Kommunal 11/2017

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70 JAHRE GEMEINDEBUND

JUBILÄUM

70 JAHRE ÖSTERREICHISCHER GEMEINDEBUND

„DIESE 70 JAHRE SIND ES WERT, DASS MAN SIE EHRT“ Am 16. November 1947 wurde im Palais Todesco in der Wiener Kärntner Straße der „Österreichische Landgemeindenbund“ aus der Taufe gehoben. Aber diese eher trockene Feststellung wird einer der erstaunlichsten Erfolgsgeschichten der Zweiten Republik nicht ganz gerecht. TEXT / Hans Braun

1947

ist Österreich ein vierfach besetztes Land, vor allem in der sowjetischen Zone lastet der Druck der Besatzungsmacht schwer auf der Bevölkerung. In vielen Bereichen herrschen noch Mangel und Not, so müssen die ÖBB im Jänner vorübergehend wegen Kohlenmangel den Verkehr einstellen. Die verheerenden Kriegsschäden sind noch lange nicht beseitigt, auch die Ernährungssituation ist in vielen Gebieten noch prekär. Es waren in der ersten Zeit nach dem Krieg vor allem die Gemeinden, die das Überleben der Menschen ermöglicht haben, vielfach ganz auf sich allein gestellt. Gerade die kleinen und mittleren Gemeinden haben in dieser schweren Zeit Großartiges geleistet. Aber diese Gemeinden verfügen über keine gemeinsame Stimme, über keine Interessenvertretung. Wie notwendig sie wäre, das zeigen die laufenden Verhandlungen über den ersten Finanzausgleich nach dem Krieg. Während der Österreichische Städtebund seit 1946 wieder „mitmischt“, können die kleinen und mittleren Gemeinden ihre Anliegen nicht einbringen. Das soll nun anders werden. Seit April laufen Gespräche über die Gründung einer österreichweiten Interessenvertretung der Landgemeinden. Treibender Motor ist Minister a. D. Florian Födermayr aus Kronstorf bei Linz, der bereits 1936 den Oberösterreichischen Landgemeindebund gegründet hatte ( über die Landesgrenze hinaus gehende Intentionen fanden mit dem „Anschluss“ 1938 ein Ende). Die Geburtsstunde des Gemeindebundes

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Seit 100 Jahren haben die Gemeinden noch nie so viel für ihre Existenz erreicht wie im Jahr 1962.“ Ferdinand Reiter, Gemeindebund-Präsident 1962 zur Verankerung der Gemeindeverfassungsnovelle.

QUELLE // Chronik eines Erfolgs, Herbert Waldhauser, 1997

schlägt am 16. November. Im Palais Todesco in der Wiener Kärntner Straße kommen Delegierte bereits bestehender bzw. in Vorbereitung befindlicher kommunaler Landesverbände, Gemeindereferenten mehrerer Bundesländer und Vertreter des Kommunalpolitischen Referates der ÖVP-Bundesparteileitung zusammen. Nach einer längeren Diskussion, ob zuerst alle Landesverbände aufgebaut oder gleich eine Dachorganisation gegründet werden soll, wird der Antrag angenommen, sofort den „Österreichischen Landgemeindenbund“ zu konstituieren. Personelle Entscheidungen werden vorerst zurückgestellt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten bereits überparteiliche Landes-Gemeindeverbände in Oberösterreich (Obmann Minister a. D. Födermayr), in Tirol (Obmann Bürgermeister Franz Kröll aus Mayrhofen) und Salzburg (geführt von einem Proponentenkomitee mit Bürgermeister NRAbg. Isidor Grießner aus Fusch an der Glocknerstraße an der Spitze). In Niederösterreich haben sich Gemeindevertreterverbände der ÖVP (Obmann LAbg. Johann Waltner, Bürgermeister von Altenwörth a. d. Donau) und der SPÖ (Obmann Rudolf Wehrl, Bürgermeister von Wiener Neustadt) konstituiert. Ausschlaggebend für diese Gründungen zweier Verbände waren, wie später im Burgenland, die besonderen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone. Mit Jahresbeginn 1948 tritt der erste Finanzausgleich der Zweiten Republik in Kraft. Mit dem „Geburtsfehler“ des abgestuften Bevölkerungsschlüssels werden die kleinen und mittleren Gemeinden auch heute noch krass


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