PIG Stadtmagazin Januar 2010

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Mittelpunkt steht. Also der von ganz oben, der für die jungen Leute rappt. Mit 35 bin ich das nicht mehr wert. Ich wäre in diesem Alter schon noch sehr gerne bekannt, Rapper und würde die eine oder andere Platte verkaufen. Das wäre schön. Aber um die Jugend muss sich dann jemand Jüngeres kümmern und die Verantwortung für sie übernehmen. Oder was auch immer. Erzähl uns doch bitte mal was über „Hey Du“. Wie kam es zu diesem Track, was bedeutet er für dich? Dieses Lied passt sehr gut zu meiner Vergangenheit, weil ich damals es sehr oft gehört habe. In der Schule wurden wir gezwungen uns das Musical „Linie 1“ anzuschauen, ein sehr bekanntes Berliner Musical. Meiner Meinung nach auch das beste Musical aus deutschen Federn, gespielt in der Berliner U-Bahn, in der Linie 1 und da gibt's ein paar Charaktere, ein paar Schicksale, die sehr interessant sind, besonderes Maria. Marias Lied ist mir immer im Kopf geblieben. Das Musical wurde auch verfilmt und den Film habe ich sehr oft gesehen. Den Song konnte ich immer noch auswendig, auch wenn ich ihn lange nicht mehr gehört habe. Und dann, als es mir mal zu Hause langweilig war, habe ich ihn im Internet wieder gefunden und mir gedacht, dass man daraus ein schönes, neues Lied machen kann. Du bist mit „Mein Block“ als „Ghetto-Sido“ bekannt geworden und hast Tracks wie den „Arschficksong“ gesungen. Jetzt bist du mit „Hey Du“ auf einer komplett anderen Baustelle. Deine Maske hast du auch an den Nagel gehängt. Was hat es mit diesem Wandel auf sich? Also, auch dieser „Ghetto-Sido“, wie du ihn gerade genannt hast, der war schon immer „Hose runter“. Ich meine, damals das war ja auch alles direkt ich, sehr ehrlich und sehr authentisch. Und da war auch nichts erfunden, das war alles ich. Nur, dass sich eben jetzt einiges geändert hat, dass sich mittlerweile mein Leben geändert hat und ich habe den Anspruch an meine Musik, dass sie authentisch ist, dass sie genauso ist, wie ich zu dem jetzigen oder damaligen Zeitpunkt bin oder war. Deswegen ist das so und deswegen ändert sich die Musik auch und alles, was ich sage, auch. Aber das heißt nicht, dass meine Musik damals nicht

„Hosen runter“ war, meine Musik war immer „Hosen runter“. Das war mehr Biografie als man in jedem Buch über mich lesen könnte. Ich habe unter deinem YouTube-Video von „Hey Du“ Kommentare gelesen wie: „Sido, du verweichlichst.“ Was würdest du so jemandem sagen? Ich würde Ihn fragen, was er damit meint. Meint er damit, dass er Lieder wie „Mein Block“ oder was auch immer besser und härter findet? Ich wüsste nicht, was dieses „verweichlichen“ genau bedeutet. Ich meine, ich werde älter, ja, das kann man sagen. Und wenn die Leute die Musik von damals lieber hören, dann kann ich das gerne einsehen. Wenn die Leute, weißt du, damals so alt waren wie ich und jetzt mittlerweile auch so alt sind wie ich und immer noch die Musik von damals hören wollen, dann sind sie meiner Meinung nach nicht erwachsen geworden. Dann heulen sie einer Zeit hinterher, die lange her ist, mittlerweile acht Jahre oder zehn Jahre. Ich kann denen nicht mehr behilflich sein, das kann ich denen nicht mehr geben. Das tut mir leid. Aber es gibt ja noch paar alte CDs von mir, die man sich dann immer noch im Laden holen kann, wenn man darauf steht. Aber man kann nicht von mir verlangen, dass ich immer noch dieselbe alte Scheiße mache wie damals. Hast du ein festes Motto, nach dem Du dein Leben lebst? Tue niemandem etwas an, von dem du nicht möchtest, dass es dir angetan wird. Langer Satz, viel Sinn! Vielen Dank für das Interview. WWW.SIDO.DE

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