Sammler Journal 03/2020

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KUNSTMARKT

San Yu Ein Matisse aus China Nach Zao Wou Ki wurde San Yu zur Schlüsselfigur des französisch-chinesischen Kunstmarktes. Die Preise seiner besten Werke nähern sich mittlerweile denen von Matisse an. „Der junge chinesische Maler San Yu hat nicht nur das künstlerische Erbe seiner Vorfahren freudig übernommen, sondern nutzte, auf seine Art, auch einige der neuen europäischen Ideen.“ Der „junge chinesische Maler“ ist zum Zeitpunkt, an dem diese Kritik vom niederländischen Kunstkritiker Jan D. Voskuil im Jahr 1932 verfasst wurde, 31 Jahre alt. San Yu hatte die chinesische Provinz Sichuan etwa ein Jahrzehnt vorher verlassen, um als Künstler in Paris zu leben; in der Hoffnung, die neue Freiheit in seine Kunst einfließen zu lassen. Ebenso wie andere ausgewanderte chinesische Künstler, die oft dank eines Stipendiums ihrer Regierung nach Frankreich kamen, wird auch er in der Vermischung der asiatischen und der westlichen Malerei den Weg für eine neue Form der Malerei ebnen. Doch anders als die meisten seiner Landsleute (darunter Xu Beihong und Lin Fengmian) kehrt San Yu nicht nach China zurück, um dort die Lorbeeren für seine französischen Erfahrungen zu ernten. Er will seine künstlerische Entwicklung unbedingt fortsetzen und beschließt in Paris zu bleiben, wo seine Karriere zu Lebzeiten jedoch nie wirklich abheben wird.

Die Malerei reicht nicht aus Mit seinem 30. Lebensjahr beginnt eine wichtige Phase im Leben von San Yu: Er wird gerade von Henri-Pierre Roché entdeckt. Henri-Pierre Roché, Kunstsammler, Kunsthändler, Kritiker, Journalist und geschätzter Autor, insbesondere des Buches „Jules et Jim“, das von François Truffaut für das Kino adaptiert wurde, spielt eine entscheidende Rolle bei der künstlerischen Anerkennung von Picasso, Duchamp, Brancusi, Dubuffet und zahlreichen anderen Künstlern. Seinem Treffen mit San Yu folgt eine Phase der absoluten Begeisterung für diesen Künstler. Roché, der in die Arbeiten San Yus absolut vernarrt ist, kauft zwischen 1929 und 1931 109 Gemälde und 600 Zeichnungen des jungen Wunderkindes. Doch der daraus resultierende materielle Komfort ist für San Yu nur von kurzer Dauer. 1934 kommt San Yu finanziell nicht mehr über die Runden und nimmt für weniger als 1.000 Franc pro Monat eine Stelle in einem chinesischen Restaurant an. Obwohl er regelmäßig in den unabhängigen Salons der damaligen Zeit ausstellt, verkaufen sich seine Werke nicht. Yu muss eine Alternative finden, um der finanziellen Not zu entkommen und erfindet das Ping-Tennis! Dieses Spiel, eine kuriose Kombination aus Tischtennis und Tennis, hat einen gewissen Erfolg. Immerhin gelingt es ihm, einige Ping-Tennis Sets zu verkaufen, und er unterrichtet den Sport bis zum Ende seines Lebens, was ihm den Ruf einer originellen Frohnatur einbrachte.

San Yu, Five nudes, 1950 (Christie's, Hongkong, November 2019, Zuschlagspreis 30.833.922 Euro)

© 2019 Christie’s Images Limited


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