Kommunal 10/2015

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GESTALTEN & ARBEITEN

REPORTAGE

DACHAUSBAU ALS MEHRFACHER GEWINN

EIN DACHJUWEL IM VENUSGARTEN Eine Musterbaustelle zu besichtigen, kann manchmal ein echter Augenschmaus sein. Wann kommt man schon dazu, einen Dachausbau zu besichtigen, der eine geradezu atemberaubend gute Platznutzung aufzeigt? Eine Reportage.

TEXT / Hans Braun

S

ehr groß ist das niederösterreichische Willendorf in der Wachau ja nicht, aber alt und weltberühmt. Und wie viele dieser lieblichen alten Dörfer hat es eine Eigenheit, die einen Besucher zur Verzweiflung treiben kann: keine Straßennamen, nur Nummern! Auf der Suche nach der Adresse „Venusgarten in Willendorf 35“ hat es mich nach 15 Minuten wieder an den Rand der Siedlung gebracht. Und als ich kurzentschlossen einen netten Herrn nach der Adresse gefragt habe, erhielt ich zur Antwort, „das müsste der Schauer sein. Do runter, unten links, dann rechts und do bist.“ Da war mir dann auch klar, dass ich dort schon zweimal vorbeigefahren bin, ohne was zu merken. „Zum Schauer in den Venusgarten nach Willendorf 35“ wollte ich unter anderem, weil dort ein beeindruckender und preisgekrönter Dachausbau zu finden ist, der sich nicht nur in die althergebrachte Dachlandschaft Willendorfs fügt, sondern auch in die Landschaft passt. Verwendet wurden ausschließlich österreichische Materialien, wie Hausherr Stefan Schauer in vielen Berichten und Interviews schon erzählt hat. Aber die Frage ist: Welche Vorteile bietet ein Steildach – oder auch Satteldach – dem Bauherrn oder einer Gemeinde, die selbst bauen will? Dazu nahmen Richard Rothböck, Holzbau-Bundesinnungsmeister, Michael Walter, Geschäftsführer von Velux-Fenster,

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Man würde sich viele neue Flächenwidmungen sparen.“ Michael Walter, Vizepräsident Pro Steildach, über einen kommunalen Vorteil von Dachausbauten

LINKS ZUM HAUS AM VENUSGARTEN Nö. Holzbaupreis 2014: www.holzbaupreisnoe.at Videotipp: http://vimeo. com/72721820

und Michael Utvary von Bramac Stellung. „Der handgreiflichste Vorteil eines Steildaches in einem Land wie Österreich ist natürlich die schon durch die Konstruktion bedingte höhere Sicherheit bei Schnee. Das ist einer der Punkte, den die Initiative ,Pro Steildach‘ promoten will“, wie Michael Walter, Geschäftsführer von Velux, ausführt. „Worum es uns mit unserer Initiative geht, ist nicht nur, die Vorzüge eines Steildachs zu betonen. Es geht uns auch um Fragen wie Ortsbildgestaltung in dem Sinn, dass aus Platznot viele Ortskerne veröden, weil die Menschen an den Rand der Gemeinden ziehen. Und mit einem Dachausbau, der allerdings nur mit einem Steildach möglich ist, könnte man eine Menge zusätzlicher Räume gewinnen. Man würde sich viele neue Flächenwidmungen sparen.“ Es würde nicht nur Platz gespart, es würden auch keine Aufträge an die regionale Wirtschaft wegfallen. Ein Punkt, auf den Bundesinnungsmeister und Obmann von Holzbau Austria, Richard Rothböck, vehement hinweist: „Dachstühle und Dachausbauten sind Grundpfeiler unseres Gewerbes. Ein geneigtes Dach ist auch wesentlich sicherer. Das müssen wir erhalten, nicht zuletzt im Sinne des Handwerks.“ Michael Utvary, Geschäftsführer von Bramac, bringt die eigentliche Dramatik der Entwicklung auf den Punkt: „Wir hatten 1997 ein Dachvolumen von 18 Millonen Quadratmeter – eineinhalb Millionen davon Flachdach und der Rest Steil-


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