stärken gilt: der Unterstützung von nachhaltigen Projekten in den Ländern des Südens, der Förderung des fairen Handels und der Umstellung des öffentlichen Beschaffungswesens nach sozialen und ökologischen Kriterien sowie der Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements im entwicklungspolitischen Bereich. Diese Ziele werden wir im Rahmen unserer Nord-Süd-Politik konsequent verfolgen und die dafür notwendigen Finanzmittel bereitstellen. Nach den erheblichen finanziellen Einschnitten zu Zeiten der großen Koalition sehen wir in diesen Bereichen keine weiteren Kürzungsmöglichkeiten. Vielmehr sollen die hauptamtlichen Strukturen weiterhin sichergestellt werden. Einen wichtigen Schwerpunkt sehen wir darin, die Bildung für nachhaltige Entwicklung im schulischen und außerschulischen Bereich zu fördern und hier einen Schwerpunkt auf die Nord-Süd-Perspektive zu legen.

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Unsere KandidatInnen Wahlkreis Bremen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Karoline Linnert, 52, Diplom-Psychologin (Hemelingen) Dr. Reinhard Loske, 52, Diplom-Volkswirt (Vahr) Anja Stahmann, 43, Jugendbildungsreferentin (Walle) Dr. Matthias Güldner, 50, Politikwissenschaftler (Östl. Vorstadt) Dr. Maike Schaefer, 39, Biologin (Vegesack) Björn Fecker, 33, Abgeordneter (Huchting) Dr. Zahra Mohammadzadeh, 54, Humanbiologin (Vahr) Dr. Hermann Kuhn, 66, Schriftsetzer (Östl. Vorstadt) Silvia Schön, 51, Geschäftsführerin (Schwachhausen) Ralph Saxe, 51, Weinhändler (Schwachhausen) Susanne Wendland, 34, Politikwissenschaftlerin (Neustadt) Horst Frehe, 60, Richter (Neustadt) Dr. Kirsten Kappert-Gonther, 44, Ärztin (Schwachhausen) Carsten Werner, 43, Journalist (Mitte) Linda Neddermann, 23, Studentin (Obervieland)

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 16. Dirk Schmidtmann, 55, Beton- und Stahlbetonbauermeister (Burglesum) 17. Ute Golasowski, 59, Rechtsanwältin (Vahr) 18. Florian Prübusch, 27, Student (Neustadt) 19. Marie Hoppe, 25, Studentin (Neustadt) 20. Reinhard Engel, 52, Rechtsanwalt (Östl. Vorstadt) 21. Dr. Anne Schierenbeck, 42, Ingenieurin (Schwachhausen) 22. Oliver Dalichow, 34, Buchhändler (Findorff) 23. Friederike Hansen, 27, Studentin (Östl. Vorstadt) 24. Mustafa Öztürk, 37, Politologe (Östl. Vorstadt) 25. Elisabeth Nüßmann, 39, Industriekauffrau (Findorff) 26. Ralf Bohr, 45, Fachinformatiker (Hemelingen) 27. Andrea Quick, 44, Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Östl. Vorstadt) 28. Wilko Zicht, 35, Kaufmännischer Angestellter (Hastedt) 29. Sheena Oppermann, 22, Praktikantin (Huchting) 30. Nima Pirooznia, 29, Volkswirt (Findorff) 31. Karolina Ziehm, 24, Studentin (Schwachhausen) 32. Peter Rüdel, 59, Geschäftsführer (Östl. Vorstadt) 33. Hannah Beering, 44, Wirtschaftsprüferin (Östl. Vorstadt) 34. Harald Deerberg, 55, Versicherungsmakler (Östl. Vorstadt)

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011 35. Eva Garthe, 36, Musikjournalistin (Östl. Vorstadt) 36. Dennis Klingenberg, 36, Kulturwissenschaftler (Blumenthal) 37. Dr. Angelika Saupe, 50, Soziologin (Findorff) 38. Harry Seelig, 44, Choreograph (Hemelingen) 39. Christine Möglin, 45, Bilanzbuchhalterin (Schwachhausen) 40. Manfred Wemken, 50, Handwerker (Vegesack) 41. Sabrina Gehder, 30, Systemadministratorin (Gröpelingen) 42. Stephan Schlenker, 66, Kinderarzt (Vegesack) 43. Christine Spannagel, 28, Kampagnenreferentin (Findorff) 44. Dietmar Bothe, 56, Physiker (Findorff) 45. Dr. Henrike Müller, 35, Politikwissenschaftlerin (Mitte) 46. Mark Aslan Kuschel, 26, IT-Berater (Mitte) 47. Heidelinde Topf, 63, Kauffrau (Woltmershausen) 48. Jan Saffe, 51, Angestellter (Östl. Vorstadt) 49. Torsten Schumacher, 45 Geschäftsführer (Schwachhausen) 50. Angela Hesse, 45, Sozialpädagogin (Hemelingen) 51. Dr. Juliane Filser, 51, Biologin (Borgfeld) 52. Anja Krebs, 45, Sozialpädagogin (Neustadt) 53. Kathrin Sinschek, 44, Biologin (Mitte)

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Wir bleiben dran. Wahlprogramm 2011

Wahlkreis Bremerhaven 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

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Sülmez Dogan, 35, Juristin (Wulsdorf) Frank Willmann, 47, Tischler (Mitte) Doris Hoch, 56, Krankenschwester (Mitte) Carola Näth, 49, Diplom-Sozialpädagogin/ Diplom-Sozialarbeiterin (Lehe) Dr. Ulf Eversberg, 54, Biologe (Lehe) Dr. David Lukaßen, 29, Diplomjurist (Geestemünde) Peter Pletz, 58, Rechtsanwalt (Leherheide)


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