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wird zum Erfolgsfaktor in der Beratung“

Nachhaltigkeit ist nicht nur ein stärker wachsender Kundenwunsch. Sie treibt auch Vertriebe und Versicherer an, da seit August die Präferenzabfrage in der Beratung verpflichtend ist. Wo jetzt die Herausforderungen für Vermittler liegen, erklärt Volker Bohn, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Stuttgarter Lebensversicherung a.G.

finanzwelt: Seit August 2022 ist die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden in der Beratung verpflichtend. Welche Herausforderungen sind nun zu bewältigen?

Volker Bohn» Im Wesentlichen sind es vier Punkte. Erstens, die Verfügbarkeit von Daten. Es war abzusehen, dass zum Start der Pflicht noch nicht alle Daten verfügbar sein werden, die der Regulator hier vorsieht. Das liegt vor allem daran, dass viele Unternehmen noch gar nicht dazu verpflichtet sind, diese Daten bereitzustellen. Das wird nach heutigem Kenntnisstand frühestens zu Beginn des kommenden Jahres der Fall sein. Bis dahin wird sich noch ein eher unvollständiges Bild am Markt ergeben. Zweitens, die Umsetzung in den Beratungsstrecken. Hier zeigt sich bezüglich Inhalte und Formulierungen noch ein sehr heterogenes Bild. Der regulatorische Rahmen sorgt zwar für eine gewisse Gleichförmigkeit, im Detail ist es aber noch sehr unterschiedlich, insbesondere was die Formulierungen angeht. Das wird sich im Laufe der Zeit sicherlich harmonisieren. Bis dahin sind Vermittler gefordert, sich auf diese Unterschiede einzustellen. Drittens, die Kundenwünsche. Die Definition von Nachhaltigkeit ist aus Kundensicht oft sehr subjektiv. Was gut oder schlecht für Umwelt oder Gesellschaft ist, ist oftmals nicht so trennscharf und mangels verbindlicher Definitionen des Nachhaltigkeitsbegriffs auch schwer festzulegen. Hier besteht für Berater die Herausforderung, die zum Teil sehr unterschiedlichen Sichtweisen und Ansätze so zu berücksichtigen, dass am Ende auch ein passgenaues Produkt emp- fohlen werden kann. Der vierte Punkt ist die Einführung eines neuen Klassifizierungsmodells. Bereits heute lassen sich Anlagen verschiedenen Nachhaltigkeitsansätzen zuordnen. Beispielsweise in Anlagen nach Artikel 8 bzw. 9 der Offenlegungsverordnung oder anhand der Berücksichtigung von bestimmten Ausschluss- oder Positivkriterien. Diese Ansätze wird es auch weiterhin geben und ihre Bedeutung im Rahmen der Kundenberatung wird weiter zunehmen. finanzwelt: Wie genau stellt sich diese Klassifizierung in der Beratung dar? finanzwelt: Herausforderungen bergen auch immer Chancen. Welches Potenzial können Vermittler jetzt nutzen?

Bohn» Wünscht der Kunde die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, dann ist eine dreistufige Abfrage der Präferenzen erforderlich. Zunächst wird abgefragt, ob der Kunde im Rahmen seines Versicherungsanlageprodukts einen Mindestanteil in ökologisch nachhaltige Investitionen gemäß EU-Taxonomie tätigen möchte. Im Anschluss muss die Abfrage nach einem Mindestanteil in ökologisch und sozial nachhaltige Investitionen gemäß der Offenlegungsverordnung vorgenommen werden. In der dritten Stufe geht es dann um negative Auswirkungen auf die Umwelt oder Gesellschaft, z. B. durch die Emission von Treibhausgasen und genauer um die Frage, inwiefern sie verhindert oder reduziert werden sollen. Die ersten beiden Abfragen nach einem Mindestanteil zielen also darauf ab „Gutes zu tun“, während die dritte Abfrage „Schlechtes vermeiden“ will. Das sind zwei sehr unterschiedliche Ansätze, die es in der Beratung zu berücksichtigen gilt.

Bohn» Aktuelle Umfragen zeigen, dass es vielen Kunden immer wichtiger wird, in Unternehmen zu investieren, die nachhaltig agieren. Andererseits wissen Kunden häufig

» Die Kunden wünschen und brauchen eine kompetente Hilfestellung bei der Klassifizierung ihrer Wünsche und bei der Auswahl geeigneter Produkte. « nicht, was es dabei zu beachten gilt und wie sich dieser Wunsch auch in einer attraktiven Altersvorsorge umsetzen lässt. Genau darin besteht für Berater ein großes Potenzial. Die Kunden wünschen und brauchen eine kompetente Hilfestellung bei der Klassifizierung ihrer Wünsche und bei der Auswahl geeigneter Produkte. Vermittler sollten die Neuerungen aktiv angehen, auch wenn manches noch Neuland ist. Der 2. August war lediglich der offizielle Start in eine nachhaltigere Versicherungsberatung. In Zukunft wird es weitere Entwicklungsstufen auf Basis umfangreicherer Daten und in der Praxis erprobter Beratungsstrecken geben. Zudem werden die Kunden beim Thema Nachhaltigkeit immer aufgeklärter und deshalb mit konkreteren Fragen in die Beratung kommen. Auch das Produktangebot wird sich stetig weiterentwickeln. Rein technisch betrachtet, mag die Abfragepflicht nur ein paar zusätzliche Klicks in der Beratungstechnologie bedeuten. Im Hinblick auf die damit verbundenen Chancen wird eine Beratung unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden allerdings zum Erfolgsfaktor werden. finanzwelt: Was müssen sich Vermittler jetzt „draufpacken“, um den neuen Anforderungen an die Beratung gerecht werden zu können?

Bohn» Es braucht ein solides Fundament an Fachlichkeit und den geübten Umgang mit der angepassten Beratungsstrecke. Als Stuttgarter ermöglichen wir dies mit ansprechenden Weiterbildungsangeboten und einer schlüssigen Integration in die Beratungstechnologie. Hierzu erweitern wir das heutige Anlegerprofil um die Abfrage zu den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden, um eine Basis für die anschließende Produktauswahl zu schaffen. Selbstverständlich versorgen wir auch die gängigen Vergleichsrechner mit den erforderlichen Daten. Bei Produkten mit Fondsauswahl gibt es zusätzliche Funktionen, um die im Vorfeld erfragten Kriterien abbilden und die zu den Kundenwünschen passenden Fonds filtern zu können. Unser Angebot an Online-Seminaren unterstützt Geschäftspartner, ihren Beratungsprozess weiter zu optimieren und die neuen Anforderungen zu implementieren. Zudem startet im Herbst eine vierte Reihe unserer beliebten Weiterbildung zum zertifizierten Nachhaltigkeits-Berater. (fw)

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