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Oktober 2012 | www.frizz-kassel.de
Christina van Leyen, 1981 in Bremen geboren, absolvierte in Wien ihre Ausbildung zur Musicaldarstellerin. Neben einer siebenjährigen Tätigkeit am Theater am Goetheplatz in Bremen gastierte sie mehrfach als Solistin, im Ensemble und als Choreographin in Wien. In Halle/Saale war sie in „Cabaret“ zu sehen. Als Serena Katz ging sie mit dem Stück „Fame“ auf Europatournee. Sie war Backgroundsängerin der türkischen Gewinnerin des ESC 2003. Vor ihrem Engagement am Theater im Centrum in Kassel, spielte sie Essen.
Christina van Leyen
Die Musicaldarstellerin zwischen TIC und Ticks, Bühne und Hörsaal. W Sie kam als Ersatzgretel vor 15 Monaten zum Brüder-Grimm-Festival nach Kassel. Heute ist die 30-Jährige in drei Produktionen am Theater im Centrum zu sehen. Christina van Leyen – das schönste Gesicht der aktuellen TiC-Spielzeit. Ein Porträt in fünf Akten. Christina, die Heimatlose. Engagement hier, Engagement dort. Schauspieler sind viel unterwegs. Ein Leben aus dem Koffer. „Ich habe mir angewöhnt, schnell auszupacken und es mir mit Kerzen und Fotos so gemütlich wie möglich zu machen“, sagt die gebürtige Bremerin. Zurzeit erhellen ihre Kerzen eine Theaterwohnung zwei Stockwerke über der TiC-Bühne. „Wichtig ist, immer eine Stadt als Basis zu bestimmen.“ Bei Christina ist das... nun ja: Bielefeld. Weil ihr Freund dort wohnt, verbringt sie ihre freien Tage in der Oetkerstadt. Christina, die Türkin. Während ihrer Ausbildung zur Musicaldarstellerin in Wien wurde sie für kurze Zeit Türkin. Die türkische Popsängerin Sertab Erener suchte für ihren Auftritt beim Eurovision-Songcontest vier Backgroundsängerinnen – und fand Christina. Der Kontakt lief über einen Gesangslehrer in Wien. (Dabei soll Christina ihre geringe Größe von 158 Zentimetern zugute gekommen sein. Sertab Erener,
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selbst nicht die Höchste, hatte, um im TV nicht unterzugehen, eher kleine Partnerinnen gesucht.) Der Rest ist ein Rausch: 24. Mai 2003, ekstatische Fans in der Skonto Arena in Riga, weltweit mehrere hundert Millionen Zuschauer an den Fernsehern, und Christina wirbelt neben dem türkischen Popstar über die Bühne, 167 Punkte, Sieg, Eurovision-Congcontest für die Türkei, für Christina. Christina, die Unermüdliche. Gelegentlich sieht man sie im Café Westend oder in der ZBar. Dann, bitte nicht ansprechen. Es macht keinen Sinn. Christina wird dich nicht hören. Mit Ohropax ausgestattet, wird sie über einem Stoß Bücher hocken und lernen. Christina hat vor einigen Jahren quasi nebenher ein PsychologieStudium aufgenommen. „Nebenher? Ich bin eigentlich Vollzeit-Schauspielerin und VollzeitStudentin.“ Zwischen den Proben wird gelernt, am Abend steht sie auf der Bühne und nach dem letzten Auftritt geht‘s zurück zur Uni. Aber warum der ganze Stress? „Die Schauspielerei liegt mir am Herzen. Und solange ich noch Spaß daran habe und die Engagements stimmen, werde ich das auch machen“, sagt sie beinahe entschuldigend, um sogleich ihr Aber folgen zu lassen: „Für den Fall, dass das mal nicht mehr so ist, habe ich das Studium begonnen.“
Christina, das Organisationstalent. „Als Schauspieler kann man wenig planen. Da schreibt man manchmal 15 Bewerbungen, ehe etwas passiert.“ In einer solchen Phase des Leerlaufs entschied sich Christina fürs Studium. Leerlauf hat sie heute nicht mehr. Und wenn, dann strikt geregelt. „Ich habe tatsächlich so etwas, wie einen Wochen-Erholungsplan“, sagt sie. „Weil ich ständig das Gefühl habe, irgendetwas machen zu müssen, verordne ich mir ganz gezielt, einmal nichts zu machen.“ Zweimal pro Woche gönnt sie sich das – Zeit zum Saunieren oder zum Entspannen im Solarium. Christina, die Vielseitige. Sie ist nicht auf einen bestimmten Rollentypus festgelegt. Allein am TiC ist sie zurzeit in verschiedensten Rollen zu sehen – in der Wiederaufnahme „Sister Action“ als Nonne, in „Emilys Hochzeit“ in der komödiantischen Hauptrolle und ab 12. Oktober in „Rainy Days“ als spirituell abgedrehtes Popsternchen. Was sie gerne einmal spielen möchte, ist die Éponine im Musical „Les Misérables“. Fortsetzung folgt ...
Alexander Röder
„Rainy Days“, ab 12. Oktober, TiC - Theater im Centrum. Mehr dazu auf Seite 26. M www.theaterimcentrum.de FRIZZ Das Magazin 10.2012
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