Kommunal 10C/2018

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LAND & LEUTE

KONFERENZ

lisierung mehr Jobs geben würde, dringt weniger durch. „Der Schlüssel sind Skills“, wie es Michael Esterl, Generalsekretär im BMDW, dem Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaft, formulierte. Die Gutausgebildeten hätten alle Chancen, die weniger gut ausgebildeten müssen wenn nötig massiv unterstützt werden, damit sie an der Digitalisierung teilnehmen können. Nach Untersuchungen haben rund 40 Prozent der Europäer keine oder kaum digitale Kompetenzen. Auf Bundesebene ist die Transformation bereits im Gang, wie unter anderem Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck auf der Tagung berichtete. Teil und Kernstück dieser Transformation ist beispielsweise die „antragslose Verwaltung“. Zu verstehen ist darunter beispielsweise die automatische Auszahlung der Kinderbeihilfe. Dazu gehört auch das Prinzip „Once only“, welches vorsieht, dass Bürger und Unternehmen bestimmte Standardinformationen den Behörden und Verwaltungen nur noch einmal mitteilen müssen. Damit alles reibungslos funktioniert und sowohl die Bürger und Bürgerinnen als auch die Wirtschaft davon profitieren können, müssen geeignete Schnittstellen zugänglich sein – und dafür entwickelt das Ministerium, so Schramböck, eine OnlinePlattform. oesterreich.gv.at soll als Angebot für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden, um einfach auf die gängigsten, bereits bestehenden Verwaltungsapplikationen wie etwa auf das Bürgerserviceportal (help.gv.at), das Unternehmensserviceportal (usp.gv.at) oder das Rechtsinformationssystem (ris.bka.gv.at) zentral, einheitlich zugreifen zu können. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob mittelfristig die zehn Lebenssituationen und Verwaltungsleistungen, die Bürgerinnen und Bürgern am häufigsten betreffen (wie zum Beispiel Beantragung eines Reisepasses, Änderungen im Melderegister, Änderung im Kraftfahrzeugregister und Beantragung einer Staatsbürgerschaft), in dieser Plattform online zugänglich gemacht werden können. In weiterer Folge sollen jene Amtswege, die digitalisierbar sind, auch in digitaler Form zur Verfügung stehen. Daneben wird das Integrieren eines elektronischen Personalausweises evaluiert. Zur Unterstützung der KMU wurde auch eine Digitalisierungsagentur ins Leben gerufen, die bei der Forschungsförderungsgesellschaft angesiedelt wurde, auch wenn es sich dabei um eine Infrastruktur-Umsetzungs- und keine Förderungsagentur handelt, so Schramböck. 110 // KOMMUNAL  10C/2018

Der User ist der Souverän. Ohne seine Zustimmung geht gar nichts.“ Christian Hofmeister, IBM-Deutschland

Das Internet geht nicht mehr weg, es bleibt.“ Franz-Reinhard Habbel, Sprecher und Beigeordneter des Deutschen Städteund Gemeindebundes

Ich glaube, dass die Digitalisierung die zentrale Entwicklungschance für den ländlichen Raum ist.“ Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes

Aber da diese Schritte vorerst nur auf Bundesebene stattfinden, wird die Herausforderung der Zukunft sein, die Länder und die Gemeinden mit an Bord zu holen. Das Ziel sei, dass sich 2030 weder Bürger noch Unternehmen mit der Verwaltung auseinandersetzen müssen und dass gleichzeitig der Stellenwert der Verwaltung gehoben wird. „Es muss viel attraktiver für die Abgänger von Universitäten werden“, so Schramböck. Infrastruktur ist der Knackpunkt. Die Skepsis des Kommunalpolitikers war zu merken, als sich Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl am Nachmittag einem Interview auf dem Podium stellte. Das Um und Auf, so Riedl, sei die Infrastruktur, ohne die alle Digitalisierungsziele im Sand verlaufen würden. Die Gemeinden haben ihre Aufgaben gemacht, die Leerverrohrung sei weit fortgeschritten, aber es gibt nur wenige Anbieter, die die ländlichen Gebiete versorgen würden. Stattdessen kannibalisiere man sich im urbanen Bereich. „Hier hat die Volkswirtschaft versagt. Man hat den Ausbau dem Markt überlassen, wo nach wirtschaftlichen Kriterien entschieden wird. Wo es sich rechnet, wird gebaut.“ Aber ohne die Infrastruktur gibt es die benötigten hochqualifizierten Arbeitsplätze im ländlichen Raum nicht. Auf diesem Punkte reiten seit Jahren praktisch alle Vertreter von Gemeinden richtiggehend herum: Alle Ankündigungen über 5G-Strategie und ähnliches, Ankündigungen, die auch hier wieder gemacht wurden, funktionieren nur, wenn die Infrastruktur passt. Der Grund liegt auch auf der Hand: „Der ländliche Raum verliert die Menschen – und als erstes die Jungfamilien, was ein höchst gefährlicher Zustand ist –, wenn die Breitbandanbindung nicht passt“, so Riedl. Gerade bei den Jungfamilien sieht man auch, dass die ganze Frage ein Generationenproblem ist. Es gibt, so Riedl, auch schon viele Anwendungen, aber die jungen Nutzer lösen jetzt gerade die ältere Generation, die mit den Angeboten nicht so kann, ab. Das trifft auch auf die Mitarbeiter in Gemeinden zu. Spannende Frage an den „obersten Bürgermeister Österreichs“ zum Abschluss: Wie digital muss ein Bürgermeister, muss eine Gemeinde sein? „Ich glaube, beide müssen Neuem aufgeschlossen sein. Weil ich schon glaube, dass die Digitalisierung die zentrale Entwicklungschance für den ländlichen Raum ist.“ K


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