Gasometer Schöneberg

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Der Gasometer SchĂśneberg Umnutzung eines Industriedenkmals fĂźr innovatives Wohnen und Arbeiten

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Masterarbeit

Der Gasometer Schöneberg

Umnutzung eines Industriedenkmals für innovatives Wohnen und Arbeiten

Armin Schropp und Gabriel Spera

Masterarbeit im Wintersemester 2014/15 am Fachgebiet Prof. Frank an der TU Berlin Zweiter Prüfer Prof. Frei



Inhalt

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einleitung Geschichte der Gasanstalt Die Situation Euref Planung Das Entwurfkonzept Das Innovationszentrum Die Bef체llung des Gasbeh채lters

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1. Einleitung

Unsere Masterarbeit ist an einen vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft ausgerufenen Wettbewerb angelehnt. In diesem Wettbewerb sollten Ideen für eine Transformation des Gasometers Schöneberg entwickelt werden. Wie in der realen Planung der Euref AG, dem Besitzer des Gasometer-Areals, ist eine Wohn- und Arbeitsmischnutzung und zusätzlich eine Nutzung als Veranstaltungs- und Ausstellungsort angedacht. Neben der Ausformulierung eines Entwurfs für den Gasbehälter haben wir uns des weiteren zum Ziel gesetzt, auf den Masterplan des zukünftigen Euref-Campus einzugehen und alternative Planungen auszuarbeiten. Wir wollen eine angemessene, zeitgemäße Architektur entwickeln, die eine ebenso zeitgemäße und innovative Nutzung ermöglicht.

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2. Geschichte der Gasanstalt

Anfänge und Entwicklung Wie in vielen anderen Gebieten der industriellen Entwicklung Anfang des 19. Jahrhunderts war England auch in der Erzeugung von Stadtgas Vorreiter. So überrascht es nicht, dass mit der Firma Imperial Continental Gas Association (kurz: ICGA) ein englisches Unternehmen das Gaswerk Schöneberg 1871 gründete. Der Standort war aufgrund der Lage sowohl an der Potsdamer Bahn als auch an der Berliner Ringbahn günstig gewählt, da über diese Gleisanlagen die Kohlenzufuhr erfolgen konnte. Ständige Veränderungen prägten seit der Gründung die Gasanstalt (unter anderem Betrieben durch die Berliner Gaswerke AG, im folgenden: GASAG).1 Bereits 1889 wurde das Gaswerk komplett modernisiert. Der stetige technische Fortschritt und die steigende Nachfrage nach Stadtgas erforderte häufige Anpassungen, was sich immerwährend auf das Erscheinungsbild und die Architektur des Areals auswirkte. Nach dem Abriss der alten Gebäude wurden unter anderem das Maschinenhaus mit Wasserturm und das Retortenhaus errichtet. Diese Gebäude wurden von Alfred Messel (1853 – 1909) im Stile der märkischen Backsteingotik geplant. Während das Maschinenhaus mit Wasserturm bis heute erhalten ist, sind vom Retortenhaus nur noch Teile der Ost- und Südfassade erhalten. Auch das Gelände vergrößerte sich mit der Zeit und ebenso stieg die Gas-Kapazität von Anfangs 8.000 m³ auf bis zu 250.000 m³ in den 1930ern. Bereits zur Jahrhundertwende wurde jedoch ein Antrag auf eine markante Kapazitätserweiterung der Gasanstalt Schöneberg abgelehnt. Die Wohnhäuser der „Roten Insel“ waren mittlerweile zu nah an das Werk herangewachsen, so dass eine verstärkte Belästigung durch Rauch und Verbrennungsgase der Nachbarschaft nicht mehr zuzumuten war. So beschloss die ICGA die Gründung eines weiteren Gaswerks in Mariendorf.2 3

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Die Beleuchtungs-Anlagen der Stadt Berlin 1896

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Kesselhaus mit Wasserturm, 1985

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Die Arbeit an den Ă–fen einer Retorte, 1930

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Gaswerk Schönerber, blick aus Gasbehälter IV, 1930er

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3. Die Situation

Bedingt durch die Gleise der S-Bahn südlich und westlich des Areals, ist das Gelände der ehemaligen Gasanstalt damals wie heute von den umliegenden Kiezen räumlich getrennt. Auch durch den Cheruskerpark im Osten (ehem. Südringspitzkehre) findet eine Trennung zur Wohnbebauung der Roten Insel statt. Das Euref Gelände ist eine Insel auf der Insel. Im Grunde wird das gesamte Areal um den S-Bahnhof Schöneberg und demzufolge auch die angrenzenden Bezirke Friedenau und Steglitz von der starken Trennung durch die Bahntrassen und die Stadtautobahn A100 beeinflusst. Wie im gesamten südlichen Stadtraum bildet die Berliner Ringbahn auch hier ein Innerhalb und Außerhalb aus, mit Auswirkungen auf Mietpreise, die Verkehrsanbindung, Investitionen u.v.a... Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist durch die umliegenden S-Bahnstationen Schöneberg, Südkreuz und Julius-Leber-Brücke hingegen gut. Über die stark befahrene Verkehrsachse Dominicusstraße - Hauptstraße sind sowohl die A100 als auch die anliegenden Bezirke mit dem Auto gut zu erreichen. Auf das Areal gelangt man von Süden aus über die Torgauer Straße von Norden her nur zu Fuß über den kleinen Park. Es gibt zwei Straßenräume in denen wichtige Sichtachsen zum Gasometer entstehen. Zum einen von der Leuthener Str. auf der Roten Insel. Zum anderen von der Albertstraße in Richtung Osten. Eine zukünftige Bebauung des Euref-Areals sollte diese Achsen berücksichtigen. Der Gasometer ist ein Landmark, das weit in den Stadtraum hineinwirkt. So prägt der ehemalige Gasbehälter IV die Stadtsilhouette erheblich.

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Fernwirkung

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Nahwirkung, Blick aus Leuthenerstr

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Die J채ger und ihr Revier, eigene Collage


4. Euref Planung Reinhard Müller, ein Berliner Immobilien-Projektentwickler und Architekt erwarb Anfang 2007 das Gelände der ehemaligen Gasanstalt Schöneberg für rund eine Millionen Euro von der Berliner Gaswerke AG. Daraufhin wurde für das ehemalige Gasag-Gelände das Konzept für den sogenannten Euref-Campus entwickelt. Nach der Gründung des Campus für das europäische Energieforum ist Reinhard Müller nun Inhaber des Grundstücks, Vorstandsvorsitzender der Euref AG und als Geschäftsführer des von der Euref AG beauftragten Architekturbüros Rem+Tec zugleich sein eigener Auftraggeber. Schon in den ersten Veröffentlichungen bezüglich der Umnutzung des ehemaligen Gaswerks im Jahre 2008 wurde das Projekt mit großen Zielen präsentiert. So sollte auf dem Grundstück neben Bürogebäuden eine Energie-Universität und ein großes Technologiezentrum entstehen. Alle Gebäude die auf dem Areal entstehen, sollten den modernsten energetischen Standarts genügen. Die Vision eines zukunftsträchtigen Stadtquartieres wurde auch mittels hochrangiger Politiker wie Joschka Fischer, Franz Walter Steinmeier, Lothar de Maiziére, Roland Koch und Anderen zu beworben. Mithilfe großer Investoren, wie dem russischen Energieriesen Gazprom oder aber arabischen Ölscheichs und deutschen Energieversorgern, sollte das Stiftungskapital für die Energie-Universität von 250 Mio. Euro gestemmt werden. Insgesamt sollen nach einer Investition von 500 Mio. Euro auf dem Gelände 5000 Arbeitsplätze entstehen. Nach und nach, auch nachdem der Bebauungsplan genehmigt wurde, ändert sich das Nutzungsbild auf dem Areal. So ist aus der campuseigenen Universität ein Institut mit nicht mehr als 20 Mitarbeitern geworden. Es ist aber natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass der Versuch, eine private Universität mit über 15 Studiengängen zu gründen ein großes, vielleicht zu großes Ziel dargestellt hat. Aber es gehört doch zu den Versprechungen, die zu einem für den Antragsteller wohlwollenden Bebauungsplan geführt haben. Ebenso ist in der neuesten Entwicklungsphase keine Rede mehr von einem Technologiezentrum, was auch immer im Grundsatz darunter zu verstehen war. Was sich nun heraus kristallisiert ist, dass sich der Euref Campus zu einem Bürocluster auf einer innerstädtischen Industriebrache entwickelt. Nicht mehr und nicht weniger. Aber doch täuscht es nicht darüber hinweg, wie zum einen der Euref-Campus weiterhin beworben wird und zum anderen die geplante Bebauung, weder dem ehemaligen Gasanstaltsgelände noch der benachbarten Bebauung gerecht wird. 19


Wettbewerb Programm

Der Gashahn wird aufgedreht


5. Das Entwurfskonzept

Unsere Masterarbeit ist an einen vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft ausgerufenen Wettbewerb angelehnt. In diesem Wettbewerb sollten Ideen für eine Transformation des Gasometers Schöneberg entwickelt werden. Wie in der realen Planung der Euref AG, dem Besitzer des Gasometer-Areals, ist eine Wohn- und Arbeitsmischnutzung und zusätzlich eine Nutzung als Veranstaltungs- und Ausstellungsort angedacht. Wir finden den Ansatz, Wohn- und Büronutzungen in den Gasometer zu installieren im Grundsatz schwierig und haben uns deswegen des Bildes des Gashahns bedient, durch welchen wir die Wohn- und Arbeitsmischnutzung aus dem Gasometer ablassen. Mittels dieser Metapher sollen drei Ziele verdeutlicht werden, die wir durch unseren Eingriff im Gasometers erreichen wollen. Dank geringerer Gebäudemasse behält der Gasometer seine ungestörte Fernwirkung. Nutzungen, die unserer Meinung nach nicht in den Gasometer gehören werden ausgelagert. Mit der Fläche südlich des Gasometers wird ein historisch wichtiger Ort des Areals neu besetzt.

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Blick von S端den, Model Photo


6. Das Innovationzentrum

Auf der Brachfläche südlich des Gasometers standen einstmals drei weitere Gasbehälter der Gasanstalt. Diese Gasbehälter waren aufgrund ihrer Konstruktionsweise allesamt von einer Böschung umgeben, um den Wasserdruck in den Bassins aufzufangen. Diese historischen Bilder dienen uns als Vorlage für den Entwurf außerhalb des Gasometers. Die Böschung wird für uns zum verbindenden Element des Sockels, auf dem drei Kuben fußen. Der Sockel schafft es zwischen den Geländeniveaus des Euref-Campus und des Cheruskerparks zu vermitteln. Auf diese Wiese können Besucher über den Park an den Gebäudekomplex gelangen, die Kuben umwandern und den Blick auf den Wasserturm und den Gasometer genießen. Das obere Niveau wird zu einem Teil des Parks. Die Sockellandschaft lässt ein Wechselspiel von Innerhalb und Außerhalb entstehen. Es entsteht die Frage: gehören die Gebäude zum Park, oder der Park zum Gebäude? Somit öffnet man sich dem Kiez und ermöglicht eine Teilhabe der Anwohner. Das Wissen findet Stadt. Die Sockelbebauung steht durch ihre Höhenentwicklung in Beziehung zu den historischen Backsteingebäuden des Euref-Campus, wohingegen die darüber thronenden Kuben sich im größeren städtebaulichen Kontext behaupten. Durch die Abtreppung und die versetzte Anordnung des Sockels und der Baukörper darüber, entstehen divergente Räume und Plätze auf denen das Gegenüber von Alt und Neu erlebbar ist. Die drei Baukörper, die den Sockel durchstoßen sind so angeordnet, dass die Fläche an der östlichen Grundstücksgrenze optimal genutzt wird, so dass ein angenehmer Abstand zum Kesselhaus und dem Gasometer entsteht. Durch die Dreiteilung der Gebäudemasse wird eine angemessene Körnung für das Areal und den Park erreicht und eine Durchlässigkeit für Blickbezüge geschaffen.

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Entwurfbereich

Reaktion auf die Gründstückgrenze

Blickbeziehungen

Höhenstaffelung in Bezug mit dem Park

Zugangszone auf der Parkebene

Neue Platzsituationen

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Nutzungsprogramm

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Messe | Markhalle

Ausstellung

Workshop

Flexibles Erdgeschoss

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Das Café

Das Empfangsgebäude

Verbindung via Untergeschoss

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Grundriss EG MaĂ&#x;stab 1:500


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Eingang Workshop Ausstellung Bibliothek Fab Lab Werkstatt


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Grundriss OG MaĂ&#x;stab 1:500

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Workshop Freie Arbeitspl채tze Cafeteria | Restaurant


B체ro Flexibel

Wohnen G채ste | Professoren

B체ro Zelle

WG Wohnen Studenten | Fellows

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Studentenwohnen 5. OG

Studentenwohnen 6. OG

Studenten Gemeinschaftsgeschoss 4. OG

Tragwerk | Fassadenraster 62,5 cm

MaĂ&#x;stab 1:500

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Schnitt MaĂ&#x;stab 1:500

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Innenperspektive Studentenwohnen

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m, nde und stehende Maschen,

rb Anbindung , 3-fach verglast, Anthrazit

Fassadenausschnitt

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2 Ansicht West

Fassade

Bodenaufbau B端ro

Maschendraht, Maschenweite 120mm + 240 mm; Seil d= 3mm, Klemmen Kupfer verzinnt, liegende und stehende Maschen, von aussen an Stahlbeton befestigt; Stahlbetonelemente aussen 250mm, mit Iso-Korb Anbindung; Aluminium Pfosten-Riegel-Fassade, 160x80mm, 3-fach verglast, Anthrazit.

Stahlbetondecke 250mm; Hohlraum-Bodenelement 50mm; Estrich 50mm; Versiegelung.

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Blick von Norden, Model Photo


7. Die Befüllung des Gasbehälters

Von Anfang an hat sich für uns die Frage gestellt, wie man die Strahlkraft des Gasometers als industrielles Artefakt erhalten, und trotzdem eine angemessene Nutzung in diesen implementieren kann. Den Gasometer leer stehen zu lassen stellt für uns keine Alternative dar, da ein Erlebbar machen durch eine explizite Nutzung dem ehemaligen Gasbehälter IV mehr gerecht wird. Durch eine würdige Nutzung soll die Verbindung der Industriestruktur mit einer nachhaltigen Industriekultur gelingen. Durch viele Formstudien haben wir versucht die richtige Größe und Form eines integrierbaren Baukörpers zu ermitteln. In mehreren Zwischenschritten und Abwägungen haben wir uns dem endgültigen Zylinder angenähert. Durch den Abstand zum Gasometergerüst gelangt reichlich Tageslicht in den Innenraum und der Gasometer wird freigespielt, eine Fuge zwischen Alt und Neu entsteht. Die Höhe des Gebäudes bezieht sich zum einen auf das städtische Umfeld, also die Berliner Blockrandbebauung und zum anderen auf die Umgänge, die horizontalen Ringe des Gasometers.

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Besondere Nutzung

Urban Farming

Veranstaltungssaal

Pflanzen brauchen Licht

Ausblicke

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Schnitt MaĂ&#x;stab 1:500


Schnitt MaĂ&#x;stab 1:500

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Innenperspektive Veranstaltungsebene

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Workshop Ebene 1. 2. OG

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Laborstation 3. OG MaĂ&#x;stab 1:500

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Urban Farming 4. OG MaĂ&#x;stab 1:500

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A2

27°

C3 A3

A4

A1 C1

C2

B

Windanlange liefert Strom für alle Gärete

Wasserspeicher liefert Wasser für den Aquakultur- Kreislauf A - Aquakultur-Kreislauf 1. Fischtank 2. Grobfilter 3. Biofilter 4. Pumpe

B - Einwegventil wird geöffnet, wenn zu wenig wasser im Vorratstank ist (C2). Wasser fließt dann aus der aquakultur zur Htdroponik

Hydroponic | Aquakultur Anlage

Urban Farming 4. OG

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C - Hydroponik - Kreislauf 1. Pflanzen wachsen auf Mineralwolle und stehen in Fließrinnen 2. Vorratstank mit Pumpe für Wasser mit Dünger 3. Kühlfalle für Wasserdampf




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